Ernsthafte Frage: tragen Neologismen ihren Teil zur Spaltung der Gesellschaft bei, da ein nicht kleiner Teil diese nicht versteht und/oder fehlinterpretiert?
Ich sehe in der Umbenennung von Phänomenen im positiven Sinn einen Versuch der wertfreien Annäherung an dasselbe. Insofern ist es im ersten Schritt der Versuch das zu verstehen um es im Folgenden zu handhaben. Im Jugendamt hilft es vermutlich nicht einen Kunden als "bekloppt" zu bezeichnen sondern eher als "verhaltenskreativ", weil man mit dem Menschen arbeitet.
Wenn man Begriffe wie "Asi", "bekloppt" oder dergleichen nutzt, wird sich vermutlich wenig verändern.
Irgendwann waren diese Begriffe auch mal Neologismen, die dann zum Schimpfwort verkamen.
Interessant in diesem Zusammenhang auch die Kulturgeschichte des Wortes "Idiot":
https://de.wikipedia.org/wiki/Idiot
Die Umbenennung ist ein Angebot, das Phänomen anders zu bezeichnen und anders zu sehen. Darauf sind drei Reaktionenen denkbar.
- Annehmen
- Abwarten
- Ablehnen
Das Interessante, also der gesellschaftliche Umdenkprozess findet bei den "Abwartenden" statt.
Diese entscheiden, ob der neue Begriff für sie das Beschriebene besser erklärt, als der alte und deshalb übernommen wird.
Wenn es gut lief hat man ein Phänomen besser erklärt, wenn nicht mal wieder ein Schimpfwort gefunden.
Ich bin der Meinung, dass wenn ein Fakt vorliegt dieser auch so in aller Klarheit benannt werden darf. Wenn jemand behindert ist, dann ist er oder sie halt behindert. Ein bestimmter Umstand behindert einen Menschen in der Ausübung bestimmter Tätigkeiten. Ergo: Behindert. Das ist keine Wertung sondern eine Feststellung von Tatsachen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Und wenn sich jemand asozial verhält und sich nicht an gesellschaftliche Konventionen halten kann so ist er/sie ein Asi. Nicht Verhaltenskreativ oder ähnliches, sondern einfach ein Asi. Völlig egal ob Hetero oder Homo, Deutsch oder nicht, Arm oder reich.
Das gilt natürlich auch für positivere Beispiele
. Die allgemeine Tendenz es wirklich ALLEN zu jeder Zeit und in allen Situationen recht zu machen empfinde ich als irgendwie peinlich und, dafür wette ich, von den meisten Betroffen auch als gar nicht gewünscht an.
Und wer stellt das fest, was asozial und behindert ist?
Wenn ich so nachdenke, fallen mir genug Situationen ein, in denen ich als harmloser Radfahrer als "Asi", "bekloppt", "Spinner" und dergleichen mehr bezeichnet wurde. Ich bezweifle die Kompetenz der jeweiligen Protagonisten, zumal sich in anschließenden Gesprächen herausstellte, dass die Grundlage des gesellschaftlichen Miteinanders - Gesetz, insbesondere StVO - unbekannt war oder absichtlich ignoriert wurde.