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Kettenlänge falsch eingestellt?

Auf dem Bild ist nicht einmal eindeutig zu sehen, dass die Kette wirklich zu lang ist und dabei war außer dem TE ja wohl auch keiner.
Für mich sind die beiden Bilder im Ausgangspost eindeutig: Bei klein/klein schrammt die Kette haarscharf am Schaltröllchen vorbei, berührt diese vielleicht schon im Normalbetrieb und wird bei Schlaglöchern sicherlich Kontakt dazu bekommen. Das muss nicht sein, wenn man beim groß/groß-Bild sieht, wie viel kürzer die Kette sein könnte. Das sehen offenbar auch andere Leser dieses Threads so.

@WilliW : unter "Legende", "Radler-Stammtisch-Sage" oder was auch immer, verstehe ich im Allgemeinen solche unhinterfragt auswendig gelernten, irgendeiner Radler-Bravo entnommenen oder sonstwie entstandenen Aussagen, die dann und wann schon mit fast religiöser Inbrunst jedem, der es auch gar nicht hören oder lesen will vorgebetet werden. Nach Möglichkeit von solchen, die selber kaum imstande sind einen Nagel in die Wand zu schlagen, die dafür aber sofort wissen, wann der Volkszorn über welchen vorgeblichen Pfuscher und Betrüger zu kommen hat.
Ich denke jetzt einfach mal, dass ich persönlich in diesem Forum nicht unter Verdacht stehe, die Dinge, über die ich schreibe, nicht zu verstehen und "keinen Nagel in die Wand schlagen zu können":). Und ich halte es jetzt wirklich für äußerst gewagt, das hier diskutierte Thema "Kettenlänge" mit all den fundierten Beiträgen über die Charakterisierung "Legende" in eine Linie zu stellen mit weichgefahrenen Rahmen usw.

Und in der Tat sind mir mehr kaputte Schaltwerke und abgerissene Schaltaugen untergekommen, weil die Kette eben unbedingt so kurz wie möglich gehalten werden sollte, aber eben entweder hier einfach übertrieben wurde oder beim Ersetzen der Kette mal eben vergessen wurde, dass auf dem Zweit-LRS eine deutlich gespreiztere Kassette montiert ist.
Nochmal: Bei "so kurz wie möglich" bedeutet das "möglich" eben gerade, dass nichts kaputt geht. Durch "groß/groß + zwei Kettenglieder" ist das ohne wenn und aber, ohne Aufwand und praktisch ohne Fehlerquelle sichergestellt. Deinem Verständnis von "so kurz wie möglich" liegt offensichtlich zugrunde, dass dabei mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine zu kurze Kette herauskommen kann. Und das ist falsch.

Natürlich verwendet man bei zwei Laufrädern dasjenige mit der größeren Kassette. Ist das ein ernsthafter Vorschlag, die Kette einfach grundsätzlich länger zu machen, weil man immer einrechnen muss, man könnte ja vergessen haben, dass man noch einen zweiten LRS mt größerer Kassette herumliegen hat? Wer geht denn so an solche Themen heran?

Und was die Montage quasi unter "Haftung" angeht: Genau genommen hat sich der Monteur hier an die Anleitung des Herstellers zu halten und die ist mittlerweile zumindest bei Shimano nicht mehr so richtig eindeutig: Die schreiben nach wie vor groß/klein und Schaltröllchen unereinander vor, bzw. Bei Ritzeln über 28 Zähne groß/groß plus zwei Glieder, verschweigen aber leider wie/ wo die Schwinge bei groß-groß nun zu stehen hat.

Campa schreibt seit Jahren wieder klein-klein bei "gerade so gespannt" und jüngst das selbe und mit 18mm Abstand zwischen Kette und Schwinge.
Warum es hier unterschiedliche Ansätze gibt, lässt sich sehr gut und vollständig verstehen, wenn man die Historie der Schaltungen bzw. Übersetzungen betrachtet.

Zunächst einmal ist es das grundsätzliche Ziel, das Schaltwerk so zu betreiben, dass der Käfig im mittleren Bereich betrieben wird. Also weder gerade nach vorne noch gerade nach hinten steht und am besten in beiden Extrempositionen den etwa gleichen (Winkel-)Abstand zur waagerechten einnimmt. Ich hoffe, da sind wir uns noch einig.

Damals (TM), als die Kettenblätter eher 52/42 abgestuft waren und Kassetten maximal von 11-25 oder von 12-26 gestuft waren (z.B. 8-fach Shimano Dura Ace 7400), reichte ein kurzes Schaltwerk hinsichtlich der Kapazität in allen Lebenslagen aus. Für die Bestimmung einer sinnvollen Kettenlänge musste man also nur einen Gang einlegen, bei dem eine mittlere Kettenlänge benötigt wurde und bei diesem Gang dafür sorgen, dass das Schaltwerk in einer mittleren Position steht. Genau daraus ist die allseits bekannte Regel geworden, vorne groß/hinten klein aufzulegen (mittlere Kettenlänge) und dabei den Käfig genau nach unten zeigen zu lassen (mittlere Position des Käfigs). Diese Regel steht für "kleine" Kassetten mit weniger als 28 Zähnen auf dem großen Ritzel nach wie vor im Shimano-Beiblatt der Schaltwerke.

Die Entwicklung ist nun bekanntlich in Richtung einer deutlich größeren Spreizung der Übersetzungen gegangen. Aus für mich persönlich nicht nachvollziehbaren Gründen wurde dabei die Käfiglänge beibehalten, wohl weil der "echte" Rennradfahrer grundsätzlich ein kurzes Schaltwerk fährt (Rennradlegende?:)). Die Luft, die man mit der oben dargestellten historischen Regel in Richtung der beiden Extrempositionen hat, wird dadurch deutlich dünner und je nach Kettenblatt/Kassetten-Kombination kann man unter Umständen außerhalb des zulässigen Bereiches landen. Die Gefahr besteht deswegen, weil vorne groß / hinten klein nicht unbedingt genau die mittlere Kettenlänge sein muss. Damals (TM), als die Kapazität der Schaltwerke noch nicht so ausgereizt wurde, reichte die Genauigkeit der Mittelposition aus, heutzutage eben nicht mehr bzw. nicht in jedem Fall.

Der gefährlichste Fall ist dabei die zu kurze Kette, die einem im schlimmsten Fall den ganzen Antrieb ruinieren kann. Deshalb ist es absolut schlüssig, sich an dieser Extremgrenze zu orientieren, die benötigte Länge für groß/groß zu bestimmen und dann für eine praktikable Kettenlänge genau definiert zwei Kettenglieder dazu zu addieren.

Jetzt gibt es natürlich noch eine zweite Extremposition, an der man sich orientieren kann, nämlich klein/klein mit einer gerade knapp am Schaltröllchen vorbei laufenden Kette. Wie Du schreibst, @lagaffe, schlägt Campa das so vor. Solange man innerhalb der Spezifikation bleibt, also im Wesentlichen keine zu großen Kassetten verwendet, geht das im Prinzip genau so gut wie die Orientierung an groß/groß. Allerdings muss man hier einfach mal im Forum schauen, wie viele Threads es gibt, in denen die vorgegebene Kapazität des Antriebs sportlich nach oben hin ausgeweitet wird. Die Orientierung an klein/klein könnte demgemäß, wenn man es zu weit treibt, am Ende tatsächlich zu einer Situation führen, in der die Kette zu kurz ist. Natürlich kann es in einer solchen Konstellation gar keine vernünftige Kettenlänge geben, da die Orientierung an groß/groß eine Kette liefern würde, die für klein/klein zu lang wäre. Aber immerhin würde man sich beim Ausprobieren nichts kaputt machen. Das spricht eindeutig für
die Orientierung an groß/groß, wie es auch im Shimano-Beiblatt beschrieben wird. Ein weiterer Punkt, der für die Orientierung an groß/groß spricht, ist der Wunsch, möglichst viel Kettenspannung bei klein/klein zu erhalten. Insofern also zwei gute Gründe, die für diesen Weg sprechen.

Und das ganz hat nichts -- aber auch gar nichts -- mit Legenden, auswendig gelernten Radler-Bravo Geschichten oder Religiosität zu tun.

Vielleicht noch abschließend ein Satz zur Motivation des ganzen Themas:
Aber im Ernst: Es gibt keinen zwingenden Grund, die Kettenlänge nach unten auszureizen. Gewinnen tut man nämlich eigentlich nichts dabei. Die Kette wird ja grundsätzlich nur so weit gespannt, dass sie nicht durchhängt und ordentlich geführt werden kann.
Doch, doch, es gibt einen sehr guten Grund dafür. Die Kette im Ausgangspost wird deutlich mehr herumschlackern und läuft auch wegen der Position des Käfigs deutlich näher an der Kettenstrebe entlang. Sicher ist das beim MTB ein deutlich größeres Problem, das z.B. auch neuerdings mit einem Feder-Dämpfer-System beim Käfig angegangen wird. Aber auch ein Rennrad wird schon mal über Kopfsteinpflaster gefahren oder es wird eine heftige Querfuge mitgenommen. Jedes Kettenglied zuviel führt dabei zu unnötiger Kettenbewegung, die im schlimmsten Fall beim Zusammentreffen ungünstiger Faktoren auch mal zum Abspringen der Kette führen kann.
 
Eigentlich ist es ja einfach:

So ablängen, dass man gross-gross fahren kann und dabei das Schaltwerk nicht maximal gestreckt/waagrecht ist, sondern noch etwas Reserve hat. Wenn es dabei senkrecht steht wie auf dem ersten Bild, ist es lang genug, tendentiell bereits ein oder zwei Glieder zu lang. Danach überprüfen, wie es bei klein-klein aussieht. Hier darf die Kette nicht am Schaltwerk streifen und die Kettenspannung sollte so hoch sein, dass die Kette nicht übermässig schwingt und runter springt.

So mache ich das bei 2fach Kompakt mit langem Schaltwerk und "Bergkassetten" seit Jahren, kann gross-gross und klein-klein fahren (wobei klein-klein nur versehentlich vorkommt) und hatte dabei weder Kettenabwürfe noch übermässiges Schwingen/Schlackern der Kette und es sind immer mal wieder Strecken dabei, welche die meisten hier ihren Rennrädern nicht zumuten würden.

"So lange wie nötig, so kurz wie möglich" lautet die Devise sinnvollerweise. Damit hat man Unsinn/Tradition/Radfahrerlatein, die Kette so kurz wie möglich zu machen, dass es bei gross-gross im Ernstfall das Schaltwerk abreisst, elegant umschifft. Letztlich ist es doch das, was er sagen will.
 
@WilliW : Natürlich wollte ich Dir in keinem Moment irgend etwas unterstellen. Das sollte eigentlich klar sein und ist dem geschriebenen eigentlich auch nicht zu entnehmen.

Erst recht habe ich auch nicht die Methode diskutiert. Ob jemand groß/groß, klein/klein, die Länge berechnet ist für die Erreichung des Zieles und mir persönlich erst recht, auch erst einmal egal.

Die Micklichkeiten, die jede Variante in sich birgt hast Du ja beschrieben. An einer anderen Stelle habe ich übrigens mehr oder minder das Gleiche von mir gegeben.

Im Grunde muß "nur" gewährleistet sein, dass die Kette auf allen Ritzeln nicht durchhängt, also gespannt ist und auf der anderen Seite nicht zu kurz wird. Mehr nicht.

Solange dies gegeben ist, funktioniert - natürlich wenn auch Einstellung etc. stimmen - die Schaltung auch so einwandfrei, wie sie eben funktionieren kann, auch unter widrigen Umständen, natürlich den Umständen entsprechend.

Ob hier nun der Kette potentiell noch zwei oder vier Glieder entnommen werden können spielt wirklich keine Rolle. Dazu sind die Unterschiede in der Kettenspannung auf den einzelnen Ritzeln auch zu gering. Abgesehen davon muß die Funktion innerhalb der Kapazität der Schaltung im Prinzip immer gewährleistet sein.
Wenn man irgendwo rüberbrettert, wo die Kette lustig springt, springt sie eben. Das wird durch zwei Glieder weniger auch nicht verbessert. Und ich gehöre zum Beispiel nicht zu jenen, die nur über "sammeten" Asphalt fahren. Insofern ist mir das auch ganz und gar nicht fremd.

An der Stelle kann ich Dir wirklich nicht folgen. Das sehe ich nicht so, habe es auch nicht erfahren ( und ich fahre ja nicht erst seit gestern Rennrad, geschweige denn allgemein Fahrrad) und technisch ist das nicht nachzuvollziehen.


Nur nebenbei: Vor gar nicht all zu langer Zeit lag die Kapzität von Schaltwerken mit kurzen Käfigen bei 27-28 Zähne, aktuell liegen die um die 33 Zähne.

Nimm bitte einfach zur Kenntnis, dass nicht jeder mit wirklicher Überlegung an so eine eigentlich banale Angelegenheit wie dem Kürzen einer Kette herangeht. Ich habe genauso erlebt, dass die so, wie sie aus dem Karton kommt auflegt wird, ohne sie anzupassen, und eben jene, die aus dem übernommenen Spruch ".....die Kette muß so kurz wie möglich sein....." sich berufen fühlen die Kette so weit zu kürzen, dass das Schaltwerk in seiner Gesamtheit regelrecht auseinandergezogen wird.

Frag mich nicht, wie jemand auf so etwas kommt, ich weiß es nicht und kann es eben nur auf dem Aufsitzen von "Legenden" zurückführen. Und das war und ist damit gemeint!

Zuletzt: es ist schon nicht verkehrt, beim Kürzen der Kette die Übersetzung mit der weitesten Spreizung, die man so fährt, als Referenz zu nehmen. Da erspart man sich im Zweifel den Kettenwechsel, wenn man die Laufräder austauscht. Aber das steht wieder auf einem anderen Blatt.
 
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