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Reisebericht /// Dresden - Rom / vollständig !!!

firlie

FRODO is alive ! Beware !
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Von Dresden nach Rom


(über Salzburg, die Großglockner-Hochalpenstraße, den Lido von Venedig, das Val d`Orcia )

15 Fahrtage
1600 Kilometer
25.500 Höhenmeter (alltrails)


Die Idee zu dieser RadFernReise entstand aus purer Spielerei am Computer. Wie weit ist es von meinem Heimatort zu bestimmten markanten Orten in Europa ? Rom erschien mir interessant, ich war noch nicht dort gewesen und die errechneten 1400 Kilometer erschienen in 14 Tagen machbar.

Das war zur Jahreswende 20/21. Und das in China geborene oder hergestellte Corona-Virus lief zu dieser Zeit in seiner Ausbreitung mit jedem Tag zu neuen Höchstformen auf, zudem kam es zu Mutationen und wenn man sich in die Medien einklinkte, bekam man das blanke Entsetzen. Keiner wusste so richtig was mit Reisen im Sommer werden würde. Problem zwei war mein rechtes Knie, das ich im letzten Jahr zwar reparieren lassen hatte, bei dem mir nun im Frühling aber von fachärztlicher Seite gesagt wird, dass da weit mehr kaputt war und ist, als nur der Innenmeniskus. Trotz allem beginne ich mit der Planung. Angestachelt durch 2 Freunde baue ich in die Route die Großglockner-Hochalpenstraße ein und wenn schon einmal in der Nähe, dann wollte ich auch ein Stück Toskana sehen. Gesagt soll sein, dass ich, auch bei der Planung meiner 7ten Radreise, die gleichen und blöden Fehler mache wie zuvor. Ich feilsche im Vorfeld auf der Karte um jeden Kilometer, gerate dadurch später in der Praxis auf ein paar Wege, die nicht fahrbar sind oder die es schlichtweg nicht (mehr) gibt. Der größte PlanungsFehler aber war die völlige Nichtbeachtung der Höhenmeter einer Tagesstrecke. Das führte mich auf den letzten Tagen, durch die Toskana, fast in ein Desaster.

Im Mai sinken die CoronaZahlen stark. Zudem habe ich einen Impftermin ergattern können, allerdings ist Impfung 2 genau einen Tag vor meinem Reisebeginn. Es herrscht trotzdem Aufbruchsstimmung und Optimismus !

Juli - der letzte Monat bevor das große Radeln beginnt. Corona scheint für viele besiegt und viele sagen ihre 2te Impfung ab oder gehen erst gar nicht hin. Das ist mein Glück, ich komme eher dran als geplant und bekomme Anfang des Monats mit dieser Zweitimpfung quasi die Eintrittskarte für meine Reise. Ohne diesen ImpfNachweis hätte ich gar nicht erst starten brauchen, oder ich hätte mich zahlreichen, immer wieder neuen Tests unterziehen müssen, um in meine Unterkunft oder in Restaurants zu kommen.

Dresden als Startpunkt dient zur Orientierung. Gestartet bin ich 15 Kilometer weiter östlich in meinem Heimatdörfchen Arnsdorf bei Radeberg - was an der Kilometerzahl aber nichts ändert.

Die Gesamtstrecke soll einen Überblick vermitteln. Bitte in dieser Form nicht nachfahren !

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-1706f19--33

Meine Tagestouren geben die tatsächlich gefahrene Strecke eines Tages wieder.
 
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Re: Reisebericht /// Dresden - Rom / vollständig !!!
Durch Tschechien



Tag 1 / 31.07.2021 / Arnsdorf-Louny / 115km+2380Hm
https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-798ed7d--42

Die Fahrt bis zur Grenze in Petrovice, und damit auch über den Erzgebirgskamm, ist total easy. Komfortzone quasi, man weiß, was einen erwartet. Doch schon danach kommt mit unserem Nachbarland Tschechien das "rote Tuch", von dem ich schon vorher weiß: es geht ständig schwerprozentig auf und ab. Viel Industrie, langgezogenen Steigungen. Gott sei Dank ist Samstag, was den Verkehr, zumindest außerhalb der Zentren, halbwegs erträglich macht. Ich erfreue mich an den Zipfelhügeln, die überall in der Landschaft stehen, ein Ergebnis vulkanischer Erdgeschichte. Das Wetter ist ab 9 Uhr sonnig, leider kommt der Wind ungünstig von der Seite.
Warum auch immer, ich habe die ersten 50 Kilometer "Sankt Tropez" von Pink Floyd im Kopf, dann singe ich "Roma, Roma, Roma" - ein Schlagerfetzen aus meiner Kindheit und passend zu meiner Reise. Das sind so Sachen, falls einer fragt, die mir während so einer Radreise im Koppe spuken oder einfach aus der Schnauze wollen.
Ins Hotel darf ich dann erst ab 15 Uhr. Die Übernachtung mit reichhaltigem Lunchpaket kostet 33,- €


Pirna-Stadtbrücke. Bis hierhin geht grob mein Revier. Fahre ich über die Brücke, bin ich raus aus der Komfortzone !


Grenze zu Tschechien - Petrovice


Auf 700 Metern bei Nakléřov, wenige Kilometer hinterm Grenzübergang Petrovice.
Ein herrlicher Blick auf den Großen Schneeberg und nach Böhmen.


Ständiges Hoch und Runter, langgezogene und %ige Steigungen



Louny, das Ziel des ersten Tages.
 
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Tag 2 / 1.08.2021 / Louny - Pilsen / 104km+2070Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-854f1fb--59

Es geht wieder bei Sonnenaufgang in die Spur. Wobei von der Sonne überhaupt nichts zu sehen ist. Niesel, der sich zu leichtem Landregen anwächst. Dazu, wie schon am Vortag, das ständige Hoch und Runter. Aber die 2000 Höhenmeter, über die ich heute drüber muss, müssen ja irgendwo in der Gegend stehen. Meine Flüche gelten jedoch nicht nur diesen, sondern ich mache Bekanntschaft mit meiner Kilometerknauserei aus der Planungsphase. Der Weg, in den ich ab Tageskilometer 20 einbiegen muss, ist mit meinem Rad unfahrbar. Also fahre ich die Straße weiter und dann auf einen ausgewiesenen, fahrbar aussehenden Radweg. Verwöhnter Deutscher der ich bin, der im Heimatland auf überwiegend erstklassigen Radwegen oftmals nur so dahinjagt, ahne nicht, dass ich kurze Zeit später, hier im Land der Tschechen, einen übelst grob verschotterten "Radweg", der mit 12...15 Prozenten hinunter führt, für 1,5 Kilometer schieben muss ! Gegen 10e schüttet es wie aus Kannen. Das dörfliche Sportstadion in bietet eine überdachte Zuschauertribüne, und hier setze ich mich drunter und mache mich über mein reichhaltiges Lunchpaket her. Irgendwann ist Pilsen erreicht. Eine 2spurige Autotrasse leitet mich in die Stadt. Und wie noch 2...3 mal auf meiner Reise, weiß ich nicht, ob ich diese Straße überhaupt fahren darf - mir ist nicht wohl dabei, aber Verbotsschilder sehe ich jedenfalls keine.
Mein vorgebuchtes Hotel hatte mich kurz vor Start angeschrieben: ich solle Impftest oder einen Nachweis mitbringen. Doch an der Rezeption und im Hotel trägt niemand Maske, einen Schriebs will keiner sehen...


Hinter Louny. Es gilt, das eine und andere Hindernis zu überwinden !


Bei tschechischen Radwegen kann man nie wissen, man kann schon mal auf einen fiesen, (für mich) unfahrbaren Wirtschaftsweg treffen !


Mistwetter ! In Kolesovice regnet es so stark, dass ich Unterschlupf unter einer SportStadionTribüne suche.


Es geht 2spurig nach Pilsen hinein. Ich bin am Zweifeln, ob ich hier mit dem Rad fahren darf.


Pilsen ! Ich bin von der inneren Altstadt begeistert. Nicht nur weil ich hier über eine Stunde Dixiland live erleben darf und auf Kindheitserinnerungen stoße.
 
Tag 3 / 2.08.2021 / Pilsen-Cham / 108km+1590Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-b151ce4--41

Die vielen lästigen, langgezogenen Steigungen der letzten beiden Tage sind erst mal passé. Es wird ein angenehmeres Fahren, auch wenn der tschechische Radweg Nr.3, auf dem ich heute viel unterwegs bin, mitunter einer MountainBikePiste gleicht. Überraschend schnell bin ich im Böhmerwald auf dem "Pass" und wenig später bei Furth im Wald/Schafberg über die Grenze. Oberhalb alles in "Fidschi-Hand"; Stände mit Korbwaren, Gartenzwergen und Klamotten wie ich sie auch von der sächsisch/tschechischen Grenze kenne. Bergabwärts wirds kultivierter und in Furth im Wald ein gewohnt saubereres Stadtbild - oh Bayern, sei mir gegrüßt ! Am Fluss Chamb gehts auf wunderbarem Radweg bis Cham. Blauer Himmel mit SchönWetterGewölk und wenn es wegen des leichten Gegenwindes auch noch immer nicht rollt, so ich bin ichs doch zufrieden. Mein Hotel ist ein christliches, liegt bei Cham mitten im Fluss Regen auf einer Insel und weil der Fluss hier einen Bogen macht, heißt es "Regenbogen". Hier herrscht, anders als in Tschechien, strenges Maskentragen, auch will man sofort meinen Impfnachweis sehen. Das HotelEssen ist, wie sich später zeigen wird, sehr gut. Auch die nähere Umgebung, die Altstadt von Cham, das Wehr, wo man den Fluss teilt, sind malerisch - ich behalte alles wohlwollend in Erinnerung.


Erneute Hindernisse - man hat eine Brücke über das Gleis weggerissen. Gottseidank finde ich schnell einen anderen Weg.


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[url=https://fotos.rennrad-news.de/p/533255]
Wie schon erwähnt, die Radwege in Tschechien haben die verschiedensten Gesichter.


Der Böhmerwald mit der Grenze am/auf dem Schafberg/Furth im Wald


Furth im Wald


Mein TagesZiel: Cham am Fluss Regen, der hier am Wehr geteilt wird. Es ist bayrisches Bilderbuchwetter.
 
Tag 4 / 3.08.2021 / Cham-Pfarrkirchen / 123km+1790Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-6c4b761--40

Der Morgen dieses Tages wird wunderschön. Nebelstimmung, dazu die aufgehende, durchbrechende Sonne. Fahren tue ich die ersten 40 Kilometer den wunderbaren Donau-Regen-Radweg. Ein komprimierter Untergrund führt auf alter Bahntrasse bergauf. Allein, man merkt es kaum - ach, wenn es nur immer so fahren würde !!!
Dumm nur, wieder mal, mein Abkürzungswahn bei der Planung. Statt auf diesem VorzeigeRadweg zu bleiben, führt mich meine selber ausgearbeitete Route in die Pampa. Ich verfahre mich, komme nicht weiter. Unten an der Donau, nicht richtig recherchiert. Ich brauche 3 Anläufe bis ich auf der Brücke bin, die über den Fluss führt. Immerhin sehe ich hier die ersten 3 oder 4 Fernradler, erkennbar am vielen Gepäck am Rad. Zwischen Donau und Isar, die nächsten 40 Kilometer, wird es flach. Dann geht es ruppig, mitunter stichig weiter. "Paßhausen" bei Tageskilometer 96 ist eine feine Namensgebung für so einen stichigen Hügel, wie sie sich hier aneinander reihen. Ringsherum typisch bayrische Landschaft mit Gehöften, inmitten von Feldern. In einer kleinen Ortschaft, in Exing, so gegen Mittag, kehre ich in einem Biergarten ein. Heiße Himbeeren mit Eis, dazu ein kaltes Bier - ach, wie gut das tut !
Gegen 14:30 bin ich in Pfarrkirchen im Hotel. Dann, beim anschließenden Einkauf im Supermarkt, die empörende Überraschung: das Fräulein an der Kasse will mich nicht abkassieren ! Ich habe im Lande vom mitunter übereifrigen Markus, in Bayern, anstatt meiner OP-Maske eine FFP2 Maske im Lebensmittelgeschäft zu tragen. Nach ein bisschen Hin und Her macht SIE dann eine Ausnahme - ich kann nur mit meinem sächsischen Koppe schütteln !


Am Morgen, bei meinem Start, knipse ich ins Tal des Flusses Regen hinein.


Der wohl schönste Radweg auf dieser Tour ist der Donau-Regen-Radweg.
 
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Tag 5 / 4.08.2021 / Pfarrkirchen-Salzburg / 98km+1470Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-e6cbc65--62

Eine gut fahrbare, aber 5km lange Steigung führt mich aus Pfarrkirchen heraus. Es hatte schon am Vorabend angefangen zu regnen, jetzt pieselt es leicht weiter und wird, mit kurzen Unterbrechungen, heute auch nicht mehr so richtig aufhören. Schnell bin ich am Fluss Inn in Braunau, an der Grenze, und hier schon in Österreich. Ich beschließe spontan beim Bäcker einzukehren, mir ein belegtes Brötchen und ein "Haferl Kaffee" zu holen. Zufrieden, innerlich befüllt und ruhig, geht es danach weiter. Ich befahre den Radweg der Mattig, einem Bächlein, das mich zu den Obertrumer Seen bei Salzburg führen wird und ich habe große Vorfreude auf alles, was mich ab jetzt erwarten wird. Es geht immer weiter nach oben, ist aber für mich kaum spürbar. Vor Kerschham dann ein Stich und der enttäuschende Ausblick auf die Alpensilhouette. Alles ist mit Dunst und Wolken verhangen. Auch der Ausblick auf die 3 Seen vor Salzburg wird ein Reinfall, weil ich nicht die richtige Stelle erwische, weil das Wetter nicht mitspielt. Nach dem Obertrumer See ein steiler Anstieg, danach die Abfahrt, bei viel Verkehr, hinunter nach Salzburg.
Ich bewohne ein Hotel am Kapuzinerberg, welches ich aber erst um 15 Uhr beziehen darf. Salzburgs Altstadt ist schön, die Gassen, die Geschäfte - das ist was für mich. Aber leider habe ich auch hier wenig Glück mit dem Wetter, es beginnt nun ordentlich zu regnen, so stark, dass ich mir einen Regenschirm kaufen muss. Und es muss hier sein, wo ich mein kleines ReiseStativ entweder im Hotel liegenlasse oder kurz vorher verliere. Anscheinend ist der Regenschirm, der Knirps, der in etwa die Größe des Stativs hat, diesem zum Verwechseln ähnlich. Jedenfalls merke ich es beim Zusammenpacken meiner Sachen nicht, merke es erst am nächsten Tag, und ja, ich könnte heulen, und das ist zusammen mit diesem Wetter ganz einfach großer Mist.


Regenwetter !


Mattig-Radweg (traumhaft ! - wenn jetzt noch schönes Wetter gewesen wäre !)


Leider, leider nur schemenhaft: die AlpenSilhouette


Obertrumer See und selbiger aus der Steigung des Kopfberges heraus gesehen


Salzburg im Regen
 
Tag 6 / 5.08.2021 / Salzburg-Fusch / 105km+1820Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-f01acd8--38

Man! Was hatte ich mich auf diese Etappe gefreut ! Der Tauernradweg ! Langsam ansteigend, links und rechts die Berge, malerisch dem Zeller See entgegen !
Stattdessen eine Tour, die auf ganzer Strecke, zumindest bis zum Zeller See, wörtlich ins Wasser fällt ! Es schiffte schon am Vorabend, es schiffte die Nacht. Und was mir bevorstehen würde weiß ich eigentlich: es soll auch heute bis zum Mittag schiffen was der Himmel ausschütten kann! Schnell bin ich aus Salzburg heraus, bin auch schnell in Bad Reichenhall, wo ich meine Zeremonie vom Vortag zelebriere, ich halte beim Bäcker und hole mir ein erstes, kleines Frühstück. Ein halbes Dutzend Rentner sitzt, geschützt vom Regen, beim Kaffee vorm Geschäft. Lautstarke Unterhaltungsthemen: Corona, die Schlechtigkeit der Welt und die verkommene Jugend. Dazu der Regen. Ich esse schnell, sehe zu, dass ich weiterkomme. Der rechte SchuhÜberzieher ist seit heute früh kaputt. Am Reißverschluss hat sich die verklebte Naht gelöst. Zum Glück habe ich etwas wasserdichtes Tape dabei, habe damit eine Notlösung für diesen Tag. Aber bei diesem Regen dringt das Wasser überall hin, nach 2 Stunden ist es auch in den so geschützten Schuhen. Die Saalach, der Fluss an dem ich stromaufwärts fahre, rauscht laut, ist gefüllt vom schmutzigen Wasser des Tages. Gegen Mittag wird der Regen dann weniger. Beim Erreichen des Zeller Sees hört er ganz auf. Ich muss jetzt noch bis Fusch an der Glocknerstrasse, suche vorher noch eine Waschstation, spritze das Rad notdürftig etwas ab. Viel Verkehr dann um Zell am See, doch die restlichen Kilometer bis zum Tagesziel fährt es sich erstaunlich gut. Mein Hotel in Fusch, das Hotel Wasserfall, kann ich empfehlen. Zu meiner Zeit schmeißt ein Holländer den Laden, ist cool drauf und das Essen schmeckt super. Vor Sonnenuntergang sitze ich dann gedankenversunken, mit einem Bier in der Hand, draußen an der Straße: vor 30 Jahren fuhrst du hier mit deinem Frauchen das erste Mal mit dem Auto lang. Später dann 1...3 mal mit Familie bis Ferleiten in den Wildpark. Und nun biste mit dem Fahrrad hier hergefahren, willst morgen den Glockner hoch .... Es ist alles ein bisschen surreal, ist alles ein bisschen verrückt und nicht recht zu fassen !!!


Start im verregneten Salzburg


Tauernradweg. Es schifft, was die Wolken hergeben !


Tauernradweg / Saalach bei Lofer
Die schmutzig schaurigen Wassermassen zeigen das Drama des Tages.
 
Tag 7 / 6.08.202 / Fusch-Großglockner-Oberdrauburg / 92km+2700Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-ced556c--51

2...3 Gänge mehr am Rad wären nicht schlecht gewesen. Aber mit übergroßer Bestimmtheit hätte ich auch da kämpfen müssen wie ein Marathonläufer in der letzten Phase. Doch ich will hier kein Lied der Klage anstimmen oder nur herum heulen. Gesagt muss dennoch werden: es war hart, sehr hart !

Ich bin frühs der Erste, etwas vor 6 fahre ich los, bin gegen 6:30 in Ferleiten. Und eigentlich hier schon geschafft. Doch zu gestern habe ich heute einen Traumtag erwischt. Die Sicht ist phänomenal, die schneebedeckten Gipfel puschen mich ungemein. 7:45 habe ich die ersten 13 Kilometer, 2..3 Radfahrer überholen mich. Dabei ist ein Jungfahrer, ich schätze ihn so 20, der es mit einem MTB wagt und eine entsprechende Übersetzung zur Verfügung hat. Trete ich 1 mal, hat er die Pedale schon 3 mal herum und ich beneide ihn. Doch der ist nicht unbedingt schneller als ich. Würde ich nicht immer wieder anhalten, Fotos machen, oder verschnaufen müssen, ja dann .. ! Der motorisierte Verkehr ist wenig um diese Zeit. Dafür kommen später immer mehr Rennradfahrer und MTBler. Um 9:10 bin ich am Fuscher Törl, bin unheimlich stolz und wähne mich als Bezwinger. Dass es jetzt, nach einer kurzen Abfahrt, noch mal richtig zur Sache geht, ahne ich nicht einmal. Aber irgendwann bin ich dann oben am Hochtor, dem höchsten Punkt der Straße, esse hier und genieße ein wenig.
Kann man sich auf der GlocknerHochalpenstraße verfahren ? Ich kann ! Runterzu, bei Tageskilometer 40, gibt es die sogenannte Fleißkehre, und warum auch immer, ich habe ab dort, bei der Planung, für mich die Apriacher Höhenstraße vorgesehen. Du guckst ja bei einer Abfahrt nicht ständig aufs Navi, zumal es quasi nur eine Weg nach unten gibt. Als ich dann doch mal gucke, ist mein vorgezeichneter Track verschwunden und ich bekomme fast einen Herzkasper. Doch schnell ist klar: dann fahre ich eben über Heiligenblut, stoße dann bei Döllach wieder auf meine eigentliche Strecke. Es sind auch hier in der Südauffahrt unheimlich viele Radler, die noch hoch wollen und es sind definitiv viel mehr Fahrräder als Autos oder Motorräder unterwegs, dabei ist es jetzt schon Mittag.

Was da mit dem Iselsbergpass im Höhenprofil für mich zu sehen ist, ist eine kleine Kuppe, ein Kuppelchen im Vergleich zum Glockner. Und dementsprechend ordnete ich das vorher auch ein. Doch nach 6 Stunden Radfahren, dazu einen Mordsberg hoch, sind die Kräfte verbraucht. Was mich wieder aufpeppt, ist der Blick, den ich nun auf die Dolomiten habe.

Ich bin gegen halb 4 am Nachmittag im Hotel, welches sich als sehr fein erweist. Der Kern von Oberdrauburg ist nicht groß, aber wieder malerisch schön.
Ein traumhaftes Wetter hatte ich heute. Ich vergesse den Leidensweg hinauf ganz schnell, habe viele schöne Bilder im Kopf, bin auch stolz auf mich, auf meine Befahrung der Großglockner-Hochalpenstraße !!!


Großglockner-Hochalpenstraße / Ferleiten


Es sieht flacher aus, als es tatsächlich ist !


Die Wahrheit in Schilderform. Leider fahre ich nicht runter .-(
 
Tag 8 / 7.08.2021 / Oberdrauburg-Spilimbergo / 126km+2340Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-83dd3f9--54

Es sind noch 2 bergige Herausforderungen zu überwinden, bevor ich mich ins Friaul, nach Venetien hinab rollen lassen kann. Die ersten 7 TagesKilometer bis zum Gailbergsattel fahre ich locker und ich denke noch: alles easy -firlie- ! das andere Hügelchen nimmst du ebenso geschwind. Ooh ! - wie ich mich täuschen soll ! Denn die Nordauffahrt zum Plöckenpaß wird wieder die Tour des Leidenden. Sie ist nicht schön, sie ist brutal, und DAS muss man auch ohne dem vielen Gepäck nicht haben. Ich übertreibe nicht, ich schäme mich auch nicht, wenn ich sage: umso höher ich komme, umso mehr verzweifle ich an dieser schei... Steigung. Ich kämpfe um jede Kurbeldrehung. Die Galerien und Tunnel, durch die ich im oberen Teil fahre, setzen mir noch mehr zu. Fahren Autos oder Motorräder hinein, gibt das einen ohrenbetäubenden Lärm, als wenn Panzer hinter einem her sind. Um 9 Uhr bin ich dann endlich oben. Hier ist alles vernebelt und ein Schild mit der aussagenden Aufschrift: Plöckenpaß - 1357 m finde ich nirgends. Nun habe ich also meine Alpenüberquerung! Von der Anstrengung sollte nun ein blankes Gegenteil kommen, und das bekomme ich mit einer epischen, vor allem im oberen Teil, super schönen Abfahrt auch.

Geplant war, bis Gemona de Friuli zu fahren, dort habe ich meine vorgebuchte Unterkunft. Doch die Berge hängen voller Wolken. Umso weiter ich ins Flache rolle, mich mal umschaue, umso schlimmer scheint es dort zu werden. Auch ist Regen für meinen Zielort angesagt. Einer Eingebung folgend, fahre ich in Gemona einfach weiter, lasse die schon bezahlten 55,- € Hotelkosten sausen und visiere Spilimbergo als Zielort an.
Ich hatte vom Tagliamento gelesen, dem Königsfluss der Alpen. Dass mich mit ihm ein kilometerbreites Schotterbett erwartet, wusste ich. Aber ich wusste auch von einer malerischen Stelle bei Pinzano al Tagliamento, von der ich nicht enttäuscht werde. Die Entscheidung, bis Spilimbergo durchzufahren, war die richtige. Obwohl es sich zieht, obwohl es furchtbar schwül ist, so rollt es doch ganz passabel. Und so bin ich irgendwann nachmittags in einem unterwegs online gebuchten Hotel, sehe mir Spilimbergo etwas an und esse am Abend, mehr aus Unwissenheit, zum ersten Mal im Leben Muscheln mit Spaghetti.


Gailbergsattel - das erste Hindernis ist geschafft !


Plöckenpaß-Auffahrt von der schönen Seite.


Sieht wieder flach und schnuckelig fahrbar aus. Isses aber nich !!! Dazu kommen hier in den Galerien die ohrenbetäubenden Geräusche der einfahrenden Autos und Motorräder.


Der Plöckenpaß ist zugleich Grenze nach Italien.


Jetzt beginnt eine traumhafte, kilometerlange Abfahrt :))


Wird fortgesetzt ! Bitte noch nicht kommentieren - Danke !
 

Ein Blick zurück in die Berge der Alpen. Es ist dort kein schönes Wetter vorhergesagt, vielleicht regnet es schon.


Der Tagliamento hinter Tolmezzo, ein kilometerbreites Schotterbett.


Der Monte Sansimeone (1505m) am Tagliamento bei Tolmezzo


Ich wusste, dass ich den "König der Alpenflüsse", den Tagliamento, als überbreites Schotterbett zu Gesichte bekomme. Ich wusste aber auch, dass es hier, auf der Ponte Dipinzano, eine malerischen Blick auf den leicht angestauten Fluss gibt. Ich werde nicht enttäuscht !


In den Gassen von Spilimbergo


SpilimbergoCat
 
Tag 9 / 8.08.2021 / Spilimbergo-Jesolo / 102km+970Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-5f5c19f--49

Anhand der Planung mit Karten und was man darauf sieht mache ich mir immer meine groben Vorstellungen vom Aussehen, von der Geographie eines Gebietes, das ich durchfahre. Und sehe dann größtenteils etwas anderes ! Auch mit den Straßen und Wegen ist das so. Mitunter denke ich: du wirst auf verkehrsarmen, schnuckeligen Landstraßen unterwegs sein, herrlichste Radwege befahren ! Manchmal habe ich Glück, sehr oft jedoch nicht. Der Radweg am Tagliamento (FVG-6) ist mit meinem Rad halbwegs fahrbar, da habe ich vor allem in Tschechien schon weit schlimmeres durch. Aber meinen Vorstellungen entspricht er eben nicht und in mir lebt vor allem die Angst, einen Dorn in den Reifen zu fahren.
2...3 mal versuche ich an den Tagliamento zu gelangen. Der ist auf der Karte zum Greifen nahe aber eben nicht in der Realität. Entweder sind die Wege dahin total versandet, verschottert, oder enden im Nichts. Als ich auf der Ponte della Delizia stehe, bin ich froh, dass es nicht geklappt hat. Das Schotterbett ist hier so breit, der Fluss so schmal, dass es sich nicht gelohnt hätte.
Kurz vor dem Start hatte ich die heutige Route noch geändert. Statt direkt zum Zielort Jesolo, fahre ich erst einmal ans Meer. Und das bereue ich auch nicht. Und ich sehe diesmal das, was ich mir vorstellte. Es gibt am glasklaren, ruhig dahin fließenden Bach Lemene 2...3 alte Mühlen, es gibt die Kanäle, alte umgeleitete Flussbette, die vielen Senknetze, von der Natur ertrotztes Land und schließlich die Mündung des Piave in die Adria. Für mich ist das alles faszinierend.
Neben dem gewohnten Klima ändern sich auch Essen, Tagesabläufe und Gewohnheiten. Und so sitze ich 18 Uhr im Restaurant meines Hotels, das Bier wird ins Weinglas gegossen und ich muss bis 19:30 Uhr warten, denn erst dann gibt es etwas zu essen.




Nach Spilimbergo fahre ich den FVG-6, ein Radweg, der in unmittelbarer Nähe zum Tagliamento, besser gesagt, auf dessen HochwasserDeich entlang führt. Ich lebe in ständiger Furcht mir einen Dorn in die Reifen zu fahren.


Es ist eine durchgängige Flachetappe, stellenweise ists auch sehr ruhig auf den Straßen.


Ich bestaune 2 alte Mühlen am Fluss Lemene. Das Wasser ist glasklar.


Nicht nur in Pisa gibt es einen, auch in Portogruaro :)


Wenige Kilometer vorm Meer.


PiaveMündung in die Adria


Am Cavetta Kanal geht es zum Tagesziel, nach Jesolo.


Italienische Bierkultur
 
Tag 10 / 10.08.2021 / Jesolo-Chioggia / 77km+240Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-a26475a--45

Bei Sonnenaufgang trete ich in die Pedale. Es ist flach, der Wind kommt leicht von hinten, es sind 21 Grade und die Gezeit steht auf Ebbe.
Es geht an Kanälen entlang zum Leuchtturm Punta Sabbioni. Nicht nur die Sonne strahlt, auch mein Gesicht:
das alles hier hat etwas, das gefällt mir super gut !
Vom Fährpunkt Punta Sabbioni schippere ich zum Lido hinüber (den ich schon kenne und auf dem ich nur etwas esse) und den ich einfach bis zur nächsten Fährstation Alberoni Rocchetta durchfahre. Hier gibt es kein Tickethäuschen, ich soll beim "Skipperman" bezahlen, sagt mir ein Tourist. Obwohl darauf angesprochen, bezahle ich bei dem aber nichts. Wie das mit den Fahrscheinen funktioniert, ob es KombiTickets gibt, weiß ich nicht, ich bin nicht vorinformiert und ausgeschrieben ist da nichts, zumindest finde ich es nicht oder es ist für mich undurchschaubar. Die Insel Pellestrina mit ihren alten Fischerhäusern ist das Highlight des Tages. An der riesigen Flutmauer zwischen Lagune und Meer fahre ich bis hinten ans Naturschutzgebiet, komme dort mit dem Rad aber nicht weiter - Fahrradverbot ! Auf dem Rückweg, kurz vor der Fährstation Pellestrina/Cimitero, von wo ich dann später nach Chioggia überschiffe, hebe ich mein vollbepacktes Rad an einer der Treppen über die Flutmauer zum Meer hin. Vorher ausgekundschaftet, erwartet mich hier ein relativ ruhiges Plätzchen am Strand, wo ich nackelich in die welligen Fluten der Adria springe. Für meinen Fahrschein nach Chioggia bezahle ich (nach 3 Nachfragen !) diesmal 8,50 € . Und dieses InselHopping wird ein feines Abenteuer, ich denke gern daran zurück !


Für mich, als gelernten Binnenfischer, höchst interessant: die Senknetztfischerei



Es geht von Jesolo Richtung Fährstation Punta Sabbioni immer an der Lagune entlang.


Leuchtturm Punta Sabbioni


Fährstation Punta Sabbioni zum Lido


Mit dem Fährboot zum Lido / Blick vom Färrboot in die Lagune nach Venedig
 
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