Na jetzt juckt es schon wieder in den Fingern.
Wenn ich nicht alles vergessen habe dann sollten wir hier ersteinmal statische und dynamische Lasten trennen.
Ein 150kg Mensch kann vermutlich sein ganzes Leben lang statisch auf einem De Rosa SLX sitzen bleiben und TV glotzen. Wichtig wäre nur das die Belastung nicht so groß ist, dass der Rahmen sich plastisch verformt. Solange er sich unter der Last nur elastisch verformt ist alles gut.
Das Problem bei so ziemlich allen Fahrradteilen ist aber dass sie keiner statischen sodern einer zyklischen Belastung unterliegen und an dem Punkt kommt die Zeit ins Spiel. Der Eine oder die Andere hat bestimmt schon mal von Wöhlerkurven gehört die das Problem für einen einachsigen Spannungszustand (Zug/Druck) grafisch sehr gut darstellen. Solche Wöhlerkurven werden mit genormten Prüfkörpern eines zu untersuchenden Materials in hunderten zumeist Zug/Druck Versuchen bestimmt. Die aufgebrachten Lasten verursachen erstmal nur elastische Verformungen des Prüflings. Die folgende Beschreibung ist jetzt mechanisch nicht sauber, aber erklärt hoffentlich den Sachverhalt.
S ist die Spannungsamplitude (max Belastung) und über N, der Anzahl der Lastwechsel, aufgetragen.
Unterhalb der Kurve ist alles gut das Bauteil ist bei der Kombination aus Last und Anz. Lastwechsel nicht versagt. Oberhalb ist das Bauteil zerstört/gerissen. Hierbei geht es also um das Versagen im Sinne der Zerstörung des Bauteils. Ich würde das jetzt mal auf unseren Rahmen so übertragen (hier kneifen jetzt mal alles Mechanik Cracks Augen und Ohren zu) dass ein leichter Fahrer (kleines S) den gleichen Rahmen vieeeel länger benutzen kann, bis er an der höchstbelasteten Stelle reißt, als ein sehr schwerer Fahrer (großes S). Jetzt kommt natürlich noch dazu dass ein leichter Profi mit ordentlich Körnern in den Beinen wieder die Amplitude vergrößert den Rahmen früher zerstört wird. Aber die bekommen ja eh immer neues Zeug da kommen die nicht in den Bereich des Totalversagens. Ich vermute mal dass einige Rahmen- oder Rohrhersteller schon irgendwie Versuche gefahren haben bei denen sich gezeigt hat wie groß die Belastung bei der geforderten Lebensdauer eines Rahmens sein darf.
So und jetzt kommt der geschickte Konstrukteur ins Spiel. Der kann zwar die eingeleiteten Lasten nicht senken, wohl aber an den resultierenden Spannungen drehen. Geeignet sind da beispielsweise Rohrdurchmesser, Wandstärke, Profilform und nicht zuletzt die verwendeten Materialien. (Edit: Schonendere Röstung nicht vergessen! Niedrige Löttemperaturen verringern die Versprödung und daraus resultierende Festigkeitssteigerung die zu verfrühten Rissen führen. Im Flugzeugbau wird nach Kaltumformung gern Lösungsgeglüht um die Kaltverfestigung zurückzunehmen und anschließend Warm ausgelagert um das Gewünschte Gefüge wieder herzustellen.) So jetzt wieder Ohren zu! Die konstruktiv verringerten Spannungen führen nach obiger Grafik wieder dazu dass S kleiner und N damit größer wird. Ein besser konstruierter Rahmen hält länger. Geil.
Was war noch? Achso, schleifende Ketten. Passt hier ja ganz gut. Im Wiegetritt ändert sich der Angrffswinkel der Kräfte auf die Pedale/Kurbel/Innenlager wodurch sich die Biegemomente an den Stoßstellen Tretlagermuffe zu den Rohren vergrößern. Und da wäre es ein Wunder wenn die Verformungen im Tretlagerbereich bei den vielen Muffen und Rohrvarianten immer die gleichen blieben. Und wer nie eine schleifende Kette hatte der trimmt perfekt oder hört einfach nie zu oder hat einfach nen geilen Rahmen.
"Weichtreten" ist ein Effekt den ich nicht kenne und auch nicht erklären könnte. Ich kenne aber den gegenteiligen Effekt der Kaltverfestigung. Zur Erhöhung der Festigkeit wird ja gerne Walzen, Strecken oder Kugelstrahlen eingesetzt was also nur infolge von plastischer Verformung auftritt und hier am Fahrrad also nicht zum tragen kommt. Da sich die Geometrie der Bauteile über den Lebenszyklus nicht ändert müsste sich ja demzufolge etwas im Material, an seiner Struktur oder der Legierung ändern. Neben Oxidation erfolgt der einzige Festigkeitsverlust bei Metallen der mir bekannt ist bei Temperaturen oberhalb der Rekristallisationstemperaturen durch Abbau der festigkeitssteigernden Versetzungen im Gefüge. Bei diesen Temperaturen baut jedoch die fleischliche Hülle des Fahrers viel schneller ab.
So jetzt habe ich mir soviel Mühe gegeben und nun kommt bestimmt gleich wieder
@Waltzing-Matilda und zerlegt alles.
