Für mich hört sich das so an, als findest Du das, was jetzt passiert in Deutschland alternativlos. Ich behaupte mal, das ist es nicht. Wissen tue ich es auch nicht, aber ich meine, dass darum kaum Diskussionen geführt werden. Und das finde ich geradezu tragisch.
Das was in den letzten Wochen weltweit passiert ist, findet sich so auch wieder im Text "The Hammer and The Dance" von Tomas Pueyo, den Du vielleicht kennst. Mit dem Hammer die Reproduktionsrate des Virus "runterprügeln", um danach das gesellschaftliche Leben so fein zu justieren, das die Reproduktionsrate nicht wieder über 1 steigt. Das ist der Tanz. Das ist die große Herausforderung. Jetzt ist nämlich Differenzierung, Rechtsgüter- und Interessenabwägung gefragt. Und da kommt leider nix. Jedenfalls lese oder höre ich nix darüber. Das meiste sind Durchhalteparolen, Feiern der Helden und solche Sachen.
Man könnte zum Beispiel auf die Idee kommen, den Menschen Corona-(Kontakt)-Apps schmackhaft zu machen, die auf effizienteste Wirksamkeit getrimmt und nicht nach Datenschutzaspekten optimiert sind. Man könnte auch auf die Idee kommen, Kontaktverfolgungs mit Hilfe dieser Apps wirklich umfassend durchzuführen (die Chinesen hatten z.B. für ihre 80.000 Betroffenen 1800 5er Teams allein zur Kontaktverfolgung). Man könnte darauf hinwirken, dass jeder der durch die Kontaktverfolgung identifiziert wurde, sofort einen Test machen kann(muss), wozu er das Ergebnis am nächsten Morgen bekommt.
Das wäre mit Sicherheit höchst wirksam. Testen, testen, testen, rigoroseste Kontaktverfolgung (und Isolierung) hülfe mit Sicherheit mehr, als den Menschen zu verbieten, gemeinsam ihren Gottesdienst zu feiern, ihre Jahreshauptversammlung des Kaninchenzüchtervereins abzuhalten oder den 50sten Geburtstag des Nachbarn zu begießen.
Aber die Sache hat mehrere Haken. Die Umsetzung wäre eine Riesen-Herausforderung, die der Staat und die Ämter selber zu stemmen hätten und vor allem: Das den Leuten (Wählern!) zu verkaufen ist schwierig!
Die Menschen können eine solche App nicht wirklich durchschauen und trauen dem Staat doch nicht so ganz. Was die wohl genau abgreifen und was die mit den Daten wohl machen?? Dann doch lieber das, was der Bürger sofort versteht (Versammlungsverbote, Abstände, Betriebsschließungen, sowas halt) und schluckt, wenigstens solange er Angst hat. Muss man nicht selber stemmen und bringt Wählerstimmen. Die harte Hand ist leider hochwillkommen.
Wenn ich die Wahl hätte, meine Datenschutzrechte (und andere Persönlichkeitsrechte) für die Kontaktverfolgung an den Staat zu opfern, um dann nach 6 Wochen oder so keinerlei andere Einschränkungen mehr zu haben, statt eines sich abzeichnenden Hereumgeeiere, ich wüsste was ich wählte.
Nun ja du hast das Dilemma ja benannt. Entweder oder.
Entweder man lässt es laufen und riskiert alles oder man unterbindet das mögliche Szenario und steuert es so gut wie irgend möglich sodass zumindest eine Grundordnung vorhanden ist. Hier lege ich mich fest und sage, ja ich füge mich und Schränke mich ein, denn Menschenleben sind wichtiger.
Dann die Frage kompletten Überwachung ala China oder langsames hochfahren der Gesellschaft?
Sehr schwere Frage auf die man denke ich in Deutschland mindestens 40 Mio verschiedene Antworten bekommt.
Der eine sagt meine Daten sind mir heilig (der Mensch hat dann hoffentlich auch kein Smartphone usw) der nächste sagt Daten? Klar hier kannst du haben bekomme ich jetzt einen Gutschein? Nein?! Schade aber hier trotzdem. Meine Antwort, da ich mir durchaus bewusst bin, dass auf irgendeinem Server alle Daten von mir liegen kommt es darauf auch nicht an also hätte ich damit keine Probleme.
Zu deiner Anfangsaussage, ja ich bin der Meinung, dass es im Moment nur diese Variante gab. Warum? Weil wir seit 19xx die Hongkong Grippe, keinerlei Erfahrungen mehr mit so einer Situation sammeln konnten. Weil wir deutschen Weltmeister darin sind durch die Gegend zu reisen. Weil kein Mensch wissen kann oder konnte inwiefern sich dieser Virus verbreitet. Man hat die Zahlen aus China erhalten und die Zustände dort. (China hatte sowohl die vogel als auch Schweinegrippe als Übung gehabt) und China war heillos überfordert. Dann kamen die Zustände in Italien. Und wie gesagt letztendlich was verlieren wir durch geplante 4 Wochen Einschränkung? Manch einer seinen Urlaub? Die Geburtstagsfeier findet später statt? Ich rede jetzt nur vom privaten! Aber dafür bleibt er gesund und seine Freunde und Familie auch. Ich finde dafür ist es ein kleines Opfer.
Ich persönlich gehe davon aus, dass über all das diskutiert wurde und wird und auch weiterhin diskutiert werden wird.
Die Durchhalteparolen und auch die Applaus abende kommen in der Regel nicht durch die Menschen zustande welche Entscheidungsgewalt haben meiner Meinung nach auch zum Glück. Denn mehr könnte man den Pflegesektor kaum verhöhnen.
Ich denke in der Politik wird all dies diskutiert. Es gibt für Selbstständige auch hotel und Gaststätten staatliche Hilfsprojekte, diese mögen nicht flächendeckend und ausgereift sein, wie auch in der Kürze der Zeit, aber es gibt sie! Fragt Mal in anderen Ländern. Dort gibt es sowas nicht. Auch für Unternehmer wurden Gesetze geändert (Kurzarbeit) auch das sucht man vergebens in anderen Ländern. Klar ist nicht jedem damit geholfen aber es bleibt ein grundsolides Gerüst an Infrastruktur erhalten! Und dies hat die Regierung innerhalb kürzester Zeit auf die Beine gestellt. Da dann Zweifel anzumelden ist zwar legitim aber zweifelhaft.
Ich weiß nicht, ob du die Diskussion bezüglich dieser App mitbekommen hast? Aber die Idee wurde innerhalb kürzester Zeit so kontrovers diskutiert, dass selbst Jetzt diese App des RKI den Hass und die Zweifel abbekommt.
Das größte Problem welches ich an dieser ganzen Sache sehe ist, dass viele Menschen eine Menge Meinung haben ohne Ahnung. Da werden Verschwörungstheorien noch und nöcher in die Welt getragen und es wird geglaubt. Ich sage nicht, dass die Regierung ohne Diskussion über ihre Massnahmen bleiben soll oder einfach geschluckt werden sollte was sich ausgedacht wird, aber was ich mir wünsche, dass man darüber nachdenken sollte was es denn letztlich für eine Einschränkung ist im Vergleich zu den Konsequenzen.
Abschließend. Ich gebe meine Daten auch frei wenn ich dafür in 6 Wochen meinetwegen auch morgen wieder völlig normal leben dürfte denn alleine gegen den Wind ist nervig.