Eigentlich hatte ich immer den Eindruck, dass es eigentlich nicht so schlimm ist, aber ich verdränge wohl gerne die unangenehmen Begegnungen oder vielleicht ist es doch schon etwas Ernsteres.
Es begann heute morgen damit, dass ein gelocktes Blondchen in ihrem Gölfchen meinte mich noch ca. 20m vor einer Kreuzung überholen zu müssen, nur um dann andächtig zu verharren und die völlig freie kreuzende Strasse ausgiebig zu begutachten, ob denn ein gefährliches Abbiegemanöver nach rechts zu wagen sei. Nun, gut, die Dame hatte zum Glück ihren Blinker gesetzt, und so konnte ich einigermassen gefahrlos links überholen und meinen Weg geradeaus fortsetzen. Vermutlich würde ich sonst jetzt noch hinter ihr an dieser Kreuzung stehen.
Ein paar Kilometer weiter nähere ich mich einem Kreisel. Ich höre schon wie das Fahrzeug hinter mir den Motor hochdrehen lässt und zum Beschleunigen ansetzt. Naja, es gelang mir den sich anbahnenden Konflikt schon im Keim zu ersticken indem ich aus dem
Sattel ging, die Mitte der Fahrbahn für mich reklamierte und einen Kreiselsprint hinlegte. So schaffte ich es locker den Kreisel noch vor den zwei Autos zu nutzen, die gerade auf der gegenüber liegenden Seite der runden Verkehrsanlage in selbige einbiegen wollten. Mein Freund, der Beschleuniger, war wohl nicht mehr so erfolgreich, denn ich schaffte noch gute 300 Meter bis er mich endlich versägen konnte. Ich hoffe nur ich habe ihn nicht zu sehr auf seinen eiligen Wegen behindert.
Zum Glück waren bald Feld und Wald erreicht und ich freute mich auf eine etwas entspanntere Tour. Naja, zu früh gefreut, wie man sich denken kann. Tauchten doch bald drei durchaus kräftig gebaute Personen vor mir auf, mit zwei Hunden der Grösse Riesenkalb. Selbstredend nicht an der Leine. Als höflicher Radfahrer klingele ich und siehe da, ich werde sofort bemerkt. Aber das heisst ja nun noch nicht dass man mir jetzt ein winzig schmales Stückchen des breiten Weges freigeben würde. Nein, nein, nein. Erst als ich die Gruppe fast erreicht habe, beinahe auf Schritttempo runtergebremst, lässt man sich herab mich doch noch durchzulassen. Nicht ohne vorher die Hunde noch mit sich widersprechenden Befehlen anzuweisen wohin sie sich zu begeben hätten (die jedoch von den Tieren völlig ignoriert wurden). Es erfolgte noch der Versuch mir eine Danksagung abzuringen, die ich jedoch verweigerte und stattdessen nur die Tiere lobte, weil sie so 'brave Hundis' waren.
Ein schöner Climb mit anschliessender Schussfahrt im Wald liess meine Stimmung wieder auf ungeahnte Höhen steigen, doch traf ich kurz darauf eine achtköpfige Gruppe des Gemeinen Stockschreiters, die mir auf der breiten Waldautobahn entgegen kam. Nun, dachte ich, man sieht mich, es ist Platz, ich schaue freundlich, wir sollten aneinander vorbeikommen. Ohne Probleme. Je näher ich allerdings kam, je mehr brach mir der Schweiss aus. Niemand machte Anstalten mir auch nur Fitzelchen des Weges zu räumen und dazu wurden die Blicke immer grimmiger. Ich hatte wohl den vermessenen Frevel begangen mit meinem Bike in ihr heimisches Balz- und Brunftrevier einzudringen. Wie konnte ich nur. Als einigermassen geübter Offroader schaffte ich es dann doch mit einem Ausflug auf die Randbegrünung, die mordsgefährlichen Vertreter dieser Spezies hinter mir zu lassen, ohne dass eine ihrer langen, spitzen Waffen in meinen Speichen landete.
Zurück am oben erwähnten Kreisel traf mich (fast) die volle Wucht meiner früheren Respektlosigkeit gegenüber Autos. Eine Kombidame strebte zielbewusst in den Kreisel, völlig ignorierend das ich mich bereits dort drinnen und fast auf ihrer Höhe befand. Mit einem waghalsigen Schlenker über die Mittelbefestigung konnte ich ihrem Vorschiff gerade noch ausweichen und rief ihr über die Schulter ein "Hey, pass doch auf" zu. Aber da hatte ich nicht mit ihrem Beifahrer gerechnet, einem forschen Herrn der Gattung 'Beschützer von Witwen und Waisen', der, mit Testosteron vollgepumpt, mir aus seinem geöffneten Fenster die Faust entgegen schüttelte und mir Schläge androhte, da ich wohl den gebotenen Respekt vor seiner Dame des Herzens nicht erbracht hatte. Gut ich hatte inzwischen auch genug Testosteron aufgebaut, und ich als an sich äusserst friedfertiger Zeitgenosse, hätte nun nicht mehr gezögert ihm ein paar Belüftungsschlitze in die Kauleiste zu drücken, wenn die Situation eskaliert wäre. Zu seinem Vorteil wählte sein Schützling aber die Option ihren Weg in anderer Richtung fortzusetzen und ich konnte weiter meinem Vergnügen nachgehen und mich auf die nächsten spannenden Verkehrssituationen freuen.
Die drei freundlichen Autofahrer die ihre Schmuckstücke auf Radwegen abgestellt hatten, sind eigentlich keiner besonderen Erwähnung wert. Leider war es helllichter Tag und so war die Option Schuh > Tür, von der ich manchmal nachts wollüstig träume, nicht umsetzbar.
Eine zweite animalische Begegnung, dieses Mal von der Sorte Jungfünfziger, junges Ding (Enkelin?), Teppichratte blieb mir nicht erspart. Da alle drei mich trotz breitestem Asphaltweg völlig ignorierten, musste ich mich erneut durchs Gras an ihnen vorbeizwängen. Ich hätte dem guten Herrn gerne im vorbeifahren mit der flachen Hand aufs Hirn geklopft, bezweifle aber dass es etwas bewirkt hätte. Es zeigt leider nur deutlich und erschreckend, dass sich auch im friedlichsten Menschen enormes Aggressionspotential wecken lässt, wenn es die lieben Mitmenschen nur ernsthaft genug darauf anlegen.
Als mich dann zum Abschluss der Schrecken des Tages noch ein spätpubertierender Knabe, freihändig auf der falschen Strassenseite fahrend, um Haaresbreite mit seinem Fahrrad von meinem herunterholte, als er, vermutlich tief in feuchten Träumen von seiner neuen Freundin, plötzlich hinter einem parkenden LKW hervorschoss, habe ich mich schnellstens in ein romantisches Stückchen Wald zwischen Autobahn und Zugtrasse zurückgezogen in das sich wirklich nur äussert selten und ungern Menschen verirren, und die grösste Gefahr für einen Radfahrer darin besteht sich an einem über den Weg wuchernden Brombeergestrüpp einen Platten einzufahren (was mir dann auch gelang).
Ich hoffe ich habe niemanden mit meinen heutigen Erlebnissen zu sehr gelangweilt. Auf jeden Fall weiss ich nun wo ich mal nachlesen kann, sollte mich wieder mal der Gedanke überwältigen, dass ich im Verkehr selten bis gar keine Konfliktsituationen erlebe.