Vor einigen Monaten wurde ich morgens in einem vollbesetzten Zug Ohrenzeuge einer Unterhaltung.
Eine Frau telefonierte über ein Mobiltelefon mit ihrer Freundin; ohne einen weiteren Anhaltspunkt zu haben, etwa in Form des weiblichen Vornamens ihres Gesprächspartners, wußte ich, daß es eine Frau sein mußte, der die, drei Sitzreihen von mir entfernt sitzende, weibliche Mitfahrerin im komplett enthemmten, frenetischen Schreiton von ihrer Vaginalpilzerkrankung erzählte und damit auch alle Mitreisenden mit dieser erfrischenden, morgendlichen Neuigkeit versorgte, denn ist dies doch ein Thema, bei dem Frauen Männern gegenüber nur dann mitteilsam sind, wenn sie sich weiteren Annäherungsversuchen erwehren wollen, und auch dann würden sie einen deutlich leiseren Ton treffen.
Und selbst, wenn ich hier irre und es ein Mann war, mit dem sie am anderen Ende der Leitung sprach, tut dies nichts zur Sache, denn scham- und geschmacklos bleibt es in jedem Fall.
In Japan übrigens ist es völlig verpönt, in öffentlichen Verkehrsmittel auch nur leise zu telefonieren; ein derartiges Betragen eines Fahrgastes würde die Menschen dort in Schockstarre versetzen. In Deutschland sind solche auralen Belästigungen und Präsentationen von Schlechtbenehmen, Geringbildung und Geschmacklosigkeit jedoch nichts Ungewöhnliches.
Vielleicht stand die Dame ja unter Drogen, vielleicht ein sanftes, pflanzliches Präparat.