Zum letzten Mal einen schönen guten Abend aus Bormio! Nach einem Tag Pause (ich hatte ganz mies geschlafen) stand gestern das Grande Finale an: Der Stelvio rief!
Zunächst fuhren wir auf den Umbrailpass (2.503 m, 21 km Aufstieg mit ca. 1.300 hm). Aus Bormio heraus geht es erstmal unspektakulär los, aber schon mit den ersten Serpentinen, dann biegt die Strecke nach rechts in Richtung Osten ab und drängt am Hang durch mehrere z.T. sehr enge und alte Tunnel hinauf, und bereits von hier sieht man vor sich einen Berghang, an den sich eine ganze Batterie von Serpentinen schmiegt. Hat man diese Serpentinen erklommen, folgt ein eher flacher Abschnitt über mehrere Kilometer durch ein langgezogenes Tal, und schließlich folgen noch einige Serpentinen bis zur Abzweigung zum Umbrailpass von der Straße zum Stelvio.
Vom Umbrail sausten wir ins Tal, z.T. richtig anstrengend mit engen Serpentinen, starkem Gefälle und allenfalls mittelprächtiger Asphaltqualität. Angekommen im Münstertal folgten noch eine ganze Reihe Kilometer hinunter nach Südtirol, jetzt auf breiter, hervorragend ausgebauter Straße - Schweizer Qualitätsarbeit

Wieder zurück in Italien, stoppten wir in Glorenza, wo ich ja letztes Jahr einige Tage zu Besuch war, in der hübschen Altstadt, aßen etwas und füllten die Radflaschen auf. Von hier aus ging die Fahrt über die einzigen flachen Kilometer nach Prad.
An einer unscheinbaren Abbiegung nach rechts ging es dann auf den zweiten Anstieg des Tages, die berühmte Auffahrt zum Stelvio über 24 km und 1.800 hm auf 2.760 m, dem zweithöchsten asphaltierten Pass der Alpen (am höchsten ist der Col de l’Iseran, 4 m höher). Ganz zu Beginn geht es recht harmlos los, ziemlich bald pegelt sich der Anstieg aber schon bei 7-8 % an. Man quert die erste Kehre, die Nummer 48, und fährt laaaange durch bewaldetes Gebiet bergauf, passiert mehrere Ortschaften, genießt immer schönere Aussichten. Irgendwann erreicht man die Baumgrenze, und spektakulär reihen sich Berge und Gletscher um einen herum. In der Ferne erblickt man bald die bekannte Franzenshöhe, und wenn man dort ankommt, sieht man die berühmten letzten ca. 20 Kehren, die sich bis zum Pass an der Felswand emporwinden. Jeder Rennradler hat dieses Bild bestimmt schon irgendwo gesehen

Ja, und wo man schon vor Augen hat, was einen noch erwartet, muss man da auch noch hoch. Aber mit jeder erklommenen Kehre werden die Ausblicke großartiger und weiter, und das Ziel kommt immer näher. Und irgendwann hat man es endlich geschafft ... willkommen auf dem höchsten Rummelplatz Europas!
Während unten ca. 30 °C herrschten, waren auf dem Pass nur noch ca. 12 Grad übrig. Wir schauten uns die Souvenirshops an (das eine Trikot, was ich im Auge hatte, war leider weder unten in Bormio noch oben auf dem Stelvio in meiner Größe zu haben), zogen uns warm an, und dann hatten wir nur noch wenige Kilometer bergab bis ins Ziel zu fahren. So richtig warm wurde es nicht mehr, die Sonne war um die Uhrzeit schon weg, aber die warme Dusche im Apartment half doch sehr beim Auftauen
Insgesamt waren wir
ca. 100 km unterwegs, mit ca. 3.200 hm.
Es gäbe noch viele Kleinigkeiten und Erlebnisse zu erzählen, aber das würde zuviel werden. Und da das WLAN hier so langsam ist, verweise ich für Fotos erstmal auf Facebook.
Es war sehr, sehr schön hier, Bormio ist der perfekte Hotspot für eine ganze Reihe von Alpenpässen. Und wir haben alle erklommen ... Heute wollten wir nicht mehr klettern, und flach fahren geht hier nicht, also waren wir entspannt nochmal in der Stadt und eine kleine Runde laufen. Und morgen geht es wieder nach Hause - immerhin wartet daheim der Sommer auf uns
