AW: Erste Fahrt - echt genial
Na ok, dann eben hier mein erster wirklicher Bergkontakt (für mich und meinen damaligen Trainingsstand wohlgemerkt, die Österreich und Schweiz Tourer bitte weghören!
)
Es war Anfang Februar, ein herrlicher Februar-Freitag um genau zu sein, das Wetter supersonnig, der Magen leer (gerade aufgestanden
) und der Wille da, heute die sagenumwogene "Rusel" zu knacken. Hier wurden Helden geboren, wenn auch nur Flachlandhelden, die am Stammtisch einen Hügel zu einem Alpengebirge aufbliesen und von schmerzenden Beinen und verschneiten Kehren erzählten. Immerhin Skiregion, aber egal. Ich war es leid es immer nur zu hören, ich wollte es machen, wie damals beim ersten Sex, zuhören ist langweilig, also auf und davon! Superprofessionell mit dem
Orbea und 53/39 vs. 12-25 in Aldi-Trägerhose und Aldi-Softshell mit Roeckl Kurzfingerhandschuhen (ein blödes Wort) ging es sogleich den Krankenhausberg rauf.
Ihhh das Ding zieht sich ja, war nicht übermäßig steil aber auch nicht wirklich GA1 tauglich, v.a. nicht wenn man UNBEDINGT mit dem großen Blatt fahren musste
...
Wenigstens hielten die Autofahrer Abstand und mein Gesicht machte den hier
wenn einer entgegen kam, wenn ich auch innerlich eher so geschaut habe ---> :crying:
Naja halb so wild, endlich war das Vorgeplänkel nach 14 km und 270 HM vorbei und ich sah das heißbegehrte Schild "Rusel 5 km"
Nun hieß es Mann oder Memme, Radsportler oder Radlfahrer...
Aber moment, was war da los, der Berg begann, ich schaltete schon vorsorglich auf das
Kleine runter, aber meine Geschwindigkeit wuchs und wuchs! "Die Schweine" dachte ich leise, haben dir nen Bären aufgebunden, da war ja die Anfahrt 1000x schlimmer!
Aber ich sollte mich nach einem knappen Kilometer schwer täuschen. Sehr schwer sogar, was jetzt nicht unbedingt an meinen auf 85 Kilo aufgefutterten Körper lag, der den Winter lieber Glühwein und Lebkuchen vernichtete als Kalorien auf der Rolle.
Ich kam, sah und traute meinen Augen nicht. Irgendein Verrückter hat die Straße wandartig angezogen, der Steigungsmesser raste von 6% auf 10,12,13,14... hör auf! Zu spät, es half nur noch runterschalten. Die nächsten 4 km erwarteten mich 430 HM ohne nennenswerte Flachstücke, naja immerhin fiel der Steigungsmesser wieder auf humane 10% zurück, aber das half mir auch nichts! 2007 GIGANTISCHE 1337 km gefahren, diesen Winter nur bisschen Rolle und das war´s... aber ich Depp musste ja UNBEDINGT auf die Rusel rauf, war ja klar...
Ich erinnerte mich an die Coach die ich mir damals hergewünscht hatte, verwarf den Gedanken sogleich wieder und rieb die imaginäre Wunderlampe um mir einen Traktor herbeizuzaubern, der mich diese Mörderrampe raufzog! Aber irgendwie kam keiner, ich war ja auch nicht Aladdin und somit auf mich alleine gestellt.
Und dann auch noch Schnee... ja super, unten alles frei, aber jetzt dieses ver******te weiße Zeugs! Die Idee der Kurzfingerhandschuhe hatte sich in der vorherigen Abfahrt schon als "äußerst intelligent" erwiesen, doch nun sollte ich wirklich büßen. Schweiß, Kälte, Drecksberg und steife Finger. "Einfach den Lenker nach links ziehen und die Abfahrt genießen" dachte ich, aber der Aufgebe-Typ war ich noch nie und ich war ja schonmal da, also was soll der Geiz? Dann wieder so eine Hammerrampe mit "gefühlten" 28%, die vielleicht echten 13% entsprach, aber in meiner Situtation reichte.
Alles kniff, ich verfluchte mehrmals lautstark das Sitzkissen der Alditrägerhose, das funktionale Ähnlichkeit mit deren Plastiktüte hatte und konnte mich irgendwie in eine Art "Rhythmus" hinein-schrein...
Letzter Kilometer, na endlich die Hauptstrasse vor der Nase. Ich hielt einen Moment inne und rede mir ein, ich müsse ein Foto mit dem Handy machen, was in Wirklichkeit nur eine geschickte Ausrede war um nochmal Pause vor dem Schlussanstieg zu machen. Naja das Foto wurde auch gut, das nur nebenbei...
Die letzten Meter waren gut machbar, geschätzt 100 Autofahrer fuhren verwundert an mir vorbei, da hier vor April normal kein Radfahrer gesehen wird.
Endlich kam ich an der Berghütte an einem Parkplatz an. Rusel Absatz 855 Meter ü. NN verriet das grüne Schild in weißer Schrift, ein weiteres Foto sollte dies verewigen, bevor es auf den Weg nach Hause ging.
Erschöpft, hungrig und natürlich stolz über beide Ohren ging´s dann in die Abfahrt, die ich mit stellenweise 75 und oft gezogenen
Bremsen locker anging. "Über 86 ist da kein Problem" lallte mein Händler nachdem ich wieder in heimischen Gefilden eingekehrt bin, aber mir war das egal. Ich wollte nur noch essen und allen davon erzählen.
"Jetzt gehöre ich auch in die elitäre Reihe der Flachlandhelden" dachte ich kurz und fuhr schmunzelnd nach Hause.