Ich habe mir den Faden hier jetzt auch nochmal zu Gemüte geführt und muss schon sagen, ich bin erstaunt wie viele von euch glauben, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, als kleine Firma ein solches Rad heraus zu bringen. Ich sehe das nicht so...
Meine Gründe hierfür:
1. Das Gewicht: Das geringe Rahmengewicht wurde durch die Verwendung der höchsten Toray IM-Carbonqualität T1100 erreicht. Nahezu keiner der großen Massenhersteller verwendet T1100, da es teurer ist als ausreichende Qualitäten. Abgesehen von ökonomischen Gründen macht die Verwendung auch wegen des UCI Gewichtslimits nicht unbedingt Sinn. Ein 5,8kg leichtes Rad wäre darunter und könnte bei Rennen nicht eingesetzt werden.
2. Design und Entwicklung in der Schweiz: Als selbständiger Konstrukteur habe ich auch schon viel mit freiberuflichen Designern zusammen gearbeitet, wenn auch nicht in der Radbranche.
Ich betrachte es absolut nicht als Hexenwerk, einen bestehenden Rahmen (mal als Bsp. das SL8) herzunehmen und diesen so zu verbessern/verändern wie beim Ikarus Faster angeführt. Man muss nichts neu erfinden, sondern kann sich an bewährtem orientieren. Hat man einen eigenen Prototypen geht man mit diesen zu erfahrenen Herstellern (die es in Asien ja zahlreich gibt) und baut mit dessen Expertise eine Kleinserienfertigung auf. Ist mehr eine Frage der Connections, des eigenen Kapitals und des Vertrauens. Das "Design und die Entwicklung" kann man sich so aber trotzdem auf die eigene Fahne schreiben.
3. "Ein Zwerg in der Schweiz kann kein besseres Rad bauen als z.B. Canyon oder Specialized":
Warum nicht? Die Prämissen wonach große Firmen Räder herstellen sind andere als viele hier glauben. Der Anspruch das leichteste oder schnellste Rad zu bauen steht da nicht an erster Stelle, auch wenn das Marketing dann etwas anderes behauptet. Da geht es in erster Linie um ökonomische und massentaugliche Gesichtspunkte. Die UCI mit ihren Regeln hegt das auch noch schön ein.
Im Spitzensport, sei es auf der Bahn oder auch bei anderen Sportarten wie Bobfahren, Rodeln oder Rudern gibt es viele Beispiele, dass einzelne Enthusiasten bzw. kleine Firmen absolut wettbewerbsfähige Sportgeräte heraus gebracht haben.
4. Die fehlende UCI Zertifizierung als Zeichen für mangelnde Qualität:
Der UCI Sticker am Rad hat nichts mit der Produktqualität zu tun. Er besagt, dass das Rad die UCI-Anforderungen hinsichtlich technischer Konformität und kommerzieller Verfügbarkeit erfüllt. Sprich das Rad muss im Laden erhältlich sein und den Regularien (Rahmengeo) entsprechen. Da wird von Seitens UCI keine Qualität geprüft. Die lässt sich die UCI lediglich vom Hersteller bestätigen. Der Sticker ist in erster Linie dafür da, den Rennkommissaren und auch den Teams die Arbeit zu erleichtern.
5. Die Aerowerte:
Ikarus führt an, diese nach dem gleichen Protokoll wie das Tour Magazin gemessen zu haben. Den Bildern nach nicht unbedingt unwahrscheinlich. Ob die Ergebnisse stimmen...
Dass es keinen unabhängigen Vergleichstest (vom Tour Magazin selber) gibt, kann man ja Ikarus schlecht anlasten. Da sie aber nur eine kleine Garagenfirma sind, die auch nur in der Schweiz verkauft, wird da wohl auch nichts kommen.
Also insgesamt sehe ich das ganze nicht so pessimistisch wie einige hier und fühle mich teilweise negativ an den Baldiso Thread erinnert.
Man kann sicher die Art der Präsentation und Kommunikation von Ikarus kritisieren, allerdings kann ich auch verstehen, dass man an deren Stelle aus Stolz auf das Erreichte da ein wenig zu dick aufträgt.