L'Eroica 2013 - Edizione XVII
Das war ein wahrlich heldenhaftes Wochenende und auch der toskanische Wettergott hielt sein Versprechen. Nach den sintflutartigen Regenfällen am Samstag waren wir Sonntag 4.45am - also mitten in der Nacht - noch pessimistisch gestimmt denn die Vorhersagen waren alles andere als südländisch rosa: viel Regen, keine Sonne. Also hinaus in die stockfinstere Nacht und durch Nebelschwaden vom Campingplatz Orlando mit dem Auto in das ca. 40min entfernte Gaiole, das wir bereits am Flohmarktfreitag erkundet hatten. Gaiole ist L'Eroica Village, nicht nur dieses Wochenende sondern immer - die L'Eroica Route kann man ganzjährig sehr gut ausgeschildert zurücklegen ohne sich im Vintage Spektakel zu verlieren. Wollen wir aber nicht daher das Ganze mit Spektakel. Gaiole liegt eingebettet inmitten der Toskana - runter in den Südwesten liegt 30km entfernt Siena, fährt man in den Norden kommt man nach 60km in Florenz raus. Das L'Eroica Wochendene reißt das verschlafene Nest aus dem Dornröschenschlaf - 5000 Rad-Bekloppte fallen ein und sie kommen aus aller Welt. Wir treffen Amis, Aussies, Gauchos, Briten, Iren und haufenweise Deutsche.
Zurück zum Start. Sonntag 6.30 Früh: wir zupfen noch unsere Windjacken in Form, lassen uns das Roadbook abstempeln, der Commissaire wirft einen kurzen strengen Blick auf den Gaul zwischen unseren Beinen und los gehts hinaus in die noch immer stockfinstere Nacht - ohne Beleuchtung wohlgemerkt - die braucht man laut Reglement ab 6.30 nicht mehr - besser wärs aber. Wir das sind heute als Sextett unterwegs:
Ahnungsloser, Andi, Felix, Martin, Wolf und Robert, der ausser Konkurrenz mit Mountainbike den Support mimt. Wir sind aufs schlimmste vorbereitet - Kälte und Regen, max. 30min Sonnenschein - so die Vorhersage. Und doch kommt alles anders. Mitten in der ersten Bergwertung machen wir dann Bekanntschaft mit dem ersten von sieben strada bianca Abschnitten. Schotterstrassen, White Roads - wie immer man sie nennen möchte - auch deshalb sind wir hier. Den ersten Schotter-Anstieg inklusive Abfahrt haben Mensch und Maschine noch einigermassen unbeschadet überstanden. Der Regen am Vortag hat für perfekte Bedingungen gesorgt - der Schotter ist schön fest und staubt überhaupt nicht. Schön langsam beginnt es am Horizont zu dämmern und wir können unseren Augen kaum trauen die Sonne geht auf und keine einzige Wolke am Himmel. Magnifico! Ab diesem Zeitpunkt präsentiert sich die Toskana von ihrer schönsten Herbstseite. 24°C und wunderschön gefärbte Hügellandschaften, die Strada Biancha Abschnitte kompakt und bis auf zwei Steigungen mit 18% einigermaßen gut fahrbar. Einigermaßen gut fahrbar soweit das mit einer 42/24 Übersetzung halt möglich war - jede Steigung kraftvoll im Wiegetritt und bis auf 3 Kettenabwürfe war das Puch Mistral E ein wahrer Arbeits-Gaul. Bei KM40 dann die erste Schrecksekunde: einer unserer Mitstreiter kommt am Schotter zu Sturz. Bis auf ein Loch im Wolltrikot und ein paar Abschürfungen aber alles halb so schlimm und nach einem kräftigen Schluck Chianti an der ersten Labe in Rada und ein Besuch bei den Sanis auch fast schon wieder vergessen. Schlimmer erwischt es später Martin auf einem Asphalt Tempostück zwischen Radi und Asciano. Sein Vordermann schert ohne Handzeichen zu geben plötzlich aus der Windstaffel links aus und erwischt sein Vorderrad. Ich höre ganz vorne fahrend nur einen lauten Knall und Sekunden später rollt ein sichtlich aufgeregter Italiener an mir vorbei "Bad crash, bad crash". Martin hats übel erwischt blutet an Armen und Beinen, steht aber schon wieder und kann kurz drauf weiterfahren. Es sind auch nur mehr 8km bis Asciano wo beide nochmal verarztet werden. Asciano wartet mit einer großartigen Labe mitten am Hauptplatz des Ortes auf. Zuerst das Roadbook wieder abstempeln lassen und danach wieder toskanische Schmankerl am Platz genießen. Irgendwie hab ich das Gefühl ich bin hier nur am Essen. Der vorzügliche Gemüseeintopf den sie uns hier kredenzen wird uns 5km später, im ersten der zwei 18% Anstiege, fast zum Verhängnis. Ich weiche mal links, mal rechts aus und versuche die Steigung im Wiegetritt zu überwinden aber das ist unmöglich - vor mir ein kleiner Stau und der Reihe nach steigen sie ab und schieben. Und schieben ist hier auch wesentlich Rückenschonender als Treten. Gestern wunderten wir uns noch warum Labe 2 und 3 nur15km trennen - jetzt weiß ichs - 15km White Road mit 18-20% Anstiegen macht absolut keinen Spaß und geht gehörig an die Substanz. Die Kräfte schwinden. Unsere kleine Gruppe ist mittlerweile aufgesplittert. Ich entdecke nur noch Felix im Anstieg und wir beschliessen bis Castelnuovo weiterzufahren und dort wieder die Gruppe zu sammeln. Der Weg zur Labe in Castelnuovo führt direkt durch einen Schlosspark - eine Wahnsinns- Kulisse ist das. Wir sitzen in der Sonne und lassen den anstrengenden Abschnitt nochmal Revue passieren. Noch 35km vor uns. Kurz nach Castelnuovo ein Bergabstück wo mir wieder mal die Kette von der Scheibe fällt. Wieder anhalten, aufs kleine Blatt schalten und Kette rauffummeln und weiter gehts. Den Anschluss an die Gruppe hab ich durch meinen Kettenabwurf verloren und somit muss ich mich wieder alleine zurückkämpfen. Es dauert eine ganze Weile bis ich wieder zu Philipp und Felix aufschließen kann. Noch zwei White Road Anstiege vor uns die uns die letzten Körner rauben werden danach gehts nur noch asphaltiert und leicht bergab retour nach Gaiole, wo wir nach über 8h Fahrzeit (6h netto Fahrzeit) heroisch empfangen werden.
Fazit:
Eine großartige Veranstaltung mit hohem "Nerdfaktor". Die Organisation von der Registrierung bis hin zur Bestückung der Laben mit regionalen Schmankerln vorbildhaft. Die Auswahl an Strecken und Beschilderung der Strecken - top! Und die Toskana ist ja sowieso immer eine Rennradreise wert.
Kompaktkurbeln und 11fach Übersetzungen werden überbewertet, Lycra Bekleidung definitiv nicht

Die 200er Strecke wäre von Mensch und Maschine her möglich gewesen, zumal die Rahmenbedingungen angeblich noch nie besser waren. Next time!
Hier gehts zu den Flickr Fotos ->
http://www.flickr.com/photos/freedomboulevard/sets/72157636319814303/
Hier die Strava Daten ->
http://app.strava.com/activities/87622480