Gestern ergab sich die Gelegenheit, eines meiner Radfahr-Ziele für dieses Jahr umzusetzen: Eine Fahrt durch die Nacht. Frau und Kinder sind dank Pfingstferien im Urlaub und das Wetter ist trocken, warm und fast windstill. Die Strecke habe ich schon länger in der Schublade: gut 200 km lang, nicht zu bergig, abends Richtung Westen und morgens Richtung Osten. Von Bonn nach Nordwesten an Köln vorbei, Richtung Westen durchs Braunkohlerevier bis zur deutsch-niederländischen Grenze bei Geilenkirchen und über Düren zurück.
Fast pünktlich fahre ich um 20:15 Uhr los, es ist noch weit über 20 Grad warm, unten kurz und oben armfrei. Über Brühl und Hürth nach Frechen, wo ich das schöne Abendlicht im Gewerbegebiet zwischen den Leuchtreklamen von Tankstellen, Schnellrestaurants und Möbelhäusern verschwende. Das muss ich beim nächsten Mal besser planen.
Zwischen Glessen und Büsdorf geht es über den Villerücken und der Blick öffnet sich gegen Westen. Die Braunkohlekraftwerke leuchten vor dem letzten Abendrot und überall blinken die roten Positionslichter der Windkraftanlagen – its a man-made landscape.
Hinter Rommerskirchen führt mich die Route dicht am Kraftwerk Neurath vorbei, ein imposanter Anblick. In der Nähe rumpelt ein Zug mit Nachschub über die Kohlebahn – gespenstische Geräusche in der Nacht.
Bei Broich führt der gewählte Radweg in den Wald und mir wird etwas unheimlich zu Mute. Jetzt bloß keine Panne!
Dann eine Kurve und ich komme mir vor, wie im Märchen: Über eine Steinbrücke geht es durch das erleuchtete Stadttor von Alt-Kaster und ich denke, jeden Moment kommt der Nachtwächter um die Ecke und fragt mich nach dem Woher und Wohin in später Nacht.
Dann wird die Landschaft wieder offener: im Süden ist die Silhouette der Sophienhöhe bei Jülich zu sehen und über allem leuchtet ein 2/3 voller Mond.
Weiter geht es nach Westen, bei Körrenzig überquere ich die Rur. Am Bahnhof in Lindern stehe ich mehrere Minuten vor einer verschlossenen Bahnschranke. Mein Weg führt jetzt parallel zur Bahnstrecke nach Geilenkirchen und die Straße kreuzt mehrfach die Gleise. Kurz vor Geilenkirchen muss ich noch einmal für einen langen Güterzug (beladen mit Autos) warten.
Hinter Geilenkirchen fahre ich auf schönen Wegen am Flüsschen Würm entlang, die Frösche quaken und ein leichter Nebel steigt auf. In Rimburg geht es ein paar hundert Meter durch das niederländische Limburg, bevor es mit Ziel Übach-Palenberg wieder nach Osten geht.
Im 24h-McDonalds im Gewerbegebiet von Übach-Palenberg mache ich um halb drei eine halbe Stunde Pause. Bei den Getränken ist Selbstbedienung und so kann ich meine leere Trinkflasche wieder auffüllen.
Inzwischen ist der Mond Richtung Horizont gesunken und von Schleierwolken verdeckt. Dadurch ist es merklich dunkler geworden. Kurz vor der Goltsteinkuppe geht es am Indener Tagebau noch einmal Singletrail-mäßig durch den stockfinsteren Wald. Oben am Indemann ist dann im Nordosten über dem Tagebau der erste Schimmer des neuen Tages zu sehen.
Zwischen Düren und Nörvenich fahre ich noch ein wenig zick-zack durch die Felder, um ein paar Veloviewer-Kacheln mitzunehmen. Inzwischen ist die Sonne aufgegangen.
Nach Frühstück in Lechenich geht es dann auf vertrauten Wegen über den Villerücken nach Hause, unter die Dusche und ins Bett.
Die Tour bei Strava:
https://www.strava.com/activities/1596292428
Die Tour bei Relive:
https://www.relive.cc/view/1596292428
