Französische Alpen Teil 2
Der nächste Morgen zeigte den dicken Weißen dann zum ersten Mal unverhüllt. Für uns geht es erstmal bergab, zuerst über die Wiese, dann über einen Trampelpfad, der sich zu einem Weg auswächst.
Leider einem Privatweg, wie uns später ein erzürnter Bergbauer klarmacht. Konnte ja niemand ahnen, zurück war keine Option und hätte es ja auch für niemanden besser gemacht.
Für diesen Tag hatten wir eine Flachetappe geplant, besser gesagt: ich hatte mir diese gewünscht. Ich wollte mein geheiltes Bein etwas schonen, außerdem hatte ich Panik, dass wir das Meer zu spät erreichen. Dabei hatten wir noch so viel Zeit.
Wir machten halt für einen Café und Schokocroissant in Albertville, den älteren unter euch bestimmt noch durch die Winterolympiade namentlich bekannt. Wie kann es eigentlich sein, dass ein Bäcker in Frankreich für ein leckeres Schokocroissant 1 € weniger verlangen muss als ein Bäcker in D für eines, das auch noch kacke schmeckt?
Wir radeln auf dem Radweg längs der Isère (und der Autobahn) bis Aiton, dann biegen wir gemeinsam mit der Arc ab Richtung Süden. Erst ist das Tal noch weit und man kann Bundesstrasse und Autobahn von sich fernhalten, doch irgendwann zieht sich das Tal zu und es wird ekelig: leere Autobahn, volle Bundesstrasse, wir. Steigung, Brücke, Gegenwind. In
Saint-Michel-de-Maurienne nimmt das Elend ein Ende, zumindest für diejenigen, die nicht dort wohnen. Die Laune bessert sich, die Pizza schmeckt annehmbar und die Biere richtig gut. Später, es ist bereits dunkel und wir zurück am Zelt, sah man ein hell erleuchtetes Gebäude oben auf dem Berg: das Ziel des Folgetages!
Die Strasse schlängelt sich direkt bergan, hoch zu dem, der eigentlich gar kein richtiger Pass ist. Nix warmfahren, gleich in die Vollen. Doch für die meisten, die an jenem Morgen mit uns radeln, ist dies nur der Aufwärmer. Für uns, die den Begriff Radurlaub wörtlich nehmen, ist es der Höhepunkt:
Mittags ist das Zelt dann schon aufgebaut und wir verdingen uns im Ort, kaufen ein, gehen im Pool schwimmen. Halt, Stop. Auch wenn die Nationalitäten unterschiedlich sind, Bademeister bleibt Bademeister. So wie bei uns der Hallenbadbesuch ohne Badekappe bis in die 90er Tabu zu sein hatte, so muss man im alpinen Frankreich die Shorts zu Hause lassen und die althergebrachte Badehose zum Einsatz bringen. Ergo: ich geh dann nochmal los und besorg mir eine …
Den Klopper, der jetzt folgt, kann man wohl als einen der Höhepunkte einer Alpenquerung bezeichnen.
Erst geht die Straße fast schnurstracks geradeaus, man passiert einen kleinen Flugplatz, Angler am Bach, doch dann merkt man ganz deutlich, wie es um einen herum steiler wird.
Stein-Navi zeigt an:
aktuelle Höhe, Entfernung zur Passhöhe, durchschnittliche Steigung auf dem nächsten Kilometer
Die Straße beginnt sich zu schlängeln und eine letzte Tränke lädt mit schirmbeschatteten Plätzen zur Rast ein, bevor die ersten Kehren kommen. Die Sonne brennt hart, und das den ganzen morgen schon. Bewaldung? Schon länger Fehlanzeige. Und natürlich mal wieder zu spät gestartet. Aber das zum letzten Mal. Es läuft besser als erwartet, irgendwie habe ich meinen Rhythmus gefunden.
Wie die letzten Tage schon fährt meine Freundin voraus, ich hinterher. Irgendwann dann sind wir oben.
Richtig schön: die Aussicht auf der anderen Seite:
Wir wollen eigentlich nach Briancon, doch als wir auf dem Weg dahin einen sehr schön gelegenen Campingplatz entdecken, ändern wir den Plan; aber davon erzähle ich euch ein anderes Mal ...