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Rennradfahren als Wintersport entdeckt
Eine gepflegte Runde durch den winterlichen Pfälzer Wald. Es gibt schweißtreibende Steigungen von 6 bis 8 Prozent und rasante Abfahrten mit schwungvollen Kurven. Die entlaubten Bäume geben den Blick in den tiefen Wald frei. Ein Rehlein dort, ein Graureiher da. Der Schnee bedeckt Buntsandsteinfelsen und die Blätter des vergangenen Herbstes, der Badesee lädt zum Schlittschuhlaufen ein.
Überschuhe? Dicke Hose im Zwiebelprinzip? Stechen in der Lunge? Nichts da! Die Fahrbahn ist frei, die Luft darüber 15 Grad warm. Es wird in kurz geradelt. Und das über 100 Kilometer puren Landschaftsgenuss auf autofreien Nebenstrecken.
Die Südwestpfalz hat eine Marktlücke entdeckt. Das findige Verkehrsamt hat in anderen Kommunen und Kreisen verbotene Heizpilze zum Schnäppchenpreis aufgekauft. Versorgt von einer Standleitung mit Biogas stehen die wohligen Wärmespender jetzt in 3 bis 5 Metern Abstand links und rechts am Weg. Obenauf eine Laterne. Training nach Sonnenuntergang – kein Problem. Natürlich gibt’s diesen Service nicht gratis.
Das Einzelticket für 5 Stunden kostet 20 Euro. Der unbegrenzt gültige Wochen-Rennradpass „All you can drive“ für Gruppen bis zu 10 Fahrern kostet 250 Euro.
Über das Internet und Zeitungen hat sich das Angebot schnell herum gesprochen. Aus ganz Europa und sogar aus Russland und den USA sind Radsportler in die Pfalz gereist. Hotels, Pensionen und Zimmervermieter können dem Andrang kaum noch gerecht werden. Einige Dauercamper vermieten sogar ihre Wohnwagen auf den naturnahen Campingplätzen entlang der Strecke. Die Touristiker zählten bisher 4.500 Rad-Wintersportler. In den Weihnachtsferien wird mit einem Besucherrekord gerechnet. Den durchschlagenden Erfolg hat keiner der politisch Verantwortlichen erahnt. Man werde nun die Infrastruktur weiter ausbauen: Das kulinarische Angebot, ein Shuttle-Dienst für weiter weg Untergekommene, eine Notarzt-Station, ein Physiotherapeut und nicht zuletzt Parkplätze für die Autos der Radler.
Weil die Kundschaft in der Pfalz so nah ist, haben führende Rad-Versender und Teileproduzenten ihre Stände aufgebaut. Sie leisten gerne ihren „Service Course“, helfen mal mit einem Schlauch oder einer neuen Kette aus. Dabei verführen die Anbieter so manchen Radler zu einer Probefahrt auf dem neuesten Modell. Auch hier klingeln die Kassen. Ein ortsansässiger Fahrradhändler hat gerade einen Rennradverleih eröffnet.
Anfängliche Proteste der Umweltorganisationen sind mittlerweile verstummt. Letztlich werde in den Heizpilzen Biogas verbrannt, das sonst ungenutzt in die Atmosphäre entlassen würde und das ohnehin umweltfreundliche Fahrrad werde propagiert. Das stimmte die Klimaschützer versöhnlich. Es sollen sogar schon Greenpeace-Aktivisten auf der Piste gesichtet worden sein. (krog)
Gruß,
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