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Lange Tagestour ins Allgäu (von Rhein-Neckar & Stuttgart zur unteren Biberalpe)

kendo05

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Rhein-Neckar
Gestern haben wir zu zweit unser beider Saison-Highlight realisiert und jeweils persönliches Neuland in Sachen Langstrecke erkundet. http://www.gpsies.com/map.do?fileId=wfwslxmxzcaexmsh

Nachdem ich letztes Jahr mal über 6h im Verkehrschaos auf der Autobahn für die gut 300km nach Oberstdorf zugebracht habe, wollte ich gerne wissen, ob ich die Strecke nicht auch in einem Tag mit dem Fahrrad schaffe. Zudem musste auch der Unteren Biberalpe endlich ein Besuch abgestattet werden, nachdem ich diese bei meiner letztjährigen Deutschlandtour doch nicht mehr erreicht habe. Ein Freund von mir fand die Idee nicht zu abwegig, um zu sagen "Was dagegen, wenn ich mitkomme?"

Gesagt, getan...

Um 2:00 dudelt der Radiowecker los, zum Glockschlag um 3:00 sitze ich auf dem Rad. In den Kraichgaudörfern ist nur in den Backstuben Betrieb, eine Handvoll Autos ist unterwegs und es fahren alle rücksichtsvoll in großem Bogen an mir vorbei. Bei tropischen 22° schwitze ich mich unter der Warnweste dumm und duselig, werde aber anscheinend ausreichend gut gesehen. Eine sehr vertraute Abfahrt mit knapp 60 ist im stockfinsteren Wald schon etwas gewöhnungsbedürftig. Trotzdem ist es eine tolle Sache, so allein im Schein der Lampen dahinzuradeln. Irgendwie bin ich fast ein bisschen enttäuscht, als aus dem Schwarz dann Grau und schließlich Tag wird. Der Sonnenaufgang ist unspektakulär und findet hinter meinem Rücken im Nordosten statt.

Um 5:45 treffe ich nach knapp 70km in Heimsheim meinen Kumpel und wir radeln bester Laune und auf schönen Straßen weiter Richtung Tübingen. Dort gibts die erste Pause. Der Supermarkt hat gerade aufgemacht. Aus Tübingen raus entlang der Bundesstraße ist dank einer "Fahrradautobahn" gar kein Problem. Weiter gehts den sehr moderaten Albaufstieg nach Melchingen hoch. Bei solchen Temperaturen morgens vor 9:30 gabs allerdings früher Hitzefrei!

Die Strecke bis zur Mittagspause bei km222 läuft eigentlich weiterhin sehr gut. Meist zieht es sich in sanften Wellen durch weite Landschaft. Das perfekte Gelände für epische Langstreckenfahrten. Der Autoverkehr hält sich in Grenzen und wir wechseln uns schön mit der Führungsarbeit ab. Bei dem leichten Anstieg nach Bad Wildsee hinein ist bei mir jedoch schlagartig der Akku sowas von leer! Ich schaff's gerade noch in den Supermarkt und hoffe, dass ein halber Liter Red Bull tatsächlich Flügel verleiht. Außerdem kehren wir in dem Ort beim Asia-Imbiss ein. Danach geht es mir wieder richtig gut, doch mein Kumpel tut sich mit dem voll Bauch schwer. Aber irgendwann läufts auch bei ihm wieder rund.

Die Landschaft wird langsam sehr "allgäuhaft" und es kommen traumhaft abgelegene Sträßchen. Die Alpen kommen auch in Sicht. Die Hitze macht uns heute allerdings echt fertig. Wahnsinn, was man so an Flüssigkeit in sich reinschüttet. Auch das Essen von Riegeln und Bananen zwischendurch, um das "System" einigermaßen stabil zu halten, ist mehr Last als Lust. Nachdem wir bei ca. km 286 über einen kleinen Pass kommen, gibts einen sehr schönen Blick auf den Grünten und nach einigen Kehren Abfahrt auf den Großen Alpsee. Sehr schön! Und das Ziel kommt näher. Bald schon düsen wir auf dem Illerradweg mit Motivation und Schmackes Oberstdorf entgegen. Dort am Ortseingang bei mir jedoch erstmal wieder schlagartig "Systemabsturz". Rien ne va plus - nichts geht mehr. Mit 15km/h dämmel ich gerade noch so zum nächsten Supermarkt. Nach dem "Auftanken" ist es 18:45 und wir fragen uns, ob es wirklich sinnvoll und notwendig ist, jetzt noch zu einer 18km entfernten Alm aufzubrechen. O.k., die Pensionswirtin hat am Telefon gesagt, dass wir schon auch noch nach 21:00 was zu Essen bekommen würden. Der Kumpel sagt "Komm, wir ballern da jetzt noch eben hoch". Was man eben nach über 300km so "ballern" nennt. Tatsächlich geht es meist noch einigermaßen flott voran. Beide haben wir aber wieder abwechselnd mit spontanem Leistungsabfall zu kämpfen und dann gehts doch wieder. Um 20:00 sind wir ein einsames Tal hochgeradelt, die Berge leuchten in der Abendsonne und wir stehen "In the Middle of Nowhere" auf 1.310m vor der Unteren Biberalpe. Hier ist Deutschland rennradmäßig zu Ende. Weiter gehts nicht.

Nach flotter Abfahrt fahren wir um 20:45 bei der Pension vor. Ich war jetzt 17h 45min unterwegs, davon 14:09 Fahrzeit, in der ich 354km und 3.880hm zurückgelegt habe (Ab Stuttgart 45km weniger). Mit der letzten Abfahrt habe ich gerade noch einen 25er Schnitt eingefahren.

Und die Moral von der Geschicht:
1. In Deutschland kann man bei richtiger Planung einfach richtig geil Rad fahren. Von den 354km waren deutlich über 300km begeisternd!
2. Die Kunst der Langstrecke scheint die Kunst des richtigen Essens zu sein. Können wir beide noch optimieren.
3. Man kann noch weiterfahren, muss man aber nicht. Obwohl, ich habe da noch so 'ne Idee...
 

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Re: Lange Tagestour ins Allgäu (von Rhein-Neckar & Stuttgart zur unteren Biberalpe)
@kendo
Super Bericht und eine tolle Leistung:daumen:,
so was mach ich auch mal vielleicht:oops:

LG. Marcel
 
:daumen: geile Tour fast an meiner Haustür vorbei. mal überlegen ob ich das nicht nachfahre. Tour wäre dann 50km kürzer.
Wie seit ihr zurückgekommen? Gepäck?? Rucksack sehe ich nicht.
gruß thomas
 
:daumen: geile Tour fast an meiner Haustür vorbei. mal überlegen ob ich das nicht nachfahre. Tour wäre dann 50km kürzer.
Wie seit ihr zurückgekommen? Gepäck?? Rucksack sehe ich nicht.
gruß thomas

Hey Thomas,

ja, Nachfahren kann ich nur dringend empfehlen:). Zur Not auch als 2-Tagestour.

Mein Kumpel hat mich auch verblüfft damit, dass er keinen Rucksack dabei hatte. Dafür eine sehr voll gestopfte Satteltasche. Außerdem haben wir beide Rahmentaschen für sowas. Irgendwie hat er auf jeden Fall ein paar Shorts, ein T-Shirt und ne Zahnbürste untergebracht. Ich selbst habe dafür einen kleinen 8l-Rucksack gebraucht.

Mit dem Zug zurück Richtung Stuttgart ist gar kein Problem. Alle 2h fahren RE mit einmal Umsteigen in Ulm.

Bon Courage,

Matthias
 
Danke für die Info. Wenn ich es mache melde ich vorher.
 
Hi, Matthias
super Reisebericht!:daumen:
Vor allem Respekt für diese Leistung!
Dein Bericht macht mir ja gerade Mut. Ich überlege nähmlich gerade, von mir aus nach Ammerbuch bei Tübingen zu fahren.
Das kann ich planen, drehen und wenden, es sind halt einfach rund 355 km.
Meine Überlegung war auch, eine 2- tagestour, oder an einem Tag.
Ich habe mich fast entschlossen das es eine 2 Tages-Tour wird. Mal sehen wie das Wetter mitspielt. Das ganze hätte ich am 3. und 4. August vor gehabt.

Gruß

Thomas
 
Hi Thomas,

diese Strecke in einem Tag ist definitiv das interessantere Erlebnis - wenn Du dem halbwegs gewachsen bist. Es ist halt eine neue Erfahrung (war es für mich zumindest). Besonders der Aufbruch bei Nacht war ein Erlebnis.

Ich kann Dir dazu mal meinen Trainingsstand schildern: In den letzten Jahren jeweils ca 8.500 Jahres-km. Jetzt vor der Tour 5.150km. Ausgesprochene Langstrecken (>200km) bin ich in diesem Jahr bis dahin weniger gefahren, als letztes Jahr. Insgesamt 3 Mal um die 200km, mehrmals 140-170km. Das WE vorher bin ich Sa. 200km und So. 170km gefahren, natürlich nicht am Limit. Ich glaube, das war nochmal sehr hilfreich. Mein Kumpel hat deutlich weniger Jahres-km als ich. Er ist aber 3 Wochen vorher eine Woche in den Alpen mit Rucksack gefahren. Dürfte auch sehr förderlich gewesen sein.

Beide hatten wir praktisch keine muskulären Probleme (schwere Beine, Krämpfe), keine bzw. keine nennenswerten Sitzbeschwerden. Mich haben am meisten Druckstellen an den großen Zehen gepiesakt. Das kenne ich auch schonmal von kürzeren Strecken. Ist aber nicht wirklich ein Problem. Und beide hatten wir Probleme, so Energie zuzuführen, dass wir dauerhaft eine mittlere Leistung bringen konnten. Wir hatten beide unsere kurzeitigen und sehr plötzlich Leistungsabfälle. Ich weiß aber nachwievor nicht, was ich wann mehr hätte Essen sollen, um das völlig zu vermeiden. Wir hätten beide noch weiterfahren können und konnten uns beide am nächsten Tag wieder problemlos aufs Rad setzen (zum Bahnhof).

Also, wenn Du einigermaßen routiniert 200er fährst ohne völlig fertig zu sein, kannst Du Dir das wahrscheinlich zutrauen. Es war für uns beide aber schon ein spannendes "Abenteuer" mit ungewissem Ausgang.

Viel Spass, ob nun in 1 oder 2 Tagen,

Matthias
 
Hi, Matthias
soviele Jahres Km wie Du bringe ich nicht zusammen. Es sind so um die 6000 km.
Meine Tagestouren liegen meist so bei 80, 100, 150 oder auch mal 170 km. Da bin ich aber nicht am Limit, d.h. ich fühl mich hernach noch wohl und hab auch keine weiteren beschwerden. Vor 2 Wochen hab ich an einer RTF teilgenommen, die 30 km von meinem Heimatort stattfand. Da bin ich mit dem Rennrad hingefahren zum Start, 170 km die eigentliche Tour (mit 2460 hm), anschließend bin ich mit dem Rad wieder nach Hause. Danach hatte ich 230 km auf dem Tacho. Da war ich aber überrascht, daß ich keine Leistungseinbrüche oder sonst irgendwelche Probleme hatte. Die 170er Strecke alleine meisterten mein Kollege und ich in 5 Std. 20min.
Deshalb bin ich auf die Idee gekommen, da muß doch noch was drin sein:idee:
Vielmehr sehe ich das Problem die 355 km in einem Stück zu fahren, daß ich am Abend auf einer Geburtstagsparty eingeladen bin
(am Zielort) Ich weiß nicht ob nach einer 355 km Rennrad - Tour noch Partylaune angesagt ist.
Gruß
Thomas
 
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