Neuer RLS Schutz für Fahrradhelme Bei Sturz löst sich die Schale

Geringere Kopfverletzungen durch einen Radhelm, der sich auflöst. Das neue Schutzsystem „RLS“ will genau das.
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Release Layer System: So geht’s

Als Schutz vor Rotationskräften bei Sturz fand MIPS in Radhelmen weite Verbreitung. Jetzt kommt „RLS“ mit einer Helmschale, die abblättert und das gleiche Ziel verfolgt. Geringere Kopfverletzungen im Falle eines Sturzes mit dem Fahrrad. Im Herbst soll das System in einem Radhelm von Canyon seine Premiere feiern.

Dabei haben die RLS-Konstrukteure vor allem die Rotationskräfte im Blick, die – neben der Krafteinwirkung durch den Aufprall, die der Helm ohnehin mindert – eine Gefahr für das Gehirn darstellen sollen.

Statt im Inneren des Helms Rotationskräfte zu mindern, setzt das Release Layer System aber außen an. Es arbeitet drei Schritten: Reagieren, Rollen und Lösen. Auf der Außenseite des Helms befinden sich Panels, die über eine leichte Polycarbonat-Lagerschicht angebunden sind. Beim Aufprall reagiert die spezielle Klebeschicht, die Panels werden frei beweglich und können auf den eingelassenen Lagern in jede Richtung rollen. Im letzten Schritt lösen sich die Panels teilweise von der Helmschale, um weitere Energie abzugeben.

Release Layer System (RLS)
# Release Layer System (RLS) – Das Release Layer System ist eine neue Helm-Technologie, die auf bewegliche Außenschalen setzt und Rotationskräfte bei Stürzen ableiten soll.
Diashow: Erster Helm mit RLS-Technologie: Neue Schutzebene gegen Gehirnerschütterungen
Das Panel läst sich anschließend, um weitere Rotationsenergie abzubauen.
Unabhängige Tests zeigten, dass Helme mit RLS-Technologie die Rotationsgeschwindigkeit um bis zu zwei Drittel reduzieren konnten.
Groß (RLS Maria 0893 V1)
Groß (RLS Water Test 5642 V1)
Groß (RLS Lifestyle Shot 2 1595 v2)
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Die patentierte RLS-Klebschicht wurde so entwickelt, dass sie sofort auf eine bestimmte Aufprallkraft reagieren kann, ihre Haftung löst und die Lager frei rollen lässt.
# Die patentierte RLS-Klebschicht wurde so entwickelt, dass sie sofort auf eine bestimmte Aufprallkraft reagieren kann, ihre Haftung löst und die Lager frei rollen lässt. – Auf dem Helm befinden sich leichte Polycarbonat-Lager, wodurch die Panels in jede Richtung rollen können, um Rotationsenergie vom Gehirn wegzuleiten.
Das Panel löst sich anschließend, um weitere Rotationsenergie abzubauen.
# Das Panel löst sich anschließend, um weitere Rotationsenergie abzubauen.

Laut RLS Mitteilung konnte eine Studie der Universität Straßburg zeigen, dass Helme mit RLS die Spitzen-Rotationsgeschwindigkeit je nach Aufschlagrichtung im Schnitt um 56 bis 66 Prozent reduzieren konnten. Das entspräche einer Senkung der geschätzten Verletzungswahrscheinlichkeit um bis zu 84 Prozent im Vergleich zu identischen Helmen ohne RLS, heißt es.

Die Technik geht auf eine Beobachtung des RLS-Gründers zurück, der bei einem Unfall die Wirkung von sich lösenden Helmschalen bemerkte. Auf Basis dieser Entdeckung wurde die Technologie weiterentwickelt und patentiert.

Tests konnten zeigten, dass Helme mit RLS-Technologie die Rotationskräfte bei einem Sturz um bis zu zwei Drittel reduzieren konnten.
# Tests konnten zeigten, dass Helme mit RLS-Technologie die Rotationskräfte bei einem Sturz um bis zu zwei Drittel reduzieren konnten.

Erste Anwendung: Canyon Deflectr Trail

Das erste Serienmodell mit RLS wird der Canyon Deflectr Trail MTB-Helm, der ab Herbst 2025 erhältlich sein soll. Canyon arbeitet dabei eng mit dem Entwicklerteam in London zusammen. Der noch unveröffentlichte Canyon-Helm für den Trail- und Enduro-Einsatz hat bereits Platz 1 im Virginia Tech Helmet Rating erreicht, was für die gute Schutzwirkung spricht. Ein Preis wurde bislang noch nicht genannt. Außerdem soll es für den urbanen Bereich einen Helm von HEXR geben, der von Virginia Tech in einem Testfeld von insgesamt 42 Helmen ebenfalls die beste Wertung erzielt hat.

Canyon bringt im Herbst 2025 mit dem Deflectr Trail den ersten Helm auf den Markt, der mit der neuen RLS-Technologie ausgestattet ist.
# Canyon bringt im Herbst 2025 mit dem Deflectr Trail den ersten Helm auf den Markt, der mit der neuen RLS-Technologie ausgestattet ist.

Auch auf negative Umwelteinflüsse wird laut RLS geachtet. Im Vergleich zu anderen Quellen von nichtorganischen Partikeln im Radsport (z. B. Reifenabrieb) sei die Umweltwirkung von RLS sehr gering. In Zukunft sollen auch biologisch abbaubare RLS-Lager möglich werden können. Weitere Infos gibts auf www.releaselayer.com

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Was haltet ihr von Helmen mit beweglicher Außenschale?

Infos und Bilder: Pressemitteilung RLS

29 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. Das Hauptproblem aus medizinischer Sicht mit den Helmchen ist eher, daß Autofahrer bei Helmchenträgern größere Risiken eingehen. Ich trage bewußt im Gelände und auf dem Rennrad Helm, aber wenn ich im Dorft unterwegs bin, keinen Helm. Es gibt zig-Studien, die zeigen konnten, daß Autofahrer Helmchenträger knapper passieren als Nacktkopfträger...
    auf den trottel der die studie gelesen hat und glaubt verlass i mi lieber ned.
  2. Was manche Leute für Ergüsse haben, wenn sie einen Artikel lesen ist ja das Eine aber muss die Soße dann auch noch allen unter die Nase gerieben werden?

  3. Du hast ja nicht ganz unrecht; wenn ich mich recht entsinne, entsprach die erste Helmchenprüfnorm einem Fall mit Kopfdummy aus 6 Fuß Höhe - das wäre bei mir, sollte ich im Stand gerade umfallen, schon grenzwertig
    🙂 .
    Das Hauptproblem mit Fahrradhelmchen ist jedoch, daß das ursprüngliche "coup/contrecoup"-Verletzungsmuster, welches je nach betroffener Hirnregion mit schwersten oder überhaupt keinen relevanten Residuen einhergehen konnte, durch einen diffusen axonalen Schaden ("DAI") ersetzt wurde, der häufig in "vegetable life" endet - habe ich selbst mehrfach auf "Intensiv" miterlebt. Dieser Schadenstyp wird durch das rotatorische Moment, bei dem sich die dem Rotationszentrum näher liegenden Hirnanteile dem eingeleiteten Drehimpuls schneller folgen als der Cortex - und das ist genau das, was viele Helmchen machen.
    Jede Entwicklung, die das abmildert, ist ausdrücklich zu begrüßen; spannend wären für mich Messungen mit MIPS und RLS in einem Helm (hypothetisch muß das nicht zwingend besser sein!)...
    Daß ein Helm, der die Schutzwirkung eines F1/Motorsporthelms haben soll, genau so aussehen würde, wie so ein Helm halt aussieht, inklusive Nackenabstützung, ist trivial - ich denke aber, aktuelle MIPS-Helme sind gegenüber dem nackten Kopfe ein klarer Vorteil.
    Da hätte ich mal eine grundsätzliche Frage - rein basierend auf (hoffentlich) gesundem Menschenverstand: Den Schutz vor bzw. das Abmildern von Rotationskräften bei einem Sturz wurde als erstes von MIPS aufgegriffen und versucht in ein Produkt (Zustellteil) umzusetzen.

    Für die Markteinführung von MIPS mussten die Schweden dazu erst einmal ein Problembewusstsein auf Verbraucherseite schaffen (wie auch bei den Helm-Marken die sie als Partner gewinnen wollten), bevor sie ihre Lösung vermarkten konnten. Das Ganze wurde, klassisch dem Gore-Tex Ingredient Branding Vorbild nach, mit einer omnipräsenten Marketing-Kampagne begleitet.

    Seit dieser Zeit ist das Thema Rotationskräfte bei Stürzen überhaupt erst präsent (soweit ich mich erinnern kann). Das hat gut funktioniert und hat die Helm-Marken unter Druck gesetzt, Helme mit MIPS anzubieten - ein lehrbuchmäßiges Pull-Marketing.

    Was ich mich immer gefragt habe ist, inwieweit bei all dem die bereits existierenden Schutzfunktionen des menschlichen Körpers selbst in Betracht gezogen wurden? Dazu habe ich nie etwas gehört. Vielleicht auch deswegen, weil es ihren "case" weniger klar und überzeugend gemacht hätte?

    Vorhanden ist ja bereits eine Möglichkeit der Verschiebung der unterschiedlichen Weichteil-Schichten zwischen Schädeldecke und Kopfhaut und Haardecke (je nach Haarlänge) untereinander/gegeneinander.

    Die Versuchsreihen und -tests die ich dazu gesehen habe, haben immer mit klassischen Kopf-Dummies (wie sie auch Virginia Tech verwendet) gearbeitet - also kahlen Schädeln mit Sensoren innen. Diese berücksichtigen diese biofidelen Eigenschaften nicht welche nur durch Tests mit THOR oder noch besser mit THUMS Simulationen gemessen werden können.

    Darum war für mich bis jetzt - und da macht RLS keine große Ausnahme - jeglicher zusätzliche Rotationsschutz zum größten Teil eine Marketingstory.

    Wenn man einen Helm mit MIPS oder RLS bekommt, für einen Preis der ins eigene Budget für einen generell guten Helm passt, ist dagegen natürlich nichts einzuwenden. Aber man sollte sich im Klaren sein, dass die zusätzliche Schutzwirkung mindestens abstrakt ist (außer ich habe verpasst, dass MIPS inzwischen Tests mit THUMS Simulationen durchführt..).
  4. Da hätte ich mal eine grundsätzliche Frage - rein basierend auf (hoffentlich) gesundem Menschenverstand: Den Schutz vor bzw. das Abmildern von Rotationskräften bei einem Sturz wurde als erstes von MIPS aufgegriffen und versucht in ein Produkt (Zustellteil) umzusetzen.

    Für die Markteinführung von MIPS mussten die Schweden dazu erst einmal ein Problembewusstsein auf Verbraucherseite schaffen (wie auch bei den Helm-Marken die sie als Partner gewinnen wollten), bevor sie ihre Lösung vermarkten konnten. Das Ganze wurde, klassisch dem Gore-Tex Ingredient Branding Vorbild nach, mit einer omnipräsenten Marketing-Kampagne begleitet.

    Seit dieser Zeit ist das Thema Rotationskräfte bei Stürzen überhaupt erst präsent (soweit ich mich erinnern kann). Das hat gut funktioniert und hat die Helm-Marken unter Druck gesetzt, Helme mit MIPS anzubieten - ein lehrbuchmäßiges Pull-Marketing.

    Was ich mich immer gefragt habe ist, inwieweit bei all dem die bereits existierenden Schutzfunktionen des menschlichen Körpers selbst in Betracht gezogen wurden? Dazu habe ich nie etwas gehört. Vielleicht auch deswegen, weil es ihren "case" weniger klar und überzeugend gemacht hätte?

    Vorhanden ist ja bereits eine Möglichkeit der Verschiebung der unterschiedlichen Weichteil-Schichten zwischen Schädeldecke und Kopfhaut und Haardecke (je nach Haarlänge) untereinander/gegeneinander.

    Die Versuchsreihen und -tests die ich dazu gesehen habe, haben immer mit klassischen Kopf-Dummies (wie sie auch Virginia Tech verwendet) gearbeitet - also kahlen Schädeln mit Sensoren innen. Diese berücksichtigen diese biofidelen Eigenschaften nicht welche nur durch Tests mit THOR oder noch besser mit THUMS Simulationen gemessen werden können.

    Darum war für mich bis jetzt - und da macht RLS keine große Ausnahme - jeglicher zusätzliche Rotationsschutz zum größten Teil eine Marketingstory.

    Wenn man einen Helm mit MIPS oder RLS bekommt, für einen Preis der ins eigene Budget für einen generell guten Helm passt, ist dagegen natürlich nichts einzuwenden. Aber man sollte sich im Klaren sein, dass die zusätzliche Schutzwirkung mindestens abstrakt ist (außer ich habe verpasst, dass MIPS inzwischen Tests mit THUMS Simulationen durchführt..).
    Hallo,
    biomechanisch ist der Schädel ein Exoskelett, die Verschiebbarkeit v.a. der sog. Kopfschwarte ist minimal. Haare mögen verschieben, aber bauen keine Kraft ab.
  5. Hallo,
    biomechanisch ist der Schädel ein Exoskelett, die Verschiebbarkeit v.a. der sog. Kopfschwarte ist minimal. Haare mögen verschieben, aber bauen keine Kraft ab.
    Danke für die Info. Wenn ich das mal im Selbstversuch mache, lande ich bei der Kopfhaut schon bei ca. 10mm "Verschiebbarkeit". MIPS hat eine Beweglichkeit von 10-15mm. MIPS baut Rotationskräfte nicht ab, sondern leitet diese nur ab - wie eine Haarschicht, wie du sagst.
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