Schau Dir mal die Rahmen-Geo genauer an. Das ist mMn kein Rennradrahmen sondern eine Touren-Sportrad-Geo (diese längst vergangene Kategorie der 50er und 60er, aus der dann später quasi die Rennsport- und Kaufhausräder abgeleitet wurden). Wenn es ein Express ist und das kann man anhand der Fotos nur am Ausfallende erahnen, weil z.B. aussagekräftige Bilder der Kettenstrebe fehlen und man nicht wirklich überprüfen kann, ob die Express-typische Profilierung vorhanden ist, dann könnte es sich sogar um das Modell Mailand München Chrom Super handeln.
Hier im Vergleich ein Express-Rennrad in "gleicher" Perspektive - die deutlich abweichenden Sitzrohr- und Steuerrohrwinkel sollte offensichtlich sein
Die gezeigten Bilder der Stelle, an der an der Sattelstrebe Lack abgekratzt wurde und welche dort "Chrom" und eine Lötnaht zeigen, könnten darauf hindeuten. Das würde das Baujahr des Rahmens aber auch auf Ende der Fünfziger und vor 1959 (das Jahr der Schließung bei Express) hindeuten.
Der vorhandene Lack aber sieht mir jetzt nicht unbedingt nachträglich aufgebracht aus. Für eine Firma wie Habira wäre es mMn auch keine echte Option (vor Allem kommerziell) gewesen den vorhandenen Lack chemisch oder sonstwie abzutragen, um dann so ein "häßliches Entlein" entstehen zu lassen. Vor Allem auch deshalb, weil Habira ja nicht als Rahmenhersteller sondern eher als Grossist bekannt ist und war. Auch bei den von Habira vertriebenen Bonanza-Rädern war der Hersteller Kynast (Quakenbrück) und Habira (Altdorf bei Nürnberg) nur der genutzte Markenname.
Dazu gibt es übrigens eine gute Zusammenstellung in diesem Blog
https://bonanzarad.wordpress.com/
Ich würde aufgrund der verbauten Teile eher davon ausgehen, daß Habira da bei Express die übriggebliebenen Rahmen aus der Insolvenz aufgekauft und dann weiter vertrieben hat. Diese (Rahmen) werden aller Voraussicht nach Alle eher noch unlackiert gewesen sein.
Der Bezug zu Bauer bzw. die Story mit den Bauer-Aufklebern?
Hmm, als Grossist versucht man natürlich neue Geschäftsfelder zu erkunden. Wenn man vielleicht die Resterampe von Express nicht gleich 1959 erstehen konnte sondern sich das eher gegen Ende der Sechziger (also nach der Bauer Insolvenz 1968) abgespielt hatte, dann könnte das ein Versuch gewesen sein, der Marke Bauer ohne Eigenproduktion (in den Bauer-Räumen) für einige Monate noch etwas Leben einzuhauchen oder zumindest für den Abverkauf den Markennamen zu nutzen. Dazu würde dann auch die Lackierung (zeitlich) passen.
Ansonsten arbeitete Habira wohl auch sehr eng mit Neckermann zusammen. Das könnte auch die deutliche Ähnlichkeit der verbauten Keilkurbel zu der Diamant-Sportrad- und Rennradkurbel in Aluminium und Stahl erklären, weil sich darüber Habira die Produktionskapazitäten der VEB-Betriebe erschlossen haben könnten. Auch können so Dinge wie das Batterie-Horn und die Radlaufglocke für eine derartige Zusammenarbeit (also mit VEB-Betrieben und billigsten Fertigungskosten) sprechen.
Was offen bleibt ist eine Datierung der Anbauteile und
Felgen. Hierzu fehlen aussagekräftige Bilder der Details, Aufkleber oder Prägungen. Wie bereits geschrieben, gab es die Weinmann Drahtreifenfelgen bis in die tiefen Siebziger. Um hier genauer werden zu können braucht es Detailbilder vom Felgenhorn und dessen Prägungen.
Finanziell läßt sich eine Restaurierung nicht rechtfertigen, aber als Gebrauchsrad ist es natürlich nutzbar. Nur würde ich dann am Lack nichts machen sondern nur die Aufkleber abpulen, alles gangbar machen, neue
Schläuche und Mäntel und fahren.
Falls sich doch mal jemand für den Post interessiert, muss er nämlich ständig deinen Schmarrn lesen.
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