Das passt noch sehr gut zur angegebenen Gesamtkapazität von 26 Zähnen, die man bei Suntour ausnahmsweise halbwegs ernstnehmen darf. 28 Zähne kenne ich da als reale Grenze, bei der's dann wirklich rattert und hakelt. Die Suntour-Schaltwerke verwende ich deshalb lieber mit einzelnem Kettenblatt, aber 10 Ritzeln und ordentlicher Bandbreite hinten.
Ansonsten war hier ja nie die Rede von "neu" oder "bahnbrechend"; manchen Rädern (und Leuten) reicht es einfach, schön zu sein. Ein Neubau aus Stahl profitiert dabei oft von den heutigen Rohrdimensionen und -qualitäten; die Unterschiede bemerke
ich ja schon bei 53er Rahmen. Und das will doch was heißen, weil mir eigentlich ziemlich egal ist, ob sich ein Rad so irgendwie eher beschissen fährt - ich behalte es meistens trotzdem.
Materialdiskussion Stahl und Technik alt und neu, ein paar Gedanken dazu:
Einen 60er oder 62er Rahmen würde ich eindeutig nicht mit 25,4er Ober- und 28,6er Unterrohr bauen wollen, aber er würde mit 28,6/31,8 und den heutigen Wandstärken auch nicht schwerer als ein Klassiker. Mit 31,8/35 unter Umständen auch noch nicht.
Andererseits erreicht man bei Wandstärken um die 0,4 mm gerade an dicken und ovalen Rohren so eine Art Angstgrenze, weil die sich wirklich sicht- und spürbar mit der Hand zusammendrücken lassen. Und ein wirklich dünnwandiges Gestell ist dann auch nicht unbedingt sooo deutlich steifer, als ein Klassiker mit 0,9-0,6 oder durchgehend 0,8 mm.
Was wir heute auch haben, sind
profilierte und vorgebogene Rohre in vielen sinnvollen Dimensionen, aber ausgerechnet dabei wundere ich mich oft über deren Verwendung: Wenn ich doch unheimlich ovale 20-12 mm Sitzstreben mit 0,5 mm Wandstärke bekommen kann, würde ich die zumindest an einem Tourer nicht in Aero-Längsausrichtung verbauen, sondern quer. An einem Aero-Spaßprojekt zählt das natürlich aus optischen Gründen nicht.
Eher als Nachteil sehe ich die
ovalen 30/17-Kettenstreben, die eigentlich nur für coole Optik bei ordentlichem Reifendurchlass sorgen. Gerade habe ich ein paar wahnsinnig leichte, uralte Vitus-Kettenstreben verbaut, 22 mm rund-oval-rund, die deutlich seitensteifer sind als die meisten modernen ovalen - und das schon ohne Steg dazwischen. Ich war erstaunt,
wie deutlich das ist.
Was ich bei Columbus vermisse, sind
Gabelbeine mit wechselnder Wandstärke, also z.B. 0,9 mm oben und 0,6 unten, und wirklich leichte 1"-Gabelschäfte. Reynolds hat sowas und damit könnte man leichte Gabeln bauen, die wirklich federn - zumindest für kleine, leichte Leute.
Stahlgabeln mit 1/1/8-Schaft werden unnötig schwer, Aheadgabeln auch, die nötigen Steuerrohre für dicke Schäfte erst recht - aber hey, an einem modernen Rad halte ich eine
aktuelle Kohlefasergabel nicht für ein Denkverbot. Mit der Kombination bewegt man sich gewichtsmäßig dann durchaus schon im Aluminium-Mittelfeld und hat bei Bedarf trotzdem noch die klassische Optik.
Mit den modernen MTBs und den Scheibenbemsen kamen die
Steckachsen. Ordentlich gemacht und fest angezogen, ergibt das eine ganz erstaunliche Stabilität, aber die passenden Ausfallenden sind aus Stahl wirklich mal schwer. Kompensieren könnte man das mit einer wirklich leichten Nabe, die sich dank Steckachse nicht mehr um ihre Alu-Achse mit lose draufgestecktem Freilauf scheren müsste - aber ausgerechnet die gibt es praktisch nicht für Steckachse
ohne Scheibenbremse. Schade, denn:
In der ganzen Steckachs-Geschichte versteckt sich ein echter, nennenswerter Vorteil, den nach wie vor niemand umgesetzt hat. Steckachse raus, Rad fällt nach unten aus dem Rahmen - keine Achsstummel verhakeln sich irgendwo, besonders gut zielen muss man auch nicht. Bleibt noch die Kette - warum kann die nicht einfach auf einen Ring am Ausfallende schalten, neben dem kleinsten Ritzel? Dann wäre der Radwechsel ohne Dreckfinger möglich, und der radlose Transport mit ganz normal gespannter Kette ohne zusätzliche Teile. Natürlich wird so ein Ausfallende etwas breiter und die Schalterei muss auch umgebaut werden für den zusätzlichen, aber absolut narren- und unfallsicheren Gang. Eine andere, einfachere Lösung habe ich dafür auch noch im Sinn; da werden die kommenden Monate irgendwann zeigen, ob sie funktioniert.
Die ultimative Kombination wäre wohl: Steckachse, Kettenhalter und Schaltwerk "von vorne", bei dem auch der Zug ohne Hülle direkt von vorn kommt. Nivex- oder Altenburger-Style. Ich bin mir sicher, dass man sowas auch mit moderner Optik bauen kann, statt die Originale zu imitieren.
Scheibenbremsen sehe ich nach wie vor eher kritisch bei Straßen- und Tourenrädern, aber da will ich gerade nicht abschweifen. Aber Stahlrahmen für Scheibenbremsen werden definitiv schwerer, als normale - vor allem, wenn auch die Gabel aus Stahl sein soll.
Moderne Teile sehen an Rahmen mit klassischen Rohrdimensionen oft ausgesprochen doof aus. Deshalb verwenden ja auch die meisten Leute alte oder zumindest klassisch wirkende Teile an den relevanten Stellen, z.B. bei der Kurbel. Ich finde das völlig in Ordnung so; auch da gilt wieder, dass der lässige Tourenfahrer vieles von der aktuellen Hochleistungstechnik nicht wirklich braucht.
Bei der
Beleuchtung klafft nach wie vor eine große Lücke zwischen dem aktuellen Stand der Technik, den Möglichkeiten geschickter Kombination erhältlicher Teile und erträglicher Optik. Es gibt eigentlich nur eine schöne Klassikerleuchte für vorn und überhaupt kein schönes Rücklicht, das auch sinnvoll ist. Also jetzt mal auf die offiziell zugelassenen Teile bezogen.
Wer nachts gut sehen, tagsüber aber auch gut
aussehen will, muss Kompromisse eingehen oder sich hart am Rand der Legalität bewegen, wobei mir persönlich letzteres ziemlich egal ist.
Unterm Strich denke ich:
Es kann deutlich einfacher und im Ergebnis sinnvoller sein, einen neuen Stahlrahmen nach den persönlichen Vorstellungen zu bauen, als nach einem gebrauchten mit unbekannter Vorgeschichte und oft auch überraschenden Eigenschaften zu suchen, der vielleicht zufällig doch mal passt und genau das tut, was man sich so vorstelt.