Hmmm... schwierig, wirklich schwierig.
Ich muss dazu aber sagen, dass ich die Medien nicht im geringsten verstehe. Ich glaube, das gerade die unausgewogene Berichterstattung ihren Teil dazu beiträgt, dass überhaupt in diesem Maße im Radsport gedopt werden kann. Weil einfach zu wenig Transparenz erzeugt wird.
Ich will kurz erläutern, wie ich das meine.
Gerade die Öffentlich-Rechtlichen, aber auch die Printmedien, vernachlässigen den Radsport. Über andere Rundfahrten als die Tour oder über Klassiker wird kaum berichtet, dann plötzlich, so Mitte Juni, wird ein Riesenfaß aufgemacht. Da sitzt dann Jan Ullrich im Aktuellen Sportstudio und muss Rede und Antwort stehen, wie es um seine Form steht, da wird in der Sportschau über die Favoriten philosophiert und eines ist ganz klar: Zählen tut nur der Gesamtsieg und der bitte mit dem schnellsten, jemals gefahrenen Schnitt. Nach drei Wochen ist der Hype vorbei und es interessiert keine Sau, wie die weitere Saison abläuft oder wie die Athleten den Winter bestreiten, um im Frühjahr in Form zu sein. Gerade im Herbst/Winter fristet der Radsportler in sachen Medienpräsenz ein Nischendasein wie ein Profibillardspieler - er ist schlicht und ergreifend egal.
Im Gegensatz dazu wird ellenlang berichtet, wenn Michael Ballack im Sommerurlaub sich am Pool den Nagel des großen Zehs einreißt, sofort ist ein Kameramann vor Ort und es wird mit den behandelnden Ärzten gesprochen. Gleiches gilt, wenn Olli Kahn im P1 mit ´ner Zigarette gesehen wird. Was ich meine ist: Natürlich besteht auch hier die Möglichkeit des Dopings, aber die Möglichkeiten sind begrenzt, weil den Sportlern ständig die volle öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt wird. "Der Gläserne Sportler", sozusagen. Stimmt die Leistung dann nicht, wird das auf Wehwehchen während der Vorbereitung geschoben. Wird Ulle vom Armstrong in den Alpen abgezogen, heißt es: Klar, der hat über Weihnachten zuviel gefressen.
Das soll keine Entschuldigung für die ach so armen Radsportler sein, aber ich glaube schon, dass eine etwas ausgewogenere Berichterstattung auch ihren Teil dazu beitragen könnte, dass zumindest einige Sportler mit Beobachtung es nicht mehr wagen würden, mal zu Herrn Fuentes zu fahren, wenn dann hinterher der nette Mann vom ZDF unangenehme Fragen stellt.
Zum Thema Doping in anderen Sportarten: Beim Fußball wird - vorsicht, Vermutung - meines Wissens nach nach jedem Spiel von zwei Spielern jeder Mannschaft (ausgelost) eine Urinprobe genommen. Im Profihandball, wo ich mich etwas besser auskenne, finden Proben in unregelmäßigen Abständen und mit deutlich geringerer Intensität statt. Hier gab es vor 3 Jahren mal einen Zwischenfall: In Stefan Kretzschmars Urin wurden Rückstände von THC gefunden, aber mehr beiläufig und ohne weitreichende Konsequenzen.
Und nun noch was in eigener Sache:
Ich bin auch frustriert angesichts der jüngsten Geschehnisse. Ich habe es mir aber abgewöhnt, im Profisport irgendwelche Athleten zu meinem Idol zu machen. Weil ich es nicht für erstrebenswert halte. Ganz einfach. Ich habe meine Lieblingssportler, aber keine Heros. Und an die Eltern in diesem Forum: Ich weiß nicht, ob ich es für gut befinden sollte, wenn mein Kind einem Idol nachrennt, das zugunsten eines Millionenvertrages im Fußball/Tennis/Radsport/wasauchimmer erst die Ausbildung schleifen läßt und dann den Boden unter den Füßen verliert. Ixh weiß nicht mehr, wer es oben geschrieben hat, aber ein(e) "schlecht" radelnde(r) Mama/Papa ist meines Erachtens ein besseres Vorbild als ein Stürmer, der Millionen verdient und froh ist, wenn er seinen Namen richtig schreiben kann. Und als Jugendtrainer weiß ich, dass man auch Spass an einem Sport haben kann, wenn man ihn zwar erfolgsorientiert, aber gänzlich ohne Profiambitionen betreibt.
Und ich glaube, dass ich damit nicht allein stehe. Oder sitzt von euch jemand in den letzten Wochen weniger auf dem Rad, weil es zu dererlei Geschehnissen kam?
Ich hoffe nur, dass von den Verantwortlichen des Profiradsports, seien es Sponsoren, Teamchefs oder Offizielle, endlich mal umgedacht wird. Dieses "höher, schneller, weiter"-Streben auf der Suche nach immer größeren Extremen wird jedenfalls den Radsport nicht sauberer machen. Und auch für den Zuschauer ist L`Alpe d´Huez mit Sicherheit noch genauso interessant, wenn der Anstieg 50 anstelle von 40 Minuten dauert.
LG,
Andi.