Okay, wenn das hier sowieso schon zur Beispielsammlung für Mädchenräder wird, dann will ich auch mal...
Als erstes das Van Tuyl. Hatte ich vor vielen Jahren für eine ehemalige Freundin gebaut (und lackiert), die exakt genauso groß ist, wie ich (und hatte eine Verstellmöglichkeit mit VRO-Klemmen für den Lenker verbaut, um das Rad auch gelegentlich fahren zu können).
Etwas längere Beine, etwas kürzere Arme, kleine Hände, seit vielen Jahren begeisterte Alltags- und Reiseradlerin und von daher keine Probleme mit Fahrstil, Ausdauer, Kraft, Rennsätteln, Klickpedalen und der Bedienung von Kettenschaltungen (was meiner Erfahrung nach bei Frauen sonst sehr verbreitet ist). Die kleinen Hände hatten wir mit Specialized-Spacern zu Einkleben in die Griffkörper sehr gut ausgeglichen; die Dreifach-Kurbel war eher eine Spielerei von mir und war von Anfang an mit ganz eng gestufter Kassette geplant, was bei einer bestimmten Nutzungsweise auch Sinn ergibt. Für dieses Rad musste ich außer dem Rahmen (furchtbar billig bei
ebay wegen unscharfer Handyfotos und mattroter Pinsellackierung) und den
Felgen nur ein paar Kleinteile kaufen; die Dame hat alles komplett bezahlt und sich riesig über dieses Rad gefreut; die Farbgebung hat sie sich weitgehend selbst ausgedacht. Sie wollte unbedingt mal ein Rennrad haben.
Gemeinsam gefahren sind wir ganze drei Mal, sie selbst hat das Rad vielleicht noch weitere fünf bis zehn Mal benutzt, dann landete es als eine Art Ausstellungsobjekt in ihrer Wohnung und später im Haus ihres nächsten Freundes, bis sich ein weiterer Nachfolger einstellte, der kein Haus und folglich weniger Platz hatte. Also bekam ich das Ding zurück. Als ich anbot, es zu kaufen, einen breiteren Lenker dranzubauen und selbst zu fahren, lehnte sie das erstaunt ab - offiziell darf ich also seit über drei Jahren nur auf das Ding aufpassen und es pflegen, aber selbstverständlich hat sie nie wieder danach gefragt und ich fahre es regelmäßig. Als Krönung habe ich mir irgendwann posthum noch den Vorwurf eingehandelt, dass ich ihr mit diesem Rad meine Sichtweise hätte aufdrücken und sie manipulieren/unter Druck setzen wollen. Haha.
Bei meiner derzeitigen Freundin war das allerdings wirklich ein wenig so, weil sie Radfahren bislang gehasst hat und Fahrrädern generell so gar nichts abgewinnen konnte. Kein Wunder, wenn das einzige Rad, das sie je hatte, ein tonnenschweres Citybike mit Nabenschaltung und unmöglicher Sitzposition ist, und obendrein viel zu groß. Da passte es, dass @
colnago111 den winzigen, überaus hübsch gefertigten Centurion gerade übrig hatte und ich eine größere Teilesammlung, mit der ich ein technisch durchaus modernes Rad aufbauen konnte. Der Mix aus Superbe Pro, Dura Ace und Ultegra 10-fach funktioniert übrigens ganz hervorragend und das Ding bleibt trotz einiger unmöglicher Anbauteile und der schweren Räder gerade so eben noch unter 10 Kilo.
Meine Freundin ist mit 1,63 m eher klein, hat aber verhältnismäßig lange Beine, was die Sache schwierig macht, weil man dafür keinen sinnvollen Rahmen mit 28er Rädern mehr bauen kann. Der Centurion ist eigentlich 2 cm zu niedrig, aber fast 4 cm zu lang und das ganze Rad ist eigentlich nur zum Ausprobieren gedacht, aber es macht ihr großen Spaß und sie ist immer wieder erstaunt, wie leicht ein Fahrrad rollen kann und wie schnell man damit wird.
Ansonsten zeigte sich das leider Vollbild der radfahrenden Frau: Immer gleich in den größten Gang schalten, Angst vor Klickpedalen, weitgehendes Unverständnis für die Funktion der Schaltung, panische Angst vorm
Bremsen und die typische "Frauenschonhaltung" mit nach hinten gekipptem Becken, Katzenbuckel, hochgezogenen Schultern und durchgedrückten Armen. Mit der Übersetzung 48/38 mit 12-27 kommt sie als ansonsten sportlicher Mensch aber auch bergauf problemlos zurecht, sofern der passende Gang gefunden wird. Die Schonhaltung samt tagelanger Nackenschmerzen haben wir erstaunkich schnell in den Griff bekommen und gegen die Angst Zusatzbremshebel montiert (die seitdem nicht mehr genutzt wurden), aber beim
Sattel musste ich mich nach einer längeren Testreihe schließlich geschlagen geben. Thomas dazu: "Welcher
Sattel?? Das ist kein
Sattel."
Und die "wunderschönen
Reifen", womit sie die kompletten Räder meint, darf ich keineswegs gegen wesentlich leichtere tauschen, die ich zwischenzeitlich gebaut habe.
Das einzige echte Problem bleiben aber ihre winzigen Hände: Selbst mit Spacern in den Griffkörpern und dem Modolo-Frauenlenker, der die STI nochmal 1 cm näher an den Lenker bringt, kommt sie gerade so eben dran, während die Hebel bei ordentlicher Bremskraft schon beinahe an den Unterlenkerbögen anliegen.
Von Vorwürfen oder Genörgel aber bislang keine Spur und das Ding wurde zumindest im letzten Sommer ausgiebig und mutig benutzt.