Ich war ja kein Verfechter der Theorie, dass da oben der großer Macher zusammen mit seinem Kollegen Petrus sitzt und seit reichlich zweitausend Jahren die Zeit zwischen Wundern und Naturkatastrophen damit vertreibt, sich jeden Tag einen neuen Mister Bean zu suchen, welcher dann für deren kurzweiliges Vergnügen sorgen darf. Bis heute … denn heute war ich ihr ganz persönlicher Mister Bean!
Kurz zur Vorgeschichte und besseren Verständnis … der Wetterbericht meldete keine Niederschläge, ich hatte in 13 Radjahren noch keinen Wespenstich und das meine Kette nicht sauber vom kleinen aufs große Kettenblatt klettert, war bekannt … und am letzten Wochenende vom Radladen versucht worden zu beseitigen …
Sodele … und nun geht es los …
Nach einer ganzen Wochen Außendienst in der Mülltrennung und Radabstinenz, habe ich mich heute mal wieder raus geputzt wie ein Pfau und rauf auf Schätzlchen … die Kette lag auf dem Großen, der Bananenweizenhügel bergab ließ es gut rollen … am kleinen Flachstück kurz vor Buggingen für den runden Tritt aufs Kleine und am Ortseingang wieder hoch auf … krack … schepper … und die Kette hing an der Kurbel. Kein Problem … wollte sowieso gerade meine erste Pause einlegen und hatte ja genügend Tempos dabei … war wohl so ein Reflex, da diese sonst oft von einer bestimmten Mitfahrerin nachgefragt werden.
Ich also die Kette raufgefummelt … die Hände waren … fast … sauber und ab zu einem kleinen Umweg in den Radladen meines Vertrauens.
Der Mechaniker begrüßte mich freudig und machte sich gleich an die Arbeit. Das der Schaltkomfort der
Sram nicht vergleichbar mit der Mechanik der Japanern ist, wussten wir schon und im Grunde ist es ja auch nicht schlecht, wenn man in einem ermüdenden Anstieg ab und an von seinem eigenen Schaltgeräuch geweckt wird. Allerdings sollte am Ende der zermürbenden Geräuschkulisse das Metall soweit sortiert sein, dass die Zähne die Kettenglieder an der richtigen Stelle treffen und nicht das Carbon der Kurbel ein Stelledichein mit ölverschmierten Metall hat. So oder so ähnlich habe ich auch meiner „Begeisterung“ Luft gemacht und irgendwann kam dann die frohe Kunde … „ … mehr kann ich jetzt auch nicht machen.“ Okay …
Da ich ja eigentlich Rollen wollte, nahm ich das Cervélo wieder unter meinen Hintern und fuhr … auf dem kleinen Kettenblatt (kleines, aber wichtiges Detail) … frohen Mutes vom Hof. An der Unterführung am Bahnhof Heitersheim … ein Schaltvorgang … gewagt, aber … wer nicht wagt, der nicht … krack … schepper … die Kurbel war Endstation für die Kette.
Hier meine ich da erste mal leises Gelächter von oben vernommen zu haben …
Ich spielte kurz mit dem Gedanken ganz auf „Handschaltung“ umzurüsten und in Zukunft einfach genügend Papiertaschentücher mitzunehmen, um die Wechsel von klein auf groß mit den Fingern direkt im Gefahrenbereich durchzuführen … spart immerhin ein paar Gramm Gewicht. Allein die Sorge mit der Zeit nicht genügend funktionierende Finger zu haben, ließ mich von der Idee Abstand nehmen …
Völlig „tiefenenspannt“ habe ich die Kette „liebevoll“ da gebettet, wo sie eigentlich hingehört, habe das Rad gewendet und bin zurück zum „Tempel der Materie gewordenen Radlerträume“.
Da ja mein Helfer in der Werkstatt mitgeteilt hatte … „ … mehr kann ich jetzt auch nicht machen“ … bin ich direkt eine Etage höher und bin dort vorstellig geworden. Meine Bitte, welche eher eine Drohung war, lautete … „ … mach einfach das es funktioniert“.
Hoch über den Wolken saßen zu selben Zeit der Chef und Petrus und hatten vermutlich folgenden Wortwechsel … „Laß uns jetzt dafür sorgen, dass der das hinkriegt“ … „Warum? Ist doch gerade so lustig!“ … „Ja … aber sonst fährt der der crashbiker gleich wieder nach Hause und ich habe noch so viele vortreffliche Ideen.“ … „Echt? Ja dann ...“
Machen wir es kurz … der Anschlag wurde neu justiert … eine Probefahrt zeigte ein positives Ergebnis, welches mit Schraubenkleber „gefestigt“ wurde und ich konnte mich endlich auf den Weg nach Neuenburg machen.
Dann passierte ganze 15 bis 20 Kilometer … NICHTS! Okay … bis auf die kleine Vollbremsung an der Grenze nach Frankreich, weil mich … nein keine Dame … ein junger Familienvater beim Ausparken übersehen hat ...
Bei Blodelsheim waren die zwei über mir vom Kühlschrank zurück, hatten vermutlich die Snacks gerichtet und freuten sich nun auf einen abwechslungsreichen Nachmittag …
Und der fing für mich so an …
Radweg … es rollte gut … zu gut … hatte ich Rückenwind? … Jaaaaa … ich hatte Rückenwind und plötzlich … autsch!
Zeitgleich auf der Wolke … „Wespenstich an der Fresse hatte er schon dieses Jahr?!“ … „Jepp … und an der Schläfe erst am letzten Wochenende.“ … „Mmmmmh … wo könnte es denn noch weh tun?“ … „Oh ich hätte da ne Idee, aber da schützt ihn das Polster … aber kurz darunter wäre schön!“ Und …
… autsch! … Hat sich doch das Drecksvieh genau in die Hosenfalte nahe am Schritt verirrt und wurde dann beim Hochziehen des Beines eingeklemmt. Autsch! … Weg schlagen ging nicht gleich, weil sie mit dem Stachel in der Haut festhing … … Die „Not-OP“ erspare ich mir an dieser Stelle …
Ich dachte mir kühlen wäre nicht schlecht und habe mir etwas Wasser auf Hosenbein gespritzt und dann vom Fahrtwind in der Temperatur senken lassen.
Über mir … „He … guck mal … der crashbiker braucht ne Abkühlung … wollen wir ihm doch helfen.“
Am Ortseingang von Blodelsheim fing es gaaaaaaaanz leicht an zu tröpfeln … ein Blick zum Himmel zeigte mir eine dunkle Wolke und ich war froh, dass ich gleich eine Bushaltestelle gefunden habe. Drei … zwei … eins … MEINS! Vorbei ziehen lassen und … weiter! … So der Plan …
Oben … „Shice!“ … „Mist!“ … „So macht das keinen Spaß!“ … „Okay … Plan B!“ …
Fünf Minuten habe ich gewartet, aber das Tröpfeln wollte nicht mehr … und auch nicht weniger werden. Also rauf aufs Rad und weiter … 200 Meter … rechts abbiegen Richtung AKW Fessenheim … SHICE!!! …
„Jaaaaaaa!!! … jetzt haben wir ihn!“ … „Der fährt nicht zurück ... der hofft, dass er durch kommt.“ … „YES WE CAN!!!“ …
… Links von mir eine graue Wand und als ich noch so dachte … „ … eine graue Wand … sieht aus wie Regen ...“ … öffneten sich die Schleusen!
Das Ende ist schnell erzählt … ich war nach einem halben Kilometer klatsch nass bis auf die … von einer Wespe zerstochenen … Haut … das Wasser stand in den Schuhen … das frisch geputzte Rad … aber lassen wir das … die 12 Grad wurden dann bei frustigen 35 km/h schnell sehr frostig und …
... exakt fünf Kilometer vor dem rettenden Heimstatt … waren die zwei Herren von der Himmelschutzbrigade vom Einzelzeitfahren bei der Tour de France so angetan, dass sie das Interesse an mir verloren und den Hahn zu drehten.
Fazit: Schnelle 61 Kilometer … mit perfekter Schaltung … nicht zu warm … genug zu trinken und … jaaaa Freedy … ich glaube dir die Geschichten vom „persönlichen Mister Bean“.