Wenn die Motivation mal im Keller ist und ich das Rad am liebsten in die Ecke schmeißen würde, weil das Wetter wie dieses Jahr zum Beispiel bis Mitte Mai kalt und schmuddelig ist, dann frage ich mich immer selbst: Warum machst du das? Warum fährst du Rad? Die Antworten sind dann eigentlich immer dieselben: Ich will fit bleiben, ich will mein Gewicht halten, ich will diese spezielle Form der Freiheit nicht aufgeben. Ohne Radtraining fehlt einfach was. Und so nehme ich den Kampf gegen Wind und Wetter immer wieder auf, je länger ich fahre, desto sinnloser erscheint es mir. Manchmal ist keine Menschenseele unterwegs, die Leute trauen sich nicht mal mit ihren Hunden zum Gassigehen raus. Ich sehe höchstens ein paar andere Verrückte wie ich auf dem Rennrad, die mit zusammengebissenen Zähnen durch die karge Landschaft brettern. Wieder zuhause, total durchgefroren, bin ich aber doch froh, dass ich draußen war und es geschafft habe. An angenehmen Tagen denke ich nicht an Kalorien oder meine Fitness, da gehe ich einfach Rad fahren, weil es mir nur wegen des tollen Wetters Spaß macht. Aber wenn das Wetter eben mal nicht so gut mitspielt, dann brauche ich eine andere Motivation, denn wo sonst noch alleine das Wetter ausgereicht hat, um mich von der Couch in den
Sattel zu befördern, fällt es mir bei Schmuddelwetter plötzlich schwer, die passenden Argumente zu finden, weshalb ich mir diesen Wahnsinn antun und gerade jetzt rausgehen sollte. Spaß macht es dann nicht unbedingt, aber wenn ich an meine Figur denke, die wohl etwas aus den Fugen geraten würde, und wenn ich mir vorstelle, wie ich mehr und mehr an Fitness verliere, dann läuft es mir eiskalt den Rücken runter. All das, was ich mir jetzt so mühsam aufgebaut habe und all die Arbeit, die ich in meine Form stecken musste, das soll ich jetzt nur wegen ein paar lächerlicher Wochen nasskalten Wetters aufgeben? Kommt irgendwie nicht infrage. Da müsste es schon noch andere, triftigere Zwischenfälle geben, die mich so wirklich vom Radfahren abhalten könnten. Ich fahre schließlich Rad, weil ich glaube, dass man damit viel Stress abbauen, Krankheiten vorbeugen und nebenbei noch ziemlich viel Spaß haben kann. Entweder mache ich diesen Sport richtig oder ich lasse es bleiben. Ich habe keine Lust, immer wieder von Neuem anzufangen und meine Form aufbauen zu müssen. Ich möchte dranbleiben. Und daher muss ich mich auch mal dazu überwinden, bei unangenehmem Wetter rauszugehen. Manchmal kann es ziemlich anstrengend sein, diese Selbstdiskussion zu führen: Geht man jetzt oder geht man nicht?, und manchmal frage ich mich auch, was manche von uns dazu treibt, bei wirklichem Sauwetter noch Rad zu fahren. Aber ich denke, es ist ein Triumph, sich immer wieder zu überwinden und seinen eigenen inneren Schweinehund zu besiegen! Er kann ein harter Gegner sein, der einem viel abverlangt, aber gleichzeitig kommt man innerlich zur Ruhe und zur Zufriedenheit, wenn man es geschafft hat.