Mit wenig Druck aufs Kopfsteinpflaster, dann für die Straße wieder den Druck im Reifen automatisch erhöhen. So könnte schon nächste Woche das Wout van Aert-Team Jumbo Visma bei Paris-Roubaix um Vorteile ringen. Dahinter steckt ein System des niederländischen Herstellers Gravaa. Die Pumpe sitzt in der Nabe. Wie es geht, erfahrt ihr hier.

Bekannte Idee

Die Idee, den Luftdruck der Reifen während der Fahrt zu verändern, gibt es schon seit vielen Jahren. Unsere Kollegen von MTB-News haben ein skurriles System namens Adaptrac mit Luftdruck-Reservoir und zwei Manometern am Lenker schon im Jahr 2012 gesichtet. Dass es sich nicht durchsetzen konnte, scheint nicht wirklich verwunderlich.

Das moderne Setup von Gravaa mit dem Namen KAPS (Kinetic Air Pressure System) ist völlig anders aufgebaut und soll laut dem Hersteller ein spielend einfachen Wechsel des Luftdrucks ermöglichen. Dazu ist in der Nabe eine kleine mechanische Luftpumpe eingebaut, die durch die Rotation des Laufrades betrieben wird und lediglich rund 4 Watt zusätzliche Energie benötigen soll (die natürlich der Fahrer aufbringen muss). Ist der gewünschte Luftdruck eingestellt, wird die Pumpe mit einer Kupplung deaktiviert, sodass sich das Laufrad ganz normal ohne zusätzliche Energieverluste dreht.

Hinter der voluminösen Nabe versteckt sich eine mechanische Luftpumpe
# Hinter der voluminösen Nabe versteckt sich eine mechanische Luftpumpe - sie wird nur aktiviert, wenn der Luftdruck über eine Verbindung zum Ventil erhöht werden soll.
Auf der Homepage von Gravaa gibt es ein Komplettbike mit den hauseigenen Laufrädern zu sehen
# Auf der Homepage von Gravaa gibt es ein Komplettbike mit den hauseigenen Laufrädern zu sehen - es hat nicht nur die Gravaa KAPS Technik eingebaut, sondern rollt auch auf noch unbekannten Vittoria Corsa Pro Reifen.

Gesteuert wird die Technik über eine drahtlose Kontrolleinheit am Lenker, mit der man per Knopfdruck den Luftdruck senken oder erhöhen kann. Die Absenkung erfolgt naturgemäß sehr schnell, das Aufpumpen kann je nach Reifenvolumen und Differenzdruck schon mal eine Minute oder länger dauern.

Der Hintergrund dabei ist natürlich, dass man bei Rennen wie Paris-Roubaix die Kopfsteinpassagen mit wenig Luftdruck und die Asphaltstücke mit höherem Druck fahren könnte. Laut einer Studie von Gravaa würde dies nicht nur den Komfort deutlich verbessern, sondern enorme Vorteile beim Rollwiderstand erzielen. Aus diesem Gesichtspunkt ist das System natürlich für den Rennsport interessant.

Serienreife Technik

Wer denkt, dies alles sei Zukunftsmusik und noch in einem frühen Entwicklungsstadium, wird sich verwundert die Augen reiben, denn auf der Homepage von Gravaa kann man ein fertiges Laufradset mit 40 und 44 mm hohen Aero-Felgen und der kompletten Technik für 4.299 € bestellen. Auch Versionen für Gravel Bikes und MTBs sind verfügbar und kosten knapp 3.000 Euro.

Edoardo Affini testete nicht nur das Gravaa KAPS System
# Edoardo Affini testete nicht nur das Gravaa KAPS System - er fuhr auch Vittoria Corsa Pro Reifen, die es noch nicht zu kaufen gibt.

Ob sich die Technik im Rennsport durchsetzen wird und wir zum Beispiel bei Paris-Roubaix Teambikes mit Gravaa Laufrädern sehen werden, bleibt abzuwarten. Edoardo Affini, der den Laufradsatz beim Rennen Dwars door Vlanderen Ende März eingesetzt hat, kam nicht ins Ziel. Ob der DNF mit den Laufrädern mit integrierter Luftpumpe zusammenhing, wollte uns Jumbo-Visma nicht sagen. Auch unsere Fragen nach etwaigen zukünftigen Einsatzplänen blieben ohne Antwort. Nach Ostern ist Paris-Roubaix 2023 Geschichte und wir werden mehr wissen.

Was haltet ihr von dem Gravaa Kaps System?


Infos/Fotos: Gravaa Homepage/Twitter
  1. benutzerbild

    d^gn

    dabei seit 01/2020

    naja wenn sich das ganze etabliert, wird man den druck sicher auch spaeter am Garmin/Wahoo einstellen koennen

  2. benutzerbild

    dedieter

    dabei seit 09/2018

    Man könnte eine CO 2 Patronenbatterie nutzen. 😀

  3. benutzerbild

    Sechziger

    dabei seit 09/2017

    Wenn nachher alle mit dem System fahren, ist der Zeitvorteil weg, und die Räder wieder 4 bis 5 Tausenden Euro teurer.

  4. benutzerbild

    deeplue

    dabei seit 06/2020

    Im XC könnte ich mir eher vorstellen, dass das was bringt. Bei asphaltierten/ fest geschotterten Passagen Druck hoch, auf Trails Druck runter.

  5. benutzerbild

    d^gn

    dabei seit 01/2020

    das wird ueberall was bringen, wo man wechselnde Bedingungen hat ... gerade P-R kann ich mir sehr gut vorstellen
    man muss es waehrend der Fahrt halt fein genug einstellen koennen

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