AW: Rasmussen fliegt aus dänischem Nationalteam
Und Jens Voigt beschreibt wie die Abmelderei und so abläuft... .
Liebe Radsport-Fans,
Das ist ein bisschen wie Big Brother is watching you, im Prinzip musst Du offenlegen, was du tagtäglich machst. Das läuft dann so ab: Die Formulare, die man ausfüllt, die so genannten whereabouts, schickt man an die UCI, die diese dann an die NADA, die Nationale Antidoping-Agentur und die WADA, die Welt-Antidoping-Agentur weiterleiten.
Vier Mal im Jahr muss man das machen - und zwar für die jeweils kommenden drei Monate. Sprich, bis zum 15. Dezember 2006 musste ich meine Aufenthaltsorte für Januar, Februar und März 2007 einreichen. Bis 15. März meine Daten für April, Mai, Juni und so weiter. Die drei Monate muss man immer lückenlos angeben. Sollte man doch Lücken lassen, muss man begründen, warum. Um die Hoteladressen für die Trainingslager und Rennen kümmert sich mein Team. Denn im Dezember weiß ich beispielsweise noch nicht, in welchem Hotel wir bei Paris-Nizza absteigen.
Kompliziert wird es, wenn sich kurzfristig in der Planung was ändert, das kann sportliche Gründe haben oder privater Natur sein. Wie auch immer. Nehmen wir das Rennen Paris-Nizza, mein Freund Bobby Julich wohnt in Nizza. Wenn ich sagen würde, "Komm Bobby, ich bleibe heute Abend bei dir und fliege erst morgen nach Hause", dann muss ich als Erstes daran denken, ein Fax oder eine E-Mail zu schicken und mich abzumelden. Was für andere vielleicht normal ist, spontan irgendwohin zu fahren oder nach einer Party dort zu bleiben, das geht bei uns nicht ganz so einfach. Du musst immer daran denken, dich abzumelden.
Bei mir gab es mal ein Beispiel: Als meine Frau mit unserem dritten Kind schwanger war, da ist sie gestürzt. Wir haben die ganze Nacht im Krankenhaus verbracht. Da hätte ich normalerweise auch daran denken müssen, ein Fax oder eine E-Mail zu schicken. Aber in dem Moment hat man andere Sorgen. Doch wenn es dann dumm läuft, dann kommen sie genau zu so einem Zeitpunkt.
Abmelden muss man sich bereits, wenn man ein gewisses Zeitfenster von vier bis fünf Stunden nicht einhalten kann. Ich gebe zum Beispiel an, ich trainiere zu Hause. Ich will eigentlich gegen neun losfahren. Dann regnet es, und ich komme erst gegen 12 los. Das wäre jetzt noch kein Problem, wenn sie dann beispielsweise gegen 13 Uhr auftauchen würden. Dieses Zeitfenster hat man. Sie warten dann im Auto in der Nebenstraße, bist du zurückkommst. Angerufen wirst du nicht, damit du nicht heimlich irgendwelche Maßnahmen ergreifen kannst.
Kontrolliert werden kann man zwischen 7 Uhr und 23 Uhr. In der Zeit kann immer jemand auftauchen. Und es kommt natürlich auch vor, dass du gerade nicht kannst und sie quasi in deine Freizeit integrieren musst. Ich kann mich noch erinnern. Ich war im Sommer trainieren, ein richtig lange Einheit. Ich komme nach Hause, habe geduscht, meine Frau hat gegrillt, dann standen sie vor der Tür. So bald sie dich sehen, so ist das in den Regeln festgehalten, dürfen sie dich nicht mehr aus den Augen lassen. Von den fünf, sechs Stunden Training in der Sonne war ich so ausgetrocknet, dass ich nicht gleich konnte. Da saßen sie mit uns am Tisch im Garten beim Barbecue. Das war dann schon eine skurrile Situation. Die haben nicht mal einen Orangensaft getrunken. Ich hatte ihnen was angeboten. Aber da kam nur: "Nein, wir dürfen nichts annehmen von Ihnen." Dann fragen natürlich die Kinder: "Papa, was wollen die? Papa, wer sind die Onkels, kennst Du die? Papa, warum nehmen die dein Pipi mit?" Das ist schon manchmal komisch.
Natürlich weiß ich, dass wir damit leben müssen. Ich will mich auch nicht beschweren, ich sehe die Notwendigkeit ein. Vor allem gibt es momentan auch noch keine Alternative dazu. Und immerhin geht es darum zu belegen, dass wir sauber sind. Aber es kann eben relativ schnell passieren, dass man sich einen Miss-Test einhandelt. Ich bin froh, dass ich noch nie so einen hatte. Ich habe es mir aber auch angewöhnt, alles ganz genau und ordentlich auszufüllen und mich auch wirklich an alles zu halten.
Euer Jens Voigt