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Reisebericht Marokko - 3 Wochen mit dem Crosser

kaipi

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Bremen
Die Idee entsteht im November 2017, als ich überlege, wo ich denn im Frühjahr einen Rad- oder auch Wanderurlaub verbringen könnte. Mallorca oder Toscana sind so die ersten Ideen, vielleicht auch mal Südspanien. Wie ein Blitz durchfährt es mich dann: Marokko! Mir ist sofort klar, das wird’s, da muss ich hin. Drei Wochen lang, damit sich der Spaß – und die Fliegerei - auch lohnen. Die Frage, ob Wandern im Gebirge oder ne Etappentour ist schnell geklärt, nachdem ich im Internet den einen oder anderen Radreisebericht aus Marokko gelesen habe.

Es würde nicht meine erste Reise nach Marokko. 1986 war ich schon mal da, 5 Wochen mit einem Freund, per Mitfahrgelegenheit im alten Peugeot von Stuttgart aus nach Tanger, dann mit Zug, Bus und trampend durch den Süden. 1999 folgte der zweite Besuch, Pärchenurlaub mit Mietwagen.

Mit der Entscheidung für Marokko habe ich endlich einen guten Grund, mir ein Cyclocrossrad zu kaufen. Das hatte ich bislang für überflüssig erklärt, da ich im Winter gut auch mit schmalen Reifen über die Runden kam. Zwei coole Projekte auf einen Schlag – wie geil ist das denn!

Mit dem Crosser habe ich noch vor der Tour im Bremer Matschwetter viel Spaß, der auch ordentlich Kondition bringt. Parallel laufen die Vorbereitungen. Flug buchen, Gepäckliste erstellen. Route planen, natürlich nur grob, denn in erster Linie will ich das Land genießen, mir Zeit nehmen, von Tag zu Tag entscheiden, worauf ich Lust habe. Die grobe Planung: nach Marrakesch Fliegen, dort ein paar Tage zum Ankommen, dann übern Hohen Atlas in die Dadés- und andere Schluchten, dann Richtung Tafraoute im Anti-Atlas und wenn noch Zeit bleibt nach Immessouane und Essauira am Atlantik und zurück nach Marrakesch. Überschlägig 1.800 km in drei Wochen, wahrscheinlich zuviel, ist ja aber auch nur die Idee und ich hab mittlerweile gelernt, mich nicht selbst zu stressen, sondern das zu tun, was mir gut tut.

Ich buche einen Flug mit Lufthansa von Bremen über Frankfurt nach Marrakesch, denn dort will ich starten. Vorteile: die Flüge gehen täglich, ich hab weder in Deutschland noch in Marokko Transfers und ich kann den Radkarton ohne Extrakosten als Gepäckstück anmelden, bis 23 kg.

Zur Ausrüstung: Die genaue Liste folgt am Ende. Ich bevorzuge mit Rucksack zu radeln. Damit hab ich keine Probleme und ich finde die Fahrweise dynamischer. Ein neuer, etwas größerer muss her, Deuter Transalpine 24 l, denn auch ein kleiner Schlafsack soll mit. Dazu ne Lenkertasche und eine mittelgroße Satteltasche. Ich will mit langer Hose und auch Langarmshirt reisen. Das gebietet der Respekt vor der jahrtausendealten Kultur und mein Wunsch, mit den Menschen in Kontakt zu kommen.
 
Freitag, 23.02.2018

Ich fliege von Bremen über Frankfurt nach Marrakesch. Dort werde ich, organisiert von meiner Unterkunft, mit Taxi abgeholt. Vom Djemaa-El-Fna geht es mit dem Radkarton auf nem Handkarren durch die Souks zur wunderschönen Unterkunft mit sehr nettem Personal. Erster Spaziergang durch die Souks.
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Sonntag, 25.02.2018

Heute will ich einen Tagesausflug mit dem Rad ins Ourika-Tal machen, das ich in sehr guter Erinnerung habe. Mit über 4.000 m die höchsten Berge Nordafrikas, wüstenartig karg bewachsen, die Gipfel schneebedeckt, die Talsohlen leuchtend grün.

Morgens geht es los durch die Souks, ist mega aufregend wie das Land, die Menschen und noch anderes grad in meinem Leben. Ich zittere richtig aufm Rad. Dann 40 km Ausfallstraße mit Blick auf die schneebedeckten Atlasberge. Ds Tal ist im unteren Teil recht touristisch. Ich stelle jedoch fest, als Rennradfahrer fall ich nicht ins Beuteschema der Tourifänger, sondern komm in nette Gespräche.

Je höher ich komme, wird es immer romantischer und ganz hinten, zuletzt im Schotter, bin ich als Touri dann alleine. Steil geht es bergauf und meine Kondition hält nicht mit, heiß ist es außerdem, meine Birne droht zu platzen, ich schiebe. Plötzlich meldet sich der Magendarmtrakt. Auweia. Plätzchen gesucht. Verrichtet. Problem erkannt: kein Papier, aber Lappen in meinem Werkzeugbeutel. Ein alter öliger und ein frischer. Ich nehm den öligen, der saubere bleibt fürs Rad.

Auf dem Rückweg fress ich viel Staub, Dieselqualm und Mofaqualm wie selten. Halb Marrakesch schien im Tal gewesen zu sein, ohne dass mir das auf der Hinfahrt aufgefallen war. Das Gedrängel auf den Straßen Marrakesch fällt da nicht mehr groß ins Gewicht und macht mir eigentlich sogar Spaß. Jeder hat es eilig wies nur geht. Autos Busse Eselkarren Pferdekutschen Handwagen Mopeds Räder. Jede passende Lücke wird genutzt und nicht gerade vorsichtig. Aber irgendwie fließt alles, ist auch achtsam miteinander und rücksichtsvoll. Sehen und Gesehen werden. Wie im Peloton auf der Champs Elysées, nur viel chaotischer. Keine Rechthaberei oder Machtgehabe. Ist mir sehr sympathisch, macht Spaß und ich stürz mich gerne rein.

130 km und ca. 1.300 Höhenmeter.
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Montag, 26.02.2018

Nochmal ein ruhiger Tag in Marrakesch steht an, bevor es morgen richtig los gehen soll. Regen ist angesagt und ich besuche Paläste und Cafés. Es ist ungewohnt und manchmal anstrengend, so oft angesprochen zu werden und manchmal auch bedrängt. Wie reagieren? No merci, nein danke, no thanks, auch mal ignorieren. Irgendwie nicht so toll. Ich will die Menschen respektieren und und versuche, ihnen offen zu begegnen und zu lernen. Das klappt zunehmend besser. Ich schwing immer mehr mit der marokkanischen Mentalität. Werd ich angequatscht, reicht immer öfter ein offener, freundlicher Blick und ein ruhiges nein danke und sie verstehen, dass ich nichts kaufen will und lassen mich ziehen. Manchmal genügt ein leichtes Kopfschütteln und einfach eine zugewandte innere Einstellung. Schon gibt es keinen Kampf oder Ignorieren. Ein junger Mann stellt sich mir in den Weg und bittet mich ins Restaurant. Ich hab gerade gegessen, zeige einen dicken Bauch und sage, sorry i' m already happy. Er lacht mich herzlich an und ich ihn auch. Gestern im Ourikatal wollte mir einer Mineralien verkaufen, billige Fälschungen. Er ließ sich auf englisch nicht abwimmeln. Irgendwann sag ich 'la shoukran', also nein danke. Er, etwas aggro: whats that? Ich: thats arabic. Er: I am Berber (wie drei Viertel der Marrokaner). Ich: oho tanmirt. = nein danke auf berber. Hat mir Aziz aus meinem Riad beigebracht. Der Typ wiederholts, etwas enttäuscht. Ich auch. Dann ist er still und ich gehe.

Zunehmend traue ich mich, Marokkaner etwas zu fragen und ich lerne ihre große Hilfsbereitschaft kennen. Einen frage ich im Café, wie ich bestelle, und er läuft los und erledigt das für mich. Ups, was das wohl kostet, denke ich. Er will aber gar nichts. Andere Touris fragen mich nachm Weg. Ich schein so relaxed zu wirken, wie ich mich fühle.

Ich könnte die ganzen drei Wochen in dieser bunten, schönen, quirligen, exotischen Stadt bleiben, aber morgen gehts los übern Atlas oder besser gesagt erstmal rauf in ein Bergdorf, Telouet. Hoffentlich frier ich mir dort nicht den Arsch ab. Denn nachts ist es schon hier unten kalt.
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Dienstag, 27.02.2018, Marrakesch – Telouet

Der Tag heute sollte nicht ganz nach Plan laufen. Der Plan war simpel, von Marrakesch übern Tizi n Tichka Pass nach Telouet, 130 km. Quasi wie vorgestern ins Ourikatal, denk ich mir. Das ist nicht besonders durchdacht und soll mir ein paar Überraschungen bescheren. Der Reihe nach. Mir ist klar, ich muss mich sputen, um die Strecke zu schaffen. Reintreten in die Pedale, wenig Pause. Mit Stress will ich meine Tour aber nicht anfangen. Also frühstück ich ausgiebig in meinem schönen Riad. Um halb elf geht’s los. Um halb sieben abends geht die Sonne unter, also hab ich acht Stunden. Könnte reichen.

Das erste Problem wird mir bei einer Zwischenpause klar, als ich mal genauer auf die Karte schaue: der Pass ist nicht, wie ich dachte, 1.760 m hoch, sondern nochmal 500 m drauf. Zweites Problem: vor dem Pass geht es ständig rauf und runter. Ordentlich Höhenmeter mehr. Drittes Problem: da ich keine Zeit habe für ne richtige Pause und ordentliches Essen, mach ich in der Höhe schlapp und zwar so richtig. Immer wieder muss ich anhalten und kipp fast aus den Latschen. Fast fang ich an zu schieben. Ist aber auch anstrengend. Besser, ich fahr so langsam wie es geht. Um halb sechs bin ich oben am Pass. Noch ne Stunde bis Sonnenuntergang. Das Passfoto lass ich mal für sich sprechen.

In der Abfahrt bieg ich in das Seitental nach Telouet ein, noch 20 km. Leider ne Piste, Baustellen, auch wieder rauf und runter. In einem Ort springen mir zwei Marokkaner vors Rad. Ne danke, habs eilig und schon woanders gebucht. Als ich in Telouet ankomm isses dunkel. Ich guck erst mal nach, wie meine Unterkunft eigentlich heisst und frag nach. Vorbeigefahen! 10 km wieder zurück! Bekomm ich die Auskunft. Ich kanns nicht glauben, oje. Zurückfahren? Ne, ich kann nicht mehr, und schon gar nicht über Schotter im Dunkeln wieder rauf. Also nach nem Taxi gefragt, schwupps steht es da, Rad wird aufs Dach gebunden, 100 Dirham kostet der Spaß. Zum Verhandeln bin ich zu schlapp.

Unterwegs frag ich mich, wo ich denn an meiner Unterkunft vorbeigefahren bin und langsam dünkt es mir: klar, die mir vors Rad sprangen, hatten schon auf mich gewartet und wollten mir helfen. Da wär ich richtig gewesen. Nächste Lektion über Marokko gelernt. Zum Trost bekomme ich ein Bier von meinem Gastgeber geschenkt und darf mir gefühlt zehn Mal anhören, wie er versucht hat mich anzuhalten.

140 km, 2.400 Höhenmeter
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Mittwoch, 28.02.2018, Telouet – Ait Benhaddou

Heute war genießendes, entspanntes Dahingleiten talwärts auf verkehrsarmer Strecke angesagt. So was wie gestern will ich nicht nochmal haben. Die Landschaft ist wundervoll. Es geht ständig rauf und runter, ein krasser Gegenwind weht. In der Kasbah Telouet lerne ich ein Radlerpärchen aus Italien kennengelernt und auf einer wundervollen Aussichtsterrasse, auf der ich zu Mittag esse, Gönna aus Bremen, in deren Massagestudio am Weserstadion ich sogar schon ein paar Mal war.

60 km, 700 Höhenmeter
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Donnerstag, 01.03.2018, Ait Benhaddou - Kelaat M'goune

Heute ist ein Tag, an dem der Marokkaner zuhause bliebe und alle Termine platzen ließe, erzählt mir mein Gastgeber, ein Österreicher, der seit 20 Jahren in Marokko lebt und wie ein Original aussieht. Grund: der krasse Wind. Laut wetteronline bläst er mit 5 bis 6 Beaufort. Ich schau mir erstmal die alte Lehmstadt an, überbringe eine Solarlampe von Gönna für Hassan, wie hier jeder zweite heißt, und fahr dann los, so gegen Mittag. Nach 3 km überleg ich umzukehren, denn ich kann mich bei Seitenwind kaum auf dem Rad halten und hab Angst, dass mich einer umfährt. Ich fahr dann doch weiter. Gewicht abgeben ist angesagt. Danke Aikido, danke Sensei Michael. Das Hauptgewicht ist meine Angst und sie drückt mich super auf die Straße. Es läuft und macht mehr und mehr Spaß. Der wind wird zum Rückenwind und treibt mich nach Quarzazate. Mittagessen.

Der phänomenale Rückenwind trägt mich 100 km weiter bis Kelaat M'goune, durch wellige, monotone Steinwüste, linker Hand immer die schneebedeckten Atlasberge, über einwandfreien Asphalt, anders als erwartet wenig Verkehr und kaum LKW. Unterkunft in einer alten Kasbah, Traumblick übers Tal vom Bett aus.

130 km, 1.000 Höhenmeter
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Freitag, 02.03.2018, Kelaat M'goune - Ait Oudinar im Dadès-Tal

Heute gehts rein ins Vallee des Roses und rüber in die Gorges de Dadès. Auf der recht schmalen Straße kommt von hinten ein LKW, hupt, zieht eng vorbei, ich war schon ganz am Rand. Nicht so lustig. Der nächste kommt, hupt einmal, dann noch zweimal, ich fahr ganz ganz rechts, er gibt Gas. Okay, ich verstehe und fahr ins Schotterbett. Das fühlt sich viel besser an, als Kräfte zu messen. Andere, entgegenkommende LKW machen selbst Platz für mich, grüßen freundlich. Ist halt individuell sehr verschieden. Mehr als fünf LKW überholen mich auch nicht, bis ich nach ner stunde fahrt merke, ich hab Coco vergessen. Also alles wieder zurück. Er ist noch da.

Nach der rührenden Familienzusammenführung fahr ich die Strecke, knapp 20 km, zum dritten Mal und noch ein Stück weiter bis Bou Thrarar. Dort beginnt eine Schotterpiste durch abgelegene Steinwüste bis zur Gorges de Dadès. Die gehts noch 20 km rauf bis zu meiner Auberge, leider nicht ganz so charmant wie die letzte. Landschaftlich alles erste Sahne.

90 km, 1.400 Höhenmeter
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Samstag, 03.03.2018, Ait Oudinar im Dadès-Tal

Heute ist ein entspannter Tag. Ich mach Spaziergänge durchs Tal und eine Nebenschlucht. Nachmittags noch ne Massage. Morgen wirds hart. Rauf auf fast 3.000 m, die Hälfte davon auf Schotter, dann nochn Stück wieder runter bis Agoudal. Das ist der ehrgeizige Plan.
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Sonntag, 04.03.2018, Ait Oudinar - Tilmi - Ait Ibriren im Dadès-Tal

Impossible! Impossible! Superkai gibt bekanntlich nie auf, aber jetzt war der Punkt erreicht. Die eindringliche Warnung des Wirts, der mir mittags in Tilmi ein paar Eier in der Pfanne briet, gaben den Ausschlag. Morgens kam ich früh um acht los und fuhr talaufwärts. Das bedeutet hier, dass es ständig rauf und wieder runter geht und die Zielhöhe nur langsam näher rückt. Die Berge hingen in Wolken und trugen eine zarte Neuschneedecke, ab und zu Sprühregen, ganz leicht, auch mal Sonne, frische 10 Grad. Der Wetterbericht sagte für die Nordseite des Atlas starke Regenfälle und in den Hochlagen auch Schnee voraus. Mein Plan hieß Agoudal hinterm 2.900 m hohen Pass. Da mir zwar leicht mulmig war und ich nicht im Niemandsland auf Schotterpiste im Schnee steckenbleiben wollte, ich aber keinen Plan B hatte, fuhr ich los. Es lief gut, die Landschaft war toll, das Wetter hielt. Allerdings blies der Wind immer heftiger und auch sehr böig und ich hatte zunehmend Mühe, mein Rad auf der Straße zu halten. Hart am wind segelnd, ein unbedachtes Manöver und kurz hob mein Vorderrad ab. Sandwolken bestrahlten mich. Nach 50 km auf 2.100 m kehrte ich ein und interviewte den Wirt, siehe oben. Also alles wieder zurück bis kurz vor Boulmane du Dadès. megachique unterkunft. Später höre ich, dass in den Bergen 3 m Schnee liegen und die Menschen zum Teil mit Hubschrauber versorgt werden. Muss ich wohl nochmal herkommen.

110 km, 1.500 Höhenmeter
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Montag, 05.03.2018, Ait Ibriren im Dadès-Tal – Tamtatouchte

Heut ist meine Stimmung etwas gedämpft und auch landschaftlich ist es nicht so der Bringer. Der stramme Wind bläst mich nach Tinghir, 60 km in 2 Stunden, einsame, trostlose Steinwüste. Ein Radler, Matthias aus Ingolstadt, kommt mir entgegen. Voll bepackt muss er ordentlich strampeln. In Tinghir gibts Brochette a la Viande und Frites, mal ne Abwechslung zur Tajine. Rein gehts in die Todra-Schlucht. Hinter dem engen Felseinschnitt im unteren Teil wird es eintönig und langweilig, kein Vergleich zur Dades-Schlucht. Der Wind bläst immer krasser. Vier Kläffer verfolgen mich und ein Steinwurf eines Straßenarbeiters hetzt sie nur noch mehr auf. Eine Eselfamilie kommt mir entgegen und als ich zum fotografieren anhalte, geht das Gebrüll los und sie galoppieren davon. Ich denk, ich hab sie wohl erschreckt, aber sie kommen zurück. Zwei der Jungs ham Bock auf die Mädels bekommen. Krasse Nummer. In Tamtatouchte kehr ich in die Kasbah les Amis ein, Empfehlung von Gönna und Kathrin. Der Wind ist jetzt so böig, dass er fast die Teegläser vom Tisch weht. Ein Sitzkissen verschwindet auf Nimmerwiedersehn und fast auch meine Karte, der ich 100 m hinterherrenne. Dusche leider nur kalt. Kein Internet. Dafür lange Erklärungen, warum nichts funktioniert. Der Wirt aber ist nett, spricht sehr gut deutsch und mein Zimmer ist schön und von der Abendsonne erleuchtet.

Mit der Wahl meines Fortbewegungsmittels bin ich sehr zufrieden. Der Cyclocrosser ist relativ leicht und fährt sich sportlich, also auch mal flott ne Abfahrt runter. Die 38 mm breiten Gravelreifen laufen gut auf Asphalt, nehmen Schlaglöcher und Steine nicht übel und sind komfortabel. Ich kann auch Schotterpisten fahren, mal eben auf ne Piste abbiegen oder runter von der Straße, um ein Foto zu machen oder nem LKW ausweichen. Einzig die Übersetzung könnte manchmal besser sein als die 34:34, die ich habe.

Das Rad finde ich noch aus einem anderen Grund perfekt. Ich falle den Menschen auf, bin ein Exot, und komme leicht mit ihnen in Kontakt. Etwa jeder zweite Einheimische grüßt mich freundlich, hat nen Spruch, hebt den Daumen, auch PKW- und LKW-Fahrer. Am meisten natürlich Kinder, die manchmal auch aufdringlich werden, sich mir in den weg stellen, betteln, manchmal mit großen Augen gucken, lächeln, wenn ich winke, meist freundlich strahlen. Nur cool, wie bei uns, sind wenige. Klar, viele haben keinen bock auf Touristen. Frauen und Mädchen sind zurückhaltender, strahlen aber auch oft Freundlichkeit, Offenheit und Selbstbewusstsein aus.

Super flexibel finde ich das Rad auch. Ich kann überall problemlos anhalten und hinfahren, wo ich will, auch so langsam fahren, wie ich will. In der relaxten Art geht das nur mit Rad.

100 km, 900 Höhenmeter
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Dienstag, 06.03.2018: Tamtatouchte

Ich fühl mich heut morgen körperlich nicht so fit. Mohammed leiht mir einen wunderschönen, warmen Wolldjellabah, in den ich mich etwas verliebe. Spaziere zu einem Berbermarkt, auf dem es alles gibt, was man hier zum Leben so braucht: Strohballen, Getreide in Säcken, Obst, Gemüse, Fleisch, auch lebendes Geflügel, Tee, Gewürze, Kekse, Kleidung. Es ist sehr anrührend und schön, diesen einfachen, zugewandten und freundlichen Menschen zu begegnen. So tief bin ich noch nie in das Leben hier eingetaucht.
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Mittwoch, 07.03.2018: Tamtatouchte - Goulmima

Heut morgen bin ich nicht gerade Feuer und Flamme aufs Weiterradeln. Aufm Rad kam dann aber der Spaß. 300 Höhenmeter rauf und dann fast nur noch runter durch wunderschöne Berglandschaft und Schluchten. Der Tag barg auch noch ne besondere Überraschung: Furten in der Rherisschlucht. Die erste konnte ich noch auf einer Fußgängerbrücke umgehen, drei wacklige Baumstämme, über die ich mein Rad trug. Durch die nächsten musste ich durch. Ganz schön aufregend, denn in der Lehmbrühe sieht man rein gar nichts. Ich hatte Schiss, ich bleib stecken, muss vom Rad oder gar, mich legts lang. Die ersten beiden schaffte ich noch trockenen Fußes, dann wurden sie aber immer tiefer. Füße, Schuhe und der halbe Unterschenkel wurden nass. Einmal sackte das Vorderrad in ein loch, ich konnte aber weiterfahren. Nicht so mein Ding, aber es ging alles gut und es ist hier recht warm, raus aus dem Atlas und auf nur noch 1.000 m Meereshöhe.

In Goulmima nehm ich mir ein Zimmer und schau mir die alte Lehmstadt an. In einer dunklen Gasse werde ich von einigen jungen Frauen umringt, die mir eine ihrer Freundinnen anbieten. Sie sind freundlich, witzig, selbstbewusst und kneifen ihr in die Backe, damit ich sehe, dass sie in gutem Zustand ist. Ich lehne dankend ab. Sie wollen wissen. Ich sag, ich will nicht. Sie meinen, das wär doch kein Problem. Ich sage, das wär entscheidend für mich. Sie lachen und lassen mich ziehen.

Morgen ist Busfahren angesagt, zurück nach Ouarzazate und dann weiter nach Süden bis Taliouine.

140 km, 900 Höhenmeter
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Donnerstag, 08.03.18: Goulmima – Taliouine mit dem Bus und Taxi

Der Bus ist fast voll, ich hab nen schön warmen Platz auf der Sonnenseite ergattert, puh schwitz, denn es ist echt warm. Leider hält der Bus ständig, so dass wir für die 200 km bis Ouarzazate rund 5 Stunden brauchen. Ich wünsch mir, dass ich es bis abends nach Taliouine schaffe, erfahre aber in Ouarzazate, dass der nächste Bus erst um 22:30 geht. Ein hilfsbereiter Marokkaner meint, ich soll ein Hotel nehmen. Da hab ich keine Lust drauf und auch nicht auf ne Nachtfahrt, die 3 Stunden dauern soll. Auf mein nachfragen meint er, es ging noch Taxi, das wär aber viiiiel teurer. 100 dirham (keine 10 euro) statt nur 60 mit Bus. ha, denk ich, das gönn ich mir, ist sicher auch schneller. Auf dem Taxiplatz erfahr ich, dass es kein Taxi, damit sind hier Sammeltaxis gemeint, nach Taliouine gehe. Ich könne aber ein Einzeltaxi nehmen. macht 600 dh. Okay, ne Hausnummer. Ich bitte 300. der Marokkaner sagt no und entschwindet. Ein Marokkaner, der nicht verhandeln will? Nun gut. Ich zurück zum Busbahnhof. Keine Ahnung, was ich machen soll. Der nächste spricht mich an. Einfach kontaktfreudig und hilfsbereit die Menschen hier. Ich schildere meine Situation. Er meint, ich soll ein Taxi bis Tazenakt nehmen, 80 km, 30 dh und dann ein zweites nach Taliouine, nochmal 80 km und 30 dh. Yeah, das ist die Lösung. Rad kommt aufs dach von nem 7-Sitzer, wir warten noch etwas, bis das Auto voll ist und schon gehts los ohne Zwischenstopps.

Ich komme mit dem Marokkaner neben mir ins Gespräch. Er ist Präsident einer Safran-Kooperative und will auch weiter nach Taliouine.

Bis Tazenakt führt die Strecke durch schroffe, unwirtliche Berglandschaft. Wär mit dem Rad nicht so schön. In Tazenakt steigen wir um in einen ollen Opel Rekord. Kein Dachträger. Das Rad muss in den Kofferraum. Ich mach mir sorgen um den Rahmen. Wir polstern noch ab mit nem Shirt von mir und nem Pappkarton. 3 Marokkaner helfen. Ich hab immer noch etwas Bauchschmerzen, will aber auch weiter und vertraue mal den Marokkanern. Damit bin ich hier noch nie schlecht gefahren.

Der Sitz vorne ist etwas verbreitert. Dort sitzen wir zu zweit neben dem Fahrer. Hinten sitzen vier. Die Karre schwimmt sanft wie ein Kamel über die Straße. Auch die Lenkung spricht sehr weich an. In der ebene schafft sie 70, bergrunter auch mal 100.

Die Landschaft ist immer noch bergig, jetzt aber sanfter und mit schönen Ausblicken. Kurz vor dem Ziel ein Stau auf der Bergstraße. Ein LKW ist umgekippt. Der Taxifahrer fährt frech am Stau vorbei ganz nach vorn. Ein Caterpillar richtet den LKW wieder auf und nach 10 Minuten geht es weiter. In Taliouine steige ich in der Auberge Safran ab, Blick übers Tal.

Das Rad hat den Transport übrigens heile überstanden.

Irgendwie kann ich nicht so gut einschlafen. Mein Rad steht auf der Terrasse vor der Auberge, direkt an der Hauptstraße, die von Agadir über den Atlas führt. Der Wirt meinte, hier kommt nichts weg. Dafür reicht mein vertrauen doch nicht ganz. Also hol ich es lieber in mein Zimmer und kann ruhig einschlafen.
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Freitag, 09.03.2018: Taliouine - Ighrem

Heute gehts bei wolkenlosem Himmel ein Tal rauf gen Süden. Opuntien nehmen zu, auch blühende Pflanzen am Wegesrand. Ich scheuch ne kleine Agame auf. Ein Schakal quert vor mir die Straße. Im größeren (haha) Ort auf halber Strecke, wo ich eigentlich zu Mittag einkehren will, ist tote Hose. Nicht mal ein Laden. Der Marokkaner, den ich nach Brot und Wasser frage, läuft los und bringt mir ein Brot. Wasser in Flaschen, wie sonst überall, gibt es hier nicht. Das ist Mist, denn es ist sehr warm. Mein Tacho zeigt 30 grad in der Sonne. Er läuft nochmal los mit meiner Radflasche und bringt sie gefüllt zurück. Trink ich im Notfall und schau dann mal, was mein Darm dazu sagt. Das Brot ist geschenkt.

Es geht immer weiter rauf. Schöne Terrassen wechseln mit den üblichen schroffen Felsen. Die Straße wird schlechter, ist oft weggespült, daneben eine Schotterpiste. Nach weiteren 20 km kommt ein lebendiger Ort mit einigen Geschäften. Ich kauf ne Wasserflasche und kann mir das Experiment mit meinem Darm sparen.

Irgendwann bin ich oben auf 1.900 m. Noch dreimal wieder ein Stück runter und rauf, dann bin ich in Ighrem, ein moderner, aber mir sympathischer Ort an einem wichtigen Straßenkreuz in den Bergen. Zimmer für 60 dh im einzigen Hotel. Dusche kaputt. Waschbecken aufm Gang. Bleib ich heut mal dreckig.

100 km, 1.400 Höhenmeter
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Samstag, 10.03.2018: Ighrem - Tafraoute

Früh brech ich auf aus der etwas schäbby, aber sympathischen Auberge. E§s geht durch zerfurchtes ho§chland, 1.700 m hoch, ständig auf und ab, rotebraune Felslandschaft mit blühenden und duftenden Mandelhainen und leuchtend grünen Terrassen mit Getreide.

Ich hab mich zwar gut mit Wasser eingedeckt, aber nichts zu essen dabei außer nem großen stück superleckerem Sesamriegel noch aus Marrakesch. So hoffe ich, in dem kleinen Ort nach 50 km was zu essen zu bekommen. Dort biegt auch die Straße zum Agadir Tasguent ab, laut Därr-Reiseführer sehr sehenswert. Ich bin unschlüssig, ob ich die 16 km hin und zurück auf mich nehmen soll, denn eigentlich will ich nicht so spät in Tafraout ankommen. Ich sprech nen Marokkaner an der Kreuzung wegen essen an. Er schlägt vor, mir den Agadir zu zeigen und es gäbe auch was zu essen. Das passt mir. Wir bringen mein rad zu seinem haus und stellen uns an die Straße. Gefühlt ne Stunde stehen wir da. Ein volles Auto fährt vorbei. Dann nimmt uns doch tatsächlich eins mit. Mohamad spricht sehr gebrochen französisch, englisch und sonstwas. Nach 6 km Autofahrt folgen noch 2 km Fußmarsch. Er sagt: 300 meter. Naja, marokkanische Einheiten eben. Ich bin trotzdem froh, ihn zu haben, denn laut Reiseführer braucht man nen Schlüssel und Mohamad ist persönlich im Reiseführer erwähnt. Als wir endlich oben ankommen, stellt sich raus, er hat keinen Schlüssel und der Wärter ist verschwunden. Er ruft nach ihm ne Viertelstunde. Tolle Wurst denk ich, so viel Aufwand, die Zeit sitzt mir etwas im nacken. Da taucht der Wächter auf und die Burg ist echt toll.

Sie ist über 1.000 Jahre alt. Den Rückweg, 8 km, müssen wir wies ausschaut, komplett zu Fuß gehen. Ich bin etwas angeäuert – wie soll ich denn noch im Hellen nach Tafraout kommen. Auf halber Strecke kommt aber doch noch ein Auto. Ich hab noch 3 Stunden für die restlichen 50 km, dabei ein Pass mit 1.650 m.

Es gibt zwei Dinge, die mich hier besonders anrühren. Zum einen die schlichte Geste, sich nach dem Handgeben ans Herz zu fassen. Zum anderen, dass mich, vor allem auf dem Rad, so viele Menschen, die überwiegende Mehrzahl, sehr freundlich, offen, mit strahlendem Lächeln grüßen. Egal ob hutzelige Alte, dicke Muttis, coole Jungs, hübsche Mädchen oder junge Frauen (bei denen es gern auch mal flirtig wird, so offen und ohne scheu strahlen sie mich manchmal an) und natürlich die Kinder. Heute begegnete mir eine kleine, alte, faltige Frau, sie hob erst eine Hand, dann noch die zweite, wie zum Segen, keine Ahnung, ob es sowas im Islam gibt. Das hat mich ganz unmittelbar angerührt.

Abends in Tafrout, auf der Suche nach einem netten Restaurant, lass ich mich abschleppen. Ich hatte voll Kohldampf, fand aber kein gutes Restaurant. Entweder voller glotzender Touris oder fußballguckende Marocs. Ein radschiebender, müder Maroc sieht mir das an und lädt mich in sein Restaurant ein. Ich folge ihm. Ein anderer Maroc, den ich vorher schon kennengelernt hatte, Said mit nem Radladen, kommt dazu, jetzt mit Moped. Ich setz mich bei ihm hinten drauf, Grinsen im Gesicht, ab geht’s in die hinterste, dunkelste Gasse von Tafraout. Hübsches Resto, 40 Plätze, nur ich als Gast. Super leckeres Essen. Volltreffer.

100 km, 1.400 Höhenmeter
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Sonntag, 11.03.2018: Tafraout

Schon wieder ne nette Geschichte. Ich kauf an nem kleinen Laden in einer Nebengasse ne flasche Wasser, 6 dh, und ein Fladenbrot, 1 dh. Sette, sagt der alte maroc, ein ruhiger, lieber, schüchterner Typ. Ich geb ihm 20. Er legt 11 hin. Ich merk sofort, er kann schlecht rechnen. Protestiere, um zu sehen, was passiert. Er holt nen Taschenrechner, sucht sehr lange in seiner Münzschublade, gibt mir irgendwann 12 raus. Ich lach in mich rein und denke, den Laden kann er wohl nur halten, weil seine Kundschaft genauso ehrlich ist wie er und vielleicht besser rechnen kann. Hab schon öfter erlebt, dass die Marokkaner große Schwierigkeiten mit einfachen Rechnungen oder sogar beim Zählen bis zehn haben.

Den Ort find ich nicht so besonders schön. Außerdem gibt’s viele Touris. Deren leichte Bekleidung find ich unangessen und respektlos gegenüber der jahrtausende alten Kultur. Eine Reisegruppe von 30 Leuten kommt mir auf der Straße entgegen. Ihr Führer grüßt freundlich, auch zwei drei der Touris. Der Rest ist keine Ahnung wo. Auch mein Hotel ist groß und unpersönlich, mein Zimmer aber schön und das Personal freundlich.

Auch Einsamkeit kam gestern in mir auf. Der wahre Grund für mein Loch ist aber ein anderer, wie mir langsam klar wird. Meine Tage in Marokko sind gezählt und es passt nicht alles rein, was ich gerne noch machen würde. Hier ankommen, die Gegend erkunden und zurück nach Marrakesch radeln, das weiter weg ist als ich dachte. Die Lösung ist, ich bleib länger hier, erkunde die Gegend und fahr dann mit dem Bus zurück nach Marrakesch. So passt es und ich bin wieder bei mir.

Ich schlender erstmal durch die Stadt, frühstücke in Ruhe, kaufe was zu Futtern. Ich besuche Said, den Typ mit dem Radladen und Moped, den es mehrfach geben muss, denn ständig läuft er mir über den Weg. Der Radladen ist vor allem ein Verleih. Er preist mir ne Tour nach Ait Mansur an und zeigt mir seinen großen Laden mit großer Auswahl an marokkanischer Handwerkskunst. Schwupps breitet er zehn Teppiche aus, erzählt zu jedem Geschichten. Wunderschöne sind dabei und ich bin angefixt. Das hat er echt gut drauf.

Dann setz ich mich aufs Rad und mach ne gemütliche Tour durch die nähere Umgebung. zweimal verfahr ich mich und es dauert, bis ich das merke. Aber egal, es gibt viel zu gucken.

50 km, 500 Höhenmeter
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Montag, 12.03.2018, Tafraout – Ait Mansour

Durch die karge, faszinierende Landschaft fahre ich auf verkehrsarmer Straße über einen kleinen Pass in die bezaubernde Ait-Mansour-Schlucht. Sie ist dicht mit Palmen bestanden, durch die sich ein schmales Asphaltband schlängelt. Ich rolle im Schritttempo entlang und genieße das Kleinod. Die Schlucht weitet sich und nach rund 40 km biege ich links ab, um durch die Schlucht von Timguelchte zu fahren, auf mittlerweile asphaltierter Straße. Erst weiter oben wird sie zum Schotter-Asphalt-Mix, dafür landschaftlich reizvoller.

90 km, 1.500 Höhenmeter
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