AW: Wer leidet an zu hoher Herzfrequenz?
Schmeiß den Blocker in die Tonne ...
Ich würde nach einer Sporteinheit jedenfalls nicht meinen Körper mit einem Blocker runterfahren. Das ist, als würde ich bei einer Alpenüberquerung mit dem Auto auf der Passhöhe anhalten, sofort den Motor abstellen und den Stecker vom Kühlerlüfter ziehen!
Nicht alles was hinkt, ist automatisch ein Vergleich!
Mit Verlaub, Du bist ein Scherzkeks, empfiehlst einfach mal das Absetzen eines lang wirksamen Betablockers bei jemandem, dessen Kardiologe dieses Medikament eingesetzt hat. Weisst Du überhaupt, was das bedeutet?
Um mal etwas bei Deinem Vergleich zu bleiben: Der Betablocker ist ein Drehzahlbegrenzer. Der Fahrer (das Herz bzw. die Adrenalin-Noradrenalin-Ausschüttung) hat darunter gelernt, dass einfach Bleifuß gefahren werden kann, der Drehzahlbegrenzer sorgt ja schon dafür, dass nichts überdreht wird. Nun fährst Du so einen Pass hoch und schaltest plötzlich den Drehzahlbegrenzer ab. Reicht die Phantasie, um sich auszumalen, was passieren dürfte?
Unter dauerhafter Gabe von Betablockern sind die Rezeptoren des Herzens für Adrenalin und Noradrenalin kräftig hochreguliert (aber immer noch zu einem guten Teil geblockt). Um beim Absetzen des Blockers keine Rebound-Probleme mit Herzrasen, ggf. sogar riskanten Herzrhythmusstörungen zu bekommen, muss ein langfristig eingenommener Betablocker sehr langsam und ausschleichend abgesetzt werden!
Nochmal: so lange unklar ist, ob die Pulsfrequenz für ein "normales" Pumpvolumen erforderlich ist und warum dem so sei, ist hier jeder medizinische oder trainingstechnische Ratschlag so gut, wie die Fernischt im Kaffeesatz.
Ich selbst bin jemand, der normalerweise die "Hau rein und kümmere Dich nicht-Fraktion vertritt", fahre ohne Pulsmessung, kenne meine HFmax und meinen Ruhepuls nicht, trainiere nicht nach Plan, schon gar nicht nach Grundlagenprinzip und müsste somit eigentlich alles falsch machen - klappt lustigerweise dennoch.
Wenn ich also hier von meiner üblichen Haltung abweiche und zumindest mal eine ordentliche Herzecho-Untersuchung (Klappenstatus, Ventrikelvolumen, Wandstärken, Auswurffraktion, Synchronizität der Herzaktion) empfehle, dann ist dies schon begründet. Wenn sich darin nichts findet, würde ich (als behandelnder Arzt) versuchen, das Medikament auszuschleichen. Dann - nach z.B. 2 Wochen ohne Blocker - erneut ein Belastungs- und ein Langzeit-EKG. Wenn dann immer noch alles unkritisch ist und im Belastungs-EKG gut ausbelastet werden konnte, dann können wir den TE mit unseren Trainingsideen bombardieren und z.B. eine Leistungsdiagnostik empfehlen, mit deren Hilfe man das gut steuern kann. BTW: eine Leistungsdiagnostik jetzt (unter Betablocker) wäre Nonsense!
PS: Ob der Blocker unterm Strich gerechtfertigt ist, oder nicht, kann durchaus kontrovers diskutiert werden und ich selbst wäre da auch eher skeptisch. Sportlern mit Bluthochdruck gibt man auch eher ACE-Hemmstoffe als einen Betablocker. Da die Frequenzmodulation ja ein wichtiger und schnell ansprechender Parameter der Adaptation auf Lastwechsel ist, möchte man darin eigentlich gerade nicht behindert sein.