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Gelöschtes Mitglied 87966
Der „Ruhige“ aus Turin.
Eine Geschichte über Mario Pelosos Verwicklung in das Team Carpano und das Rennrad von Tranquillo Scudellaro.
Eine Geschichte über Mario Pelosos Verwicklung in das Team Carpano und das Rennrad von Tranquillo Scudellaro.
Alles begann mit einer Diskussion mit einem Rennradkollegen über das Vielzahnlager und die -kurbel von Gnutti. Damals war diese ein Meilenstein und von vielen Profis ab 1947 bis Ende 1950 gefahren worden. Bis irgendwann Magistroni, Campagnolo und auch Stronglight den Markt eroberten. Gnutti wird zwar häufig vergessen, war aber lange das Nonplusultra im Renngeschäft und nur für wenige Menschen überhaupt zu kaufen.
Diese spezielle Kurbel entdeckte ich kurze Zeit später und durch Zufall an einem „hässlichen Entlein“ (Rahmen).
Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass der Rahmen ja nicht schlecht sein kann, wenn da die Kurbel und ein interessanter Steuersatz dran hängt, gab ich ein Spaßgebot ab, welches auch nicht überboten wurde. Der Versand aus Italien war letztlich teurer.
Eine erste Vermutung hatte ich schon. Die Strebenanlegung war sehr prägnant und erinnerte mich an mein Gilardi...
Nach drei Wochen wartete das Paket immer noch beim Verkäufer verpackt auf die Abholung. Normalerweise erreichen mich italienischen Pakete in drei Tagen, aber auch hier machte Corona einen Strich durch die Rechnung. Dann und etwas plötzlich rief mich meine Nachbarin von unten an, dass ein größeres Paket abgegeben wurde und es vor meiner Haustür steht. (Ja das geht heutzutage noch in Großstädten) Mein Herz zuckte in die Höhe. Neben dem Recherchieren nach den Hintergründen ist das erste Öffnen für mich mit am spannendsten. Das erste Sichten der Details.
Etwas überrascht überlegte ich, wie ich mit dem Paket umgehen sollte. Mit Mundschutz und Handschuhe sollte es aber in der frischen Luft zu machen sein. Den Karton ließ ich noch mal sicherheitshalber ein paar Tage auf dem Balkon bevor ich ihn weiterverwendete. Und nun steht er da...Kurbel und Steuersatz laufen butterweich und der Rahmen sieht auch ganz passierlich aus. Keine Dellen oder Beschädigungen.
Beim auspacken sah ich schon die kreuzhaften Bohrungen im Sattel- und Steuerrohr und mein Herz sprang in die Höhe. Ich habe schon viel gesehen, doch sowas eigentlich eher aus den 1970er von Mario Confente. Der war aber 20 Jahre vorher gerade ein Mal sieben Jahre alt.
Normalerweise kann ich Rahmen ganz gut einordnen, aber der Rahmen wirkte doch etwas sonderbar. Frühe 1960er hätte ich normalerweise gesagt, aber die Kurbel und auch Tretlagerbreite von 74mm (wie bei manchen Cinellis von 1957-64) sagten eindeutig 1950er. Mit etwas Recherchehilfe von @FM1234 1234 @Don_Camillo und @Avi.1990 kam ich dann doch langsam auf den richtigen Rahmenbauer und Fahrer. Es ist ein Mario Peloso aus Turin für den Fahrer Tranquillo Scudellaro (Team Coppi-Carpano). Mario Peloso in den 1950-60ern auch für Cinelli arbeitete. Die Rahmen sind immer auf Maß gebaut und sehr hochwertig verarbeitet. Seine Signatur sind die Initialien des Fahrers an der Sattelmuffe. Peloso war äußerst genau und hatte einen guten Draht zu Cinelli und Tullio, daher war er meist einigen Rahmenbauern voraus.
So sah der liebe zu der Zeit um 1956 aus.
Bei der Recherche fuhr ich zweigleisig um möglichst viel herauszufinden. Ich vergleichte dutzende Fotos aus den Jahren 1950-60ern und versuchte über Peloso als auch Scudellaro herauszufinden - beides mit Erfolg. Den entscheidenden Hinweis erhielt ich von einem italienischem Sammler, dem es schimmerte, dass Peloso für das Team Carpano lötete und der auch noch in Erinnerung hatte, dass es bis heute einen Rennradverein namens "Velo Club Lodi Vecchio" gibt, der 1962 nach Karriereende von Scudellaro gegründet wurde. Hier erhielt ich nach einer kurzen Nachfrage eine sehr nette und positive Antwort von dem Vereinsvorsitzenden und später auch von dem jüngeren Bruder Scudellaros (Vizepräsident), dass der Rahmen tatsächlich von Tranquillo Scudellaro zu seiner Zeit bei Carpano gefahren wurde. What more?!
Hallo, mein Name ist Morgan und ich bin der Präsident des Velo Club Lodi Vecchio Teams. Unser Team wurde 1962 durch Ruhe Tranquillo. Der derzeitige Vizepräsident ist Antonio, der jüngere Bruder von Tranquillo. Ich habe die Fotos direkt an ihn geschossen, um weitere Informationen zu erhalten. Sobald sie etwas sagt, werde ich ihr sofort ein Feedback senden! Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, denn auch ich habe eine Leidenschaft für Vintage-Bikes und jedes Jahr nimmt unser Team an der eroica von Gaiole teil. Velo Club Lodi Vecchio - ASD since 1962
Ich hörte Scudellaros Bruder, er bestätigte, dass das Fahrrad von Tranquillo war. Er lief von '55 bis '57 für La Carpano.
Velo Club Lodi Vecchio - ASD since 1962
Ich hörte Scudellaros Bruder, er bestätigte, dass das Fahrrad von Tranquillo war. Er lief von '55 bis '57 für La Carpano.
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Recherchezweig 2 war das Herausfinden von Mario Pelosos Vergangenheit. Wer mal einen Einblick in die Werkstatt von Peloso in den 1960-70 ern haben möchte soll diese beiden (1) (2) Artikel lesen. Hier ist ein weiterer Hinweis eines Freundes Pelosos, der anmerkt, dass Peloso für Ferdy Kübler auch Rahmen herstelle. Ferdy Kübler fuhr eigentlich nur bei Tebag. Nur im Jahr 1956 wechselte er zum Team Carpano gemeinsam mit Scudellaro. Beide kannten sich aus 1955 vom Team Tebag. Es lässt sich nur erahnen, dass Scudellaro vermutlich Kübler Mario Peloso empfohl, als er nach Italien kam.
Das neugeschaffene Team um Fausto Coppi und Carpano bestand nur von 1956-57, danach trennten sich die Wegen in das Team Coppi-Fiorelli und Carpano. @pplan hat die Geschichte um das Team in einem Beitrag sehr gut beschrieben. Vermutlich war die Produktion 1956 von Fiorelli noch nicht so weit, als dass sie die Profirahmen produzieren konnten zu Saisonbeginn.
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