Normalerweise überraschen mich Autofahrer hier in Mittelfranken positiv: ich fahre manchmal auf Straßen, wo man erst mal keine Radfahrer aktiv erwarten würde, z.B.
http://goo.gl/maps/ooajt oder
http://goo.gl/maps/I7mJX . Bundesstraße, Autobahnzubringer, viel Verkehr, keine Rad- oder Gehwege, kein Mehrzweckstreifen. Ich beachte auch die 46. StVO-Novelle und betrachte die hellblauen Lollies (Fahrrad mit Pedalen drauf, Frau ohne Glockenrock, Kind hängt in der Luft) als künstlerische Verkehrsraumgestaltung und fahre auf der Fahrbahn. Seltenst Hupen oder Gestikulieren.
Heute mal was Anderes als sonst:
Too long; didn't read: siehe letzten Absatz
In der Innenstadt eine Vorfahrtstraße, KFZ-Verkehr nur in einer Richtung freigegeben, in Gegenrichtung ein Radstreifen auf der Fahrbahn mit Beschilderung und Asphaltmalerei (durchgezogene Mittellinie, Fahrradpiktogramm mit entsprechendem Richtungspfeil). Es hängen auch entsprechend Zeichen 301 "Vorfahrt" in Radstreifenrichtung. Ich befahre also den Streifen, von Rechts kommt eine enge Seitenstraße, ich habe Vorfahrt, aus der Straße kommt ein silberner Daimler, schaut in Richtung KFZ-Verkehr und fährt los. Da ich die Stelle natürlich kenne, bereits ausgepowert (vorher eine "Rampe" schnell hochgekommen und es geht wieder etwas bergauf) und außerdem fast zuhause bin (nach 2,5h flotter Fahrt), fahre ich nicht schnell. Ich habe auch wie immer geschaut, wo der Autler hinsieht und natürlich
nicht dahin, wo er hinfährt. Ich hatte die Ixon IQ im helleren Modus am Lenker befestigt und die ist echt nicht zu übersehen -- wenn man denn hinsieht. Also bremse ich kurz und bin schon sehr langsam, bis er mich dann merkt und auf die Bremse geht (steht natürlich schon voll quer auf dem Streifen).
Soweit alles recht gewöhnlich (RVAs, die entgegen und gleichzeitig begleitend einer KFZ-Einbahnfahrbahn führen, sind hochgefährlich. Gefühlte ⅔ der KFZler missachten hier Vorfahrt von Radfahrern. Nur wenn ich den Kick haben will, fahre ich an solchen Stellen lang). Nur dann schaut er mich vorwurfsvoll an und meint, es wäre eine Einbahnstraße und ich hätte hier nicht zu fahren. Ich kläre ihn kurz über die Verkehrslage auf, der kapiert das nicht, und ich frage ihn vorsichtig, ob er denn blöde sei (im Affekt natürlich). Er bleibt stur und was mir einfalle, ihn als blöd zu beschimpfen und wir sollten doch Gentlemen sein. Keine Spur von Einsicht oder ein Wort der Entschuldigung von ihm. Soweit auch nicht wirklich ungewöhnlich. Er fährt los (hinter ihm staut es sich schon leicht), ich will eigentlich auch weiter.
Doch als übernächstes KFZ kommt eine Polizeistreife und ich winke sie herbei. Schildere kurz die Situation (sie haben selber wohl nichts gesehen) und sie erklären sich bereit, mit dem Herren zu sprechen. Sie holen ihn ohne Mühe in einer Seitenstraße ein und nehmen seine Personalien auf (schauen nur mal kurz in die Papiere). Er erklärt, er sei der Pastor der gegenüber liegenden landeskirchlichen Gemeinschaft und ich kann mir den Spruch nicht verkneifen, dies entbinde ihn doch nicht von Pflichten der StVO. Ich bin leider wenig schlagfertig, daher habe ich das religiöse Thema nicht vertieft (in Anwesenheit der Polizisten im Nachhinein betrachtet vielleicht nicht verkehrt).
Leider habe ich von der Unterhaltung sonst nicht viel mitbekommen. Wollte einfach nicht den Eindruck erwecken, mithilfe der Polizei Rache üben zu wollen und stand leicht abseits. (wollte auch nicht die Polizisten dazu verleiten, sich mein nicht-
100%-StVZO-Rad genauer anzusehen)
Der ältere Polizist (Hauptmeister) hat sich also mit dem Pastor unterhalten, die sehr junge Kollegin hat zugehört. Ich wurde gefragt, ob denn Schäden gab (war nichts). Irgendwann hat sich der Hirte dann leicht widerwillig entschuldigt und alle sind in Frieden weggefahren. Einen Strafzettel hat der Herr nicht bekommen (entsprach soweit meinen Wünschen), einen kleinen Denkzettel hoffentlich schon (von der Polizei eingeholt und angehalten zu werden ist ja nicht so die alltägliche Erfahrung).
Leider war meine Helmkamera schon längst aus (Akku leer), daher keine Aufnahme diesmal.
Lustigerweise lautet der Leitspruch auf der Homepage der Gemeinschaft "JC spricht: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig". So gesehen könnte man es auf die Situation bezogen so auslegen, dass die Kraft des JC mir heute eine Polizeistreife zur Hilfe geschickt hat (ohne dass ich jetzt an den graubärtigen Mann im Himmel glauben tue)
tl;dr: heute war die Polizei zufällig da, wenn man sie braucht, und hat einen vorfahrtsignoranten und uneinsichtigen Pastor kostenlos belehrt.