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Reisebericht /// Budapest-Transalpina-Bukarest

firlie

FRODO is alive ! Beware !
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… und das traurige Ende von Travel-Steve

1021 Kilometer / 5500 Höhenmeter
Strecke auf Komoot: https://www.komoot.com/de-de/tour/2414018906


ACHTUNG ! Ab Kilometer 125 bis Kilometer 140 ist die Strecke durch feinsten, zentimeterhohen, losen Sand mit einem Fahrrad nicht fahrbar !!!

Die Strecke für meine 12te RadFernReise hatte ich im Herbst 2019 schon einmal durchgeplant, wollte sie im Sommer 2020 fahren. Doch Anfang 2020 kam „Corona“ und damit das Aus für dieses Vorhaben ! Nun, 5 Jahre danach, die Neuauflage der Strecke, die ich allerdings um gut 350 km erweitert habe, ich will bzw. wollte bis ans Schwarze Meer, nach Varna. Unterkünfte, Flug und Bahn habe ich schon im Vorfeld gebucht, die ersten 3 Tage würde ich mit meiner Tochter in Budapest verbringen.

Von Anfang an steht diese Reise unter keinem guten Stern. Bei der Anreise nach Budapest frieren wir nachts vor der Abfahrt des Zuges bei über 90 min Zugverspätung auf dem Bahnsteig in Dresden, was für mich ein übles Nachspiel haben wird, die Zugfahrt dauert dann anstatt 12 über 17 Stunden, und wir sind erst abends im Hotel.

Die so auf 2 Tage zusammengeschrumpfte Budapest-Sightseeingtour mit meiner Tochter wird allerdings wunderschön – es wird die schönste Zeit dieser Reise !
 
Zuletzt bearbeitet:
Budapest - Kecskemét / 113 km / Freitag, 4.7.2025

Nach den erwähnten 2 Tagen Budapest-Sightseeing starte ich am Freitag mit meinem zum Reiserennrad umgebauten „Travel-Steve“ in die Ungarische Tiefebene.

Meine Tochter erlebt derweil auf der Heimfahrt nach Dresden eine weitere Zug-Odyssee. Verspätete Abfahrt des Zuges aus Budapest, unterwegs noch mehr Zugverspätung, und in Prag wird der Zug ganz aus dem Verkehr gezogen. An diesem Abend wird kein Zug mehr Richtung Dresden fahren, die Passagiere stehen vor dem Nichts, müssen sich kümmern !!! Doch davon bekomme ich erst mal gar nichts mit.

Als ich gegen 8 Uhr aus Budapest raus bin ist da wieder dieses altbekannte Knacken im Bereich des Hinterrades zu hören, das deprimiert ungemein. Es geht zunächst an einem Seitenarm der Donau entlang, durch einige Dörfer, dann lande ich schließlich auf langgezogenen Landstraßen, die für die nächsten 3 Tage mein Los sein werden.







Die Gegend ist flach, bietet nicht viel Abwechselung. Gegen 14 Uhr bin ich im Hotel in Kecskemét, lege mich, nach einer Dusche, erst mal hin. Beim Erwachen spüre ich einen Druck im Hals, der sich wenig später als Erkältung entpuppt. Das ist quasi das Ergebnis des Frierens auf dem Bahnhof und ich werde für die nächsten 3 Tage damit zu kämpfen haben.


Meine Unterkunft für die erste Nacht in Kecskemet


Ja, war ganz lecker :-)

Meine Tochter schlägt sich tapfer, nimmt geistesgegenwärtig in Prag den Flixbuss und ist so gegen 20 Uhr in Dresden.
 
Kecskemét - Szeged / 119 km / Samstag, 5.7.2025

Im Spiegel guckte mich heute früh einer mit dunklen Augenringen an, der aussah, als hätte er 2 Tage und Nächte durchgesoffen.
Mich hats erkältungsmäßig ganz schön erwischt - das Ergebnis der Warterei auf den Zug in Dresden !


Die Vorfreude auf die Bugac-Puszta, einem Stück geschichtlicher Vergangenheit der Großen Tiefebene Ungarns, war groß, doch enttäuschender Weise sehe ich überhaupt nichts davon.

Dazu kommt, dass ich schon 15 km hinter Kecskemét ein Desaster erlebe. Nach wunderbar geteerter Straße stehe ich plötzlich vor einem Sandweg, den ich zunächst zu umfahren versuche, das abbreche, wieder zurück auf den Originalweg fahre und dort wenig später auf einem 5 Kilometer langen Weg mit feinstem Treibsand lande - fahren unmöglich, schieben eigentlich auch nicht. Dazu brennt die Sonne von oben.






Die Landstraßen danach sind auch nicht das Wahre, sind wie gestern: ewig lang, flach und langweilig. Ich halte oft, kaufe kalte Getränke.



Szeged bietet Altes und Neues. Wie nach jeder Tagesankunft streife ich ziellos durch Straßen und Gassen.
 
Szeged - Arad / 112 km / Sonntag, 6.7.2025

In der Nacht habe ich mächtig geschwitzt, bin immer wieder wach gewesen. Die Erkältung ! Aber am Abend, in Arad, geht es besser, das Bier schmeckt wieder, was ein gutes Zeichen ist.


Ein Schild mit eindeutiger Ansage !




Die ganze Tagesstrecke erneut diese endlos langen, geraden Landstraßen. Ich wusste, dass es nicht besonders interessant werden würde, aber das und der aufkommende Gegenwind ziehen mich dermaßen runter, dass ich mehrmals daran denke alles hinzuschmeißen. Es ist eine saublöde Angewohnheit, der ich seit 12 Jahren anhänge, nämlich während meiner Radreisen immer von einem markanten Punkt zu einem anderen zu gelangen, egal was mich dabei erwartet. Aber diese 3 Tage hier sind der Gipfel der Enttäuschung, und ich werde künftig anders planen.


Das sieht doch lecker aus !!! Am liebsten hätte ich eins gekauft und mitgenommen - aber wohin damit ?


Hier muss ich lachen, denn das kann fast nicht sein: kurz vor der rumänischen Grenze, auf einer Dorfklitsche eine winzige Kneipe mit "Radeberger Bier" :-)


Grenze zu Rumänien


Die Monotonie geht weiter :-(




Einfahrt in ARAD / Rumänien


In Deutschland undenkbar, in Ungarn und Rumänien Standart !

Die letzten 30 Kilometer schleppe ich mich nur noch, halte oft, hole frische, kalte Getränke - das ist das, was mich halbwegs am Leben hält.
Ich bin jetzt in Rumänien, habe eine Stunde Zeitverschiebung, was ich nicht auf dem Schirm hatte.





Arad, wo ich übernachte, ist nicht zum Verlieben aber auch nicht hässlich.
 
Arad - Făget / 109 km / Montag, 7.7.2025

Die erste schöne und abwechslungsreiche Etappe !
Nachts noch Gewitter und Regen, dann frühs gegen 7 Uhr Start. Schnell bin ich aus Arad raus, finde aber die Einfahrt zum Radweg nicht und beschließe, auch wegen eventuell verschlammter Wege, die Straße zu fahren und somit abzukürzen. Es geht immer wieder hoch und runter, ich fahre durch einige Dörfer, die von deutschen Siedlern gegründet wurden, früher deutsche Namen hatten. Das macht Spaß, ist abwechslungsreich. Hinter Arad sehe ich die ersten Ausläufer der Karpaten und es kommt das lästige Problem der unsagbar vielen Hunde Rumäniens auf mich zu die, als Kleinhund ausgesetzt, später als Streuner durch die Gegend wandern, oder als Hüttenhund angekettet auf Ewigkeit ihr Dasein fristen, oder die schlimmste Sorte, die als freilaufende Hofhunde aus den Hofausfahrten geschossen kommen, dir kläffend nachrennen, nach dir schnappen und du nich weißt, ob du gleich einen an der Wade hängen hast.
Es ist freilich nicht so, dass an jeder Ecke so ein Köter wartet, aber diese 4-5 Attacken währende eines Tages sind total lästig, sie versauen mir das Erleben der Fahrt total.

Die friedliche Variante, weil noch jung und wohl noch nicht so lange "ausgesetzt" - die nächsten Ortschaften liegen kilometerweit entfernt.


Nach 3 Tagen Monotonie ein für mich überwältigender Anblick: Die Ostkarpaten grüßen aus der Ferne !


Zabrani - Guttenbrunn / 1724 von deutschen Ansiedlern gegründet


Überraschungen gibts immer mal wieder :-))


Der Fluss Mureș (deutsch Mieresch oder Marosch), dem ich ab Arad mehr oder weniger stromaufwärts gefolgt bin, ist nicht sauber und nicht schmutzig. Wenn ich ihn sehe ist er meist ursprünglich, so wie hier zwischen Arad und Deva. Am Steilufer gegenüber nisten Uferschwalben, im trüben Wasser sehe ich Fische.


Ein bisschen Ursprünglichkeit, nach der ich in Osteuropa oder auf dem Balkan immer suche, gibts dann doch hin und wieder.

In Birchiș (Birkisch), kurz vor der Auffahrt zum Berg, der mich vom Tagesziel Făget trennt, kaufe ich nochmal kalte Getränke, unter anderem auch eine Büchse Bier. Und die läuft runter wie Öl, schmeckt himmlisch - ich weiß jetzt, die Erkältung ist Geschichte ! Der besagte Berg ist dann eine echte Herausforderung, auch wegen der schwülen Luft.


Der "Berg" ist überwunden, es geht hinunter nach Făget.


Einfahrt nach Fäget


Frühstück lass ich mir von den Unterkünften al "to go" meist mitgeben. Enttäuschungen sind dann ab und an auch dabei :-)
 
Făget – Geoagiu Bai / 113 km / Dienstag, 8.7.2025

Ziemlich frisch heute Morgen, aber es fährt sich herrlich. Im ersten Drittel der Tagesstrecke rolle ich mit Begeisterung durchs Hinterland - diese Ausblicke, diese Natur, diese Ursprünglichkeit ! Leider ist man dabei einen Teil davon zu zerstören, eine Autobahn wird mittendurch gebaut.


Auch das ist in Deutschland undenkbar: die öffentliche Straße führt mitten durch die AutobahnBaustelle, links und rechts und mittendurch fahren in einem Affenzahn Laster und andere Baustellefahrzeuge.



Ja, durch solch eine Landschaft ists ein angenehmes Radeln !!


Die Brücke über den Mures


In Dobra will ich mir im Supermarkt Gebackenes zum Essen kaufen. Blätterteig lächelt mich an, doch großer Reinfall, denn der ist mit Pilzfüllung und das schmeckt überhaupt nicht. Auch Kaffee gibt es nicht, denn die Maschine ist kaputt. Bei Săcămaș quere ich über eine abenteuerliche Brücke den Mures, und in Deva - eine größere Stadt - wirds hektisch, ich fahre schnell weiter. Danach immer wieder schöne Ausblicke ins Land und auf den Fluss.


Ein Hundeleben !!!


Desolate Industrie am aufgestauten Mures, kurz vor Deva.


Malerisch - der Fluss Mures bei Deva.


Gern wäre ich mal hochgestiegen, aber die Zeit lässt es nich zu - der Berg Magura bei Deva
 
Kurz nach Mittag bin ich in Geoagiu, sehe hier mein erstes Zigeunerdorf. Kinder spielen ungezwungen im Fluss, fangen mit einer alten Gardine kleine Fischchen. Mir schießt sofort die Frage durch den Kopf, ob DIE wohl glücklicher sind, als unsere überzivilisierten, größtenteils auf dem Handy dattelnden Kinder. Als ich ein Foto mache bemerken die das sofort, kommen sofort schreiend auf mich zu gerannt. Ich mache schnell, dass ich weiter komme, hatte in einem Bericht gelesen, dass anderen in solcher Situation die Taschen vom Rad gezogen wurden …







Der ausgewiesene Radweg hoch nach Geoagiu Bai, meinem Tagesziel, entpuppt sich als steile Schotterpiste, die nicht fahrbar ist, ich schiebe wieder mal.

Auf Geoagiu Bai hatte ich mich gefreut - ein Kurort mit vielen Hotels, ein Wasserfall, eine alte römische Therme, eine Höhle sind zu bestaunen und ein Thermalbad gibts als Attraktion. Leider ist das einzig Brauchbare das Thermalbad, weswegen die wenigen Menschen hier sind. Von den vielen Hotels scheinen etliche leer zu stehen. Meins ist außen hui und innen eher pfui. Beim Abendessen in einem Restaurant bin ich der einzige Gast und es fängt auch noch an zu regnen. Zu guter Letzt wird bis nachts um 11 im Hotel wegen einer defekten Abwasserleitung herumgehämmert. Kurzum, ich bin sehr enttäuscht, dabei hatte der Tag so schön begonnen !



Der Wasserfall in Geoagiu-Băi ....




... die römische Thermalquelle (auf dem Bild so, wie man denkt, dass es hier mal aussah)
Alles ist frei zugänglich, kostet nichts, aber ich bin von keinem richtig angetan.
Ich hatte gedacht, es wäre ein riesen Ding hier, aber dem ist nicht so. Möglich, dass man hier zu "Roten Zeiten" einen Touristenort aufbauen wollte oder das sogar getan hat, bzw. es wieder tun will. Es gibt einige Touristen, die vergnügen sich im Thermalbad, das von außen nicht einsehbar ist. Als der Regen kommt, sind alle ruckzuck in einem der vielen Hotels verschwunden, von denen aber auch viele leer zu stehen scheinen.
Der Park oberhalb ist ungepflegt, eine verkommene Ruine in römischen Stil schließt sich an, dann folgt die Einsiedlerhöhle, wo man am Abhang Bauschutt ins Bachtal kippt - Schade, ich bin mehr als enttäuscht !

 
Geoagiu Bai - Tau Bistra / 88 km / Mittwoch, 9.7.2025

In der Nacht wälze ich mich, kann nicht gut schlafen, Frühs dann null Bock Stimmung und ich könnte weiterpennen, auch in Anbetracht dessen, dass es geregnet hat, jetzt kurzzeitig trocken ist, und die Voraussichten ab Sebes, an der Einfahrt zur Transalpina, schlecht sind, denn dort soll es erneut anfangen zu regnen.


Auf in einer neuen Tag !




Immer wieder mal Abwechslung in Form schöner Landschaftsformationen.


Hier kommt mir 2facher Ärger entgegen !!!


Bis Sebes (Mühlbach) geht es über Dörfer in denen mich erneut mehrmals Hunde attackieren. Als es vor Sebes mit regnen anfängt, beschließe ich, die dortige "Rote Schlucht" (Râpa Roșie) wegzulassen. Das bedaure ich sehr, denn es wäre ein Highlight meiner Reise gewesen.


Sebes - früher Mühlbach. Man beachte die Aufschrift hinten am Schulgebäude !


Die Auffahrt der Transalpina beginnt leicht, ich fahre sogar im großen Kettenblatt. Umso höher die Reise geht, umso %iger werden dann aber die Steigungen. Dazu der Regen, der stetig zunimmt. Ich habe, verwöhnt von den letzten sommerlichen Reisen und der "weisen" Voraussicht, dass es hier wohl eher warm bis heiß sein würde, nur eine Regenjacke mit - und das werde ich sehr bald bitter, sehr bitter bereuen !!!


Ein Wasserfall bei der Auffahrt, an dem wohl fast alle "Motorisierten" vorbei fahren.


Als ich gegen 13 Uhr im Hotel Popasul Regelui in Tau Bistra ankomme bin ich klatschnass und friere. Ins Zimmer darf ich erst 14 Uhr, trinke derweil einen heißen Tee.
Mein Hotelzimmer ist neu, allerdings ist die Dusche falsch konzipiert, der ebene Einstieg hat kein Gefälle und das Wasser fließt ins Zimmer, was ich aber zu spät bemerke. Aber ich ziehe nach dem Duschen erst mal alles an, was ich habe, verkrieche mich ins Bett um mich aufzuwärmen.
Hotel und Restaurant sind aber sehr gut, vor allem über das Abendessen kann ich nicht meckern !

 
Tau Bistra - Baia de Fier / 98 km / Donnerstag, 10.7.2025

Frühs, vorm Losfahren, ist etwas wenig Luft auf dem Hinterrad. Ich denke, pumpste bissel drauf, das kann nicht schaden. Als ich das Ventil aufschraube ist ruckzuck die ganze Luft raus.
Doch nun kommt der eigentliche Hammer: ich bekomme mit meiner kleinen Handpumpe keine neue Luft drauf. Durch die erst neu eingebaute Hochfelge ist das Ventil des alten Schlauches zu kurz, die Pumpe kann das Ventil nicht fassen.
Dabei hatte ich extra eine neue Pumpe zum Aufschrauben gekauft, doch die liegt daheim. Ich bin am Verzweifeln, fluche vor mich hin. Da kommt, wie ein Geist, plötzlich ein älterer Einheimischer um die Ecke, beguckt sich die Sache. Ich frage ihn mit Handsprache nach einer Ständerpumpe, und das nächste Wunder geschieht. Er dreht sich um und kommt nach einer Minute mit einer solchen zurück. Ich bekomme Luft auf den Reifen und kann mein Glück nicht fassen !
Leider ist damit das Glück für diesen Tag auch aufgebraucht. Denn was ich die nächsten Stunden erlebe, wäre fast mein Ende gewesen.


Der Oașa-Stausee, auf 1255 Metern gelegen, den ich nach 17 Tageskilometern erreiche. Hier regnet es schon ganz schön und ist kalt. Die nächsten Kilometer geht es leicht abschüssig weiter, ich mache ordentlich Speed, aber gerade das kühlt mich total aus. Eine lange Regenhose habe ich nicht mit, das Wasser läuft von oben in die Füßlinge, die Schuhe sind bald mit Wasser vollgesogen.



Die Auffahrten werden immer steiler. Irgendwann bin ich auf dem ersten Gipfel in der Nordauffahrt der Transalpina, dem Pasul Tartarau, der mit ca. 1700 Metern angegeben wird. Und ab jetzt geht es an meine Substanz, denn es geht wieder runter, auf 1350 Meter. Ich kühle auf diesen 10 Kilometern noch mehr aus und der Regen wird immer mehr. In der Talsenke ziehe ich trockene Strümpfe an, esse einen Riegel, friere mich etwas warm und begebe mich an den finalen Anstieg der beiden letzten Gipfel der Transalpina, die mich über die Südkarpaten bringen soll.


Nach der Talsohle vom Pasul Tartarau fahre ich 13 Kilometer steil bergauf bis zum 2ten Gipfel, der Cărbunele, die in 1150 Metern Höhe liegt. Noch vor der Baumgrenze kommt der Nebel, Sicht keine 20 Meter mehr. Im Freien peitscht dann der Wind den Regen derart von der Seite, dass die Sicht durch die Brille wie Milchglas ist. Ich friere wie noch nie im Leben und zittere vor mich hin. Nach jeder Böe denke ich: schlimmer kanns jetzt nicht mehr werden. Doch der liebe Gott haut immer noch einen drauf ! Dazu ist es so steil, dass ich schieben muss. Das alles hatte ich im Vorfeld nicht auf dem Schirm, hatte von einer sonnigen Auffahrt mit kurzer Kleidung und herrlicher Landschaft geträumt - und nun das hier !








Wie der Hund von Baskerville sind sie plötzlich aus dem Nebel aufgetaucht. Gott sei Dank sind sie friedlich, rennen zuerst zu den Campern, wissen und erhoffen sich von denen Futter.





Endlich !
Fast unscheinbar klebt dieses Schild am Fels (man fährt fast dran vorbei): der höchste Punkt der Transalpina mit 2145 Metern. Ich zittere am ganzen Leib, aber nicht vor Freude, sondern vor Kälte. Wie zum Hohn kommt jetzt von der Südseite die Sonne durch die Wolken. Wieder leiste ich tausend Schwüre, sage: -firlie-, du bist so saudämlich und leichtsinnig (ohne die besagten langen Regenklamotten loszufahren) , das hier ist Hochgebirge - so etwas machst du nie wieder !




Von solchen Bildern hatte ich auf der ganzen ! Transalpina geträumt, wenigstens sehe ich sie auf der Südseite.


Blick zurück in die Nebel- und Regensuppe aus der ich kam, durch die ich durchgefahren bin !






Die Abfahrt auf der Südseite ist dann wesentlich kürzer als die Auffahrt der Nordseite, scheint mir aber auch steiler. Aber es wird mit jedem Meter gefühlt wärmer – ich taue wieder auf, ziehe Stück für Stück meine Kleidung aus, so dass ich in Novaci wieder in kurzem Gewand fahre. In Ranca und Novaci attackieren mich erneut Hunde, die mich schon von Weitem erspähen, mir in einem Affenzahn entgegenkommen. Doch glücklicherweise habe ich genug Abfahrt-Schwung, bin schneller als sie.


Von Novaci, wo ich die Transalpina verlasse, bis zur Unterkunft, der Pension Xinela in Baia de Fier, sinds noch mal hügelige 10 Kilometer. In der Pension erlebe ich dann Gastfreundschaft pur. Eine alte Dame um die 70, die in einer Tour rumänisch plappert, kein anderes Wort in einer anderen Sprache versteht, schmeißt den ganzen Laden. Mit Hilfe der Tankstellenbetreiberin, die daneben auf Kunden wartet, verständigen wir uns irgendwie mit ein paar Brocken Englisch und dem Übersetzer auf dem Smartphone. Alles ist herzlich, und am Abend wird mir die alte Dame eine leckere handgemachte Pizza bereiten. Ein Hoch auf diese Unterkunft, die die schönste auf dieser Reise war.

Aber nichts an dieser Pension ist abgeschlossen! Weder meine Wohnung (kein Schloss funktioniert) noch der kleine Imbissraum, der mit allerlei Waren und der Kasse !!! für jeden zugänglich ist. Zweimal gehe ich dort ein und aus um etwas zu fragen, die alte Dame ist nirgends, auch nicht mit lautem Rufen zu erreichen. In Sachsen würden wir sagen: „Der hätteste die ganze Bude ausräumen können, das hätte keiner gemerkt !“
Diese Begebenheit - welche Ironie zu dem, was mir in Bukarest passieren wird !


Baia de Fier


Haus-und handgemachte Pizza - das war total lecker !!!
 
Baia de Fier - Curtea de Argeș / 116 km / Freitag, 11.7.2025

Da war vorher schon ein bisschen Angst vor dieser Etappe, die mit sehr vielen Hügeln und Höhenmetern bestückt ist. Deshalb hatte ich noch eine andere Route vorbereitet, denn ich wusste nicht, wie es mir körperlich nach der Transalpina gehen würde.
Aber alles halb so wild. Nachts bin ich immer wieder durch das Gekläffe der Dorfhunde aufgewacht, die partout keine Ruhe geben wollten. Fing einer am Dorfanfang an zu bellen, setzten die anderen ein, und das zog sich durchs ganze Dorf, was sehr langgezogen ist. Frühs waren die Beine etwas schwer und die rechte Hüfte schmerzte vom Schieben des Rades gestern, aber es fuhr sich gut an, und ich hatte Glücksgefühle, als ich die 3 Steigungen nach 16 Kilometern ganz gut gemeistert hatte. Unterwegs sehe ich viel, werde aber wieder von Hunden attackiert.


Hausbrunnen an vielen Häusern entlang der Strecke


Hier lässt sichs fahren !!!


Ziehbrunnen - in Ungarn hatte ich darauf gehofft, hatte keinen gesehen.


Eins der letzten Bilder von meinem "Travel Steve" mit einem altertümlichen Bruder aus Rumänien. Der alte Mann, der mit diesem zusammengeschusterten Rad kam, das weder Bremsen noch Licht hatte, musterte mit strahlenden Augen mein Rad, fasste hier und da vorsichtig Teile an, schien überwältigt von den Brems- Schalthebeln.


Echte Handarbeit am Wärterhäuschen :-))


Und nochmal etwas Ursprünglichkeit


Einfahrt nach Curtea de Arges - Kühe die selbst dem Schwerlastverkehr trotzen !!!


Die Pension "Montana" bietet ein ordentliches Zimmer. Argisch ist dann nichts Besonderes, hat eine lange FlanierStraße und eine orthodoxe Kirche, wo ich kurz hineinschaue. Abends kommt Regen. Essen gehe ich in einer Fast Food Kette, die mir leckere Spaghetti Bolognese und ein Bier für 8,70 € verkauft – billig und sehr lecker !


Architektur aus Roten Zeiten, mich tuts begeistern !


Flaniermeile in Curtea de Arges
 
Curtea de Argeș - Bukarest / 157 km / Freitag, 11.7.2025

Für heute habe ich mir kurzentschlossen vorgenommen: wenn du in Găești bist, das sind 80 Kilometer von Curtea de Arges entfernt, dich gut fühlst, dann legst du 2 Etappen zusammen, fährst bis Bukarest durch und gewinnst so einen Tag fürs Sightseeing. Und so kommt es dann auch. Die Strecke ist zum großen Teil leicht abschüssig, ich mache ordentlich Speed, finde, wie durch Zauberwink, in Găești einen Park wo ich mich setze, frühstücke und die Stornierung und Zubuchung vornehme, was mit dem Smartphone wunderbar klappt. Das einzige Tagesproblem ist das Frühstück, was ich mir suchen muss und nicht finde. Nirgends, auch an Tankstellen nicht, gibt es Belegte Brötchen, wie ich das von Deutschland gewohnt bin. Aber letztlich tuts auch ein trockenes Brötchen und eine Packung Käse aus dem Supermarkt. Zwischen Găești und Bukarest viel Landwirtschaft, Kartoffelernte. Die Hunde werden weniger, ich beobachte eine Hochzeitsgesellschaft und habe auch so das Gefühl, hier, auf den letzten Reisekilometern mehr zu sehen, als die ersten Tage. In Bukarest muss ich dann etwas nach dem Hotel suchen, da ich die neue Strecke nicht auf dem Navi habe. Es ist wie in jeder Großstadt hektisch und mir fällt sofort der Kontrast der alten, sozialistischen und neuen Bauten der Stadt auf, die vermischt nebeneinander stehen.


Abschied aus Curtea de Arges - im Hintergrund grüßen die Südkarpaten


Ein herrlicher Morgen !!!


Großverkauf landwirtschaftlicher Produkte vor Bukarest ....


... gleiches in kleinem Stil.

Ich hatte bei der Buchung nach einer sicheren Unterbringung meines Rades im Hotel gefragt, was mir bestätigt wird. Im Hotel stelle ich das Rad, meinen treuen "Travel Steve", in einen großen Raum hinter der Lobby ab. Mir wird erneut von zwei Mitarbeitern versichert, dass es dort "save" ist - und ich bin so naiv und glaube ihnen ...


Mein Schicksals - Hotel das Liad City Center Bukarest - von dem ich hier dringend abrate !!
 
Eine Stadtrundfahrt wird In Bukarest nicht angeboten, zumindest finde ich nichts Derartiges. Deshalb laufe ich viel in der näheren Umgebung umher, zu den "Fontänen", die außer Betrieb sind, gehe weiter zum Parlamentsgebäude, besuche das Museum für Kommunismus, das Nationalmuseum für die Landesgeschichte Rumäniens und das Nationale Kunstmuseum Rumäniens. Alle 3 sind großer Murks, sie haben nicht das, was ich mir vorstelle. Im letzten, im Kunstmuseum, finde ich dann im obersten Stock die Bilder, die ich sehen will, doch da bin ich schon so geschafft, dass es keine Freude mehr macht. Aber Architektur, diese Mischung zwischen ganz alt, alt und neu und das ganze Flair der Innenstadt sind faszinierend, mit nichts zu vergleichen, was ich bisher gesehen habe.



Parlamentspalast Bukarest


Hier geht langsam das Wasser aus !


Patriachalkathedrale in Bukarest


Es gibt ne Menge Gebäude, die sofort meine Blicke auf sich ziehen.


"Lipscani" - Bukarests Altstadt - hier schlendere ich die 2 Tage umher.


In vielen Gebäuden in Lipscani ist unten herum alles aufgemotzt, da tobt der Bär mit Bars, Restaurants usw. Oberhalb fällt das Gebäude auseinander, ist mit Netzen und Folien gesichert.



 
Montagmorgen dusche ich, packe und fahre mit dem Fahrstuhl runter zum Checkout.

Dann der Schock: das Fahrrad steht nicht mehr da !

Zunächst denke ich noch: die Hotelangestellten haben es an eine andere Stelle gestellt, habe aber schon ein ungutes Gefühl. Dann theatralische Suche und Ausleuchten des fast leeren, übergroßen Raumes durch die Rezeptionsdame mit ihrem Handy. Die leuchtet doch wirklich in die hellen Ecken wo offensichtlich nichts steht ! Sehr merkwürdig, wie ich Tage später denke !
Eine halbe Stunde geht dann mit Telefoniererei drauf, sie ruft den und den an, das Ergebnis ist gleich null.
Wir einigen uns, dass die Polizei kommen soll, und die rückt wenig später mit einem halben Dutzend junger Polizisten an.
Das offene Fenster im Raum, das sich in 2 Metern Höhe befindet !!!, wird sofort als als "Fluchtweg" der Diebe festgelegt, man konzentriert sich jedenfalls darauf. Spurensicherung folgt, ich werde aufs Revier gefahren, weil ich einen Polizeibericht für die Versicherung haben möchte. Es gibt jede Menge Sprachprobleme, da ich ja kein Englisch spreche, außerdem verrinnt die Zeit...

Als die Polizei erschien habe ich mich gedanklich schon von meiner Weiterfahrt verabschiedet, plane und suche mit dem Handy nach einer Heimfahrgelegenheit. Letztlich sitze ich gegen 10:30 im Taxi, das mich für 11,- € zum Flughafen fährt.
Ich bin fix und fertig, realisiere alles noch nicht richtig, will nur noch nach Hause.
Mit dem Smartphone und der VISA-Card buche ich dann den Flug und die Rückreise per Bahn, sitze gegen 14 Uhr im Flieger nach Frankfurt und bin gegen 23 Uhr zu Hause.

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12 Jahre habe ich mein Rad bei über 130 Übernachtungen irgendwo stehen gehabt. Und was waren das manchmal für zwielichtige Orte !

Und nun wird mir mein Rad aus einem Hotelzimmer geklaut, dass nur zu erreichen ist, wenn man an der Lobby vorbei läuft. Zudem wurde mir von 2 Angestellten versichert das Rad wäre hier sicher. Sehr mysteriös ist die Tatsache, dass nur die Hotelangestellten wussten, dass mein Rad dort stand ...

Egal ! Mein Rad werde ich nicht wieder sehen, da bin ich mir sicher.
Zu Hause werde ich einige Nächte brauchen um das alles zu verarbeiten.
Aber schon vorher, auf der Rückreise, hege ich neue Pläne: ein neues Rad muss her. Gewalttouren, die ich in den letzten Jahren gemacht habe, um unbedingt von A nach B zu kommen, wird es nicht mehr geben.
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Mit Sicherheit war dies die bisher schlechteste Tour, vor allem wegen der ersten drei langweiligen Tage durch die Tiefebene Ungarns, der vielen Hundeattacken, der verregneten Transalpina, dem Diebstahl meines Rades und dem dadurch erzwungenen Abbruch meiner Reise, die mich bis Varna, ans Schwarze Meer geführt hätte.


In Erinnerung an meinen treuen Begleiter "Travel- Steve" - ein zum ReiseRennRad umgebauter CityFlitzer.
Ein Bild als ER 2014 neu in unserem Hof stand

PS: Meine Versicherung zahlt für das gestohlene Rad.

ENDE - es darf kommentiert werden
:)
 
Danke für den Bericht! Hoffe, dass Du es im Nachhinein trotz allem noch als tolle Reise in Erinnerung behalten kannst.
 
Schöne Fotos, selbst vom Nebel und Regen. Ist natürlich blöd mit dem Rad. Meins wurde mal zwei Tage vor Abreise aus dem heimischen Keller geklaut, machste nichts.

Hoffe, du kannst deinen Frieden damit finden und holst dir ein neues Rad und machst weiterhin solche Touren. Vielleicht nächstes Mal mit alpintauglicher Klamottenwahl...
 
Schöne Fotos, selbst vom Nebel und Regen. Ist natürlich blöd mit dem Rad. Meins wurde mal zwei Tage vor ...
Der Frieden ist da 😊. Aber ab und an geisterts freilich noch im Kopf herum, auch hinsichtlich des Hotelpersonals, bei dem ich zu 100% überzeugt bin, dass zumindest einer von denen in die Tat involviert war.

Das neue Rad ist in Arbeit. Die Strecke für nächstes Jahr in groben Zügen fertig. Die alpentaugliche Kleidung, die ich dann brauchen werde, hab ich schon gut sichtbar positioniert 😁
 
Gute Eindrücke aus Rumänien. Wetterkapriolen,na ja. Die Sache mit dem Radklau ist ärgerlich, aber wolltest Du wirklich noch weiter bis Varna? Der Bericht zeigt nicht viel Freude. Vielleicht bist Du mit falschen Erwartungen losgefahren? Im Nachhinein könnte man die Reise doch vielleicht positiver betrachten. Sind doch gute Bilder entstanden. Weder wurdest Du gebissen, noch hattest Du einen Unfall.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gute Eindrücke aus Rumänien. Wetterkapriolen,na ja. Die Sache mit dem Radklau ist ärgerlich, aber wolltest Du wirklich noch weiter bis Varna? Der Bericht zeigt nicht viel Freude. Vielleicht bist Du mit falschen Erwartungen losgefahren? Im Nachhinein könnte man die Reise doch vielleicht positiver betrachten. Sind doch gute Bilder entstanden. Weder wurdest Du gebissen, noch hattest Du einen Unfall.
Hei @nolen
350km wärens noch gewesen, und ja, ich wollte Montagfrüh eigentlich von Bukarest nach Silistra, danach ans Schwarze Meer nach Tjulenovo und dort an der Küste lang bis Varna, wo ich in den Flieger heimwärts gestiegen wäre.

Sicherlich hat eine negative Erfahrung immer auch was Positives, da hast Du wohl recht. Subjektiv ists nun aber mal so, wie ichs geschrieben habe 😉
Viele Grüsse 😊
 
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