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"Belchen satt" - Super-Randonnée

Hallo @Speichennippel, danke dafür daß du diesen alten Bericht wieder raus gekramt hast.
Mir geht es ähnlich wie dir damals, denn ich habe einen Heidenrespekt vor den SRs.
Aber nachdem ich deinen Bericht gelesen habe, nehme ich mir für nächstes Jahr einen SR vor. Entweder den Freiburger oder den Münchner.
Dieses Jahr ist erst mal PBP dran. Und davor habe ich auch ziemlich viel Respekt ...
Gerhard
 

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Re: "Belchen satt" - Super-Randonnée
Ich bin die BelchenSatt letztes Jahr gefahren, definitiv ohne in Form für 12.000hm zu sein. Ich war rechtzeitig im Ziel und habe fast jeden Meter genossen (die 60km flach nach Freiburg zurück waren langweilig). Die Strecke ist ein Hochgenuss für jeden der gerne mit dem Fahrrad Berge auf und ab fährt.
Meine Empfehlungen: nicht von den Dimensionen abschrecken lassen, einfach einen Tag mehr einplanen. Die Strecke kann durchaus mit einem normalen Rennrad befahren werden, der kleinste Gang kann allerdings kaum klein genug sein (Der "ein Königreich für einen kleineren Gang" Gang). Mit 1:1 war ich zufrieden.
 
Wahrscheinlich war es jedem klar außer mir, aber Belchen satt sollte man nicht im April fahren. Musste nach 110 km ziemlich unterkühlt aufgeben. Regen, Schnee und Hagel fast von Beginn an. Das hat der Wetterbericht anders gesagt. Schade.

Tolle Strecke, ich komme wieder im Sommer ☺️


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ich hab mich jetzt auch mal an diesen "Spaß" gewagt. nach dem ich letztes Jahr "Rheingold" gefahren bin, war das Nummer 2. bin am Sonntag gestartet und Dienstag angekommen. ganz "gemütlich" mit zwei Übernachtungen (im Velodrom in Grenchen und in Giromagny).

ich weiß nicht, obs die Strecke war, oder die Hitze: vermutlich die Kombination, aber das war wirklich ein hartes Stück Arbeit. ich glaub ich war auch a) körperlich nicht ganz frisch und b) mental nicht zu 100% da. am ersten Abend saß ich im Hotel und hab mich ernsthaft gefragt, warum ich das mache, was das soll und ob ich am nächsten Tag weiter fahren soll. die Beine waren dann am zweiten Tag besser, der dritte war noch mal etwas zäh.

eigentlich eine schöne Strecke mit vielen ruhigen, verkehrsarmen Aufstiegen und oftmals guten Abfahrten. aber so richtig genießen konnte ich das nur selten. bei so Temperaturen fällt mir aber auch oftmals irgendwann das Essen und Trinken schwer. das wäre dann ein Vorteil von Nachtfahrten...
 
ich hab mich jetzt auch mal an diesen "Spaß" gewagt. nach dem ich letztes Jahr "Rheingold" gefahren bin, war das Nummer 2. bin am Sonntag gestartet und Dienstag angekommen. ganz "gemütlich" mit zwei Übernachtungen (im Velodrom in Grenchen und in Giromagny).

ich weiß nicht, obs die Strecke war, oder die Hitze: vermutlich die Kombination, aber das war wirklich ein hartes Stück Arbeit. ich glaub ich war auch a) körperlich nicht ganz frisch und b) mental nicht zu 100% da. am ersten Abend saß ich im Hotel und hab mich ernsthaft gefragt, warum ich das mache, was das soll und ob ich am nächsten Tag weiter fahren soll. die Beine waren dann am zweiten Tag besser, der dritte war noch mal etwas zäh.

eigentlich eine schöne Strecke mit vielen ruhigen, verkehrsarmen Aufstiegen und oftmals guten Abfahrten. aber so richtig genießen konnte ich das nur selten. bei so Temperaturen fällt mir aber auch oftmals irgendwann das Essen und Trinken schwer. das wäre dann ein Vorteil von Nachtfahrten...
Herzlichen Glückwunsch zum finishen von Belchen Satt.

Ich wollte diesen SR anfang Juli fahren, habe dann aber 1 Woche vorher wegen Erkältung, Nackenprobleme abgesagt. Werde den SR dann in 2 Wochen unter die Räder nehmen. Dank deinem Bericht und deiner Erfahrung war es damals die richtige Entscheidung den Starttermin zu verschieben. Zum ursprünglichen Termin war die Erkältung und die Nackenprobleme wieder abgeklungen, aber ich fühlte mich nicht 100% ok.

Da ich auch 2 Übernachtungen einplane, würde ich gerne nachfragen ob du vorab reserviert hast oder auf gut Glück gebucht hast?
 
Ähnlich wie bei dir, so das ich jeden Tag ca. 200km vor mir habe. Grenchen ist in der Auswahl und dann bin ich mir nicht sicher ob es mir reicht bis Giromagny. Das Problem ist, das es vor dem Ballon de Servance, keine gr. Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten hat. Da ist in Giromagny schon eine bessere Auswahl.

Das Velodrom in Grenchen habe ich mir aber schon mal angeschaut, das werde ich wahrscheinlich auch nehmen. Bei meinen 2 bisherigen SR (Rheingold und SauBerLand) habe ich immer erst am Abend nach einer Unterkunft geschaut. Hat auch immer gut funktioniert, habe nicht lange suchen müssen. Mal sehen wie ich es bei Belchen Satt machen werde.
 
Grenchen ... Giromagny. Das Problem ist, das es vor dem Ballon de Servance, keine gr. Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten hat. Da ist in Giromagny schon eine bessere Auswahl.

Das Velodrom..
Ja, das Problem hatte ich auch. Viel Auswahl gibt es bei ~400km nicht. Ich war auch froh, den Ballon de Servance noch am zweiten Tag erledigt gehabt zu haben.
Velodrom hat ein bisschen Jugendherbergcharm. Ich hatte ein Zimmer mit zwei Stockbetten. Aber sonntags gabs dort Selbst-Check-In, hab dort niemanden getroffen, und konnte daher problemlos mein Rad mit aufs Zimmer nehmen. Das ist ja auch was wert ;)

Zu Giromagny noch eine kleine Story: ich kam dort gegen ~19:45 an und wusste, dass der Supermarkt schon zu hat. Laut Google sollte ein türkischer Imbiss noch offen haben. Als ich in das Dorf kam, war aber alles zu. Hab dann eine Gruppe in ein Haus gehen sehen und hab die gefragt, ob man hier noch was zu essen bekommt. Sie haben mir einen Italiener einige Straßen weiter empfohlen. Ich bin dort hin gefahren - allerdings war der auch zu.
Also zurück und erstmal in die Unterkunft, so war der Plan. Vlt. können mir die Vermieter aushelfen. Auf dem Weg dorthin bin ich an der Gruppe vorbeigekommen. Ihnen war wohl aufgefallen, dass der Italiener auch geschlossen ist. Sie haben mich angesprochen und nach kurzem hin und er hab ich gefragt, ob sie mir nicht mit einer Packung Nudeln aushelfen können. Das wollte die Mutter aber nicht - also "musste" ich mit ihnen zu Abend essen. So saß ich plötzlich, dreckig und verschwitzt in meinen Radklamotten, mitten in einem kleinen Dorf auf einer Terrasse mit 4 Franzosen, von denen nur eine richtig englisch sprach (ich spreche kein Wort französisch).
Diese Familie vermietet übrigens jetzt ab September ein B&B. Ich kann die Terrasse und die Familie empfehlen, sehr herzlich. Falls dort mal jemand landen sollte - richtet gerne grüße aus ;)
 
Moin, habe mich spontan über das Wochenende mit Brückentag an das Projekt gewagt, hier ein kurzer Bericht:

Nachdem ich vom Belchen satt gelesen hatte war das eigentlich ein Ziel für nächstes Jahr. Letzten Donnerstag hatte ich dann aber spontan aufgrund des langen Wochenendes und der super Wettervorhersage mir in den Kopf gesetzt, das ganze von Samstag bis Montag zu probieren. Leider hat es dadurch nicht für die Anmeldung gereicht aber ich fahre das Ganze ja für mich und nicht aus kompetitiven Gründen... Also Freitag GPX Track auf Komoot und den Wahoo geladen und die Arschrakete mit Schlafsack, Isomatte, Klamotten und 1kg Maltodextrin gepackt. Samstag um 7:30 ging es los, erst einmal die für mich als Freiburger bekannten Hausberge Schauinsland und Belchen (wobei der Shortcut zum Wiedener Eck mir unbekannt war und ich etwas von der Steigung überrascht war :D) mitgenommen. Danach auf ruhigen Strassen bis in die Schweiz und zum 2. "Belchen". Der Plan war grob vor Ladenschluss beim Lidl in Grenchen zu sein, also weiter ohne große Pause. Den Weissenstein bin ich gerade so noch hochgekommen, war dann aber schon gut am Limit... Runter nach Grenchen und gegen 17:30 gerade noch rechtzeitig am Lidl angekommen und Abendessen, Frühstück und Kekse für den nächsten Tag organisiert. Kurz hinter Grenchen habe ich mich dann in den Wald gelegt. Am nächsten morgen nach mäßigem Schlaf um 5 aufgestanden und gegen 6 dann los auf den Chasseral. Hier war kurz ein Stimmungstief bei mir, da die Beine echt schwer waren und mir bewusst wurde, was noch alles vor mir ist... Den Sonnenaufgang habe ich leider etwas verpasst, es war auch sehr diesig aber gab dadurch eine sehr mystische Stimmung. Nach ein paar Keksen auf dem Gipfel wurde meine Stimmung langsam besser. Weiter ging es über eine sehr schöne Hochebene nach Frankreich. Da ich den Tag sehr früh begonnen hatte, habe ich nicht ganz so aufs Tempo geachtet und es hat sich sogar auf den Ballon de Servance gegen Ende des Tages noch recht gut angefühlt. In Plancher-les-Mines gibt es einen kleinen Laden, der auch Sonntags offen hat, dort habe ich mich wieder mit Essen für Abend, Frühstück und Keksen für die Fahrt eingedeckt. Kurz hinter Plancher-Bas ging es dann wieder zum Schlafen in die Büsche. Nach einer sehr erholsamen Nacht ging es gegen kurz nach 6 weiter mit der letzten Etappe. Was auf jeden Fall sehr moivierend war, war die Tatsache, dass die Etappe die kürzeste der 3 Etappen ist. Auf Teilen der TDF Stage 20 ging es dann über den Ballon d Alsace (hier habe ich den Sonnenaufgang gerade mitbekommen) auf den Grand Ballon. Der Weg hier hoch ist ein recht neuer Radweg, was sehr entspanntes fahren ohne Verkehr ermöglicht. Oben angekommen habe ich langsam realisiert, dass ich die Tour bald geschafft habe und es ging mit guter Stimmung über den Petit Ballon und einen weiteren Pass wieder in die Rheinebene. Das ist dann schon etwas surreal, wenn nach 3 anstengenden Tagen wieder bekanntes Terrrain und vor allem das Ziel in Sicht ist... Gegen 16 Uhr (und damit nach 56,5h) bin ich dann wieder am Startpunkt angekommen.

Alles in allem war es eine sehr schöne aber auch heftige Erfahrung. Was auf jeden Fall geholfen hat, war sehr strickt auf die Nahrungsaufnahme zu achten, um sich nicht leer zu fahren.

Bei Fragen gerne melden und vielen Dank an die Initiatoren dieser schönen Runde!
 

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Die Superrandonée „Belchen satt“ stand schon seit Jahren auf meiner To-Do-Liste. Bisher hatte ich mich nicht daran gewagt, nachdem in der Saison 2024 die Form aber offenbar passte, wagte ich endlich die Anmeldung. Hier mein Bericht (etwas länglich geraten, sorry dafür):


An einem Montag Ende August stehe ich also um 8:50 Uhr am Martinstor in Freiburg. In Anbetracht der Berichte über steile Anstiege und Abfahrten auf schlechtem Straßenbelag fahre ich ein Gravelbike – ein Ritchey Outback mit 48/31 und 11-34 Übersetzung und 32 mm Conti 4 Seasons Reifen. Es wird sich herausstellen, dass das Setup bestens geeignet ist, ich werde tatsächlich alle Anstiege fahrend bewältigen und die real 34 mm dicken Reifen bügeln die teils recht ruppigen Wege schön glatt. Dafür ist das Outback mit seinem Stahlrahmen natürlich nicht gerade ein Leichtgewicht, und mein Gepäck ist auch nicht gerade spärlich – Schlafsack, Isomatte, eine Garnitur Klamotten zum Wechseln, Handtuch (auf die Wichtigkeit dieses Ausrüstungsgegenstands hat ja schon Douglas Adams eindringlich hingewiesen), kleines Ersatzlicht für den Notfall, Powerbank, der übliche Kleinkram wie Zahnbürste, Sonnencreme, Werkzeug usw. und für den ersten Tag auch einiges an Verpflegung. Aber ich habe nicht vor, das hier auf Zeit zu fahren, also was soll’s.

Los geht’s also und erstmal den Schauinsland hoch und dann über das Wiedener Eck zum Belchen. Beides am Wochenende vielbefahrene Rennstrecken, aber heute Morgen ist so gut wie nichts los. Am Schauinsland stoppt mich ein Schwertransport, der ein Rotorblatt für ein Windrad in Schrittgeschwindigkeit über den Pass fährt. Ich warte am Straßenrand und lasse ihn passieren, Entschleunigung gleich von Beginn an. Auf der Abfahrt die Stohrenstraße hinunter freue ich mich über meine Scheibenbremsen, nicht das letzte Mal auf dieser Tour.

Punkt 12 Uhr bin ich auf dem Belchen. Fernsicht leider nur mäßig, aber auch der Blick über die näheren Schwarzwaldberge ist eindrucksvoll. Der Himmel ist bedeckt, aber es ist trocken und windstill, optimale Bedingungen eigentlich. Hier oben finde ich es aber nun bei nur noch 12° doch empfindlich kühl, so dass ich rasch wieder abfahre.
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Mit dem Tiergrüble und dem Anstieg hinter Todtmoos folgen die vorerst letzten beiden mir bekannten Anstiege der Tour, danach bis in die Vogesen alles Neuland. Das Tiergrüble ist ein wunderbares, ruhiges und praktisch verkehrsfreies Passsträßchen durch den Wald, immer wieder schön zu fahren. Spoiler: Von dieser Sorte hält „Belchen satt“ noch einiges mehr bereit. Die restliche Strecke durch den Schwarzwald hat dann nicht mehr sehr viele Höhenmeter und um 15 Uhr komme ich in Laufenburg am Rhein an. Über 6 Stunden unterwegs und erst 100 Kilometer?!? Na das kann ja was werden… aber es sind bis hier auch schon 2600 Höhenmeter.

Über den Rhein geht es in die Schweiz und in den Jura. Darauf freue ich mich am meisten, denn was ich bisher auf den Freiburger 600er Brevets vom Jura kennen gelernt habe, hat mich wirklich begeistert. Da war man aber immer weiter im Westen unterwegs. Hier im Osten des Mittelgebirges fährt man eigentlich erstmal nur kleine Hügel, aber die halten einige richtig heftige Rampen bereit. Es geht ständig auf und ab. Am Anstieg aus Läufelfingen hinaus zeigt der Garmin 20–22% Steigung, dank Untersetzung kann ich aber auch das fahren, gerade so. Auch zum Chilchzimmersattel hoch folgen immer wieder Rampen mit über 15%. Aber die kleinteilige Landschaft mit ihren ständig wechselnden Ausblicken bietet genug Ablenkung und motorisierten Verkehr gibt es fast keinen, so dass es trotzdem eine echte Genussfahrt ist. Etwa die Art von Genuss allerdings wie ein gutes, scharfes Chili, das einem die Schweißperlen auf die Stirn treibt – muss man halt mögen, sowas.
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Nach einer steilen Abfahrt geht es nun durch ein lang gezogenes Tal erst flach und dann leicht ansteigend bis an den Fuß der Weißenstein-Passstraße. Vor dieser hatte ich im Vorfeld am meisten Respekt, nicht ganz zu Unrecht, wie sich herausstellt. Anfangs ist die Steigung noch moderat, gegen Ende hinzieht sie aber immer mehr an, und vor allem in Kombination mit der endlos geradeaus ohne Ausblicke durch den Wald führenden Strecke ist das schon irgendwie zermürbend. Solche uninspirierten Streckenführungen scheinen für diese Gegend typisch zu sein: Auch am Chasseral und am Mont Soleil führen die Straßen einfach stur geradlinig an der Bergflanke entlang bis die Topografie einen Richtungswechsel erzwingt, dann eine Kehre und die nächste endlose Gerade. Kurven gibt es allerdings bei der supersteilen Abfahrt vom Weissensteinpass hinunter, und hier bin ich ein weiteres Mal froh über meine Scheibenbremsen. Die Stohrenstraße ist im Vergleich hiermit ein Kindergeburtstag.
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In Grenchen bieten sich für längere Zeit die letzten Versorgungsmöglichkeiten und so kehre ich hier beim Goldenen M ein. Einen Schlafplatz finde ich kurz vor Mitternacht 15 km weiter in einer leer stehenden Scheune am Straßenrand. Tagwerk beendet nach 215 km mit satten 5200 Höhenmetern.


Um 4:45 geht es weiter. Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich dann bei Sonnenaufgang am Chasseral sein müsste und die Rechnung geht genau auf. Eine magische Stimmung dort oben, über der Baumgrenze eröffnet sich ein umwerfender Blick auf die Alpen im Licht der Morgendämmerung, der Gipfel des Chasseral wird vom warmen Licht der aufgehenden Sonne angestrahlt. Nur Minuten später hüllt er sich aber plötzlich in Wolken und als ich am Gipfel stehe ist es dort eiskalt und es weht ein stürmischer Wind. Kein Ort zum Verweilen, also rasch wieder hinab. Wenige Höhenmeter tiefer ist der Spuk wieder vorbei und ich radle durch den Sonnenschein.
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In Saint-Imier sind alle Läden noch geschlossen und so fahre ich gleich weiter den Mont Soleil hinauf (auch wieder steil, natürlich) und lege die Frühstückspause erst in Les Breuleux ein. Dann geht es auch schon in die Schlucht des Doubs hinunter nach La Goule. Ohne Zweifel ein Highlight des Brevets. Die Abfahrt scheint gar nicht zu enden, und auf der anderen Seite wartet der vielleicht gefürchtetste Anstieg, den „Belchen satt“ zu bieten hat. Brutal steil, und das auf ziemlich schlechtem Straßenbelag – aber ich finde den Anstieg auf dem schmalen, rumpeligen Sträßchen tatsächlich auch schön. Mit zwei Verschnaufpausen und dank 31:34 Untersetzung schaffe ich es, ihn ohne Schieben zu fahren (knapp, zugegebenermaßen).

Nach einer langen Abfahrt hinunter nach Saint Hippolyte folgen 100 relativ unspektakuläre Kilometer. Zunächst noch über die nördlichen Randhügel des Jura, dann auf welliger und wenig befahrener Strecke bis Lure. Von dort geht es dann auf geraden, flachen und recht verkehrsreichen Straßen in die Vogesen hinein. Der bislang erste etwas unangenehmere Teil der Route, aber irgendwie muss man ja von A nach B kommen.

Die Vogesen eröffnen mit einem Paukenschlag: Der erste Teil des Anstiegs zum Ballon de Servance ist wirklich von der heftigeren Sorte, mit Rampen bis 20%. Zumal hier nun am späten Nachmittag die Sonne ordentlich knallt und die Temperatur bei über 30° liegt. Aber das kleine Nebensträßchen ist ein weiteres Mal nicht nur steil, sondern auch praktisch verkehrsfrei und wunderschön. Der zweite Teil des Anstiegs auf der „normalen“ Straße ist dann deutlich leichter, aber immer noch fast verkehrsfrei. An der Passhöhe ist überhaupt nichts los. Nach der Hitzeschlacht an der Westflanke des Ballon de Servance überrascht dann die Abfahrt auf der Ostseite mit kühlen 17° und ich ziehe mir Armlinge und Regenjacke über. Die Abfahrt ist steil und der Belag schlecht, mit dem Gravelbike aber super zu fahren.
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Giromagny hatte ich als einen möglichen Ort für die zweite Schlafpause ausgemacht, aber es wird gerade erst dunkel, zu früh zum Schlafen. Nach Katzenwäsche in einem Waschhaus am Ortsausgang und Klamottenwechsel – welche Wohltat! – geht es weiter über den Ballon d’Alsace. Der ist zur Abwechslung mal sehr entspannt zu fahren bei nie mehr als 8% Steigung, die Streckenführung mit den vielen Serpentinen macht Laune. Verkehr ist hier in der beginnenden Nach auch fast keiner. Der Fahrer eines der wenigen Autos, die mir begegnen, ruft im Vorbeifahren „Allez!“ – Radfahren in Frankreich ist immer wieder eine Freude. Oben verläuft die Passstraße über offenes Gelände und hier pfeift ein strammer, frischer Wind, also rasch abfahren ins Moseltal. Kurz nach 23 Uhr finde ich in Saint-Maurice-sur-Moselle einen trockenen und geschützten Unterstand an einem Baubetriebshof. Rund 255 km und 4700 Höhenmeter sind die Bilanz des Tages, ich bin zufrieden.

2. Teil folgt...
 
Zuletzt bearbeitet:
...2. Teil meines Berichts:

Um 4 Uhr sitze ich wieder auf dem Rad. Es geht den Col du Page hoch, zunächst durch ein Dorf und dann lange durch den Wald. Die Nacht ist lau, 15–16° hat es auch auf 900 m Höhe noch. Auf der Abfahrt vom Col d’Oderen kreuzen mehrmals Rehe die Straße und erinnern mich daran, dass man solche Strecken in der Nacht besser mit gemäßigtem Tempo angehen sollte. Unten im Thur-Tal dann ein unerwarteter Kälteschock: Im Tal hängt Nebel und die Feuchtigkeit macht die nur noch 10–11° richtig frostig. Zum Glück beginnt es inzwischen zu dämmern und bald geht es auch schon in den Anstieg zum Grand Ballon hinein, der letzten großen Prüfung dieses Brevets. Von St. Amarin hoch nach Geishouse hat man bereits einige garstige Rampen zu überwinden. Die ehemals berüchtigt schlechte Straße von Geishouse zur Ferme Auberge du Haag ist seit kurzem frisch asphaltiert und als Fahrradstraße ausgebaut: säuberlich markiert zwei Radspuren und eine Fußgängerspur, Tempolimit 20 km/h. Wenn man das bergab einhalten will, bringt man die Bremsen zum Glühen… aber ich fahre ja bergauf und komme nicht mal entfernt in die Nähe der 20 km/h, denn es ist ordentlich steil. Mit dem neuen Belag ist der Anstieg aber eigentlich ganz gut zu bewältigen. Eine Verschnaufpause gönne ich mir vor der steilen Schlussrampe trotzdem. Um 8 Uhr stehe ich an der Passhöhe des Grand Ballon und lasse den Blick über die im Morgendunst liegende Rheinebene hinüber in den Schwarzwald schweifen – dort bin ich gestartet, war das schon vorgestern? Zeit verliert irgendwann ihre Bedeutung auf so einer Tour. Dort fahre ich heute noch hin.
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20240828_080711_HDR.jpgDie Route des Crêtes verwöhnt mit Ausblicken in alle Richtungen auf die malerischen Vogesenlandschaften im warmen Morgenlicht, man mag sich kaum losreißen. Zu früher Stunde auch hier so gut wie kein Verkehr. Nach diesem touristischen Highlight geht es rasant vom Col du Platzerwasel hinab nach Sondernach und nahtlos hinein in den Westanstieg zum Petit Ballon. Er ist nicht steil, aber zieht sich doch ganz schön. Knie und Achillessehnen melden sich zu Wort und mahnen an, dass es doch wohl langsam mal genug sei. Endlich oben freue ich mich auf eine Tarte aux Myrtilles in der Ferme Auberge du Kahlenwasen, werde aber leider enttäuscht: Mittwoch Ruhetag. So genieße ich kurz die Aussicht bei meinem letzten mitgebrachten Müsliriegel und fahre hinunter nach Wasserbourg über eine von der Tour de France 2023 noch reich dekorierte Straße; Thibaut Pinot wurde hier als Lokalmatador gefeiert, wie unschwer zu erkennen ist.
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Und dann kommt der letzte Anstieg, unglaublich! Den Col du Firstplan kenne ich, das ist ja kaum ein richtiger Berg. Aber nach einer solchen Tour zieht er sich wie Kaugummi und dann kommt überflüssigerweise auch noch diese Gegensteigung, bis man endlich aus dem Wald hinaus fährt und sich der Blick über die Weinberge bei Gueberschwihr und die Rheinebene öffnet. Geschafft! Aber halt: 50 km sind es noch bis Freiburg, flach zwar, aber in der Mittagssonne bei über 30° ganz schön zäh. Um 15:30 Uhr habe ich es nach 54 Stunden und 40 Minuten aber endlich wirklich geschafft und schieße am Martinstor das letzte Kontrollfoto.

Fazit: Klar, „Belchen satt“ ist eine sportliche Herausforderung, zu messen in die Kilo- und Höhenmetern und Steigungsprozenten, die Zahlen sprechen für sich. Die Strecke ist aber viel mehr als das: Auf größtenteils einsamen Straßen und Wegen führt sie einen durch die drei Mittelgebirge Schwarzwald, Jura und Vogesen und lässt einen deren jeweils ganz eigenen Charakter hautnah erleben. Ein routenplanerisches Kunstwerk. Die notwendigen Überbrückungspassagen in die Vogesen und durch die Rheinebene tun dem keinen Abbruch, heben vielleicht sogar eher noch die Schönheit der Mittelgebirgslandschaften hervor. Was waren meine Highlights? Schwer zu sagen… der Chasseral auf jeden Fall und La Goule, und natürlich die umwerfende Kombination Grand Ballon – Route des Crêtes – Petit Ballon. Und der Chilchzimmersattel mit seinem Vorspiel in den Jurahügeln. Aber natürlich sind auch die bekannten Schwarzwaldberge schön, allen voran der Belchen.

War ich mit meinem Setup zufrieden? Ja, absolut. Mit dem Rennrad wäre man auf den Flachstücken sicher etwas zügiger unterwegs, aber hätte sowohl bergauf wie bergab oft viel mehr zu kämpfen. 31:34 hat mir als kleinste Übersetzung ausgereicht, auch wenn es stellenweise knapp war. Dicke Reifen und Scheibenbremsen tragen zur Entspannung bei. Würde ich an der Planung etwas ändern? Eigentlich nicht. Das Zeitlimit von 60 Stunden hätte eine längere zweite Nachtpause zugelassen und so hätte ich fast die ganze Strecke bei Tageslicht fahren können. Bei der sich abzeichnenden Hitzewelle am dritten Tag fand ich es aber ganz gut, die Vogesen bis zum Mittag hinter mich zu bringen. Eine Möglichkeit wäre auch, in Grenchen einen Hotelstop einzulegen und die zweite Nacht durchzufahren. Dann könnte man auf das Schlafequipment verzichten und einiges an Gewicht sparen.

Mehr Bilder und den Track gibt es hier: https://www.komoot.com/de-de/tour/1...qauhEz78YuvZCo6t9gTVaprLoWw76TViu60ef&ref=wtd
und hier https://www.strava.com/activities/12267690499
 
immer wieder schön diese Berichte zu lesen, wenn man sich selbst mal dieser Quälerei gestellt hat :D

und das:
Bei der sich abzeichnenden Hitzewelle am dritten Tag fand ich es aber ganz gut, die Vogesen bis zum Mittag hinter mich zu bringen.
kann ich mit meiner Erfahrung aus dem letzten Jahr mit bis zu 38 Grad schon am ersten Tag absolut bestätigen. freu dich, dass du ab und zu mal etwas frieren konntest ;)
 
Ja, das Wetter war perfekt. Am 2. und 3. Tag heiß, aber noch erträglich, nachts immer wieder "Kältelöcher" aber sonst meist angenehm. Und vor allem kein Tropfen Regen, das hat ja dieses Jahr Seltenheitswert...
 
Hey Thomas, richtig gut gefahren und vielen dank für den Bericht.
 
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