Hallo zusammen,
zuerst möchte ich eines vorwegnehmen: Ich schätze die Arbeit des Orga-Teams wirklich sehr. Ihr macht das alles komplett in eurer Freizeit, steckt viel Zeit, Mühe und Herz in dieses Format, und ohne euch würde es diese Rennserie überhaupt nicht geben. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
In den letzten Tagen waren wir im regen Austausch, und ich habe versucht, meine Werte und Hintergründe so transparent wie möglich darzulegen (ja, ich bin auch vom Datencheck betroffen gewesen). Dabei wurde mir unter anderem erklärt, dass meine Indoor-Werte in einem Bereich liegen würden, den normalerweise World-Tour-Profis erreichen, basierend auf sehr validen Daten aus wissenschaftlichen Untersuchungen und von World-Tour-Coaches. Ich möchte dazu sagen, dass ich diese Datenbasis nicht kenne und deshalb schwer einschätzen kann, worauf sich diese Aussage genau stützt. Aus meiner Sicht und anhand der allgemein bekannten Vergleichswerte wirkt das für mich allerdings nicht passend, denn meine langfristigen Leistungen bewegen sich eher im normalen Amateurbereich. Auf eineinhalb bis zwei Stunden fahre ich etwa 3,3 bis 3,7 W/kg. Zum Vergleich: Top-Bergfahrer wie Pogačar oder Vingegaard liegen auf langen Anstiegen bei deutlich über 6 W/kg, starke WorldTour-Profis im Schwellenbereich bei über 5,3 W/kg, und selbst ambitionierte Elite-Amateure kommen meist höher als ich. Aus diesen Gründen fällt es mir schwer, mich selbst in diese professionelle Kategorie einzuordnen.
Auch der Vergleich von Hubschraubär (seine bekannten Athleten fahren 40er Schleifen) ist interessant, aber man darf dabei nicht vergessen, dass Indoor und Outdoor ganz unterschiedliche Bedingungen darstellen. Outdoor fahre ich grundsätzlich solo, ohne Rennfokus, mit Wind, Verkehr und Unterbrechungen – deshalb gehe ich draußen praktisch nie ans Limit. Trotzdem habe ich dem OrgaTeam Fahrten gezeigt, in denen ich alleine 34 bis knapp 35 km/h gefahren bin; unter echten Rennbedingungen, mit Windschatten und/oder anderen Fokus wäre entsprechend mehr möglich; das werde ich auch nach der Winterpause intensiv testen. Indoor hingegen fahre ich im Rennen unter konstantem Druck, ohne Pausen – das erklärt die Unterschiede ganz logisch. Meine Maximalsprints liegen drinnen und draußen (ich fahre gern Strava-Segmente) nahezu gleich, was für mich ein klares Zeichen ist, dass das Setup korrekt misst. Mein Trainer ist kalibriert, die Firmware aktuell, alles stabil – mehr kann ich objektiv nicht tun.
Trotz aller Erklärungen ist mir bewusst geworden, dass meine Werte für einige dennoch nicht stimmig erscheinen. Und wenn Misstrauen im Raum steht, fährt man nicht mehr frei. Jede und jeder, der schon mal mit echtem Kampfgeist unterwegs war, weiß, dass man unter solchen Voraussetzungen weder mit klarem Kopf noch mit Freude starten kann. Deshalb ziehe ich mich aus den RRN-Rennen zurück – nicht aus Ärger, sondern aus Ehrlichkeit mir selbst gegenüber. Ich möchte niemandem den Spaß nehmen und auch selbst nicht mit dem Gefühl fahren müssen, permanent unter einem Fragezeichen zu stehen.
Ich werde künftig wieder mittwochs ganz normal das Abendbrot mit meiner Familie und sonntags das gemeinsame Mittagessen einnehmen – so wie es eigentlich sein sollte und wie ich es früher auch gemacht habe, bevor ich zu diesen Zeiten die Rennen gefahren bin. Danach werde ich weiterhin einfach entspannt für mich fahren, ohne Druck und ohne Rennstress – nur aus Freude am Radfahren.
Lasst uns bitte nicht im Streit auseinandergehen. Wir alle können froh sein, überhaupt noch Rennrad fahren zu können. Dieses Glück ist nicht jedem vergönnt, und es gibt im Leben deutlich größere Themen als einen virtuellen Wettbewerb, bei dem es am Ende um nichts weiter geht als gemeinsame Freude am Sport.
Aber etwas möchte ich zum Abschluss loswerden:
Gleich zu Beginn der Diskussion war ich über einen Beitrag von
Radologe wirklich erschrocken. Dort hieß es sinngemäß:
„Kannst solche Wattwerte draußen auch fahren oder nicht? Falls ja, weis es nach, falls nein, mach jetzt nicht einen auf Opfer.“
Solche Formulierungen empfinde ich als unsachlich und deplatziert. Das hat mit einem fairen, sportlichen Umgang nichts zu tun und trifft hier Menschen, die einfach in ihrer Freizeit Spaß haben möchten. Mit solchen Zuschreibungen – gerade wenn jemand in eine „Opferrolle“ gedrängt wird – habe ich persönlich große Schwierigkeiten. So etwas gehört meiner Meinung nach nicht hierher und trägt auch nicht zu einer respektvollen Atmosphäre bei, die eigentlich alle verdient haben.
Vielen Dank euch allen. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg, Spaß und schöne Rennen.
Ich möchte hiermit nichts mehr entfachen, sondern nur transparent erklären, warum ihr mich bei den RRN-Rennen künftig nicht mehr sehen werdet. Lebt erstmal wohl – und vielleicht begegnen wir uns irgendwann einmal auf der Strecke.
Edit: Und korrekt... der Jens hat völlig Recht. Wir wurden nicht disqualifiziert, so steht es auch in der Nachricht. Es geht ausschließlich um das Hinterfragen der Werte.