• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

Klemmie

Neuer Benutzer
Registriert
14 Januar 2008
Beiträge
18
Reaktionspunkte
0
Ort
50735
Erfahrungsbericht Monte Zoncolan


In der "Tour" las ich 2007 einen Bericht über den Monte Zoncolan.

Alleine die Daten waren schon erschreckend: 10,5km lang, 11,9% Durchschnittssteigung, ca. 1200 Höhenmeter, diese garniert mit Teilstücken jenseits der 20%.
Was für ein Monstrum!!!!

Nach einer Tour 2007 hoch zum Col de Galibier wurde das Gesicht schon
aschfahl aufgrund der prognostizierten Anstrengungen und der Profilbeschreibung…Mörderisch!

2 Jahre später bin ich dann „zufällig“ nach Südtirol in den gefahren und siehe da, der Zoncolan ist ja gar nicht so weit vom Standort entfernt.
Also warm fahren im Schwarzwald, diverse Pässe in Südtirol für den Ernstfall hoch und dann zum Rendezvous mit dem „Berg der Berge“!

Im Internet noch schnell auf den gängigen GPS-Seiten die Daten abgeholt und los ging es.
Im Netz stolperte ich allerdings über den Hinweis: nur mit Kompakt- oder Dreifachkurbel zu fahren.
„Was für ein Mädchen “ dachte ich mir vertrauend auf Kraft und den derzeitigen Fitnesszustand. „Richtige“ Männer fahren das mit 2-fach hoch:p ...

Wetter phantastisch, blauer Himmel, Sonne, angenehm warm, also der perfekte Start.
Im Dorf Ovaro dann mal locker bisschen warm fahren und dann abbiegen nach Liariis.
An der Kirche vorbei, die ersten Höhenmeter waren im Sack, die Laune gut und so steil ist es ja nun auch nicht.
Im Ort selber dann rechts dem Schild folgend Richtung Zoncoloan.
Komisch, die Traverse ist eher ebenerdig, leicht abfallend?!
Also doch alles nur Angstmacherei vorm Wunderberg?
Aber lieber mal vergewissern, ob das der richtige Weg ist.

Wie das typische Klischee in der Vorstellung von Italien saßen 2 ältere Damen und ein Herr vor einem mediterranem Eingeheim auf einer Bank und unterhielten sich gestenreich bei einem Espresso. Idylle pur.
Ruckzuck mal im vorbeifahren in radebrechendem italienisch gefragt, ob es hier hoch zum Mt. Zoncolan geht.
Die Reaktion anhand der gelesenen Vorberichte war zu erwarten: ungläubiges Staunen, Kopfschütteln und ein aufmunterndes „Buona Fortuna“ haben sie mir noch hinterher gerufen.

Was haben die nur alle? Dickes Blatt, gutes Tempo und die ersten Höhenmeter locker schon eingefahren. So langsam musste doch der berüchtigte Anstieg kommen denn so konnte es doch nicht weitergehen.

Das böse Erwachen folgte auf dem Fuße.
Auf einem Plakat begrüßte mich ein abgekämpfter Ottavio Bottecchia mit der Zahl 0,000 km.
Oh Gott, hier geht der Spaß erst richtig los.
Und die vor mir sich in Serpentinen hochwindende Strasse ließ den Schweiß direkt mal aus den Poren schießen.
Auf geht’s, so schlimm wird es schon nicht werden, war mein Gedanke, nachdem ich ein dreieckiges Schild mit 14% Steigung passiert hatte.
Solche Steigungen hab ich in Südtirol auch gut gemeistert und die Anstiege waren deutlich länger.
Nach ein paar hundert Metern die nächste unschöne Überraschung - nach einer Kurve stieg die Strasse noch einmal extrem an, noch steiler und verschwand hinter der nächsten Kurve.
Naja, bis dahin und dann wird’s bestimmt auch mal wieder etwas flacher.
Weit gefehlt!
Die Straße wurde nicht flacher, sondern blieb weiterhin konstant steil.
Verdammt, die Berichte scheinen doch zu stimmen.
Im Sitzen fahren war fast kaum noch möglich, Trikotreißverschluss bis zum Bauchnabel runtergezogen und mit schmerzverzerrtem Gesicht am Lenker reißend weiter hoch.
Der Schweiß fließt in Strömen, kaum die Möglichkeit bei der Steilheit die Trinkflasche aus dem Halter zu angeln ohne zu schlingern.
Das wird doch wohl mal bald ein Ende haben…?
In einer Kurve der Blick auf die bekannten Gesichter und Namen des Giro und mir fährt sogleich der nächste Schreck in die Glieder: Was erst 2,4 km geschafft???
Ich bin schon völlig am Ende nur noch ein Kampf der Berg gegen mich.

Erstmal seit Jahren kommt der Gedanke auf, abzusteigen und aufzugeben.
Wo ist der nächste kleinere Gang?
Warum hab ich Wahnsinniger nicht auf die Tips gehört und doch eine Kompaktkurbel montieren lassen? Aufgeben kommt nicht infrage, mal sehen was hinter der nächsten Kurve lauert.

Leider das altbekannte Bild: steiler Anstieg, keine Erholung.
Also alle Tricks anwenden. Schön in die Serpentine „fallen“ lassen, um mal kurz die Beine hochnehmen.
Die Geschichte vom Looser Brägel am Mt. Ventoux kommt mir in den Sinn.
Ich halte Ausschau nach Glasscherben, in die ich das Vorderrad reinrammen kann, um erstmal Pause bei einem Reifenwechsel machen zu müssen.
Das „Glück“ habe ich nicht, keine Glassscherben zu sehen und die Ehre verbietet es ja irgendwie auch.
Wie komme ich nur auf so einen Gedanken, Brägel zu imitieren???
So weit hat mich der Berg schon demoralisiert.

Die Beine explodieren fast vom ständigen Wiegetritt, der Puls donnert, das Herz pumpt wie wahsinnig Blut durch den Körper.
Ich muss den Puls runter kühlen, sonst ist die Fahrt hier gleich zu Ende.
Slalom fahren ist angesagt!
Eiernd nehme ich die nächsten Steigungen. Der Puls fällt langsam, die Lebensgeister kehren langsam zurück.



Nach einer aktiven Erholung geht’s wieder etwas besser.

Dann die beschriebenen 3 Tunnel.

Endlich im oberen Drittel angekommen. Und es ist nicht zu fassen, die Strasse ist nur noch gemäßigt steigend.

Der Gipfelsturm kann beginnen.


Hochschalten, noch mal trinken und euphorisch Kraft aufs Pedal bringen.

Vom Gipfel höre ich Jubelschreie!
Das muss der Mountainbiker sein, den ich auf einer Gegengrade kurz sehen konnte, der aller Anstrengungen zum Trotz das Ziel erreicht hat.

Schneller, ich will auch endlich unterm Schild das Beweisfoto machen.

Völlig unerwartet ist nach einer letzten Kurve plötzlich Schluss!
Plateau erreicht. Die Endorphine und das Adrenalin schießen durch den Körper und die Freude ist riesig:
Jaaa, geschafft!!!
Völlig erschöpft beglückwünschen sich der andere Radfahrer und ich uns gegenseitig.
Der Berg und das Leiden verbindet.

Rückblickend kann ich nur sagen, dass der Bericht stimmte.
Trotz gutem Trainingszustand und diversen Höhenmetern war das der härteste und steilste Berg, den ich bisher gefahren bin.
Steilstücke mit jenseits der 18% bis angeblich über 20% fordern einem vorallem im unterem Abschnitt alles ab und es tut richtig weh.
Kompakt- oder Dreifachkurbel ist in der Tat hilfreich oder leihweise der Körper- und Fitnesszustand von Alberto Contador :)


Ich hoffe es hat ein bisschen Spaß gemacht den Bericht zu lesen und die unglaublichen Anstrengungen sind ein wenig rübergekommen.

LG von

Chris, einem Mädchen aus Köln :D
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

hehe, zweifachkurbel ist dort sowas von falsche wahl

selbst die profis haben 2007 kompaktkurbel, einzelne angeblich sogar dreifach benutzt ;)

das 14% schild ist schon gemein zu anfang, aber gibt wohl eher den durchschnitt :D


aber fahr mal das kitzbühler horn hoch, aber nicht nur bis zum alpenhaus ;)
das ist fast sogar schwerer bzw. ebenbürtig

attachment.php
 

Anhänge

  • 33schleck_a_zoncolan.jpg
    33schleck_a_zoncolan.jpg
    24,7 KB · Aufrufe: 1.473
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

hihi alex, wollt auch grad den kommentar zum kitz-horn schreiben, wo die letzten 2km im schnitt fast 19% haben..alex und ich und noch paar konsorten sind an einem tag zoncolan gefahren am darauffolgenden kitz-horn..alle waren der meinung..das kitz-horn ist schwerer..fahr das mal und du wirst sehen.. :D
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

Die von mir persönlich bevorzugte Alternative zu Kompakt: Hinten 12 bis 32 Zähne mit altem XTR-Schaltwerk. Damit bin sogar ich einen zwar recht kurzen, aber im Durchschnitt rund 12 Prozent steilen Pass mit noch vertretbarer Trittfrequenz & Milchsäurekonzentration in den Muskeln hochgekommen. Ich bin ziemlich sicher: Der Monte Zoncolan-Berichterstatter hier wäre mit einem so ausgestatteten Rad nicht nur gelenkschonender, sondern auch schmerzärmer und schneller oben gewesen.
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

ja der plan de corones ist auch hammer, kommt aber an den zoncolan nicht ran

ist sogar "einfacher" als die edelweißspitze
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

Das schöne am Zoncolan ist ja, dass er oben an den Tunneln leichter wird, aber ehe man dort ist, hat man 40 Minuten Schmerztraining vom Allerfeinsten vor sich. Wir waren am 18.07.09 am Berg der Berge vor Ort und sind auch von Ovaro gestartet. Mit meinem 34/25 war das Vieh verdammt steil im unteren Abschnitt. Standardkurbel also 39/27 ok, aber darunter wirds echt finster, glaube ich.
Einer unserer Mitfahrer -und das ist ein guter Bergfahrer- ist mit 34/29 in der ersten Rampe, da wo dieses Drahtgestell eines Velos steht, fast explodiert und begann vom Feinsten an zu Stöhnen. Ein anderer hat versucht im Flachstück zu flüchten und ist auch in besagter erster Rampe fest gegangen. Also ich sage Euch, das Abenteuer Mt. Zoncolan ist echt ne weite Reise wert. Dort darf man auf 6 km 900 Hm am Stück nehmen. Das ist eine Durchschnittssteigung von 15% auf 6.000m. Es gibt nur wenige Anstiege dieses Kalibers. Man muss das mit eigenen Muskeln erleben und live in Augenschein nehmen. Er ist ein Gott eines Berges.

Und das bereits zitierte Horn von Kitzbühel ist mindestens auf eine Stufe mit dem Zoncolan zu stellen. Denn am Horn ist es unten mit 10% vergleichsweise einfach, aber es wird immer immer steiler. Ca. 2 km vorm Alpenhaus bin ich bei meinen bisher 2 Auftritten dort bald aus den Latschen gekippt. Da stehen 22% auf der Uhr und man kommt schon mit 180 Umdrehungen an dieser Hammerrampe an. Und am Alpenhaus, das steht auf knapp 1.700 m ü. NN, drehen ja nur die Warmduscher um, da gilt es für die Standhaften noch die 250 Hm zum Gipfel zu stürmen und die sind im Schnitt sicherlich über 14% steil, da kommt echt Freunde auf.

Also vom Kaliber sind die beiden Hammerberge wohl ähnlich schwer. Das Kitzbühler Horn ist aber landschaftlich wesentlich schöner. Man hat vom Gipfel einen atemberaubenden Rundblick (Hohe Tauern, Wilder Kaiser, Hahnenkamm, Berchtesgeadener Alpen) und man sieht von unten im Tal genau wo man hin muss. Das Kitzbühler Horn ist unbeschreiblich schön.

Eine Stufe mit den zwei Bergen (Zoncolan, Kitzbühler Horn) bzw. eine Zacke schärfer, ist meines Wissens noch der große Oscheniksee, der große Speikkogel und der Anstieg zum Weißsee (alles in Österreich), die drei sind die so getauften Kärntener Monster. Das sind alles Sackgassen, Oscheniksee und Weißseestraße beginnen im Fraganttal und wurden nur für den Bau der Staumauern errichtet, da fahren keine Autos. Der Speikkogel ist für Radfahrer und Touris gesperrt, da ist eine militärische Anlage installiert. Ihr müsst die Erlebnisse der Finisher mal bei quael-dich.de lesen.
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

cooler Bericht !
Der Zoncolan ist für mich wohl aber erst 2011 Pflicht, und so darf ich der noch schmerzfreien Vorfreude frönen.
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

Ich bin in diesem Sommer mit dem Motorad dort hochgefahren - selbst mit 3 Zylindern/900ccm & 104 PS denkt man ständig "Ich hätte noch gern einen kürzeren Gang!" und "hoffentlich kommt niemand auf dieser schmalen Straße entgegen" - ok, ich hatte natürlich mehr Muße um mir die Bilder mit den Rennradheroen vergangener Tage anzusehen, aber abenteuerlich war es trotzdem. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob ich da wirklich mal mit dem Rad rauf möchte.

Ein ganz heißer Tipp für die Region: Wir haben damals auf dem Campingplatz von Ovara (hat auch sehr einfache Zimmer) übernachtet. Besitzer Silvio (er und seine Frau sprechen gut deutsch, erzählen gern über das Friaul und erfahren gern etwas von ihren Gästen - ich als Schleswig-Holsteiner musste erstmal erklären was das "Wattenmeer" ist...) hat dort auch die Trattoria "Al Blitz" - absolut empfehlenswert! Für ein paar Ankommensbierchen auf den ersten Durst, Übernachtung in der Kammer (waren zu faul das Zelt aufzubauen, was dank des heftigsten Gewitters in der Nacht auch gut so war), einem friaulschen 5-Gänge-Menü hausgemachter Pasta (unglaublich was dieser Mann in der Küche zaubert!) inkl. Tischgetränken und gutem Frühstück am nächsten Morgen haben wir da zusammen ~80€ bezahlt - sensationell. Ach ja, nicht wundern: Eine echte Speisekarte gibt es nicht - auf den Tisch kommt was aus der Phantasie des Meisters, den Wünsche der Gäste, den Zutaten in der Küche und den Kräuter aus dem Garten so in Einklang zu bringen ist ...
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

war letztes Jahr auch dort oben. Der Zonce hat alles getoppt, was ich bisher gefahren bin. In dem Bericht finde ich meine Leidensgeschichte wieder.

Zu allem Elend habe ich damals sogar vergessen, meinen "Bergstein" abzugreifen. Normalerweise nehme ich nämlich von jedem bedeutenden Berg ein kleinen Andenkenstein mit. Also falls sich jemand (nochmal) die Mühe machen will, bringe er mir bitte einen kleinen Zonce-Stein mit ;)

Gruß doc
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

nie im leben werde ich wohl härtere Rennrad km fahren als diese 6km/900hm im mittelteil dieses Monsterberges (Westseite von Ovaro). die beiden letzten km mit 8 - 14% zum Gipfel erscheinen eher 'erholsam' dagegen. andere alpengiganten wie zb Kitzbüheler Horn, Rettenbach Ferner oder Timmelsjoch sind etwas leichter zu befahren. Die berüchtigte Cuena las Cabres am Alto d'Angliru in Asturien kann auch nicht mehr viel schwerer sein als dieser Mte Zoncolan.



 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

Schöner Bericht, herzlichen Glückwunsch zum Erreichten!
Das macht wirklich Lust auf "selbst versuchen in 2011".

Eine Frage an die Zoncolan-Erfahrenen: die Straße ist ja sehr schmal - wie stark ist denn da der motorisierte Verkehr? Wenn man da am "rumeiern" ist, ist Auto- oder Motorradverkehr von vorne sicher nicht sehr nett...
Naja, wenigstens dürften da nicht so viel Caravans rumkurven. ;)
 
AW: Monte Zoncolan - Erfahrungsbericht

Ich war bisher 2 mal auf dem Zoncolan. Es war jedesmal relativ wenig Verkehr dort. Aber mit ein paar PKW oder Motorrädern muss man schon rechnen. Am besten das Wochenende meiden. Es ist ziemlich eng im kleinen Tunnel. Da passt ein Caravan evtl. gar nicht durch.
 
Zurück
Oben Unten