B
be.audiophil
Die werden auch mit jedem mal Abspielen schlechter. Und hörbare Kratzer bekommen sie auch recht schnell. Zudem muss man ständig Platten umdrehen.
Jein. Theoretisch und auf einer sehr hohen Betrachungsebene ist die Betrachtung sicherlich stichhaltig, daß dort wo Reibung entsteht, auch eine schleichende Beschädigung eintritt.
Die Größe der Beschädigung ist allerdings bei der Schallplatte nicht von der Anzahl der Abspielvorgänge sondern bei realistischer Detailbetrachtung maßgeblich von ganz anderen Faktoren abhängig.
Da wäre zuerst die Kombination aus effektiver Tonarmmasse und dem von der Nadelnachgiebigkeit dazu passenden Abtaster. Passt die Nadelnachgiebigkeit nicht zur effektiven Tonarmmasse, so haben wir nicht nur eine tonale Verschiebung sondern vielmehr eine sehr große Variation der Auflagekraft während der Abtastung. Siehe hierzu auch:
Kantrowitz, Philip, "High-Frequency Stylus-Groove Relationships in Phonograph Cartridge Transducers", JAES Volume 11 Number 3 pp. 250-262; July 1963
Larry Happ and Frank Karlov, "Record Warps and System Playback Performance",JAES Vol. 24, No. 8, pp. 630-638, October 1976
Poul Ladegaard (Bruel & Kjaer) "Audible effects of mechanical resonances in turntables" AES 1977
Besonders bemerkenswert ist übrigens der Krantowitz-Artikel, der aufzeigt, daß falsche und sich deutlich variierende Auflagekraft in sich stark erwärmten Rillenflanken endet und die Rille nachhaltig beschädigt. Ladegaard dagegen zeigt den Zusammenhang zur Compliance und Happ eine zusätzliche entstehende seitliche Auslenkung durch Variation der Auflagekraft während der Abtastung auf.
Weitere Faktoren sind Nadelschliff, Nadelpolitur, Nadelabnutzung, Auflagekraft, Geometrie und Qualität des Tonarms an sich und das weite Felder der Mythen und Märchen rnd um die geometrisch eigentlich sehr einfach darstellbare für den gemeinen HiFi-Jünger aber anscheinend gänzlich unvollständigen Justage.
Das Thema Nadelschliff ist dabei eigentlich das noch am Einfachsten erklärbare. Je schärfer die Nadel, desto größer die Beschädigung der Rille, wenn während der Abtastung etwas schief geht. Schief gehen meint in diesem Zusammenhang jede Störung der theoretisch perfekten Abtastung wie Variation der Auflagekraft, Fehljustage und Co.
Nadelpolitur ist schon wieder spannender, weil erstens für den Konsumenten nicht direkt überprüfbar und auch weniger eingängig, sprengt hier aber sicherlich den Rahmen. Nur soviel. Heute sind die meisten Diamanten in Tonabnehmern nur noch schlecht poliert, da damit schneller der Eindruck des Verschleißes der Nadel entsteht und somit bereits sehr viel früher als erst nach 3000 bis 5000 Stunden das Goldohr dem Verstand des gemeinen HiFi-Jüngers einen saftigen Streich spielt und zum Neukauf mahnt.
Nadelabnutzung gibt es in zwei Dimensionen. Erstens die polierte Oberfläche (Politur) und zweitens die durch den Schliff hergestellte Kontaktfläche zwischen Nadel und Rille. Zuerst wird immer die Politur "beschädigt" werden, nur in den seltensten Fällen die Kontaktfläche - optimale Justage vorausgesetzt.
Die Auflagekraft an sich und als solches ist wieder so ein spannendes Feld, welches hier sicherlich den Rahmen sprengen würde. Allein Ihre Abhängigkeit zur Koreoliskraft und damit zur Skatingkompensation kann Seiten füllen. Festhalten sollten wir aber, daß Kantrowitz, Happ und Ladegaard den Nachweis führten, daß eine hohe Variation der Auflagekraft keine gute Idee darstellt. Betrachtet man sich ferner die Konstruktionsmerkmale moderner Tonarme (nach 1950) und beachtet, daß es sich eigentlich um Pendelsysteme mit unterschiedliche langen Auslegern und unterschiedlicher Gewichtsverteilung handelt, die dazu führen, daß diese bewegten Massen auch zu unterscheidlichen Reaktionszeiten bei Positionsänderung führen (Trägheitsmomente), dann sollte auffallen, daß geringe Auflagekräfte als deutlich kritischer zu bewerten sind und eine durchaus höhere Variation der Auflagekraft während der Abtastung zur Folge haben werden, als höhere Auflagekräfte.
Kurzum ich bin ein Verfechter von höheren Auflagekräften und sehe keinen SInn in dem Marketinggagg niedriger Auflagekräfte - vor Allem dann nicht, wenn diese mit schärfsten Nadelschliffen gepaart sind, wie z.B. bei Shure V15 oder vdH.
Geometrie des Tonarms ist dann wieder spannend. Wer will kann ja hier nachlesen
Peter Rother, "The Aspects of Low-Inertia Tone-Arm Design", Design", JAES, Vol. 25, No. 9, pp. 550-559, September 1977