AW: Achslänge bei neuer Kurbel.
Danke für die Info....aber ich entnehme euren Beiträgen, dass es keine allgemeine Formel für sowas gibt, die mit Hilfe der Geometrie der Kurbel und des Rahmens eine Achslänge rausschmeisst.
Für mich als Maschinenbauer wirkt das sehr merkwürdig.
Das finde ich nun für einen Maschinenbauer reichlich naiv gedacht - gibt es denn z.B. eine allgemeine zeit- und herstellerunabhängige Formel, welcher Motor in welches Auto gehört ? Natürlich nicht, und genauso wenig gibt es so etwas für Lokomotiven, Druckmaschinen oder eben Fahrräder. Es existieren schon gewisse genormte Standardteile, aber selbst da gibt es ja oft eine verblüffend große Variationsbreite, z.B. bei Industrielagern mit nominell identischen Einbaumaßen (gedichtet, wenn ja, wie, Rillenkugellager, Walzenlager, Schrägschulterlager ...).
Die Serienherstellung von Fahrrädern und Nähmaschinen war ab den 1860er Jahren einer der großen "Treiber" (wie man heute so häßlich sagt) der Normung (z.B. bei den Lagerkugel-Größen) - die Werkzeugmaschinen kamen später. Sehr lange gab es aber natürlich proprietäre (also firmenspezifische) und nationale Normen nebeneinander her - wir haben hier bei den Tretlagerachsen konkret das Thema mit der "europäischen" (aber eigentlich internationalen) ISO-Norm (International Standardisation Organisation) und der japanischen JIS-Norm, das ist leider nie vereinheitlicht worden, ebenso wenig wie die metrischen und die zölligen Maßsysteme. Schon daraus ergeben sich von vornherein Unterschiede (und das sollte gerade Dir als Maschbauer auch bewußt sein, finde ich).
Dass sich darüber hinaus im Laufe eines Vierteljahrhunderts die gängigen Standards und die dahinter stehenden "technischen Philosophien" ändern können, sollte Dir als Maschinenbauer ebenfalls schon mal aufgefallen sein - versuche mal, eben schnell für eine (fast) beliebige Maschine von 1984 vom Hersteller Teile zu bekommen, bei denen es sich nicht um die gängigen Normteile (Schrauben, Lager, Riemen, wasweißich) handelt ... Und dass sich da im Laufe eines Vierteljahrhunderts mal was ändert, müßte für Dich als Maschinenbauer eine Selbstverständlichkeit sein - Maschinen werden über die Zeit kontinuierlich verbessert, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen und/oder die Kosten zu senken. Bei Konsumgütern kommt dann noch ein gewisser "Neuigkeitszwang" dazu - es muss sich immer etwas ändern, damit die Konsumenten weiterhin kaufen. Wenn das nicht so wäre, hättet ihr ja keine Arbeit mehr ... :aetsch:
Ich frage mich, wie das die Leutchen machen, die ein neues Rad konstruieren. Wenn der Hersteller der Kurbel sagt...116mm...dann machen die auch 116mm oder wie?
Früher (also bis in die 1950er Jahre hinein) hatten die Fahrradhersteller eine enorme Fertigungstiefe und haben manchmal fast alles selber hergestellt, bis hin zu Schrauben und Lagerkugeln; da war es nicht schwer, im Bedarfsfall eigene Normen einzusetzen - man wußte dann halt: ein Dürkopp-Tretlager paßt nur in ein Dürkopp. Das hat sich über die Zeit geändert, und die Komponentenhersteller haben eine immer stärkere Position bekommen.
Heute ist es so, dass neue Räder nach den angebotenen Komponenten konstruiert und spezifiziert werden, nicht umgekehrt - platt gesagt: Das Rad muss zur Kurbel passen, nicht die Kurbel zum Rad. Bei sehr großen Serien (ich habe gelesen: ab 10.000 Stück aufwärts) lassen die Hersteller auch mit sich reden und produzieren proprietäre Sonderserien. Aus Kostengründen versucht aber natürlich jeder kluge Hersteller, das zu vermeiden (das Thema "Wirtschaftlichkeit in Konstruktion und Fertigung" muss man Dir als Maschinenbauer ja sicherlich gar nicht groß erklären).