• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

Fragen eines Anfängers

Ich will im nächsten Jahr das Transcontinental Race mitfahren. Vor der zu erwartenden Hitze habe ich mehr Respekt/Sorge als für den Hunden ...
 
Ein paar Gedanken von meiner Seite. Ich hoffe, das klingt jetzt nicht allzu besserwisserisch. Wenn doch, schon im Vorfeld sorry dafür.

Du schreibst, dass du für die ersten 80km fünf Stunden inklusive Pausen gebraucht hast - das entspricht ja einem Gesamtschnitt von 16 km/h. Ich bin wirklich kein schneller Fahrer (Schnitt in Bewegung in aller Regel so um 21-22km/h bei Langstrecken), aber das ist m.E. deutlich zu langsam, um bequem eine Runde von 200km oder mehr zu fahren.

Meine Erfahrung ist, dass ich für die zweite Hälfte eines Brevet eigentlich immer ca 20 % länger brauche als für die erste - nicht in erster Linie, weil ich langsamer fahre, sondern weil ich mehr Pausen machen.

Wenn das ein offizielles Brevet gewesen wärst, hättest du schon ziemlich nah an der Mindestgeschindigkeit von 15 km/h geschrammt, und das schon bei den ersten km, wo du ja eigentlich noch frisch bist und erwarten kannst, dass du im späteren Verlauf der Fahrt mehr Pausen für Essen und Rast brauchen wirst. (Erst recht gilt das bei mehrtägigen Brevets, wo dann noch der Faktor Schlaf ins Spiel kommt.)

Meine Theorie ist letztlich, dass der Grad der Erschöpfung am Ende einer langen Tour nicht nur von der Zeit abhängt, die man radelnd im Sattel verbracht hat, sondern auch von der Gesamtzeit inklusive Pausen. 100 km in 10 Stunden können im Zweifel genauso anstrengend sein wie 180km in der gleichen Zeit.

Ich stelle mir das gedanklich immer ein bisschen vor wie eine Sanduhr: Die Kraft verrinnt so oder so, egal ob du fährst oder pausierst. Gerade am Anfang einer Tour, über die ersten 80 bis 100km, ist m.E. nicht der ideale Zeitpunkt für "ein gemütliches Mittagspäuschen", da verliert man zu viel Zeit.

Die Kunst besteht natürlich darin, eine Reisegeschwindigkeit zu finden, bei der man die für die Pausen benötigte Zeit minimiert.

Ich selbst bin vom Radreisen zum Brevetfahren gekommen, und das "Fahren gegen die Uhr" sowie das Minimieren der Pausen war am Anfang die größte Umstellung.

Was die "Schmerzgrenze" betrifft: auf einem vernünftig eingestellten Rad sollte es eigentlich nach 120km noch nicht unangenehm werden - auch nicht an den Händen. Zum Teil gibt sich das vielleicht, wenn du etwas mehr Langstrecken-Kilometer in den Knochen hast, weil sich der Körper dran gewöhnt. Wenn nicht, würde ich ein professionelles "bike fitting" empfehlen.
 
Gemütliche Mittagsrasten sind ganz gefährlich, am schlimmsten in der Sonne. Die Beine werden schwer und schwerer, man wird träge und ist komplett raus. Fotostops sind auch fies. Biste gerade voll dabei, zack Fotomotiv, zack voll raus. Doofer Zwiespalt zwischen Erinnerungen haben wollen in digitaler Form oder die Sache durchziehen.

Ist zumindest bei mir so. Mache lieber kurze Stops von maximal 10-15 Minuten. Esse was geht während der Fahrt. So komme ich wesentlich weiter.
 
Aufgrund der harten und total demotivierenden Kritik habe ich mir jetzt ein E-Bike für den Weg zum Bäcker gekauft und werde mich heute mal für alle anderen Wege nach einem SUV umsehen. Allerdings schwanke ich gerade noch zwischen BMW X bzw. Audi Q irgendwas und einem Dodge RAM. Der Vorteil vom RAM wäre, dass man das Fahrrad dekorativ auf die Ladefläche schrauben könnte und so nicht nur die Illusion von Männlichkeit, sondern auch noch die von Sportlichkeit verbreiten könnte... ?

Gedanken und Hinweise von Menschen die es aufgrund ihrer Erfahrungen definitiv besser wissen als ich klingen für mich nicht besserwisserisch sondern sind genau das was ich hier suche. Lob, Anerkennung und Bewunderung für meine Leistungen erhalte ich in meinem privaten und beruflichen Umfeld in ausreichendem Maße. "Waaas, 140 km... An einem Tag... Wahnsinn..." ?

Wie gesagt, die Haupterkenntnis aus der Tour ist "ich muss mehr fahren", denn
1. mehr fahren = mehr Kraft + mehr Kondition --> schneller + weiter und
2. mehr fahren = mehr Gewöhnung (und Aufbau diverser sonst eher wenig geforderter Muskeln) --> Verschiebung der Schmerzgrenze

Ob ich dann eher Radreisen oder "Radrasen" betreibe wird sich zeigen. Es bleibt auf jeden Fall beim Jahresziel 2020 "200 km unter 13 h 29 min 59 sec".

Eine zweite "Baustelle" ist sicherlich auch noch das Material. Wie gesagt war das Rad ja ein Spontankauf mit den Hauptkriterien "zugelassen für meine Gewichtsklasse, sofort verfügbar und spontan bezahlbar". Von Brevets und Randonneuren hatte ich bis dahin auch noch nichts gehört...
 
Muss aber sagen das ich bei so privaten Solo Fahrten auch prinzipiell langsamer bin.

Da fehlt irgendwie der äußere Druck und Ansporn.

Vielleicht bist du da bei einem echten Brevet tendenziell auch schneller
 
Ich finde, dass ist wieder ein Beleg dafür das es Sinn macht - auch für Brevetfahrer - an der Tempohärte zu arbeiten. Wer immer nur mit einem 20er Schnitt unterwegs ist, kann so ewig rollern, aber wird nicht schneller. Und Geschwindigkeit bedeutet halt auch mehr Zeit für Pausen.
Will damit sagen: bevor man 200 km in 14 h schafft, sollte man lieber 100 km unter 5h schaffen. Wenn das gut funktioniert, fallen einem auch die nächsten 100 km mit etwas geringerer Geschwindigkeit leichter.
 
@ sickgirl: Das ist zwar nett was du sagst, aber man muss den Tatsachen ins Auge blicken. Ich bin eine 1X0 kg "Couch-(bzw. Schreibtisch)Potato" die erst seit einem reichlichen halben Jahr wieder auf dem Fahrrad sitzt... :)
 
@henningsaale unser Werdegang unterscheidet sich gar nicht so viel und ich kenne das nur zu gut. Vielleicht in paar Tipps aus meiner ähnlichen Erfahrung:
Ich habe damit angefangen regelmäßiger kürzere Strecken zu fahren. Ca 4 mal die Woche um ne Stunde oder anderthalb, über Winter auch HIIT Einheiten auf der Rolle. Das schafft zumindest erstmal Sattelhärte (ein Kontaktpunkt weniger der schmerzt) und schafft ein wenig Kondition. Da darf auch 1-2 mal die Woche ordentlich Druck dahinter sein. Hierbei halte ich es so, daß ich mich entweder quäle oder genieße.
Aktuell fahre ich ohne Struktur 3-5 mal die Woche zwischen 30 und 80km. Die kurzen Touren werden dann eher hart angegangen (sweetspot oder eingebaute 30sec sprints) und die längeren Touren eher locker.
An den Wochenenden habe ich dann am Anfang nach und nach angefangen auszudehnen auf 2-4h Touren. Bei 100km genieße ich ca. 4h die Gegend.
Letztes Jahr habe ich meine erste Bikepacking Tour gemacht. 3 Tage in Folge ca. 140-150km - jeweils ca. 6,5-7,5h reine Fahrzeit.
Am ersten Tag taten mir auch die Hände, bzw. Handgelenke weh. Ich denke das lag daran, daß ich zu wenig umgegriffen habe und immer nur auf den Bremsgriffen gefahren bin. Häufigeres und bewußtes Umgreifen hat sich bewährt, um das zu vermeiden (der zweite Kontaktpunkt, der weniger schmerzt).
Abends taten mir dann jedoch auch schon mal die Füße weh, die Schuhe sind noch nicht optimal, zumindest über die Dauer, bis 100km habe ich keine Probleme....
Summa summarum, ich arbeite auch am 200er. Dafür suche ich mir dazu aber einen Mitfahrer, weil mir die Zeit sonst zu lang wird. Ein wenig Unterhaltung macht Vieles leichter.
 
Da kann ich mich Talybont nur anschließen. Und es geht ja noch nicht um "Tempohärte". Von 0 auf 100 ist keine gute Idee, da zwickt der Körper und der Spaß geht schnell verloren... Erstmal mit regelmäßigen Training/Fahrten Grundlagen schaffen und dann langsam(!) die Streckenlängen
steigern. Geschwindigkeit kommt dann eigendlich von selbst durch Muskelaufbau, besseren Stoffwechsel, Atmung und Gewichtsoptimierung. Die 200K in diesem Jahr sind auf jeden Fall drin.
 
Ich finde, dass ist wieder ein Beleg dafür das es Sinn macht - auch für Brevetfahrer - an der Tempohärte zu arbeiten. Wer immer nur mit einem 20er Schnitt unterwegs ist, kann so ewig rollern, aber wird nicht schneller. Und Geschwindigkeit bedeutet halt auch mehr Zeit für Pausen.

jein. Als ebenfalls gut gepolsterter Randonneur ist meine Erfahrung, dass der leichteste Weg, schneller zu werden, die Minimierung der Pausen ist. Das eingängigste Beispiel dafür sind meine PBP-Zeiten in 2015 und 2019. 2015 lag mein Schnitt in Bewegung bei 21.8 km/h und ich war nach 87 Stunden im Ziel. Vier Jahre später war ich nur mit 20.5km /h unterwegs - aber trotzdem in 84 Stunden wieder zurück, weil ich deutlich weniger Zeit im Stand verbrannt habe.

Die beste Maßzahl zum Messen der Standzeit ist übrigens m.E. die Zeit im Stand pro gefahrener 100km. Bei mir sind das, wenn ich mir nicht besondere Mühe gebe, im Schnitt 60 Minuten pro 100km, also bei einem 200er 2 Stunden - das umfasst die längeren Pausen, aber auch alle kürzeren Stopps zum Pinkeln usw.

In den Bereich von 30 Minuten oder weniger pro 100km zu kommen, fällt mir extrem schwer. Und bei Brevets, wo Schlaf dazu kommt, liegt der Wert natürlich deutlich über 60 min (PBP 2019: 120 min, LEL 2017 163 min).
 
Wenn ich die 84 Stunden und die 1.400 km mit dem Schnitt verrechne, komme ich auf knapp 17 Stunden Ruhezeit. Das sind noch nicht einmal 4 Stunden pro Tag, das ganze fünf Tage lang inklusive Schlaf, Mahlzeiten und Kleinkram: Respekt.

Nee, da bringst du LEL und PBP durcheinander. Bei den 1400km von LEL war ich "all in" 109 Stunden unterwegs, davon 70 Stunden reine Fahrzeit und 29 Stunden im Stand bei fünf Tagen. Die 14 Stunden Standzeit bei PBP verteilten sich auf 3.5 Tage.
 
Zurück
Oben Unten