Problematisch bleiben vor allem die enorme Ungleichheit und die soziale Spaltung im Land. Die Fortschritte bei der Armutsbekämpfung gehen mit dem Entstehen von starken Ungleichheiten einher – insbesondere zwischen Stadt und Land, aber auch zwischen den Provinzen. So zog es in den letzten Jahrzehnten viele Arbeitskräfte aus den westlichen Provinzen an die dynamischere Ostküste und die Perlflussregion im Süden Chinas. Dort, in der Metropolregion zwischen Hongkong und den Städten Guangzhou, Shenzhen und Zhuhai, lief lange Zeit der Exportmotor der chinesischen Wirtschaft (die „Werkbank der Welt“) auf Hochtouren. In der Zwischenzeit ist die Region zum Innovation Hub Chinas avanciert, was zu einem Boom der IT- und anderer technologiegetriebener Industrien geführt und das Jobniveau erheblich verändert hat. Der allgemeine Anstieg des Lohnniveaus hat gleichzeitig die arbeitsintensiven Bereiche so verteuert, dass versucht wird, eine Steigerung des Industrieoutputs über die Automatisierung von Produktionsprozessen zu erreichen. Im Gegenzug sind ganze Industriebereiche, die weiter auf Billiglohnarbeit setzen, in die südostasiatische Nachbarschaft abgewandert. In der Konsequenz haben viele Fabrikarbeiter ihre Anstellungen verloren und sind in ihre Heimatprovinzen zurückgekehrt. Hinzu kommt, dass im härter werdenden wirtschaftlichen Wettbewerb Faktoren wie die Zusammensetzung der Wirtschaftsstruktur, die Herausbildung von Industrieclustern oder die Anbindung an Handelsrouten deutlicher als zuvor Gewinner und Verlierer des ökonomischen Wettbewerbs hervorbringen. Beispielsweise ist der Anteil der drei nordöstlichen Provinzen Chinas, Liaoning, Jilin und Heilongjiang, am nationalen BIP deutlich gesunken. Die Provinz Liaoning, die im Osten an Nordkorea grenzt, verzeichnete 2017 sogar ein negatives Wirtschaftswachstum.