Meinst Du, dass die Analyse in jeder Richtung belastbar ist & am Unfall beteiligte Handys ausreichend oft genannt werden? Oder willst Du darauf hinaus, dass das Gerede von der Gefahr durch Handy-Ablenkung erst mal mehr Vermutung als Ergebnis von Unfallforschung ist?
Letzteres. Ebenso wird in der Berichterstattung regelmäßig „Ablenkung“ und „Handy in der Hand halten“ gleichgesetzt, obwohl den Autoren klar sein muss, dass das eine nur eine eher kleine Teilmenge des anderen sein kann. Das pädagogisch motivierte Herumreiten auf dem Smartphone als Faktor halte ich v.a. deshalb für kontraproduktiv, weil damit die vielen anderen Ablenkungsquellen zu Unrecht als vermeintlich eher ungefährlich aus dem Fokus geraten.
Die Einwände, die im Vergleich zur berichteten Anzahl an Handyverstößen sehr kleine Zahl in den publizierten Unfallmeldungen auftauchenden Fällen von Smartphonegebrauch seien darauf zurückzuführen, dass der Tatbestand entweder bei der Unfallaufnahme übersehen oder in der Berichterstattung verschwiegen wird, sind gleichwohl berechtigt. Letzteres, also das Weglassen der Handynutzung bei der redaktionellen Bearbeitung der Unfallmeldungen, halte ich im Lichte der zahlreichen Anti-Handy-Kampagnen der Polizeibehörden für extrem unwahrscheinlich. Wenn der Umstand bekannt wird, wird er IMO auch aus pädagogischen Gründen zu
100% an die Öffentlichkeit weitergegeben. Offen bleibt also nur die Frage, wie hoch die Dunkelziffer er unregistrierten Handyverstöße bei Radunfällen ist.
Zur näheren Analyse habe ich einmal die Altersverteilung von PKW-fahrenden Unfallgegnern ausgewertet. Hypothese: spielt Handygebrauch eine prägnante Rolle, sollten Autofahrer bis 40 Jahren eine signifikant größere Rolle als Unfallgegner spielen. Boomer und Rentner haben sicher viele Macken, aber Chatten oder Facebook beim Autofahren gehört da ganz sicher nicht zu.
Ergebnis: in geschlossenen Ortschaften sind die je Altersjahr der PKW-Führer gezählten Fälle relativ homogen (Bild 1). Außerorts zeigt sich eine etwas stärkere Gewichtung zu Lasten der jüngeren PKW-Führer (Bild 2). Die 50er-Perzentile liegt hier um ca. 5 Jahre unter dem innerörtlichen Wert. Das nährt den Verdacht, dass zumindest im Freiland das Smartphone durchaus eine Rolle als übersehene Unfallursache spielen könnte. Der Vergleich der aufgrund der Fahrlinien der Gegner rekonstruierten mutmaßlichen Schuldverteilung außerorts zeigt allerdings (Bild 3 und 4), dass der Anteil jüngerer Fahrer bis 40 bei Hauptschuld PKW eher unterhalb des Anteils jüngerer Fahrer bei Hauptschuld Fahrrad liegt. Aufgrund dieser Verhältnisse sehe ich den Verdacht, Smartphones im PKW seien für Radfahrer ein übersehener Risikofaktor, für extrem unwahrscheinlich. Der höhere Anteil jüngerer Fahrer als PKW-Gegner außerorts dürfte vielmehr auf der außerorts größeren Quote dieser Kohorte als Fahrer beruhen.