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Bulgarian Cyclingtour / Erfahrungsbericht

htkal

Shock, black double down-beat bouncin′
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Dinslaken Niederrhein
Ich komme eigentlich aus dem Bereich „Räder vor 1990“ deshalb drückt ein Auge zu wenn ich hier formelle Fehler mache. Die Erfahrungen aus meiner Reise wollte ich aber auf jeden Fall hier im Forum festhalten, denn ich denke es ist schon ein bisschen speziell. Ich bin zufällig rein gerutscht …

Bulgarian Cyclingtour existiert wohl seit 2008 und besteht, als prominenter sportlicher Leiter, aus Olaf Ludwig, organisatorisch ist Jörg Strenger (einst aktiver Radsportler und Manager verschiedener Teams) zuständig, teambildent und technisch ist Michael Schiffner (einst erfolgreicher Radsportler, war viele Jahre Kapitän das DDR Team der Friedenfahrt) zuständig. Mit dabei auch Olafs Frau Olga und Martina Strenger. Denen die aus den neuen Bundesländern kommen sind die Namen sicher auch ohne Klammer geläufig.

Mehr dazu findet man auf deren Web-Seite, https://www.bulgariancyclingtour.de/

Olaf Ludwig und Olga vor dem Eingang des Kloster Rila
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Meine Gruppe bestand aus 14 Teilnehmern, viele waren schon mehrmals mit dabei, kannten sich untereinander. Ich war der einzige aus den alten Bundesländern und musste mich erst einmal an den offen lockeren und herzlichen Umgangston gewöhnen, sicher eine Sache die nicht allen so leicht fallen wird. Ich war überrascht wie wichtig das Gesellschaftliche genommen wurde, Grüppchenbildung, Seperation gab es nicht, und wäre auch nicht gut angenommen worden. Das kann an speziell dieser Gruppe gelegen haben, aber ich vermute das es auch bei den anderen Wochengruppen nicht viel anders ist. Mir hat es nach anfänglicher Verwunderung sehr viel Spaß gemacht.

Viele der Teilnehmer hatten eine Karriere als Sportler, beginnend an der Leipziger Sporthochschule, hinter sich, waren Ende 50 oder älter und mit ihnen zu quatschen machte mir Spaß. Es waren viele Ehepaare dabei, so dass die Gruppe gut gemischt war.

Für mich aus dem Klassiker-Bereich des Forums besonders interessant die Geschichten rund um das alte Material. Mit Olaf Ludwig über Colnagos im DDR Sport zu quatschen ist natürlich ein Traum.

Zur Organisation: Es finden wohl jedes Jahr vier Wochen statt, zwei Wochengruppen im Frühsommer (erste Wochen im Mai) und zwei im Spätsommer (erste Wochen im September). Alles ist Inklusive, lediglich die Miete für das Rad vor Ort und das Teamtrikot kommen noch dazu – falls erwünscht. Die Anreise von Sofia nach Sandanski im Süden von Bulgarien nahe der Grichischen Grenze, findet mit einem Bus statt (ca. 2Std.) Vor Ort sind zwei Sprinter-Vans im Einsatz, zum Radtransport, Personentransport und als Begleitfahrzeug. Jeden Tag nach dem gemeinsamen Frühstücksbuffet wird entweder vom Hotel aus oder per Anfahrt mit Bus zur Tagestour gestartet. Die ersten vier Touren waren um die 100km lang und recht gemäßigt, es wurde in Zweierreihe gefahren, alles sehr diszipliert und es war ein schöner Einstieg um das Fahren in der Gruppe zu üben, oder wieder aufzufrischen und um wieder in Form zu kommen. Der fünfte Tag hatte es schon mehr in sich, es ging im Pirin Gebirge von Basko (871m) zurück nach Sandanski über den Popovi Livadi Pass (1420m), jeder konnte gut sein eigenes Tempo fahren, oben kam die Gruppe wieder zusammen und nach der sehr weiten schönen Abfahrt ging es gemeinsam nach Melnik. Am letzten Tag gab es dann noch eine Rundfahrt um Sandanski mit kleinen, manchmal bösen Anstiegen.

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Die Umgebung von Sandanski ist nach Osten umgeben vom Pirin Gebirge, ein Winterskigebiet das bis fast 3000m hoch ist und zu einem großen Nationalpark gehört. Nach Süden ist man schon nach ein paar Kilometern in Griechenland, der Ausflug an den Techniti Limni Kerkini See, war sicher ein Highlight, auch wenn man zum Teil unvermeidlich auf der Struma-Autobahn unterwegs ist. Nach Westen fährt man in Richtung Mazedonische Grenze, Ein sehr schönes breites Tal das mit seinen Hügeln und Feldern an Provence oder Toskana erinnert. Sandanski selbst ist optisch noch stark geprägt von der Zeit des Sozialismus. Es war wohl immer ein Urlaubsziel, hat weitläufige Parks, Thermalquellen, Schwimmbäder, eine Einkaufsstraße und viele Promenaden, Cafes und Restaurants. Das Pirin-Park-Hotel ist eine große Anlage mit Pool und Spa Bereich, die Zimmer sind sehr groß, klimatisiert und sauber. Ein bisschen hat alles den Charm einer anderen Zeit, wie bei allem muss man sich darauf einlassen um es genießen zu können. Das Frühstücksbuffet war aus meiner Sicht (wenig bis keine Erfahrung in Pauschal-Reisen) reichlich und von Früchten bis gebratenen Würstchen war eigentlich alles dabei.

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Rennradfahren in der Umgebung und in der Gruppe empfand ich als sehr angenehm, die Straßen sind zum großen Teil neu gedeckt, die Autofahrer sind zumeist aufmerksam und halten Abstand, Ausnahmen gab es natürlich auch. Die Gruppe wurde immer begleitet von Michael Schiffner im MB-Sprinter der sich um Defekte, Getränke und Versorgung kümmerte. Selbst brauchte man sich um nichts zu kümmern. Wenn manche Anstiege nicht gefielen, dann konnte man auch selbst im Sprinter Platz nehmen. Die gemieteten Räder waren Stevens Aspin Disc mit Shimano 105 aufgebaut. Als Klassik-Fahrer überraschte mich der Komfort, die Unauffälligkeit und der Vorteil der Scheibenbremse.

Gegessen wurde in Restaurants auf der Strecke und Abends in der Stadt oder an den Zielorten, Melnik und Kerkini See. Meist gab es einen großen griechischen Salat, dann einen Fleischgang und Nachtisch. Die geselligen Biere nach den Touren wurden der Einfachheit halber auf alle am Ende umgelegt, so das man eigentlich kein Geld mitnehmen musste.

Kulturell interessant waren sicher der Besuch des Kloster Rila – ein muss für jeden Bulgarien-Touristen und offensichtlich auch für jeden Bulgaren. Besonders schön das Kloster Roschen in seiner Ursprünglichkeit. Und Melnik, eine kleine Wein-Stadt in Sandsteinpyramiden, die komplett unter Denkmalschutz steht. Besucht wurde auch das Weingut Zlaten Rozhen mit der Möglichkeit sich die Oldtimer Sammlung anzusehen und einer Weinverkostung.

Resümierend, ohne viel Erfahrung in den östlichen Gefilden, weder neue Bundesländer noch Balkan, war es ein besonderes Erlebnis auf vielen Ebenen. Der Menschlichen, der Umgebung, selbst das Radfahren in der Gruppe war recht neu für mich, und jedes Gespräch mit dem/der Nebenmann/frau interessant.

Wenn man offen ist für alles und auch Spaß an Menschen hat und nicht nur stur des Rennradfahren wegen Reisen will, Andere und Anderes spannend findet, dann kommt man hier sicher auf seine Kosten. Wenn man wie die meisten Teilnehmer im Osten groß geworden ist, sportlich ambitioniert war und ist, den Balkan aus sozialistischen Zeiten kennt, dann ist es vermutlich eine Nostalgie-Reise, bei der man vieles wiederfindet. Angenehm ist das man sich wirklich um nichts kümmern muss, die Touren, auch für mich als mäßig trainierten, gut machbar waren und neben dem Sport auch Landschaftlich, kulturell und gesellschaftlich viel zu hohlen war.
 

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Re: Bulgarian Cyclingtour / Erfahrungsbericht
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