AW: Senioren-Fräd
@Jedrik:
Schönes Album, gibt einen guten Eindruck. War wohl im Nordosten von F. Interessanter Rahmen auf IMG_6959, ist das Deins? Und wie fährt man einen solchen 600er, mit Pausen ähnlich der langen RTFs; bzw. startet man morgens und fährt bis zum nächsten Morgen durch, oder Start nachmittags bis zum nächsten Nachmittag? Muss sich jeder allein durchschlagen, oder versucht man beeinander zu bleiben?
Fragen über Fragen... Würde mich freuen, gelegentlich darüber zu lesen.
Ja, Start war eben in Orchies, die STrecke führte im Bogen nach Südosten und herunter bis fast auf den Pariser Norden (damit, wenn gewünscht, in einem billigen Hotel in St. Witz geschlafen werden konnte) und dann über Chantilly (sehr schön im Abendrot) wieder nordostwärts zurück.
Ja, der Titan-Titanflex-Rahmen ist meiner. Das Rad ist sozusagen meine Langstreckensänfte. Auf RTF bekommt man dafür allerdings ziemlich oft sehr fiese Kommentare von der Stylepolizei. Noch ein Grund, die Meute dort zu meiden.
Tja. Brevets. Gerade in Frankreich und Belgien sind sie genau gar nicht wie RTF in Deutschland. Nichts ist ausgeschildert, man fährt nach Streckenplan und bei den oft sehr kleinen Starterzahlen eben auch mal allein oder in sehr kleinen Gruppen. (in Deutschland gibt es einige Startorte, wo mindestens die kürzeren Brevets eher an RTF erinnern sollen. Wenn Du an Startorten interessiert bist, wo oft in flotten Gruppen gefahren wird, schau nächstes Jahr mal nach Terminen in Berlin, Lohne und Köln/Brühl)
Dazu gibt es keine bemannten Kontrollen, man bittet in Kneipen, Bäckereien, Lebensmittelläden oder wo auch immer darum, dass die Brevetkarte gestempelt und mit der Durchgangszeit versehen werden möge. Was oft dazu führt, dass man erklären muss, was in aller Welt man da überhaupt treibt. Schon dort lernt man, dass die Welt nicht an Rekordzeiten interessiert ist, sondern lieber kooperiert, wenn man etwas zurück gibt. In diesem Fall den Gesprächsstoff für die nächsten Tage und vielleicht der Konsum eines Getränks, Gebäcks oder einer anderen angebotenen Ware.
Wenn man nicht bei dieser Gelegenheit lernt, seine Mitmenschen miteinzubeziehen, dann dort, wo man um Wasser fürs Bidon, um eine Wegweisung oder sonstwie um Hilfe bittet. Nix Streckendienst und Besenwagen.
Aber wenn man damit umgehen kann, erlebt man auf einem Brevet seine Mitmenschen von ihrer allerbesten Seite. Fast ausnahmslos. Hat von Euch schon mal jemand z.B. im Bereitschaftsraum der Feuerwehr schlafen dürfen?
Sicher gibt es auch einige Randonneure, die Bestzeiten fahren wollen. Bei diesem Brevet waren die ersten beiden Fahrer nach rund 25 Stunden (608 km, ca 4500 hm) im Ziel. Andere haben, wie oben erwähnt, ein paar Stunden im Hotel geschlafen, vielleicht auch sonst etwas langsamer und waren entsprechend später zurück.
Es ist auch absolut nicht ungewöhnlich, sich in ein Restaurant zu setzen und dort wirklich über eine Stunde bei einer richtigen Mahlzeit zu verbringen. Jeder wie er will, Hauptsache er ist im Ziel, bevor die Maximalzeit (in diesem Fall 40 Stunden) abgelaufen ist.
Ich persönlich bin gerade bei langen Brevets oft allein unterwegs und halte Pausen und Schlafpausen relativ kurz, weil ich allein unruhig werde, wenn ich nicht fahre. Wenn ich recht ruhig fahre, werde ich auch nicht so schnell müde und ich kann mein Tempo über die gesamte Strecke recht gut halten. Das bedeutet aber auch, dass ich oft allein fahren muss, weil die Männer gern schneller fahren und längere Pause haben. Noch krasser wird es auf hügeligen Strecken: Ich bin den 400er zu weiten Teilen im gleichen Zeitfenster mit zwei belgischen Fahrern gefahren, wir sassen auf den Kontrollen immer zusammen, aber sie fuhren die Hügel schneller hoch und ich war schneller unten und in der Ebene, bzw. im Wind vielleicht einen Hauch stärker. Wären wir zusammen gefahren, wäre das keinem gerecht geworden und bei dieser Streckenlänge macht man einfach nicht mehr viele Kompromisse, was den persönlichen Wohlfühlbereich betrifft.
Startzeiten werden vom Ausrichter nach Belieben, oder vielleicht eher aus praktischen Erwägungen festgelegt. Bei einem Start um 8:00 Uhr morgens müssen bei einem 600er alle um Mitternacht des nächsten Tages zurück sein. Wer seine Abschlusskontrolle nur bis 22:00 Uhr geöffnet haben kann, lässt halt um 6:00 Uhr starten. Und wer möchte, dass die Starter Nachtfahrten üben, setzt einen Start am Abend an.