Stelvio erreicht, Berichte
Wo fängt man an wo hört man auf zu berichten, schwer ists, da das ganze Vorbereitungstraining ja auch zur Elbspitze gehört. Mindestens drei vier Nächte vorm Start war mein persönlicher Start der Elbspitze. Nervös, wenig Schlaf und aufgeregte Darmflora, kein Zuckerlecken. Die Nacht vorm Start nicht besser und auch noch deutlich kürzer. 2:45 Uhr klingelt der Wecker, alles steht am richtigen Fleck. Anziehen, Kaffee einen Happen Essen und schon steht Jens mit Yvi vor der Tür. Wir fuhren mit Auto zur Frauenkirche. Dort dann Aufstellung nehmen zum Interview.
Was erwartest Du von der Elbspitze ?
Ja was ich mir vornehme, keine Ahnung ein geiles Erlebnis vielleicht, erstmal reinschnuppern, mehr wird nicht verraten, alles Taktik. Wer weiß schon, was alles kommt.
Dann Foto machen mit allen Fahrern und los gehts, 05:00 Uhr. Mein Papa wollte sich in Zinnwald postieren und Fotos schießen, was also tun. Reinhalten bei der ersten Bergwertung, in Front auf das Foto logisch. So kams dann auch, dass ich unter Vollstrom die Bergwertung holte, aber Pa hatte ich natürlich nicht gesehen, zu hoch lief die
Pumpe, Anschlag und das nach nur 50 km und noch zu fahrenden 720 Km, wie sinnlos eigentlich, aber auch das ist Rad fahren, auch das gehört zur Elbspitze. Es folgt der lange Turn duch CZ, für mich persönlich ein prägendes Erlebnis da ich kurz vor Besiny beim Richtung anzeigen die Kontrolle über die Maschine verlor und die Straße vermessen habe. Sah wohl ziemlich schlimm aus, aber die Knochen blieben heil und ich konnte mit einigen Schürfwunden weiterfahren.
Bis dahin lief die Gruppe traumhaft, super Rhythmus, tolle Stimmung und 32er Schnitt. Kein Gemecker alles Perfekt. Dann im Böhmerwald erste große Bergwertung, ganz großer Bahnhof. In der Spitzengruppe gemeinsam mit Sirko und Bergfex 320 Watt nach 270 Km und noch 500 zu absolvierenden Km, Kehre um Kehre schrauben wir uns nach oben, mehrere Attacken von allen Dreien verpufften, grandios. Dann finale Attacke durch Bergfex zu früh, geplatzt. Sirko gewinnt, ich als Zweiter durch alles perfekt.
Weiter gehts durch den Bayrischen Wald. Ab hier 3 h Dauerregen, Temperatursturz von 28 Grad auf 14 Grad, schon ekelig, aber noch erträglich. Die Nacht war trocken, aber die Straßen noch nass. Konzentration also. Es wurde ruhig im Feld. Die Müdigkeit kam durch und musste mit Jens's Gequatsche bekämpft werden. Ich sehnte der Morgendämmerung entgegen. Und dann war da noch die aufgeregte Darmflora, welch ein Elend. Scheißerei auf der Elbspitze, jede Pause große Toilette, aber ich war nicht allein mit diesem Problem. Aber auch das ist erträglich, alle haben ihre Wehwehchen.
Endlich die Sonne geht auf, wir sind schon südlich von München, Pause in Mittenwald an der Kaserne und von da an zählte es. 180 km und 5.000 Hm noch zu bewältigen, krasse Vorstellung aber mir war das im Kopf klar. Erst jetzt beginnt die heiße Phase, so oder so, das Thermometer kannte nur eine Richtung. Aufwärts und das Streckenprofil ebenso. Buchener Höhe, Pillerhöhe, Norbertshöhe und der Stelvio, welch eine Vorstellung beim blick auf den Tacho, der schon jetzt 600 Kilometer anzeigte.
Aber auch hier muss ich sagen, gab es keine echten Patienten im Team, alle wollten durchziehen, es kam für keinen in Betracht abzubrechen, obwohl die Möglichkeit permanent gegeben war.
Die Alpen präsentierten sich in bester Laune. Hochsommer, beste Sicht und Landschaft zum Träumen. Ich träumte schon vom Stelvio, was würde wohl dort passieren. Gelb war das hochgesteckte Ziel, mein junior hatte noch eingefordert den gelben Lappen mitzubringen. Oh Gott, welche Forderung. Im Team kamen sicherlich fünf starke Fahrer für das gelbe Trikot in Frage. An erster Stelle natürlich Sirko unser Stärkster überhaupt, ist er doch die Messlatte für mich selbst, gibt er doch meist den Takt vor. Bergfex, die Maschine ist er mal motiviert ist alles möglich. O-Alex mit seiner Substanz, seinem Wille und seinem Trainingspensum auch ein klarer Kanditat und dann waren da noch mehrere Fahrer, die man nicht so genau kannte. Alles offen also, ich orientierte mich an Sirko und behielt ihn immer im Auge.
So wurde die Pillerhöhe erstmal hochgerollert, steil wie Sau, heiß wie Sau es tat weh und Bergpunkte gab es auch. Apropos, diese Bergwertungen waren einfach genial. Da war immer etwas Druck im Feld und es war mitnichten so, dass niemand um die Punkte fuhr. Da gab es große Fights und sicherlich Eindrücke für die Ewigkweit. Die Abfahrt von der Pillerhöhe aber hatte es in sich, hier büßte Niko (WG-Opa) sin Carbonlaufrad ein. Hitzschock, gebrochene Bremsflanke voll im A.... zum glück waren Ersatzlaufräder im Begleitfahrzeug und auch für Niko gings weiter.
Unaufhörlich näherten wir uns dem Ziel, immer näher rückte die italienische Grenze. Nach der letzten offiziellen Pause in Prutz (ca. 90 km vorm Ziel) ging es ins Finale. Es war jetzt Mittagszeit und die Hitze war unausstehlich, der Polar zeigte 37 Grad, kein Schatten. Absprachegemäß trennten sich die Wege, eine Gruppe fuhr ab hier langsam auf Ankommen, in der anderen Gruppe gings jetzt um die Plätze. wie geil, wenn fünf sechs Fahrer nach 700 Kilometern noch die Kraft und den Willen haben zu kämpfen. Ich ziehe den Hut vor allen, ihr seid Tiere. Das Tempo war gleich wieder sehr hoch, die Wellen waren nur mit Druck und Schmerz zu überstehenm, wollte man nicht rausplatzen. Plötzlich kurz Verschnaufen das Tempo verflachte und O-Alex ging weg vom Feld. Ich fuhr hinterher, die verbleibenden fahrer nicht. So waren wir nun zu zweit und näherten uns der Norbertshöhe. O-Alex ließ dann irgendwo reißen und so kam ich zu einem unverhofften Solo. Ganz allein vornweg dem Stelvio entgegen. Norbertshöhe, vielleicht 500 Hm 7 - 9 % es lief rund, eine Flasche nach der anderen lief in den hechelnden Hals. Neben dem Xenofit-Gel (danke dafür an
www.Radsport-Jeremies.de) die beiden Lebenselixiere. Ankunft Norbertshöhe niemand war zu sehen, das TV-Team berichtete von einem großen Vorsprung, erst jetzt realisierte ich die sich aufzeigende Chance den gelben Lappen zu holen. In Verbindung mit dem extremen Rückenwind, der mich ab Nauders nach Reschen fegte, wuchsen mir Flügel, meist nur die große scheibe drauf. Zich Rennradler auf dem Weg nach Reschen wurden Opfer der Elbspitze. Immer wieder Blick zurück, keiner zu sehen. Ich hatte Angst, dass Sirko kommt, permanent fragte ich die Teamfahrzeuge, sie berichteten von Riesenabständen, ich glaubte ihnen nicht und ließ nicht locker. In Mals erstmal verfahren, falsch abgebogen. Enge Gassen, Pflaster und Orientierungslosigkeit doch irgendwie fand ich die breite Straße Richtung Meran wieder. Endlich die Passschilder. Passo del Stelvio .... 26 Kilometer / 2.800 Hm .... mein Polar zeigte gerademal 912 Meter an. unvorstellbar, die Kräfte schwanden, die Befürchtung doch geschnappt zu werden stieg. In Prad nochmal Flaschen füllen,
helm ins Begleitfahrzeug und los. Immer begleitet von der Livekamera und dem Fotomann, hallo war das geil, jede dritte oder vierte Kehre Kameras, das Auto oft hinter dir die Linse auf die Waden gerichtet, Flaschentausch direkt ohne abzusteigen. Genial, ihr seid Spitze ... dann war da noch meine Schwester und Carsten mein hoffentlich Baldschwager.
Auch sie standen im Anstieg brüllten mich irgendwo hinter Trafoi den Pass hoch, auf der Straße "Gourmet GO !!!!" in Neongelb. Welch großer Radsport, Kehre um Kehre ging es nach oben. Doch 1.800 Hm dauern, es ging ewig und es war sausteil. Mit meinen 34/25 noch erträglich, aber andere aus unserem Team sind dort mit 39/25 hoch, für mich unvorstellbar. Immer wieder die Frage an die motorisierten Begleiter, wie weit der nächste weg ist. immer wieder "weit weg". Endlich die Franzenshöhe, noch 500 Hm, noch einmal Erzgebirgssüdhang im vergleich. Endlich war es da das Ziel vor Augen, nur noch 500 Hm und wieder kamen Annina und Carsten mit Auto an mir vorbei und feuerten mich an. Danke danke danke ... oh Stelvio was bist Du für eine Göttin. Passhöhe erreicht, Sachsenfahnen wehen, Anfeuerungsrufe, drei vier Gänge tiefer Zielsprint, das muss sein jetzt. Krämpfe die Folge in beiden Schenkeln. Auch egal links weg noch 200m bis zum Ziel Tibethaus. Geschafft, ausklicken aufs Oberrohr legen, innehalten. Zielankunft 16:55 Uhr ....
Elbspitze gefinisht, keine klaren Gedanken mehr, völlig verausgabt, leer wie nie zuvor, auch die Heimat strong getoppt. Ab jetzt war ich Zuschauer und ich schaute zu. Bis um acht Uhr kamen nach und nach alle Fahrer ins Ziel. Größten Respekt an alle, ihr seid großartig gefahren. ich hätte nicht geglaubt, dass wirklich alle ins Ziel kommen. Die Elbspitze ist Radsport auf allerhöchstem Niveau, ich verehre jeden Einzelnen von Euch.
Ich freue mich wahnsinnig für Jens, meinen Busenkumpel. Er hat gefinisht, er hat keinen Berg ausgelassen, er war mein Garant fürs Wachbleiben in der Nacht. Danke Freund !
Und auch riesigen Dank an alle Helfer. Ohne Euch ist das alles nicht möglich, ihr seid traumhaft und die Allerallerbesten. Dank auch an unsere Sponsoren
www.Radsport-jeremies.de und die Fahrschulde Dietmar Schnabel in Seifersdorf. WAHNSINN