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Rennrad und Elektro?

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Mahlzeit zusammen,

weder ist mir bekannt, wie aufgeladen das in der Überschrift genannte Thema sein könnte, noch, ob meine Frage bereits befriedigend beantwortet wurde.

Also wage ich es einfach. Ausgangslage: Kürzlich bin ich 72 geworden, und, was schlimmer ist, ich merke es auch. Bei einer Fahrt über die Alpenpässe nach Italien bemerkte ich, daß die Pässe ausschließlich mit echten Fahrräder bezwungen wurden, im Tal aber elefantenförmige Trampeltiere mit Elektro- Suv unterwegs waren. Da wurde nicht getreten, da wurde getrampelt (Trittfreqenz so um die 25 U/min). Zum Kotzen im Prinzip, und die 120-Kilo-Elefanten können meiner Verachtung sicher sein.

Bis vor kurzem dachte ich, ein Fahrrad mit elektrischem Hilfsmotor käme so ab 95 Jahren in Betracht. Leider grätscht mittlerweile die Biologie dazwischen.

Ich wohne zwischen Weinbergen und von meiiner Haustüre geht es überall ersteinmal berghoch. Bevor die Gesundheit einige Rückschläge, sprich Verdammung zum Nichtstun, brachte, konnte ich sagen, alles unter sieben Prozent ist flach, und alles über zehn Prozent ist unangenem.

Die Fahrräder der letzten zehn Jahre habe ich selbst zusammengebaut, zweimal Stahlrahmen, einmal (aus purer Neugier) Carbon. Lenkerendschaltung, Übersetzung, Scheibenbremsen mechanisch, alles, wie ich es wollte.

Wie oben angedeutet, muß ich mich langsam an eine halbwegs akzeptable Form wieder heranrobben. Das Problem: Ich weiß nicht, ob und in welchem Umfang mir das gelingen wird. In der Zwischenzeit, auf dem Sofa, überlege ich nun, ob ein Elektromotor eine Lösung sein könnte oder nichts anderes als eine Verschiebung des Problems.

Auf Deutsch: In meinem aktuellen Zustand weiß ich nicht, ob ein Elektro-Fahrrad, Typ Cyclo-Crosser, wie meine bisherigen Räder, eine Lösung oder eine Selbstbelügung sein könnte. Für objektive Beurteiligungen bin ich dankbar. Fundamentalismen brauche ich nicht, das kann ich selber.

Hans
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von ugo

Hilfreich
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Tag Hans!
Wenn du ihn nicht bereits kennen solltest, gehe mal zum "Radologen" in s-Lederberg.
Roland Wolbold ist selber inzwischen "gut gereift" (80 Jahre alt) und führt mit seinem Sohn immer noch Radsport Wolbold.
Er fährt noch Rennrad, aber inzwischen mit Mahle, Fazua oder sonstigen Hilfsmotoren - also nicht E-Bike, sonderm mit moderater Unterstützung, die einem den Rückenwind am Berg gibt, der den Unterschied zwischen Freude und Überanstrenugne macht.
Vielleicht ein guter Austausch, Probefahrt geht sicher auch. :)
 
Mir hatte die Gesundheit 2020 eine dicken Strich durch Leben und so auch durch Bikerleben gezogen. Mir hat ein Rennrad mit Unterstützung den Spaß daran wieder zurückgebracht. Für viel hier ist das zwar ein No Go das muss dir einfach egal sein.
Gibt mittlerweile echt sehr schickte Räder
 
Nachdem ich im August '24 einen gesundheitlichen Volltreffer erhalten hatte, und die Behandlung bis Mitte November '24 andauerte, ich danach vollkommen down war habe ich mir einen e-Renner gekauft. Wurde ein Scott Addict mit Mahle Antrieb. Wichtig war mir die sportliche Sitzposition, ein vertretbares Gewicht und schick sollte es aussehen. War eine gute Entscheidung ! Hat mir ungemein geholfen und es ist wie schon beschrieben: Potzblitz, das fährt sich wie ein Rennrad! geht auch ohne Motor gut, am Berg dann konstanter "Rückenwind". 3 unterschiedliche Unterstützungsstufen stehen zur Auswahl, mit der App kann man das noch anpassen. Und ohne Motorunterstützung hat man keine Nachteile und richtig reintreten kann man jederzeit..
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf Deutsch: In meinem aktuellen Zustand weiß ich nicht, ob ein Elektro-Fahrrad, Typ Cyclo-Crosser, wie meine bisherigen Räder, eine Lösung oder eine Selbstbelügung sein könnte. Für objektive Beurteiligungen bin ich dankbar. Fundamentalismen brauche ich nicht, das kann ich selber.

Hallo Hans,

ich danke Dir für die Offenheit und den Blick, den Du in Deinen Kopf gewährst. Wenn ich zur Zeit tagtäglich auf dem Rad sitze und vor mich hinkurble und dahindenke, dann ist eines der Themen, das mich beschäftigt: Wie werde ich Radfahren, wenn ich älter werde. Es ist nicht mehr lange, dass ich die 50 auf der Torte haben werde, und auch ich merke ja schon, dass ich, so sehr ich mich auch anstrenge, nicht mehr so locker die Anstiege hochkomme wie noch vor 10 Jahren, als ich mit dem Rennradfahren anfing. Aber noch, und Du wirst bestimmt darüber lachen, also noch versuche ich, die Zeiten meines 10 Jahre jüngeren Ichs am Berg zu schlagen, obwohl ich insgeheim befürchte, dass das zunehmend illusorischer wird.

Erst kürzlich habe ich das Glück und Vergnügen gehabt, auf einer Trainingsfahrt des Vereins eine ganze Zeit lang in der Zweierreihe neben Roland zu fahren. Roland ist über achtzig und ich muss sagen, dass ich ein großer Fan von ihm bin. Ist einfach ein geiler Typ. Er fuhr neben mir die biestige 17%-Rampe hoch und war oben vermutlich weniger außer Atem als ich. Hat auch schon so einiges gemacht in seinem Radleben. Diverse Langstreckengeschichten wie zum Beispiel das RAAM. Verrückter Typ!

"Was ist das Geheimnis, dass Du in Deinem Alter so stark unterwegs bist?", fragte ich ihn. Die Antwort war überraschend knapp und hat mir Sand aus den Augen gewischt. Er sagte, dass er einfach gute Gene mitbekommen habe. Erst vor acht Jahre habe er mit dem Radfahren begonnen. Bis dahin sei er Schreibtischtäter gewesen und habe sportlich nichts gemacht. Unter uns: Das war jetzt so gar nicht die Antwort, auf die ich vorbereitet war. Ich hatte insgeheim gehofft, dass er kurz vor dem vierzigsten Geburtstag mit dem Radfahren begonnen hätte und seitdem das regelmäßige Radfahren und Training zu seinem Leben gehört hätten; ich hätte mich auf dem richtigen Weg gewähnt. Aber so? Man hat es nicht in der eigenen Hand.

Mit meinem Vater habe ich vor ein paar Jahren, als dieser Anfang 70 war, eine Radtour gemacht. Wir haben uns im Rurtal wackelig von Einkehrmöglichkeit zu Einkehrmöglichkeit gehangelt und ich war froh, dass ich ihm die Idee ausreden konnte, dass er "oben" in Nideggen ein paar Postkarten kaufen könne. Stattdessen sind wir unten im Tal geblieben und er ist ein paar Kilometer weiter auch einen Bahnhof früher als geplant mit dem Trekkingrad in den Zug eingestiegen. Das war die letzte Radtour, die wir zusammen gemacht haben. Ein E-Bike kommt für ihn nicht in Frage, sagt er, und hat vermutlich ähnliche Gründe, wie Du sie schilderst. Und außerdem ist er ja eh mehr der Bergsteiger.

Gewesen. Eine letzte Revivaltour im Gebirge zusammen mit einem seiner alten Bergsteigerfreunde hatte ihm gezeigt, dass er die Landschaft, in der seine früher gelebte Leidenschaft blühte, ihm nur noch in der Erinnerung erreichbar ist. Es macht mich traurig, ihn dabei zu beobachten, wie er gezwungenermaßen Abschied davon nimmt. Die hohen Ziele von damals - unerreichbar.

Was hat Bergsteigen mit Dir hier zu tun? Und mit mir? Nun, Dich bewegt ja das Thema "Rennrad und Elektro". Und die Biologie, die uns und für jeden individuell, wie Du so treffend schreibst, irgendwann im Leben beginnt, dazwischen zu grätschen. Und das Thema ist, wenn ich das so lese, was und wie Du es schreibst, weniger ein Problem von Dir im Zusammenspiel mit der Welt zu sein, die Dich umgibt, sondern, wenn ich es so ehrlich und direkt schreiben darf, von Dir und der Welt zu sein, wie Du sie siehst und bewertest. Und - ja! - ich kann Deine Sicht gut nachvollziehen. Diese zwei Lager: Das ehrliche sportliche oben auf den Alpenpässen und das Casualbike-Lager der mit Hilfsmotor Gedopten unten im flachen Tal.

Wenn ich in 25 Jahren Deinen Thread aus der Tiefe hervorhole und Dein Thema als mein ganz eigenes Thema wiederhole, weil es mir so schwer fällt, über den Schatten des vermeintlichen Selbstbetrugs zu springen, dann zitiere einfach, was ich Dir jetzt so klug schreibe.

Zum einen würde ich mich freuen, wenn Du den Blick von diesen "Elektroelefanten" verlieren würdest und Frieden damit findest, dass diese im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten das machen, was ihnen möglich ist. Sie sind anders als Du und wir sollten uns nicht über sie erheben, indem wir sie verurteilen und abwerten, denn das macht uns nicht zu besseren Menschen und hilft uns auch nicht weiter. Auch wir haben unsere Grenzen, die wir akzeptieren sollten und in deren Rahmen gilt es, das Beste herauszuholen. Wenn Dir der Antrieb ermöglicht, Dinge zu erleben, die Dich in Deiner Vergangenheit glücklich gemacht haben und Du sie so weiterhin erleben kannst und Dir das Glück von Damals im Hier und Jetzt wiederkehrt und wiederholt und oben auf dem Pass mit Wind im Gesicht und mit vom Puls klopfendem Kopf das Glück von Damals so nah und wiedererlebbar ist, dann ist das doch vollkommen legitim und großartig und allemal besser, als unten im Tal hilflos zu hocken und der alten Leidenschaft nachzutrauern, weil... ist es falscher Stolz? Der Antrieb muss ja nicht heißen, dass Du im Sportmodus an allen Rennradfahrern vorbeifliegst und der Steigung gegenüber keinen Respekt zollen würdest.

Finde Frieden mit den Elefanten und dann: Go for it!, Hans.
 
Hallo Hans,

mit 72 ist es wahrlich keine Schande sich ein Rennrad (Gravel, Endurance, CX, was auch immer) mit Motorunterstützung zu besorgen. Probier es einfach mal aus: wenn es Spaß macht, gewinnst du damit ein Hobby zurück und hast zusätzlich noch den Vorteil dich damit fit halten zu können.

Dass man manches liebgewonnene im Leben zurücklassen muss, ist leider unausweichlich. Ich bin über 30 Jahre jünger als und habe auch schon einen Sport an den Nagel hängen müssen und schaue manchmal wehmütig zurück. So lange man hinreichend gesund ist, kann man aber wohl immer Alternativen finden.

Übrigens: wenn du bei Winter bei Nässe und Kälte nicht gerne fährst, schau dir mal die sogenannten Smart Trainer mit einem Programm wie Zwift oder MyWhoosh an. Die eignen sich auch für einen guten Wiedereinstieg ins Training. Das kann viel Spaß machen und es gibt zumindest auf Zwift einiges an Fahrern über 70.

Roland ist über achtzig und ich muss sagen, dass ich ein großer Fan von ihm bin. Ist einfach ein geiler Typ. Er fuhr neben mir die biestige 17%-Rampe hoch und war oben vermutlich weniger außer Atem als ich. Hat auch schon so einiges gemacht in seinem Radleben. Diverse Langstreckengeschichten wie zum Beispiel das RAAM. Verrückter Typ!

"Was ist das Geheimnis, dass Du in Deinem Alter so stark unterwegs bist?", fragte ich ihn. Die Antwort war überraschend knapp und hat mir Sand aus den Augen gewischt. Er sagte, dass er einfach gute Gene mitbekommen habe. Erst vor acht Jahre habe er mit dem Radfahren begonnen. Bis dahin sei er Schreibtischtäter gewesen und habe sportlich nichts gemacht.
Ja, die Leistungsfähigkeit ist schon stark ans Talent gekoppelt, aber gleichermaßen ist es enorm wie viel man sich verbessern kann, wenn man regelmäßig trainiert und das in jedem Alter.

Dein Bekannter scheint aber schon ein interessanter Extremfall zu sein: Er hat mit Anfang 70 mit dem Radsport angefangen und ist dann irgendwann das RRAM gefahren?
 
Danke an alle, die sich die Mühe gemacht haben, nicht nur zu antworten, sondern auch a) mitzudenken und b) aufzumuntern.

Einiges aus den Erfahrungen kommen mir sehr bekannt vor, besonders das Bergerlebnis. Vor vielen vielen Jahren bin ich jeden Klettersteig in Reichweite hoch, ohne Helm und Sicherung (der kalte Schweiß tritt mir jetzt auf die Stirn, damals lebte ich, als gäbe es kein gestern).

Vor drei Jahren wollte ich meiner Frau einmal zeigen, wo ich mich früher herumgetrieben habe. Als erstes war ein lockerer Spaziergang von 1000 Metern hoch auf 2000 Meter angesetzt. Auf Meter 1800 hat es dann Päng gemacht, Hexenschuß. Der Abstieg war die reinste Freude, zwischendrin dachte ich, der Hubschrauber müsse kommen. Rucksack und Hund bei meiner Frau, trotzdem haben wir ungefähr zwei Stunden gebraucht. Die letzten 150 Meter: Alle zehn Meter stehengeblieben und auf den Boden gelegt, die letzten dreißig Meter bis zum Auto irgendwie auf allen Vieren.

Fazit: Das war es dann. Aber die Erinnerungen bleiben - und die Erkenntnis des römischen Philosophen Seneca "Wir können nicht immer wollen, was wir gewollt haben."

Ich werde das Thema jetzt in aller Ruhe hin- und herbewegen, bis in den Biergarten werden es die Stahlcrosser noch schaffen. Dann ersteinmal Urlaub, im Oktober Grundanalyse beim Herrn Onkel Doktor. Dann sehen wir weiter.

Freunde, Bürger, Römer: Ich bedanke mich nochmals ganz herzlich für alle Antworten, immerhin weiß ich jetzt, daß ich nicht der Einzige bin, bei denen die Biologie zuschlägt. Andererseits sage ich mir jeden Tag, daß es sehr viele Menschen gibt, den es wesentlich schlechter geht als mir/uns.

Schönen Gruß

Hans
 
Dein Bekannter scheint aber schon ein interessanter Extremfall zu sein: Er hat mit Anfang 70 mit dem Radsport angefangen und ist dann irgendwann das RRAM gefahren?
Ja. Ohne Zweifel ist er extrem. Ist voll eingestiegen ins Radfahren. Ist dann erst das RAAM solo und später 2023 im 4er-Team mit drei anderen Ü80ern angetreten.
 
Zuletzt bearbeitet:
gehe mal zum "Radologen" in s-Lederberg.
Roland Wolbold ist selber inzwischen "gut gereift" (80 Jahre alt) und führt mit seinem Sohn immer noch Radsport Wolbold.

Ahoi, das war ein guter Ratschlag. Ich habe gleich hingeschrieben, Anruf vom Senior-Chef kam sozusagen postwendend. Es war ein schönes Gespräch (insgesamt 26 Minuten), mit interessanten Informationen. Selbstredend haben wir uns auch über die jeweils vorhandenen Vorurteile unterhalten können (teilweise beeindruckende Übereinstimmungen).
Da mich nichts drängt, werde ich Anfang August einmal hinfahren, zwecks weiteren Gesprächen.

Insgesamt darf ich sagen, daß ich mich selten derart gut bei einem Händler aufgehoben gefühlt habe.

Schönen Gruß

Hans
 
Gilt das AGG hier eigentlich auch?
im Tal aber elefantenförmige Trampeltiere mit Elektro- Suv unterwegs waren. Da wurde nicht getreten, da wurde getrampelt (Trittfreqenz so um die 25 U/min). Zum Kotzen im Prinzip, und die 120-Kilo-Elefanten können meiner Verachtung sicher sein.
Armselig !
 
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