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fahrlässige Tötung bei einem Radrennen...??

Es geht hier um Strafrecht und das endet nicht mit dem Startschuss eines Renners oder dem Anpfiff eines Fußballspiels.
Der Fahrer hat keinen "Knollen" wegen Geschwindigkeitsüberschreitung bekommen.
Das ist doch selbstverständlich, dass bei einem Todesfall eine genaue Untersuchung stattfindet und wenn ein Verursacher ermittelt wird, dass das Ganze dann auch strafrechtlich abgearbeitet wird.

Natürlich ist das selbstverständlich und ich denke, es bezweifelt auch niemand, das grobes Fehlverhalten ggf. auch strafrechtlich belangt werden muss. Es stellt sich bloß die Frage, was als "Grob" anzusehen ist. Bei vielen Sportarten gehören Verhaltensweisen speziell im Wettkampf dazu, die man im normalen Leben eben nicht tolerieren würde. Das heisst natürlich trotzdem nicht, dass Sport ein rechtsfreier Raum ist, aber die Bewertung ist da durchaus manchmal schwierig. Wer an Rennen teilnimmt, kann dort mMn nicht die Maßstäbe an das Verhalten anderer Teilnehmer legen, die man im Straßenverkehr hat. Jeder der sich bei einem Rennen an die Startlinie stellt, muss sich vergegenwärtigen, dass man dabei eine gewisse Gefährdung durch andere billigend in Kauf nimmt, man ist außerdem auch selber Teil des Riskos für andere.
Bezogen auf den konkreten Fall hier würde ich sagen, wenn dem Unfall tatsächlich eine Rempelei oder ungewöhnlich agressive Fahrweise vorangegangen wäre hielte ich die strafrechtliche Belangung des Verursachers für zweifelsfrei geboten. Bei dichtem Vorbeifahren bin ich mir da aber schon weniger sicher, wo da die Grenze ist. Natürlich macht es Sinn bei Hochgeschwinidkeitsabfahrten mehr Abstand zu halten, aber was dann als ausreichend erachtet wird ist eine offene Frage. Selbst wenn man das deifnieren könnte ist es außerdem fraglich, dass sich sowas in einem Rennen praktisch umsetzten lässt. Da ist ziemlich voel Bewertungsspielraum drin und nach meinem Rechtsempfinden sollte man dann eher keine Entscheidung treffen.

Es geht nicht nur darum ein Zeichen zu setzen, es geht auch darum, das Angehörige abschließen können. Auch wenn eine Untersuchung ergibt, dass der Verunglückte den Unfall selbst verursacht hatte. Ungewissheit ist in solchen Fällen eine immense Belastung.
Da habe ich Zweifel. Die Fähigkeit mit sowas als Angehöriger umzugehen hängt nach meiner persönlichen Erfahrung von anderen Faktoren ab. Fehlende Resilienz "heilt" man mMn nicht durch eine juristische Aufarbeitung.
 
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Also von dem Artikel her kann man auf keinen Fall sagen, ob das Urteil gerechtfertigt ist.
70km/h und 30cm Abstand z.B. am Eingang der Fuchsröhre sind das normalste überhaupt, besser als irgendwelche Schlenker fahren. An einem Kurveneingang auf schmaler Bergstraße sieht das ganz anders aus.
Im Rechtsstaat gilt ja grundsätzlich im Zweifel für den Angeklagten und die meisten Stürze passieren ja im großen Pulk und gerade da ist es annähernd unmöglich rauszufinden, von wem das Fehlverhalten kommt. Und dann kommt noch dazu, dass ein unnötiger Schenker ja durch den Fehler eines anderen erzwungen sein kann. Grundsätzlich halte ich solche Urteile unter Wahrung der Unschuldsvermutung zu 95% für nicht möglich. Man kann da eigentlich immer nur an Vernunft und Gewissen appellieren. Nur wenn jemand halt wirklich sehr schwer verletzt wird oder stirbt, dann hat das logischerweise ein juristisches Nachspiel.

Ich habe mich aber in ähnlichen Situationen auch schon gefragt, wie das läuft. Ich habe einen Sturz im Rennen (ca. 300€ Sachschaden + leichte Verletzungen) durch 100% Fremdverschuldung gehabt, einen mit 70€ Sachschaden und leichten Schürfungen durch komplette Fremdverschuldung und einmal war ich zu 100% alleine schuld und habe einen anderen mitgerissen (war wohl alles in Ordnung bei ihm).
Ich glaube, bei so kleineren Sachen würde jede Staatsanwaltschaft die erfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Sachbeschädigung einstellen.
 
Ich denke, da können wir lange drüber philosophieren und im Prinzip stimmen die Meinungen alle überein.
Bei tatsächlicher (grober) Fahrlässigkeit ist die Strafe angemessen. Problem ist nur dass wir es nicht rekonstruieren können.
Die zusätzlich verlinkten Artikel lassen mich persönlich schon stark zu grober Fahrlässigkeit tendieren:
«Wir vier waren in Führung – zuvorderst Christian – und hatten bei der Abfahrt gegen Böttstein ein Tempo von gut 70 km/h drauf, als wir links von H. überholt wurden, der dann stark nach rechts einschwenkte und schliesslich seinen Oberkörper stark direkt gegen M. bog. Ich will niemanden beschuldigen, aber es war eine sehr unnatürliche Bewegung

Die Frage, die man sich hier natürlich stellen kann: Hätte der Zeuge diese Aussage so getätigt, wäre nichts passiert?
 
Dass es einen Körperkontakt gab, räumt ja offenbar sogar der Verurteilte selbst ein. Und dass ein unmittelbarer Körpereinsatz gegen Konkurrenten kein akzeptables Wettkampfverhalten mehr ist, sollte klar sein. Damit bleibt die Frage, ob unbeabsichtigt ein Fehler gemacht wurde, wie er in einer Wettkampfsituation nunmal vorkommen kann, oder grob rücksichtslos bewusst gefährdet wurde oder es sogar ein absichtlicher Bodycheck war. Staatsanwaltschaft und Gericht haben die mittlere Variante angenommen. Wenn es sich wirklich so zugetragen haben sollte, wie es die Zeugen den Presseberichten nach geschildert haben, dann wäre der Verurteilte damit noch gut bedient.
 
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Ein Rennen kann niemals ein Freibrief sein, Menschenleben bewusst zu gefährden - wer bei bei 70 km/h (offenbar auch noch unnötigerweise) maximal eng überholt, dem muss klar sein, dass er andere und sich selbst in ernsthafte Gefahr begibt; selbst wenn man es selbst meint unter Kontrolle zu haben, kann man nicht davon ausgehen, dass der andere seine Spur um keinen Centimeter verlässt. Und da man den Berichten entnehmen kann, dass der Verurteilte den anderen touchiert hat, reichte der Abstand ganz offenkundig nicht aus, da muss man dann auch nichts relativieren.

Die strafrechtliche Verurteilung ist ja noch fast die geringste Strafe; damit zu leben, schuldhaft jemanden getötet zu haben und dann noch rund eine halbe Million an Gerichtskosten und Schadenersatzforderungen bedeuten wohl auch für den Unfallverursacher einen tiefen Einschnitt im Leben.

Tragisch das Ganze, vor allem, weil es wohl leicht vermeidbar gewesen wäre.
 
Was regt euch das so auf?
Auch im Straßenverkehr kann man sich nach der STVO verhalten und trotzdem bei einem Unfall die Schuld dafür bekommen.
Angesichts des Strafmaßes (1 Jahr auf Bewährung und 2000fr Bußgeld) denke ich, dass all das was ihr hier an Bedenken aufzählt, auch beim Urteil berücksichitgt wurde. Er war nunmal der Verursacher/Auslöser des Unfalls
 
Ein Rennen kann niemals ein Freibrief sein, Menschenleben bewusst zu gefährden - wer bei bei 70 km/h (offenbar auch noch unnötigerweise) maximal eng überholt,
Aus den verfügbaren Berichten geht nicht hervor, dass Menschenleben bewusst gefährdet wurden, das bedeutet Vorsatz und zu diesem Schluss konnte sich offensichtlich auch das Gericht nicht durchringen. Macht aber nix, auf solche Details kommt es schließlich gar nicht an, wenn man grad dabei ist sich moralisch zu ereifern ...
 
Aus den verfügbaren Berichten geht nicht hervor, dass Menschenleben bewusst gefährdet wurden, das bedeutet Vorsatz und zu diesem Schluss konnte sich offensichtlich auch das Gericht nicht durchringen. Macht aber nix, auf solche Details kommt es schließlich gar nicht an, wenn man grad dabei ist sich moralisch zu ereifern ...
Das ist nicht ganz korrekt. Vorsatz heißt wissen und auch wollen. Dafür, dass er es gewollt hat, gibt es keinerlei Anhaltspunkte, finde ich auch auch schwer vorstellbar. Fahrlässigkeit heißt 'billigend in Kauf nehmen' - man weiß (= bewusst) um mögliche Folgen der Handlung, denkt aber 'wird schon gutgehen'.

Und wer ereifert sich? Ich nicht. Wir machen alle Fehler, die zum Glück aber nur sehr, sehr selten solche schlimmen Folgen haben. Mir tut der Verursacher auch leid, eine falsche Entscheidung in der Hektik, und dann solche Konsequenzen ....

Letztlich war keiner dabei, weder im Gericht, noch beim Rennen. Eigentlich sind 2 kurze Zeitungsberichte zu wenig, um sich ein Urteil zu bilden.
 
Also, 4Mann Spitzengruppe, einer überholt nicht StvO - gerecht, 3legen sich ab, Einer stirbt.
Wer erwartet jetzt von den 2 Gestürtzten das sie ihr eigenes Unvermögen preisgeben?
Ich nicht!
Aus dem Nachbarforum rauskopiert.

Der verurteilte Fahrer war Mitglied unseres Teams. Ein ruhiger, besonnener und - als ehemaliger Cross-Profi - sehr erfahrener Mann, der seine Rennmaschine beherrschte wie kein anderer und sich im Pulk geschickt und geschmeidig bewegte. Kein übermütiger Hitzkopf der sich und den anderen etwas beweisen musste. Wir haben viel von ihm gelernt und Manches abgeschaut.
Jeder der Rennen fährt, erlebt immer wieder gefährliche Szenen, sieht Stürze und liegt manchmal selber auf der Nase - manchmal selbst-, manchmal fremdverschuldet, manchmal auch durch eine Verkettung unglücklicher Umstände, ohne eigentliche Sturzverursacher. Wir gehen dieses Risiko ein, weil es uns wert ist.
Dieses Urteil ist ein Skandal. Somit stehen wir künftig bei jedem Rennen mit einem Bein im Gefängnis!

Rawuza
 
Das ist nicht ganz korrekt. Vorsatz heißt wissen und auch wollen. Dafür, dass er es gewollt hat, gibt es keinerlei Anhaltspunkte, finde ich auch auch schwer vorstellbar. Fahrlässigkeit heißt 'billigend in Kauf nehmen' - man weiß (= bewusst) um mögliche Folgen der Handlung, denkt aber 'wird schon gutgehen'....
Das ist - mit Verlaub - etwas falsch (jedenfalls, soweit es die strafrechtliche Beurteilung hierzulande betrifft;
bitte auch daran denken: Wir sind hier nicht in der Schweiz !)
Die bei Laien oft bemühte Redewendung "billigend in Kauf nehmen" hat eben gerade nichts mit Fahrlässigkeit zu tun. Die Juristen meinen bei "billigend in Kauf nehmen", immer vorsätzliches Handeln (sog. "dolus eventualis") ! Hier ist das Wissenselement beim Täter dominant, während bei den übrigen Vorsatzformen das Wollenselement ausschlaggebend ist.
In Abgrenzung zum Vorsatz bedeutet die Fahrlässigkeit immer eine Sorgfaltspflichtverletzung:
Der Täter wollte niemanden verletzen und vertraut darauf, daß alles gutgehen werde; der Taterfolg wird deshalb bei der Fahrlässigkeit täterseitig eben gerade nicht "gebilligt".
Diese Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit füllt ganze Bibliotheken.
Soviel zur rechtlichen Erhellung. Aus den moralischen Bewertungen halte ich mich raus:
Ich war nicht dabei.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Oh ja, da habe ich bedingten Vorsatz und Fahrlässigkeit durcheinander bekommen. Peinlich
Worauf ich hinaus wollte, war das Willenselement beim Vorsatz und dass man bei Fahrlässigkeit die Gefahr durchaus hätte erkennen können.
 
...Worauf ich hinaus wollte, war ... dass man bei Fahrlässigkeit die Gefahr durchaus hätte erkennen können.
Kleiner Nachtrag hierzu (es fiel mir beim Radfahren ein ;)):
Die strafrechtliche Fahrlässigkeit setzt geradezu voraus, daß der Täter die "Gefahr hätte erkennen können".
Anderenfalls wäre es ja keine Fahrlässigkeit, über die wir hier reden !
Dabei ist im Strafrecht immer als Maßstab auf die individuelle Person des Täters abzustellen,
d.h. seine besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse sind zu berücksichtigen.
Für einen am Rennen teilnehmenden Radprofi gelten daher ganz andere Strafbarkeitsmaßstäbe als für die gelegentlich radelnde Oma.
 
...Die bei Laien oft bemühte Redewendung "billigend in Kauf nehmen" hat eben gerade nichts mit Fahrlässigkeit zu tun. Die Juristen meinen bei "billigend in Kauf nehmen", immer vorsätzliches Handeln (sog. "dolus eventualis") ! Hier ist das Wissenselement beim Täter dominant, während bei den übrigen Vorsatzformen das Wollenselement ausschlaggebend ist.
In Abgrenzung zum Vorsatz bedeutet die Fahrlässigkeit immer eine Sorgfaltspflichtverletzung:
Der Täter wollte niemanden verletzen und vertraut darauf, daß alles gutgehen werde; der Taterfolg wird deshalb bei der Fahrlässigkeit täterseitig eben gerade nicht "gebilligt". ...
Schön erklärt. Zu ergänzen ist, dass es bei uns (wie es in der Schweiz ist, weiss ich nicht) noch eine dritte Variante gibt, die hier einschlägig sein kann: Körperverletzung mit Todesfolge, also vorsätzliche Körperverletzung, deren nicht gewollte Folge der Tod des Verletzten ist. Da ist Vorsatz bezüglich der Körperverletzung nötig, aber nur Fahrlässigkeit bezüglich der Todesfolge. Ein absichtlicher "Bodycheck", der einen nicht gewollten tödlichen Sturz verursacht, würde wohl darunter fallen. Dafür gäbe es bei uns eine Mindeststrafe von - je nachdem wie die Umstände des Einzelfalls sind - drei Jahren bzw. einem Jahr. Ein durch die Medien gegangenes Beispiel dafür ist der sog. Fall Tugce, eine Ohrfeige, die zu einem Sturz mit tödllichen Kopfverletzungen führte.
 
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