AW: Herstellersuche und Restaurierungstipps?
So, das Radl ist gerade bei mir angekommen, nachdem meine Eltern es einige Tage für mich verwahrt hatten, und ich bin wirklich beeindruckt!
Rahmen und Gabel sind richtig fein verarbeitet und wirklich leicht, vor allem die zierliche Gabel mit ihren runden Scheiden ist 'ne Wucht. In Wirklichkeit wirkt das ganze Gerät wesentlich filigraner, als auf den Fotos. Toll ist auch der aus dünnwandigem Stahlrohr per Auftragslötung hergestellte, ebenfalls superleichte Vorbau, Marke "Monti".
Das Innenlager ist nach all den Jahren praktisch verschleißfrei, deutliches Spiel hat allerdings die mit der Kurbel verpresste Kettenblattaufnahme - ohne Chrom könnte man das verlöten, so muss ich es irgendwie neu verpressen, aber dafür fällt mir schon was ein. Leider hat DHL es geschafft, die eigentlich bomben- und 747-absturzsichere Verpackung völlig zu zerschroten, wobei ein Stück aus der oberen Steuersatzschale gebrochen ist. Das ist aber egal, weil die Laufflächen sowieso nicht sonderlich gut waren. Ansonsten ist nichts passiert - man darf sich aber doch fragen, wie DHL eigentlich mit seinen Sendungen umgeht.
Die Rahmengeometrie ist interessant:
Extrem langer Hinterbau, vergleichsweise kurzes Vorderteil, flacher Sitz- und mäßiger Lenkwinkel, recht wenig Nachlauf durch die große Gabelvorbiegung - ziemlich genau so würde ich ein Reiserad bauen, das vor allem hinten vergleichsweise viel schweres Gepäck tragen und dennoch wendig bleiben soll. Solide Aufnahmen für einen hinteren Gepäckträger sind tatsächlich vorhanden, für einen vorderen jedoch nicht - passt also soweit ins Bild. Erstaunt bin ich vom vergleichsweise tief angeordneten Tretlager, das auch mit dicken
Reifen kaum 28 cm über dem Boden liegen dürfte.
Kurz gesagt:
Das ist der interessanteste, irgendwie auch der schönste und vielleicht sogar der beste Rahmen, den ich je hatte.
Er wird auf jeden Fall optisch (fast) so wiederhergestellt, wie er einmal war; für die verchromten Bereiche muss ich mir dann halt was einfallen lassen und ggf. entsprechend bezahlen. Alles andere wäre einfach Murks. Die Lackierung war original ein kräftiges Grün, erzeugt mit gelbem Candy-Klarlack über einem dunklen, ganz feinen Türkismetallic, das selbst bereits als Candy über Silber angelegt ist - eventuell sogar nach hinten verlaufend, dort also eher grün und im vorderen Bereich eher türkis. Jedenfalls finden sich hinten deutlich mehr und besser erhaltene grüne Bereiche, als vorn. Ein irrer Aufwand und in der damaligen Zeit sicher recht ungewöhnlich, durchaus auf Rabeneick-Niveau.
Auf dem Steuerkopf stand tatsächlich mal Cicli Ravamo Zurigo, darunter in einem kleinen Kästchen irgendwas mit "AIC..TT...", das aber beim besten Willen nicht mehr komplett zu entziffern ist.
Eigentlich dachte ich ja an einen Aufbau mit Nabenschaltung, wie es original auch vorgesehen war (der Schalthebel sagt "Sturmey Archer 3 or 4 Speed", die Umlenkrolle an der Sitzmuffe hat sogar ein extra Anlötteil).
Andererseits würde das dem Charakter des Rahmens eigentlich nicht gerecht werden, der "kann" viel mehr und wäre selbst mit einer modernen Alfine 8 oder 11 irgendwie noch beschnitten, vor allem auch vom Gewicht her. Für ein Stadt- oder Einkaufsrad ist er jedenfalls viel zu schade. Mit TA-Kurbel und einem zierlichen Schaltwerk wäre man stilistisch auch nicht sooo weit weg, das ist durchaus eine Überlegung wert.
Die einzige echte Schwachstelle sind die
Bremsen, die bestenfalls als schlechter Scherz durchgehen. Hier wären vernünftige Mittelzügler wohl die richtige Wahl, vielleicht sogar mit Anlötsockeln direkt an Rahmen und Gabel. Alles so schlicht und zierlich, wie irgend möglich.
Ich bin also selbst gespannt und werde auf jeden Fall berichten, wenn das Projekt irgendwann im nächsten Jahr allmählich Fahrt aufnimmt.
Vielen Dank nochmal, vor allem für die hervorragende Verpackung und die fein sortierten Kleinteile!