Tag 2
So relaxed wie der erste Tag abgelaufen war, so lästig wurde der Zweite. Erst einmal fuhr ich aus den Bergen an die Isère und dort auf einem sehr gut ausgebauten Radweg Richtung Grenoble. Hier konnte man kurz auf gutem Asphalt im Auflieger bolzen. Kurz, da nach wenigen Minuten ein Rattern am Vorderrad einen Platten ankündigte. Normalerweise keine große Sache, allerdings fand ich die Ursache des Platten nicht. Im
Reifen steckte nichts und auf dem schnurgeraden Radweg hatte es mit Sicherheit keinen Durchschlag gegeben. Nach einigem Suchen ob nicht doch ein versteckter Fremdkörper vorhanden ist, installierte ich mit schlechtem Gefühl einen neuen
Schlauch. Aber der
Schlauch hielt die Luft und die Ursache des Platten blieb ein Rätsel.
Dann ging es in den Endspurt Richtung Grenoble und hier in ein sehr lästiges Industriegebiet in welches ich mich auf der Suche nach einem Sporthändler begab um einen weiteren
Schlauch zu kaufen. Außerdem irrte ich einige Zeit durch die Gegend um Lebensmittel nachzukaufen. Ich hatte das Gefühl, viel Zeit unproduktiv zu verlieren.
Dann ging es nochmals ein letztes Mal nach Norden. Es war inzwischen Nachmittag und es gab immer wieder stärkere Regengüsse. Gegen Abend kam ich in die Region des Lac-du-Bourget, des nördlichsten Punktes unserer Fahrt.
Der letzte Pass vor dem See zog mir dann endgültig den Stecker für den Tag. Die Auffahrt zum “Belvédère du Mont du Chat“ begann mit einer 12% Rampe. Ich dachte, das wird nach der nächsten Kehre vorbei sein, aber das war es nicht. Der gesamte Aufstieg blieb bei dieser Steigung. Irgendwann war ich kurz vorm Schieben. Letztlich kam ich mit letzter Kraft am Aussichtspunkt an. Ich hätte eigentlich an diesem Tag noch viel weiter fahren wollen, jetzt aber war klar: da geht nichts mehr! Es war inzwischen 19:30 Uhr und ich fuhr, so schnell ich bei der Kälte noch konnte auf einer steilen Abfahrt ins Tal um an den See zu kommen und nach Möglichkeit kurzfristig ein Hotel und ein Restaurant zu finden.
Das lief dann wieder geschmeidig: Die Google-Maps-Suche fand ein geeignetes Hotel. Die junge Frau an der Reception war sehr entspannt, als ich nass, zittern und verdreckt mit einem noch viel schmutzigeren Rad vor der Tür stand und auch noch das triefende Rad mit auf das Zimmer nehmen wollte. Da sind die Franzosen echt gelassen.
Auch in dem ansatzweise schicken Restaurant, in dem ich wenig später einlief war es kein Problem mit Radhose, Knielingen, Radschuhen und Shakedry-Jacke Platz zu nehmen. Dort hatte ich dann ein tolles Menü mit einer Flasche Wein. Der Abend war gerettet und meine Laune wieder perfekt.
Die Tagesleistung war durch die diversen Hindernisse allerdings nicht berauschend: Ich war nur 180 km gefahren. Das musste an nächsten Tag wieder anders werden. Wurde es auch, aber nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte….