Erfahrungen dieser Art haben wir alle schon gemacht, ob nun mit Fußgängern, langsameren Radfahrern oder mit Autos. Jedes Mal regen wir uns über das Verhalten der "Gegner" auf.
Dabei sollte uns doch bewusst sein, dass wir mit dem Rennrad jeden stören, egal wo wir fahren. Ich verstehe einen Autofahrer, der auf ner Landstraße von knapp über 100 auf schleichende 30 km/h herrunterbremsen muss, weil er gerade nicht überholen kann. Ebenso verstehe ich einen Fußgänger, der in Gedanken versunken auf seinem Gehweg dahinschlendert und blitzartig auf eine Gefahr reagieren muss, die ihm nicht ausreichend vorher angekündigt wird. Ein Autofahrer rechnet mit freier Fahrt, ein Fußgänger mit Ungestörtheit.
Es liegt im Trend der Zeit, dass jeder nur an sich denkt und seine Ansprüche über die der anderen stellt: "Ich fahre Auto und der hier hat nichts zu suchen", "Was müssen diese Raser mit ihrem Fahrrad immer so dicht an mir vorbei fahren. Ich kann mich doch nicht in Luft auflösen". Auch wir Rennradler stellen diese Ansprüche auf (siehe z.B. Thread "Gründe gegen den Radweg") und würden sie am liebsten erklärenderweise auf die Rückseite unseres Trikots drucken.
Leider äußert sich dieses Anspruchsdenken immer wieder in unnötigen Aggressionen, mit denen jeder sein Vorrecht unterstreichen möchte.
Es gibt keine Rennradwege, so müssen wir uns jeweils für eine der Grauzonen Straße oder Radweg entscheiden. Beide sind nicht für uns geschaffen. Daher müssen wir wohl akzeptieren, dass man uns nicht immer auf allen Wegen begrüßt, wie die Franzosen die Profis der Tour de France.
Versuchen wir, nicht in die gleichen aggressiven und egoistischen Denkweisen wie unsere Straßenmitbenutzer zu verfallen, sondern einen Schritt weiter zu denken und den Beteiligten auch eine Chance zu geben.
Es ist normal, dass ein Rentner seine Zeit zum Reagieren braucht, dass er nicht mehr so gut hört und dass er nicht immer den für uns optimalen Ausweichweg einschlägt (*). Ebenso ist es verständlich, dass ein Autofahrer von weitem hupt, wenn er einen Radfahrer mitten auf der Fahrbahn entdeckt.
Allen übertriebenen Reaktionen (wildes Hupen, Nachrufen von Beschimpfungen) sollten wir mit einem - hier im Thread schon erwähnten - grüßenden Lächeln begegnen. Wir können ihr Verhalten nicht ändern, nur unser eigenes. Möge der Herr ihnen verzeihen ;-)
Bei Fußgängern hab ich die Erfahrung gemacht, dass ein laut gerufenes, halb gesungenes "Klingeling" Wunder wirken kann. Zwar verbessert es im Vergleich zur
Klingel nicht die Reaktionszeit, doch es klingt weniger "Platz da!"-aggressiv und fordert zumal ein humorvolles Lachen aus den Verscheuchten.
So, nun hab ich viel "Heile-Welt"-Zeugs gelabert, muss aber zugeben, dass mich gewisse Dinge doch aus der Ruhe bringen können: fahrlässiger Verstoß gegen die Verkehrsordnung bewusst oder aus Unachtsamkeit. Beispiele: Fußgänger auf baulich vom Fußweg getrennten Radwegen, in-die-falsche-Richtung-Radfahrer im Innenstadtverkehr bei schmalen und beidseitigen Radwegen, überholende Autos ohne Sicherheitsabstand, Auto vor Radfahrer statt rechts vor links, blindes "es-wird-schon-keiner-kommen"-Fahren.
Wohl dem der gelernt hat zu akzeptieren, was er nicht ändern kann...
In diesem Sinne
gute Fahrt
Markus
*) wir kennen das: 10 Fußgänger auf nem Weg. Man macht sich bemerkbar. Alle, die rechts laufen, weichen nach links aus. Alle, die links laufen, weichen nach rechts aus.