Es wundert mich wirklich, wie viele hier im Forum einfache taktische Maßnahmen nicht verstehen (oder behaupten, es nicht zu tun).
Radsport ist ein Mannschaftssport, aber letztendlich gewinnt ein Fahrer, und Helferdienste verschwinden im Gedächtnis oder in den Palmares oder tauchen erst gar nicht auf. Das ist von außen schwerer zu sehen als bei einem klassischen Mannschaftssport wie Fußball.
Zum Rennen:
Jumbo-Visma hat versucht, das Rennen möglichst früh vorentscheidend zu beeinflussen, um ihre "scheinbare" Mannschaftsüberlegenheit auszuspielen. Wout und Christoph waren mit einigen Fahrern bereits vorne weg, in der Hoffnung, dass hinten ein paar nachfahren (was auch passiert ist) und NvH und DvB führen. Dann waren sie zu viert in einer Gruppe von 9-15 Fahrern und konnten Attacken setzen. Leider ist dies nicht ganz nach Plan passiert, unter anderem auch wegen des Sturzes von DvB. Der Defekt von Laporte führte letztendlich zu einer vollständig anderen Rennsituation. Wout allein und drei Fahrer von Alpecin. Da Laporte und NvH (sicherlich einer der Top 5-10 Kandidaten des Rennens) jedoch dicht dran waren, gab es taktisch wirklich überhaupt keinen Grund für WvA zu führen.
Das Argument, "Die sind doch eh schon zu weit weg", ist völlig absurd, da dies nur der Fall ist, weil vorne geballert wird (nicht nur von Alpecin, sondern auch von Ganna und Küng).
Ich würde sogar weiter gehen und sagen, dass Ganna und Küng Alpecin weniger hätten helfen müssen, wenn sie auf Sieg gespielt hätten. Sie müssen doch ein Interesse daran haben, dass Alpecin ihre Helfer so schnell wie möglich aufbraucht. Ihre Fahrweise hat eher Platz 4-8 abgesichert.
Wout hat alles richtig gemacht und versucht, so viel Kraft wie möglich zu sparen, um dann im entscheidenden Moment zuzuschlagen. Er hat alle Attacken von MdvP relativ locker parieren können. Ob es ohne Defekt wirklich gereicht hätte, ist natürlich nicht einwandfrei herauszufinden, aber ich glaube, es hätte mit 80:20 gereicht, da MdvP schon mehrere Körner hat liegen lassen. MdvPs Vorteil wäre gewesen, dass er nur hinten drauf hätte liegen können, wenn er rangekommen wäre, da Philipsen noch hinten war. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass WvA weg gewesen wäre, da er noch sehr gut aussah.
Insgesamt lässt sich sagen: Alpecin und Jumbo-Visma haben jeweils ein sehr gutes taktisches Rennen gemacht. Es war eher ein langweiligeres PR (zwischen km 80 und 20 hat sich die Rennsituation nicht wirklich verändert), und es ist sehr schade, dass es nicht zum Zweikampf am Ende kam und ein blöder Defekt zur Unzeit letztendlich die Entscheidung fällte.
Sätze wie "MdvP hat einen größeren Siegeswillen als..." sind auch wieder mehr als komisch.
Als ob andere freiwillig dauernd auf Platz 2-5 landen, obwohl sie es besser könnten. Das ist eher auf dem Niveau von Fußball: "Mannschaft A wollte den Sieg mehr, daher haben sie ein Tor geschossen und Team B nicht, obwohl beide gleich viele Chancen hatten".
und nun: Glückwunsch an MdvP. Ein sehr toller Fahrer, der es sicherlich verdient hat (genau so wie es Wout oder jemand anders verdient hätte, wenn er es geschafft hätte)
PS: meinten nicht einige hier bei MSR WvA müsse mal gelassener sein und nicht alle Attacken immer selber zufahren wollen (er hat MdvP herangefahren, der dann wiederum attackiert hat). Sind aber bestimmt nicht die selber, die Wout jetzt als Lutscher darstellen