Schwierige Sache, da verstehe ich die Argumente beider Seiten. Grundsätzlich platzt mir bei Staatswillkür aber viel eher der Arsch, als bei Fixie-Fahrern im Stadtverkehr, obwohl ich das schon für ausgesprochen idiotisch halte, aber immerhin war es in diesem Fall ja ein echtes Bahnrad. Da finde ich es viel schlimmer, dass sich irgendjemand, der zufällig in einer besonderen Position ist, sich anmaßen darf, einem anderen Bürger sein Eigentum wegzunehmen und zu zerstören.
Der Originaltext sagt:
(
http://www.berlin.de/imperia/md/con....pdf?start&ts=1252489038&file=081103_asog.pdf)
"§ 40
Verwertung, Vernichtung
(1) Die Verwertung einer sichergestellten Sache ist zulässig, wenn
1. ihr Verderb oder eine wesentliche Wertminderung droht,
2. ihre Verwahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist,
3. sie infolge ihrer Beschaffenheit nicht so verwahrt werden kann, dass weitere Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeschlossen sind,
4. sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden,
5. der Berechtigte sie nicht innerhalb einer ausreichend bemessenen Frist abholt, obwohl ihm eine Mitteilung über die Frist mit dem Hinweis zugestellt worden ist, dass die Sache verwertet wird, wenn sie nicht innerhalb der Frist abgeholt wird.
(2) Die betroffene Person, der Eigentümer und andere Personen, denen ein Recht an der Sache zusteht, sollen vor der Verwertung gehört werden.
Die Anordnung sowie Zeit und Ort der Verwertung sind ihnen mitzuteilen, soweit die Umstände und der Zweck der Maßnahmen es erlauben.
(3) Die Sache wird durch öffentliche Versteigerung verwertet; § 979 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend.
Bleibt die Versteigerung erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtslos oder würden die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den zu erwartenden Erlös übersteigen, so kann die Sache freihändig verkauft werden. Der Erlös tritt an die Stelle der verwerteten Sache.
Lässt sich innerhalb angemessener Frist kein Käufer finden, so kann die Sache einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.
(4) Sichergestellte Sachen können unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden, wenn
1. im Falle einer Verwertung die Gründe, die zu ihrer Sicherstellung berechtigten, fortbestehen oder Sicherstellungsgründe erneut entstehen würden,
2. die Verwertung aus anderen Gründen nicht möglich ist.
Absatz 2 gilt entsprechend.
§ 41
Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten
(1) Sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, sind die Sachen an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden sind.
Ist die Herausgabe an sie nicht möglich, können sie an eine andere Person herausgegeben werden, die ihre Berechtigung glaubhaft macht.
Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden.
(2) Sind die Sachen verwertet worden, ist der Erlös herauszugeben.
Ist eine berechtigte Person nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist der Erlös nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Sache verwertet worden ist.
(3) Die Kosten der Sicherstellung und Verwahrung fallen den nach den §§ 13 oder 14 Verantwortlichen zur Last.
Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner.
Die Herausgabe der Sache kann von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden.
Ist eine Sache verwertet worden, können die Kosten aus dem Erlös gedeckt werden.
Die Kosten können im Verwaltungsvollstreckungsverfahren beigetrieben werden.
Die Erhebung von Kosten nach dem Gesetz über Gebühren und Beiträge bleibt unberührt.
(4) § 983 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt unberührt."
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Für mich bedeutet das, dass mit der Vernichtung in erster Linie Geld verdient werden soll, weil man bei der Versteigerung eines "alten Fahrrads ohne
Bremsen" den Aufwand für zu hoch hält bzw. sich keinen nennenswerten Erlös davon verspricht, der ja obendrein ggf. an Dich ausbezahlt werden müsste (je nach dem).
Die Vernichtung Deines Fahrrads musst Du nämlich BEZAHLEN, und die werden sicher darauf achten, dass sie nicht zu billig ausfällt...
Falls sich die Vernichtung nicht abwenden lässt, würde ich auf jeden Fall fordern, dabei anwesend zu sein, um sicherzustellen, dass das Rad nicht trotzdem verkauft wird und die Gegenseite auf diese Weise doppelt verdient.
Versteigerung und Vernichtung sind allerdings zulässig, gerade bei Fahrrädern und Motorrädern wurde schon wiederholt vor Gericht entsprechend entschieden - mitunter sogar dann, wenn das betreffende Fahrzeug niemals nachweislich im öffentlichen Straßenverkehr benutzt wurde und sein Besitzer jegliche Absicht dazu glaubwürdig abstritt (Rennmotorrad). Im Klartext heißt das, dass unsere Gerichte den Ordnungshütern damit freie Hand für Einbruch, Diebstahl und unwiderbringliche, kostenpflichtige Vernichtung von Privateigentum geben, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, mit diesem eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat zu begehen.
Soll heißen: Da hat jemand ein Bahnrad in seinem Keller stehen, das er jeden Samstag im Kofferraum seines Autos zur Radrennbahn befördert, um dort damit zu fahren - oder er hat es an seiner Wohnzimmerwand hängen, weil er es einfach nur schön findet und sich gern anschauen mag. Prinzipiell dürfte sich die Polizei nun sogar Zutritt zu Keller oder Wohnung verschaffen, um das Rad zu stehlen und zu verkaufen bzw. zu zerstören, weil es ja im Straßenverkehr benutzt werden KÖNNTE. So geschehen beim Besitzer und Erbauer eines Motorrollers, der in einer entsprechenden Klasse als Sportgerät eingesetzt werden sollte, dummerweise aber in einer privaten Garage stand - Klage abgewiesen, Roller weg, jede Menge Geld weg.
Das finde ich gerade so dermaßen abartig, dass an dieser Stelle eigentlich jeder Bürger über das ständige Tragen einer Waffe zur Abwehr von Staatswillkür nachdenken sollte...
Bei Fixies und Bahnrädern sind bisherige Entscheidungen vor allem in Berlin leider sehr eindeutig, das kannst Du wohl vergessen:
http://www.adfc.de/news/archiv-news-2010/berliner-urteil-polizei-durfte-fixie-aus-dem-verkehr-ziehen
http://www.adfc.de/news/archiv-news-2011/polizei-darf-fixie-ohne-bremsen-endgueltig-einziehen
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/20_K_1596_10urteil20110512.html
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/1f92/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE100063259:juris-r02&documentnumber=41&numberofresults=57&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint