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So war’s
Mecklenburger Seenrunde 300: „Ein wunderbares Bianchi-Rennrad und ein wenig Kondition“

So war’s bei der Mecklenburger Seenrunde 2018. Manche Rennrad-Events sind in aller Munde. Andere hätten es verdient, tauchen aber nirgends auf. Rennrad-News redet mit und fragt nach dem Jedermannrennen, dem Rennradmarathon oder dem Brevet die Teilnehmer nach ihren Erfahrungen. Diesmal berichtet Christina Rost von ihrer Premiere bei der Mecklenburger Seenrunde. Die Runde führt über 300 Kilometer durch die Mecklenburger Seenplatte. Die Veranstalter orientieren sich dabei an der legendären Vätternrundan in Schweden und betonen die volkssportliche Seite mehr als die kompetitive.

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RN: Christina, wann hast Du die Entscheidung getroffen, zum ersten Mal an der Mecklenburger Seenrunde teilzunehmen? Was hat Dich daran so gereizt?

Christina: Die endgültige Entscheidung habe ich im März 2017 getroffen. Auslöser war der Gewinn von zwei Startplätzen für die Mecklenburger-Seeenrunde 2017 über die 90 km. Ich habe sofort meine beste Freundin angerufen und gefragt, ob sie mitkommt. Die Antwort war: „Das geht leider nicht, ich bin schon dort“. Sie ist Sportfotografin und hat mir von der Veranstaltung vorgeschwärmt. Da habe ich das Ganze als Wink des Schicksals gesehen und ein Hotelzimmer gebucht.

# Christina geht früh am morgen auf die Strecke

Gereizt hat mich zum einen, dass die 90 km eine reine Frauenrunde sind. Mit reinen Frauenveranstaltungen habe ich bisher gute Erfahrungen gemacht. Vor vielen Jahren bin ich beim Frauentriathlon in Zürich gestartet. Das war ein klasse Event. Außerdem laufe ich regelmäßig bei Frauenlaufserien.

Hinzu kam die Strecke von 90 km, die ich bis dato noch nie gefahren war. Ich wollte wissen, ob ich es noch kann. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich viel zu viel Gewicht, ein wunderbares Bianchi Rennrad, das seit 12 Jahren an der Wand hing und ein wenig Kondition.

Warst Du (inzwischen) schon öfter dort?
Ja, in diesem Jahr war ich wieder da. Diesmal bin ich früher angereist und habe an der MSR 300 teilgenommen, also bin auf der 300 km-Tour gestartet und habe gefinished.

War das Deine erste Veranstaltung dieser Art allgemein? Wie würdest Du Deine Rennradevent-Biografie in 5 Sätzen beschreiben – 1.000 Eventkilometer oder eher 10.000?

Die MSR 2017 war meine erste Veranstaltung dieser Art. In der Vergangenheit habe ich vor allem an Uni-Radrennen, Duath- und Triathlons teilgenommen. Seit meinem sportlichen Re-Start 2017 habe ich 1.000 Eventkilometer zurückgelegt und es kommen in diesem Jahr noch einige hinzu.

# Zeit die Landschaft zu genießen muss sein
# Kornblumen am Wegrand

War es schwer einen Startplatz zu bekommen?

Nein, aber ich habe mich auch direkt mit Öffnung des Anmeldeportals angemeldet.

Wie lief es dann vor Ort? Entsprach es Deinen Erwartungen?
Die Organisation vor Ort ist tipptopp. Die Veranstaltung ist sehr gut ausgeschildert. In der Nähe des Eventgeländes gibt es ausreichend Parkmöglichkeiten. Die Startunterlagenausgabe ist sehr gut organisiert. Mit den Unterlagen bekommt man einen Starterbeutel mit Kleinigkeiten von den Sponsoren. Alle ehrenamtlichen Helfer sind unglaublich freundlich und hilfsbereit.

Sehr dankbar bin ich für den Werkstattservice. Die MSR lässt ihre Teilnehmer auch in technischen Fragen nicht hängen. Dort bekam ich schnell und unkompliziert auch um 3:50 Uhr morgens Hilfe, als an meinem Rennrad vor dem Start technische Probleme auftauchten. Eine weitere Besonderheit der MSR sind die vielen Physiotherapeuten, die mit viel Elan und Herz die Radfahrer in den verschiedenen Depots fit halten.

Wie fandest Du die Streckenführung (Deine eigene Wahl oder die der Organisatoren)?
Meine Wahl, von den Organisatoren in meinem Interesse als Teilnehmerin ausgesucht. Die Streckenführung war sehr gut. Die Ausschilderung ist hervorragend. Die vielen Helfer aus der Region sichern die wenigen gefährlichen Stellen sehr gut ab. Die Autofahrer in der Region haben auf die Radfahrer große Rücksicht genommen. Die Strecke war über die 90 km schon sehr schön und ausgewogen in den Anforderungen. Die Depots waren an traumhaft schönen Spots wie zum Beispiel am Ufer eines Sees.

# Typische Allee in Mecklenburg - die Runde ist flach bis hügelig
# Die MSR bestritt Christina auf dem Team-Rad

Die 300 km in diesem Jahr waren genauso abwechslungsreich. Die Gegend heißt nicht zu Unrecht Mecklenburgische Schweiz. Es war eine hügelige Tour, aber die Berge waren gut zum Hochrollen.

Waren es die Region/die Landschaft wert, den Kopf zu heben und auch mal die Beine hängen zu lassen?
Aus meiner Sicht ist die Region landschaftlich ein Traum. Viel Natur und weite Landschaft prägt die Gegend um die Seen. Gerade um diese Jahreszeit gibt es viel zu sehen. In 2017 war die Tour etwas früher, da blühten die Rapsfelder und die Alleen rundeten mit den Seen das Bild ab. In diesem Jahr präsentierte die Landschaft weite Kornfelder mit Klatschmohn und Kornblumen. Dazu kommen die verwunschenen Wälder rund um die kleinen Seen. Auch die Architektur dieser Gegend ist sehenswert. Es lohnte sich in jedem Fall, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen. Sonst wäre mir auch der Aussichtspunkt „Mecklenburgische Schweiz“ entgangen.

Wie sieht es kulinarisch bei der Veranstaltung und drum herum aus?
Die kulinarische Versorgung auf der Veranstaltung selber ist radsportgerecht und sehr gut. In den Depots gibt es von mit Liebe bestrichenen Mus- und Marmeladen-, Käse-, Wurststullen, Kuchen, Obst, Schokolade, Pasta, Suppe, Brühe, Müsli, Energieriegel und unter anderem auch Bratwurst. Auf dem Eventgelände wird man ebenso fündig. Darunter sind Leckereien vom Schwenkgrill, Vegetarisches, Pasta oder zum Beispiel auch eine Kaffeelounge mit köstliches Crepes. Wir waren darüber hinaus neugierig und sind durch Zufall in einem sehr guten und gemütlichen Fischrestaurant direkt am Seeufer hinter dem Eventgelände gelandet. Das Restaurant zum Hotel Bornmühle ist für den exklusiveren Gaumen empfehlenswert. In jedem Fall ist auch das Burgrestaurant „Alte Münze“ in Burg Stargard einen Besuch wert. Neubrandenburg bietet weitere sehr schöne und gute Restaurants.

# Einer von vielen Seeblicken auf der Runde
# Fahrt in die Dämerung

Wie bist Du gefahren, wie die anderen Teilnehmer? Gemütlich oder eher Puls 200 mit Ansage?
Ich bin kein Radprofi. Für mich war in beiden Jahren das vorderste Ziel ins Ziel zu kommen. Gerade bei den 300 km war das für mich nach der verhältnismäßig kurzen Vorbereitung eine große Herausforderung. Ich bin daher nicht am Limit gefahren. Aber es gibt auf der MSR auch die Puls 200 Fahrer, die Rekordzeiten aufstellen wollten und dann mit einem Schnitt über 30 km/h fahren.
Dadurch, dass Zeitmessung auf den 90 km optional möglich ist und auf den 300km vorgesehen, bestand für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer die Möglichkeit das eigene Tempo zu fahren.

Wie war die Stimmung? Schnell Freunde gefunden?
Die Stimmung ist bei der MSR familiär. Auf der 90 km Frauenrunde schließen sich ganz schnell Freundschaften und man kommt gut ins Gespräch. Ich stehe noch heute mit einigen in Kontakt. Wir haben uns zu Radsportevents verabredet, tauschen uns über Radsport aus und haben uns für 2019 zu den 300km der MSR verabredet.

Auf den 300 km schweißt die Strecke zusammen. Ich bin alleine auf die 300 km gegangen und wollte mit einer geführten Gruppe fahren. Die waren aber sehr flott, und es ergab sich ein neues Team von Fahrern. Mit der Runde habe ich mich für die MSR 2019 verabredet. Dass das alles möglich ist, liegt sicherlich an Detlef Koepke und seinem Team. Das sind Veranstalter mit Herz und Leidenschaft für den Radsport. Der Geist der Vätternrundan aus Schweden spiegelt sich bei der MSR wieder. Sie ist das Vorbild für die MSR. Insofern ist die MSR auch sehr europäisch. Es nimmt an der MSR in jedem Jahr eine Delegation aus Schweden teil. In diesem Jahr durfte ich ein paar Teilnehmer kennenlernen, und ich habe zum Beispiel wertvolle Tipps für die Herangehensweise an die 300 km erhalten.

# Christina (ganz links) unterwegs in einer großen Gruppe

Was waren Deine Highlights – menschliche, sportliche landschaftliche?

Sportlich war für mich das absolute Highlight das Überqueren der 300 km Ziellinie. Auf dem Weg dahin hat mich der innere Kampf beeindruckt, der einen die 300 km bewältigen lässt.

Ein menschliches Highlight war die Physiotherapeutin, die mich für die letzten 50 km fit gemacht hat. Beeindruckt war ich auch von unserem spontanen Team. Wir haben zusammengehalten, obwohl wir uns nicht kannten und haben unser Ziel gemeinsam verwirklicht.

# Selfie im Glück

Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer, die einem Mut machen, ohne die Freunde im letzten Depot, die einen fröhlich erwarten und Freundinnen, die mit Schildern wie „pain is temporary – finishing for ever“ am Straßenrand stehen, sind solche Vorhaben nur halb so schön.

Landschaftlich waren es der Sonnenauf- und Untergang, die hügelige Landschaft mit den Alleen und Feldern und an einer Stelle führte die Strecke an einer tollen Strandbar vorbei, und eine gemütliche Kate lud zum selbstgebackenen Kuchen ein. Da hätte ich gerne verweilt

Welche Ausrüstung hattest Du, also was für ein Rad und welche Kleidung?
Im ersten Jahr bin ich mit meinem 20 Jahre alten Stahlrennrad von Bianchi angetreten. Dieses Jahr fahre ich für das Jedermannteam Leeze Biehler und bin das Teamfahrrad Sensa Giulia Evo magic pro red Carbon gefahren.

Für die 90 km hatte ich eine kleine Satteltasche für Ersatzschlauch, Tool und ein paar Riegel dabei. Auf die 300 km habe ich eine der neuen größeren Satteltaschen von Topeak mitgenommen, in die man auch mal 10 l bekommt. Das Modell lässt sich leicht montieren, gut öffnen und stört beim Radfahren nicht. Dazu hatte ich eine kleine Rahmentasche.

# Lächelnd auf dem Weg zur Finisherin
# Ein Schild, über das sich viele freuen

Getragen habe ich Radsportfunktionskleidung. Auf den 90 km Radhose, Trikot Kurzarm und Weste. Auf den 300 km kamen dieses Jahr Armlinge, Beinlinge, Weste, Langarmtrikot, Radsportsocken mittellang und die Regen-Windschutzjacke dazu. Unter den Helm habe ich eine dünne Mütze gegen den Schweiß gezogen.

Meine Rennradschuhe waren relativ luftig und sind mir inzwischen eine halbe Größe zu groß. Man kann auch an den Füßen abnehmen. Da die aber eingefahren waren, habe ich einfach ein zweites Paar Socken angezogen. Letztlich war das eine sehr gute Entscheidung. Im Gegensatz zu anderen Mitfahrern haben mir meine Füße nicht wehgetan.

Mehr Infos zur Mecklenburger Seenrunde: www.mecklenburger-seen-runde.de

Interview: Jan Gathmann / Fotos: privat, Sportograf

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