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80th Anniversary René Herse ... für Liebhaber (neo)klassischer Randonneusen

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Re: 80th Anniversary René Herse ... für Liebhaber (neo)klassischer Randonneusen
Ich will mal behaupten, dass das mit dem einen Rad nicht klappen wird, egal wer dieses Rad gebaut hat und wie individuell und kostspielig es war. ;)
Das ist in jedem Fall kompromissbehaftet und am Ende wirst du möglicherweise Reifen/Laufräder tauschen und/oder Bleche und Träger (de-)montieren.

Wobei man mit dicken, feinen Reifen mit/ohne Noppen m.E. schon sehr gut artfremd unterwegs sein kann. Nur die Kombi "Stollen" und "Bleche" sorgt bei mir im Wald immer für ein Störgefühl.
 
Ich will mal behaupten, dass das mit dem einen Rad nicht klappen wird, egal wer dieses Rad gebaut hat und wie individuell und kostspielig es war. ;)
Wieso nicht? Für mich liegt die Reduzierung auf das wesentliche, nämlich auf ein Rad als Befreiungsschlag. Ich nehme nicht mehr an Rennen teil, fahre nur aus Spaß, breite Reifen sind Komfort, Schutzblechen schützen mich und Ausrüstung, Licht brauche ich sowieso und transportiere meine benötigten Sachen, wie Werkzeug, Verpflegung, Kamera, Wechselklamotten für 2-5 Tage gerne auf dem Rad. Aber das war bei mir ein Prozess.
 
Wieso nicht? Für mich liegt die Reduzierung auf das wesentliche, nämlich auf ein Rad als Befreiungsschlag. Ich nehme nicht mehr an Rennen teil, fahre nur aus Spaß, breite Reifen sind Komfort, Schutzblechen schützen mich und Ausrüstung, Licht brauche ich sowieso und transportiere meine benötigten Sachen, wie Werkzeug, Verpflegung, Kamera, Wechselklamotten für 2-5 Tage gerne auf dem Rad. Aber das war bei mir ein Prozess.
Hat halt mit dir und deiner (heutigen) Art des Radfahrens zu tun.
Muss nicht für Jeden passen und nicht immer.

Was ich daran nicht verstehe ist der "Befreiungsschlag".
Wenn's am Platz hapert, OK. Aber was stört es mich, dass da noch ein Rad ist (oder 2 oder 3), das nur selten genutzt wird?! Macht mich jetzt nicht frei oder unfrei. Im Gegenteil - schön, wenn da noch eins in Reserve ist ....
 
Hat halt mit dir und deiner (heutigen) Art des Radfahrens zu tun.
Muss nicht für Jeden passen und nicht immer.

Was ich daran nicht verstehe ist der "Befreiungsschlag".
Wenn's am Platz hapert, OK. Aber was stört es mich, dass da noch ein Rad ist (oder 2 oder 3), das nur selten genutzt wird?! Macht mich jetzt nicht frei oder unfrei. Im Gegenteil - schön, wenn da noch eins in Reserve ist ....
Ja klar das ist meine Einstellung und ich will niemanden davon überzeugen.
Es ist ganz einfach mit dem Befreiungsschlag: die Räder müssen alle in der Wohnung lagern und das macht die Regierung langsam nicht mehr mit. Und außerdem wenn ich alle meine Räder und Teile verkaufen könnte, en block, würde ich über ein Herse nachdenken. :)
 
Ja klar das ist meine Einstellung und ich will niemanden davon überzeugen.
Es ist ganz einfach mit dem Befreiungsschlag: die Räder müssen alle in der Wohnung lagern und das macht die Regierung langsam nicht mehr mit. Und außerdem wenn ich alle meine Räder und Teile verkaufen könnte, en block, würde ich über ein Herse nachdenken. :)
Moinsen

Kann man dein Rad irgendwo sehen? Meistens haben solche Aufbauten ja immer sehr interessante und individuelle Kompromisslösungen an Bord.

Gruß
dasulf
 
Wenn's am Platz hapert, OK. Aber was stört es mich, dass da noch ein Rad ist (oder 2 oder 3), das nur selten genutzt wird?!
"Was Du besitzt, besitzt auch Dich." 😅
Und irgendwann merkt man dann, dass alle fünf oder zehn gelegentlich benutzten Räder so ziemlich auf einen Schlag neue Reifen, neue ... usw. brauchen, obwohl man nie so wirklich oft damit gefahren ist. Reifen sterben dann auch gern mal am Alter.
 
Moinsen

Kann man dein Rad irgendwo sehen? Meistens haben solche Aufbauten ja immer sehr interessante und individuelle Kompromisslösungen an Bord.

Gruß
dasulf
@dasulf du meinst meine Räder. Das eine oder andere habe ich mal gezeigt. Ist aber schon lange her. Aber ich will den Thread nicht kapern. Es geht hier um René Herse und nicht um meine Räder. Lasst uns also bitte dahin wieder zurückkehren. Danke
 
Wieso nicht? Für mich liegt die Reduzierung auf das wesentliche, nämlich auf ein Rad als Befreiungsschlag. Ich nehme nicht mehr an Rennen teil, fahre nur aus Spaß, breite Reifen sind Komfort, Schutzblechen schützen mich und Ausrüstung, Licht brauche ich sowieso und transportiere meine benötigten Sachen, wie Werkzeug, Verpflegung, Kamera, Wechselklamotten für 2-5 Tage gerne auf dem Rad. Aber das war bei mir ein Prozess.
Dann befreie Dich doch einfach mal mit einem Schlag und konzentriere Dich auf ein Rad. ;)
Ich bin gespannt auf das Ergebnis. :D
 
Ja klar das ist meine Einstellung und ich will niemanden davon überzeugen.
Es ist ganz einfach mit dem Befreiungsschlag: die Räder müssen alle in der Wohnung lagern und das macht die Regierung langsam nicht mehr mit. Und außerdem wenn ich alle meine Räder und Teile verkaufen könnte, en block, würde ich über ein Herse nachdenken. :)
Ist der wahre Grund also die Regierung oder die extrem überhöhten Preise eines Rene Herse?
(die Frage ist ernst gemeint)

P.S. Versteh mich bitte nicht falsch, ich will hier weder eine Grundsatzdiskussion noch einen Streit beginnen, sondern mich interessiert schlichtweg, wie man es denn schafft, von vielen Rädern auf eines zu kommen.

P.P.S. Vielleicht könnte man es auch schlichter definieren: Wie komme ich von meiner Sammelsucht los?
 
Zuletzt bearbeitet:
@dasulf du meinst meine Räder. Das eine oder andere habe ich mal gezeigt. Ist aber schon lange her. Aber ich will den Thread nicht kapern. Es geht hier um René Herse und nicht um meine Räder. Lasst uns also bitte dahin wieder zurückkehren. Danke
Tschuldigung
Habe ich dann wohl falsch verstanden. Ich dachte du hättest in einem langen Prozess zu einem Rad für alle Belange gefunden. Wenn du mehrere Räder hast, werden sie wohl kaum so universell sein, daß man sich was tolles abgucken kann.

Zum Herse: ich glaube nicht, daß man mit Geld einfach das perfekte Rad kaufen oder herstellen kann. Dazu gehört schon ein großes Maß an Wissen über den Kunden und seine Vorlieben. Ich meine über mich schon einiges herausgefunden zu haben, was ich brauche, was ich gerne hätte und was mir hilft. Sicherlich brauche ich nochmal 10 Jahre try & Error bis ich noch mehr darüber weiß und in der Lage bin, das auch dem Hersteller mitzuteilen. Dann bin ich aber evtl auch ein ganz anderer Nutzer geworden und das Thema beginnt von neuem.

Andersrum glaube ich auch nicht, daß das im Endeffekt günstiger als ein Heine wäre.

Gruß
dasulf
 
Ich finde es sehr interessant.

Ich gehe mal Stück für Stück darauf ein:

[...] Remember that RH's popularity was unfairly exaggerated by his relationship with Rebour, who promoted Herse by his position at Le Cycle. [...] Because documentation itself gives "credibility" to almost anything, this explains the disproportionate prestige of RH cycles. [...] The "religion" is beyond practical reasoning, and is primarily a derivative of the documentation,

Die Kernaussage, der außerordentliche Ruf der Marke "René Herse" beruhte im Wesentlichen auf der reichhaltigen Dokumentation, die Rebour hinterlassen hat, teile ich nicht. Ich komme am Ende darauf zurück.

Herse made few frames personally, and less and less as time progressed. He had talented hired help. He was more of a machinist and businessman, and conceptualizer.

Stimmt, ist aber nicht relevant, denn es geht bei der Kritik ja um Räder der Marke und nicht um den Firmeninhaber.

As a person he was not well liked, even despised, including by his daughter.

Weiß ich nicht, hat in diesem Zusammenhang auch nichts zu suchen

RH was also savvy enough to "sponsor" the best riders in the era to produce impressive showings in the various "epreuves", and of course, this was all highlighted by Rebour.

Der letzte Teil stimmt nicht.
Sportliche Erfolge waren nicht die Sache von Rebour, sondern Technische. Dass die Erfolge bei den "Épreuves" bereits um 1941 begannen, sich über die ganze Besatzungszeit fortsetzten, Rebour aber erst ab ca. 1946 mit der zeichnerischen Dokumentation von Fahrradtechnik begann, sollte hier aber erwähnt werden.
Der erste Teil hingegen stimmt. Das "Sponsoring" hätten alle Constructeure gekonnt aber nur teilweise gemacht. Singer z.B. hat den ersten Nachkriegs "Poly de Chanteloup" (Okt. 1945) gewonnen, dafür z.B. Jo Routens (!) aus Grenoble engagiert.
Bereits 1946 bemerkt Rebour in einem Resümee des 1946er Poly, dass der Wettbewerb sich ggü. den Vorkriegswettbewerben deutlich gewandelt hätte. Ob der wirtschaftlichen Bedeutung für die Konstrukteure der Siegermaschinen würden diese sich mit erheblichem finanziellen Aufwand (ehemals) professionelle Rennfahrer engagieren, die dann mit auf Regelkonformität getrimmten Rennmaschinen (Bleche, Licht, Draht- statt Schlauchreifen, 700x30C war erlaubt) fuhren statt ehedem Jedermänner auf 650B Rädern.
Für René Herse selbst war dieser Wettbewerb der Wichtigste von allen. Er hat sogar seinen letzten Wohnsitz nach der Nähe zur Rennstrecke ausgewählt, meine ich.

These facts are not meant to (and do not) detract from the innocent machines themselves. Studied as a quantity, RH bicycles vary as much as any handmade "quantity", price being a large influence. His membership in the FFCT "morally required" him to offer a "Federal" model, for example.

Dass die Qualität der einzelnen Herse Räder von den jeweils dafür bezahlten Preisen abhing, finde ich irgendwie selbstredend. Ein vollverchromtes Cyclotourisme oder Camping Modell mit allen Extras dürfte insgesamt eine bessere Fertigungsqualität mitgebracht haben als ein einfaches Rennmodell ohne irgendein Extra. Dass die "Féderal" - Räder als Budget-Modell eher am unteren Ende der Qualitätsskala zu finden sind, dürfte auch klar sein.

Das erwähnte "morally required him" impliziert aber auch, dass Herse von sich aus vielleicht nie ein solches Budget-Modell angeboten hätte, und das stimmt vermutlich sogar!

Es begab sich zu einer Zeit gegen Ende 1945 als der Präsident des FFCT (Dachverband der frz. Cyclotouriste-Clubs), Herr Antonin, die Pariser Konstrukteure zu einer Versammlung einberief. Er und der Verband waren nämlich in Sorge wegen der Nachkriegsinflation um den Cyclotouriste Nachwuchs, der sich gute Räder kaum noch leisten konnten. Es wurden im Nachgang Standards erarbeitet und Pitard hatte bereits ein paar Wochen später ein solches Modell am Start, während hingegen Herse nicht nur auf der genannten Versammlung fehlte (was nicht unbemerkt blieb) sondern auch erst mit seinem 1952er Katalog ein solches Modell anbot.

"Innovation" is difficult to ascribe other than to perhaps the stems.
[a] He borrowed the internal wiring/sprung bushing theme from somebody else (local).
[b ] Oversized downtubes,
[c] internal cables,
[d] nice racks, nice work, fancy cantilevers,
[e] roller brake hangers,
[f] SKF BB bearings, etc...
[g] were ALL common amongst the elite builders of the day, although you wouldn't guess that because Rebour didn't tell you.

a) stimmt, Daudon hat's erfunden (mindestens hat er das patentieren lassen)
b) weiß ich nicht
c) stimmt, mir fällt aber gerade nur Maury ein
d) Geschmackssache, stimmt insofern natürlich
e) stimmt, Lewis war's
f) ja, mindestens Singer, Maury, Daudon
g) stimmt nicht !! Ich weiß nur davon, weil Rebour genau diese Dinge von anderen Konstrukteuren genausogut dokumentiert hat!
[mit viel Geduld kann man das alles hier finden ===>> Daniel Rebour Scans, herunterladen der pdf hilft ungemein, wenn man das Dokument nach den Namen durchsucht]

Lily's performance in World Championship events didn't hurt either, but that was HER, not the bike.

Das scheint mir ein Strohmannargument zu sein. Jedenfalls habe ich das noch nie als Grund für die Überragendheit von Herse Rädern gehört.

In the end we have a 40 year production, dominated by above average to very nice, but sprinkled with mediocre and even bad. Completely normal and understandable. The "religion" is beyond practical reasoning, and is primarily a [...], and the fact that until now (sort of) only the French of the 40's-70's (NOT currently) and the Japanese of the 40's till present, shared the same bicycle "culture".

Diese Art der Fahrradkultur ist tatsächlich auf Frankreich beschränkt. Ob das nun als Grund für den besonderen Ruf der Firma herhalten kann, keine Ahnung. Japan damit in einen Topf zu werfen finde ich etwas gewagt. Die dortige Kultur halte ich für eine andere, nämlich viel technikorientierter und-verliebter aber dafür ohne den sportlichen Character der Épreuves.

As to the "credibility" of carrying on a name/tradition of bike making, it's a relatively neutral thing, colored by perception/reputation of the brand. Hence the above fairly accurate assessment. It has practical/buy-able business strategy, and will "work" with a limited client base who go to that church. There's reasons why the name WAS sold, and why there was no French buyer.

Die Aussage wertet die Situation in 2007 um den Erwerb der Marke durch Mike Kone und ist insofern nicht mehr relevant.

Damit komme ich auf die Kernaussage zurück, die Popularität und der außergewöhnliche Ruf der Marke René Herse rührte von der überdurchschnittlichen Dokumentation seitens Herses Buddy Daniel Rebour her.

Weil ich mich lange genug mit dem Werk von Rebour beschäftigt habe, traue ich mir ein eigenes Urteil zu.

Das fällt anders aus.

Korrekt ist, dass Zeichnungen von Herse Rädern und Teilen davon in Rebours Gesamtwerk weit überdurchschnittlich repräsentiert sind.

Das ist in meinen Augen aber ein Henne - Ei Problem. Herse wurde nicht wegen Rebour berühmt, sonderen weil Herses Räder berühmt waren, hat Rebour soviel davon gezeichnet. Die Grundlagen für den Ruhm liegen in den regelmäßigen und sehr zahlreichen sportlichen Erfolgen von Herses Fahrern bei allen möglichen "Cyclotouriste"-Events in/um Paris, angefangen und durchgängig bereits während der Besatzungszeit ab 1941. Ein paar Jahre nach dem Krieg fuhren Fahrer von Herse Rädern mit u.a. organisatorischer und fahrkostentechnischer Unterstützung durch Herse himself dann auch nach auswärts, z.B. Lyon oder Brüssel.

Wenn man die alten Zeitschriften studiert und versucht zu werten, welcher Radwettbewerb wohl den höchsten Stellenwert im (Pariser) Frankreich der Nachkriegszeit hatte (vermutlich auch bereits während der Besatzungszeit, aber da fehlen mir die Quellen), kann die Wahl nur auf "Chanteloup" fallen. Damit wurde Ende April, Anfang Mai die Saison eingeläutet, dort traf sich alles was Rang und Namen in der Szene hatte (insbesondere auch die honorigen Herrschaften aus der Industrie) , dort versammelten sich zehntausende von Zuschauern an der Strecke, Erfolge bei diesem Event wurden danach umfangreichst in Werbeanzeigen hervorgehoben. Und Herse wollte das unbedingt gewinnen, vermutlich mehr als alle anderen, immer und immer wieder.

Mit Anfang der 50iger Jahre sind nach und nach fast alle "Elite" Anbieter vom Markt verschwunden. Herse nicht. Er hatte weiterhin Fahrer in Chanteloup am Start, bis ganz zuletzt Ende der 60er. Basierend auf diesen sportlichen Erfolgen (PBP natürlich auch) hat er immer noch genügend Räder verkaufen können, um auf dem Markt zu bleiben und seine Produkte von Rebour zeichnen zu lassen.

Der Ruhm der Marke Herse fußt meiner bescheidenen Meinung nach auf den sportlichen Erfolgen von Herses Fahrern auf (Langstrecken-)Events. Dass Herse dafür gute Fahrer sponsern musste, geschenkt. Dass die auch nur mit funktionierendem und zuverlässigen Material ihre Leistungen bringen konnten, und mit Feedback dem Konstrukteur ständig an seinem Produkt rumfeilen lassen konnten sollte klar sein. Der gute Ruf der Marke dürfte nicht ganz unbegründed zustande gekommen sein.

Weil sich nichts zugetragen hat, was den Ruf hätte ruinieren können, ist er so wie er sich bereits Anfang der 1940er herausgebildet hat immer weitergetragen worden.

Außerdem hatte Herse den schönsten Fahrradkatalog Ende der 40er. 😃

Alles so aus'm Gedächtnis und natürlich nur meine bescheidene Meinung. ☝️

=================

Edit 18.02.2022.

Mir ist da noch was eingefallen.

Im zitierten Text wird ja bemerkt, dass es schwierig sei, Herse überhaupt Innovationen zuzurechen, außer der Vorbauten vielleicht.

Auch das sehe ich anders. Ich denke da an die Herse Kurbeln und die Herse Innenlager.

Als die Herse-Kurbel entwickelt wurde, also um 1938, hatten Kettenblätter ansonsten meist eine Dreiarmbefestigung mit großen LKD (z.B. 116mm) (eher bei Rennmaschinen mit einfach-KB) oder die "5-vis"- Befestigung (bei Tourenmaschinen auch 2-fach, tlw. sogar 3-fach (Cyclo-Rosa)).
Bei mehr als einem Kettenblatt war häufig das kleine KB an das große genietet oder geschraubt.
Die Kurbeln waren meist aus Stahl und hatten eine Keilfixierung an der Tretlagerwelle.

Der heute noch vorkommende 4-Kant-Konus war 1931-33 von Ets. Vérot (später Ets. Vérot & Perrin) unter dem Markennamen Stronglight entwickelt worden und wurde bis 1938 auch exklusiv von denen genutzt. Verot hatten diesen Standard entwickelt, weil Alukurbeln für zuverlässige Keilklemmung wohl wenig geeignet waren.
Im Sinn hatten Vérot als Kundschaft für diese 5-Vis Kurbeln aus Alu wohl Rad-Rennfahrer. Eine Annonce aus 1933 lässt jedenfalls diesen Rückschluss zu: gleichzeitige Produkteinführung von zwei ganz verschiedenen Kurbeln, eine mit Dreiarmbefestigung aus Stahl mit kleinem LKD explizit für Cyclotouristen, die andere aus Alu mit nur einem Kettenblatt wohl eher für Rennfahrer. Nur leider, leider wurde solchen Alu-Kurbeln aber noch nicht so ganz vertraut, jedenfalls nicht im Rennbereich.
Wohl aber an anderer Stelle, nämlich auf den Concours des Machines. Weil dort die Gewichtsoptimierung (fast) über alles ging. Nur waren das reine Cyclotouriste-Events.
Die "eigentlich" für dieses Publikum entwickelte Kurbel aus derselben Annonce aus 1933 war nur leider aus Stahl und hatte auch die althergebrachte Keilklemmung. Der kleine Lochkreis von ca. 83 mm erlaubte Kettenblätter von 26 Zähnen.
1938 kam dieselbe Kurbel dann auch mit 4-Kant-Konus auf den Markt, immer noch aus Stahl.

Erst die Herse Kurbel hat dann schließlich alle für Cyclotouristen erstrebenswerten Merkmale in sich vereinigt:
  • Herse setzte von Anfang an auf Alu, was 1938 bei Kettenblättern selten und bei Kurbeln schon fast außergewöhnlich war, Alu sollte sich erst viel später in der Breite durchsetzen
  • die Dreiarm-Befestigung der Herse-Kurbel war zwar proprietär im LKD (70 mm), vereinigte aber zwei Vorteile in sich: man konnte die Kettenblätter demontieren, ohne die Kurbel abzunehmen und wegen des kleinen LKD auch kleine Kettenblätter (24Z) montieren. Die anderen beiden Systeme (Dreiarm (außer Vérot) und "5-vis") konnten je nur eines von beiden.
  • die Kettenblätter waren nicht aneinander vernietet/verschraubt (wie z.B. den Cyclo Rosa Alu KBs) sondern an den Kurbelarmen verschraubt.
  • auch der Vierkant-Konus sollte sich später durchsetzen
Zugegeben, die Innovationstiefe inkl. Design der Herse Kurbel war bereits 1938 sehr überschaubar. Allerdings war er es, der diesem Produkt das "richtige" Material zugewiesen hat, welches dann bis heute am Markt bleiben sollte, während das Stahl-Pendant von Stronglight wohl nicht mal den Krieg überdauert hat.

Die Herse Kurbeln passten auf die Stronglight Innenlager, die 4-Kante waren kompatibel. In den Anfangsjahren hatte Herse seine Kurbeln auch auf Stronglight Innenlagern montiert. Später hatte er dann sein "eigenes" Innenlager. Abgesehen davon, dass er sein eigenes Innenlager mit anfangs Timken Kegellagern und später SKF-Industrielagern benutzte, hat er erstmals Kurbelbefestigungsschrauben eingesetzt. In seinem 1948er Katalog ist eine solche Schraube jedenfalls erstmals in einer Rebour Zeichnung zu sehen (unten rechts, oben links dürfte ein Stronglight Innenlager sein). Die Stronglight-Welle war auch hohl, hatte damals aber noch Kurbelbefestigungsmuttern. Die Tretlagerwelle war auf jeder Seite um 10 mm verlängert, für ein Gewinde.

In Rebours 1949er Buch "La Pratique du Vélo" werden auf Seite 35 ff die verschiedenen Kurbelsysteme aufgezählt. Stronglight und Herse werden als einzige 4-Kant-Hersteller genannt. Nur Herse hatte die Befestigungsschraube zu dem Zeitpunkt. Dieser Unterschied wird auch in dem Buchtext explizit hervorgehoben.

Wann die Kurbelbefestigungsschraube erstmals eingesetzt wurde, lässt sich wohl nicht mehr herausfinden. In Heines Herse Buch ist auf Seite 74 ein Foto von einem Rad beim Criterium de Paris Sommer 1942. Das hat eine Kurbelbefestigungsschraube. Bei einer Stronglight Innenlagerwelle hätte man vermutlich auch einfach die Außengewinde absägen können und in die ohnehin hohle Welle ein Gewinde schneiden können. Ob Herse das gemacht hat, oder die Schrauben nur bei eigenen Innenlagern eingesetzt hat weiß ich nicht.

Neben dem Entwickler einer wegweisenden Kurbelgarnitur war Herse gar der Erfinder der Kurbelbefestigungsschraube! 😀
(Steht natürlich auch im Herse Buch, nur nicht so ausführlich.).
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich gehe mal Stück für Stück darauf ein:



Die Kernaussage, der außerordentliche Ruf der Marke "René Herse" beruht im Wesentlichen auf der reichhaltigen Dokumentation, die Rebour hinterlassen hat, teile ich nicht. Ich komme am Ende darauf zurück.



Stimmt, ist aber nicht relevant.



Weiß ich nicht, hat in diesem Zusammenhang auch nichts zu suchen



Der letzte Teil stimmt nicht. Sportliche Erfolge waren nicht Sache von Rebour, sondern technische. Der erste Teil stimmt zwar, aber das hätten alle gekonnt und nur teilweise gemacht. Singer z.B. hat den ersten Nachkriegs "Poly de Chanteloup" (Okt. 1945) gewonnen, dafür z.B. Jo Routens (!) aus Grenoble engagiert.
Bereits 1946 bemerkt Rebour in einem Resümee des 1946er Poly, dass der Wettbewerb ggü. den Vorkriegswettbewerben deutlich geändert hätte. Ob der wirtschafltichen Bedeutung für die Konstrukteure der Siegermaschinen würden diese sich mit erheblichem finanziellen Aufwand (ehemals) professionelle Rennfahrer engagieren, die dann mit auf Regelkonformität getrimmten Rennmaschinen (Bleche, Licht, Draht- statt Schlauchreifen, 700x30C war erlaubt) fuhren statt ehedem Jedermänner auf 650B Rädern.
Für René Herse selbst war dieser Wettbewerb der Wichtigste von allen. Er hat sogar seinen letzten Wohnsitz nach der Nähe zur Rennstrecke ausgewählt, meine ich.



Dass die Qualität von Herse Räder von den damals gezahlten Preisen abhing, finde ich irgendwie selbstredend. Ein vollverchromtes Cyclotourisme oder Camping Modell mit allen Extras dürfte insgesamt eine bessere Qualität gehabt haben als ein einfaches Rennmodell ohne irgenein Extra. Dass die "Féderal" - Räder als Budget-Modell eher am unteren Ende der Qualitätsskala zu finden sind, dürfte auch klar sein.

Das erwähnte "morally required him" impliziert aber auch, dass Herse von sich aus vielleicht nie ein solches Budget-Modell angeboten hätte, und das stimmt vermutlich sogar!

Es begab sich zu einer Zeit gegen Ende 1945 als der Präsident des FFCT (Dachverband der frz. Cyclotouriste-Clubs), Herr Antonin, die Pariser Konstruktueure zu einer Versammlung einberief. Er und der Verband waren nämlich in Sorge wegen der Nachkriegsinflation um den Cyclotouriste Nachwuchs, der sich gute Räder kaum noch leisten konnten. Es wurden im Nachgang Standards erarbeitet und Pitard hatte bereits ein paar Wochen später ein solches Modell am Start, hingegen Herse nicht nur auf der genannten Versammlung fehlte (was nicht unbemerkt blieb) sondern auch erst mit seinem 1952er Katalog ein solches Modell anbot.




a) stimmt, Daudon hat's erfunden (mindestens hat er das patentieren lassen)
b) weiß ich nicht
c) stimmt, mir fällt aber gerade nur Maury ein
d) Geschmackssache, stimmt insofern natürlich
e) stimmt, Lewis war's
f) ja, mindestens Singer, Maury, Daudon
g) stimmt nicht !! Ich weiß nur davon, weil Rebour genau diese Dinge von anderen Konstrukteuren genausogut dokumentiert hat!
Und überhaupt kann man das auf mindestens zweierlei Weise werten!
Wie hier eher negativ konnotiert, dann wäre es eher "Abkupferei", andererseits genausogut als "Lernen von Anderen" und sich die besten Lösungen raussuchen. Ich halte es eher mit letzterem Werturteil.



Das scheint mir ein Strohmannargument zu sein. Jedenfalls habe ich das noch nie als Grund für die Überragenheit von Herse Rädern gehört.



Diese Art der Fahrradkultur ist tatsächlich auf Frankreich beschränkt. Ob das nun als Grund für den besonderen Ruf der Firma herhalten kann, keine Ahnung. Japan damit in einen Topf zu werfen finde ich etwas gewagt.



Die Aussage wertet die Situation in 2007 um den Erwerb der Marke durch Mike Kone und ist insofern nicht mehr relevant.

Damit komme ich auf die Kernaussage zurück, die Popularität und der außergewöhnliche Ruf der Marke René Herse rührte von der überduchschnittlichen Dokumentation seitens Herses Buddy Daniel Rebour her.

Weil ich mich lange genug mit dem Werk von Rebour beschäftigt habe, traue ich mir ein eigenes Urteil zu.

Das fällt anders aus.

Korrekt ist, dass Zeichnungen von Herse Rädern und Teilen davon in Rebours Gesamtwerk weit überdurchschnittlich repräsentiert sind.

Das ist in meinen Augen aber ein Henne - Ei Problem. Herse wurde nicht wegen Rebour berühmt, sonderen weil Herses Räder berühmt war, hat Rebour soviel davon gezeichnet. Die Grundlagen für den Ruhm liegen in den sportlichen Erfolgen von Herses Fahrern, angefangen bereits während der Besatzungszeit.
Wenn man die alten Zeitschriften studiert und versucht zu werten, welcher Radwettbewerb dann wohl den höchsten Stellenwert im (Pariser) Frankreich der Nachkriegszeit hatte, kann die Wahl nur auf "Chanteloup" fallen. Damit wurde Ende April, Anfang Mai die Saison eingeläutet, dort traf sich alles was Rang und Namen in der Szene hatte (insbesondere auch die honorigen Herrschaften aus der Industrie) , dort versammelten sich zehntausende von Zuschauern an der Strecke, Erfolge bei diesem Event wurden danach umfangreichst in Werbeanzeigen hervorgehaben. Und Herse wollte das unbedingt gewinnen, vermutlich mehr als alle anderen, immer und immer wieder.

Mit Anfang der 50iger Jahre sind nach und nach fast alle "Elite" Anbieter vom Markt verschwunden. Herse nicht. Er hatte weiterhin Fahrer in Chanteloup am Start, bis ganz zuletzt Ende der 60iger. Basierend auf diesen sportlichen Erfolgen (PBP natürlich auch) hat er immer noch genügend Räder verkaufen können, um auf dem Markt zu bleiben und seine Produkte von Rebour zeichnen zu lassen.

Der Ruhm der Marke Herse fußt meiner bescheidenen Meinung nach auf den sportlichen Erfolgen von Herses Fahrern auf (Langstrecken-)Events. Das Herse dafür gute Fahrer sponsern musste, geschenkt. Dass die auch nur mit funktionierendem und zuverlässigen Material ihre Leistungen bringen konnten, und mit Feedback dem Konstrukteur ständig an seinem Produkt rumfeilen lassen konnten sollte klar sein. Der gute Ruf der Marke dürfte nicht ganz unbegründed zustande gekommen sein.

Weil sich nichts zugetragen hat, was den Ruf hätte ruinieren können, ist er so wie er sich bereits in den 40ern herausgebildet hat immer weiter fortgetragen worden.

Außerdem hatte Herse den schönsten Fahrradkatalog Ende der 40er. 😃

Alles so aus'm Gedächtnis und natürlich nur meine bescheidene Meinung. ☝️
Vielen Dank für diesen sehr intensiven Beitrag, @HeikoS69 :)

Das ist fachlich dermaßen fundiert, dass ich dafür Jahre bräuchte, um dies zu recherchieren (falls ich es überhaupt zusammen bekommen würde).

Meinen großen Respekt! :daumen:
 
Wer im Forum ausser @ReneHerse besitzt eigentlich ein René Herse Rad?

Hier ein paar Bilder meines Favoriten. Ein Modell Diagonal aus 1969 ... Bilder von reneherse.com

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