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Die Tour de France – Wie man sie in Amerika sieht

eddycorsa

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Es ist Juli. Der Monat, der für mich schon immer der Tour reserviert war. Lange Nachmittage vor dem Fernseher – oder gern auch mal an der Strecke.

Dieses Jahr war das mal anders. Ich verbrachte meinen Urlaub auf Rundreise durch den amerikanischen Westen. Gut, dachte ich mir, da kann man ja einfach mal in die dortigen Fernsehkanäle schauen. Da kommt dann schon ein Bericht. Dann ist man informiert.

Fündig wurde ich beim Sender ESPN, das ist quasi das CNN der Sportwelt. Unten war da eine „Scrollbar“, in der die Ergebnisse durchliefen. Und da stand dann bei Cycling (zu dem Zeitpunkt hatte Zabriskie Gelb):
„Tom Boonen wins Stage xy. Lance Armstrong x seconds behind leader.”
Aha. Immerhin, den Etappensieger wusste ich damit schon mal. Aber wer ist denn der „Leader“? Wer trägt denn nun Gelb? Kein Wort davon! Und das, obwohl ein Amerikaner vorne lag!!

Ein paar Tage später hatte ich in einem Hotel einen neuen TV-Sender entdeckt. OLN. Outdoor Life Network. Da laufen dann so spannende Sachen wie Hochseeangeln, Freizeitangeln, etc. Eben alles, was draußen stattfindet. Und eben auch die Tour de France!
Da saßen dann die Moderatoren mit ihren gelben Livestrong-Armbändern und einem aufgeklappten Livestrong-Laptop und berichteten zu stampfenden Techno-Beats über die Zusammenfassung der Etappe. Es war der 14. Juli, der Nationalfeiertag der Franzosen. Damit auch der amerikanische TV-Zuschauer versteht, was das ist, gab es auch dafür eine Erklärung:
„Yeah, that’s the french version of July 4th, Independence Day!” Allright, Independence Day, I know this, allright, that’s great!
Da müsste ich direkt erwähnen, dass am Pazifik zum Erspähen von Seehunden ein Schild aufgestellt wurde mit der Aufschrift:
„To find seals, you’ve got to look after sausage-shaped animals.“ Tiere, die aussehen wie Würstchen. Ah, OK, that’s like hot-dogs, that’s great!

Damit sich die Zuschauer auch vorstellen können, wie lang so eine Etappe ist, gab es auch noch einen schönen Vergleich.
“This stage is about 100 miles long. This is like from L.A. to Soundso.” Ah, I see! That’s very long!

Und dann noch mein verzweifeltes Warten auf eine Einblendung der Gesamtwertung!
Da stand dann nur:
1. Lance Armstrong
2. soundso
3. soundso

Von Zeiten und Abständen keine Spur, es ging auch tatsächlich nur bis zum dritten Platz, dann hieß es nur noch “weitere Amerikaner bei der Tour auf den Plätzen xy....“

Irgendwo in einem Hotel an einem Internet-Terminal entdeckte ich neben mir Franzosen, die waren wohl genauso auf der Suche nach Informationen wie ich. Sie surften grad auf der Seite der „L’equipe“ und freuten sich!

Man muss wirklich sagen, Lance Armstrong ist dort allgegenwärtig. Ich habe ganze Busse mit Livestrong-Werbung gesehen; es vergeht kaum ein Moment, in dem man jemand ohne diese gelben Armbänder sieht. Von 0-99 Jahren trägt die jeder!
Nike-Werbung mit Lance jeden Tag, Werbung für die oben erwähnten Livestrong-Laptops, Special-Bericht bei CBS über Lance und sein Leben. Und: Kaufen sie seine Bücher!

„Yeah“, hört man dort über Lance, „he made it, he’s a great guy!“

Ich dachte ja eigentlich, hier in Deutschland ist man schon vollkommen fixiert auf einen einzigen Radsportler - Jan Ullrich - aber dort drüben ist das noch eine Spur extremer. Andererseits fand ich es dann doch erstaunlich, dass man neben Baseball, Basketball und Football überhaupt etwas vom Radsport hörte...
 
eddycorsa schrieb:
Es ist Juli. Der Monat, der für mich schon immer der Tour reserviert war. Lange Nachmittage vor dem Fernseher – oder gern auch mal an der Strecke.

Dieses Jahr war das mal anders. Ich verbrachte meinen Urlaub auf Rundreise durch den amerikanischen Westen. Gut, dachte ich mir, da kann man ja einfach mal in die dortigen Fernsehkanäle schauen. Da kommt dann schon ein Bericht. Dann ist man informiert.

Fündig wurde ich beim Sender ESPN, das ist quasi das CNN der Sportwelt. Unten war da eine „Scrollbar“, in der die Ergebnisse durchliefen. Und da stand dann bei Cycling (zu dem Zeitpunkt hatte Zabriskie Gelb):
„Tom Boonen wins Stage xy. Lance Armstrong x seconds behind leader.”
Aha. Immerhin, den Etappensieger wusste ich damit schon mal. Aber wer ist denn der „Leader“? Wer trägt denn nun Gelb? Kein Wort davon! Und das, obwohl ein Amerikaner vorne lag!!

Ein paar Tage später hatte ich in einem Hotel einen neuen TV-Sender entdeckt. OLN. Outdoor Life Network. Da laufen dann so spannende Sachen wie Hochseeangeln, Freizeitangeln, etc. Eben alles, was draußen stattfindet. Und eben auch die Tour de France!
Da saßen dann die Moderatoren mit ihren gelben Livestrong-Armbändern und einem aufgeklappten Livestrong-Laptop und berichteten zu stampfenden Techno-Beats über die Zusammenfassung der Etappe. Es war der 14. Juli, der Nationalfeiertag der Franzosen. Damit auch der amerikanische TV-Zuschauer versteht, was das ist, gab es auch dafür eine Erklärung:
„Yeah, that’s the french version of July 4th, Independence Day!” Allright, Independence Day, I know this, allright, that’s great!
Da müsste ich direkt erwähnen, dass am Pazifik zum Erspähen von Seehunden ein Schild aufgestellt wurde mit der Aufschrift:
„To find seals, you’ve got to look after sausage-shaped animals.“ Tiere, die aussehen wie Würstchen. Ah, OK, that’s like hot-dogs, that’s great!

Damit sich die Zuschauer auch vorstellen können, wie lang so eine Etappe ist, gab es auch noch einen schönen Vergleich.
“This stage is about 100 miles long. This is like from L.A. to Soundso.” Ah, I see! That’s very long!

Und dann noch mein verzweifeltes Warten auf eine Einblendung der Gesamtwertung!
Da stand dann nur:
1. Lance Armstrong
2. soundso
3. soundso

Von Zeiten und Abständen keine Spur, es ging auch tatsächlich nur bis zum dritten Platz, dann hieß es nur noch “weitere Amerikaner bei der Tour auf den Plätzen xy....“

Irgendwo in einem Hotel an einem Internet-Terminal entdeckte ich neben mir Franzosen, die waren wohl genauso auf der Suche nach Informationen wie ich. Sie surften grad auf der Seite der „L’equipe“ und freuten sich!

Man muss wirklich sagen, Lance Armstrong ist dort allgegenwärtig. Ich habe ganze Busse mit Livestrong-Werbung gesehen; es vergeht kaum ein Moment, in dem man jemand ohne diese gelben Armbänder sieht. Von 0-99 Jahren trägt die jeder!
Nike-Werbung mit Lance jeden Tag, Werbung für die oben erwähnten Livestrong-Laptops, Special-Bericht bei CBS über Lance und sein Leben. Und: Kaufen sie seine Bücher!

„Yeah“, hört man dort über Lance, „he made it, he’s a great guy!“

Ich dachte ja eigentlich, hier in Deutschland ist man schon vollkommen fixiert auf einen einzigen Radsportler - Jan Ullrich - aber dort drüben ist das noch eine Spur extremer. Andererseits fand ich es dann doch erstaunlich, dass man neben Baseball, Basketball und Football überhaupt etwas vom Radsport hörte...


Ist ja nichts neues das Amerikaner mitunter die größten Patrioten sind und wenn einer aus ihren Reihen gewinnt ist der Fanatismus am größten.
 
Re: Die Tour de France – Wie man sie in Amerika sieht

ich sehe das etwas anders:

denen geht einfach der radsport am A a vorbei. und der LA ist halt zufällig der ober livestrong typie und der fährt bei der tour eben vorne mit.
so einfach.
 
Dukesim schrieb:
ich sehe das etwas anders:

denen geht einfach der radsport am A a vorbei. und der LA ist halt zufällig der ober livestrong typie und der fährt bei der tour eben vorne mit.
so einfach.

Und wenns so wäre, ist das ihr gutes recht! Genauso wie Fußball dort eher Frauensport ist und keiner Skat kennt. Genauso wenig wie die wenigsten Deutschen Ahnung vom Baseball haben und sich einige erst für Profibasketball in USA seit Nowitzkis interessieren.
 
Re: Die Tour de France – Wie man sie in Amerika sieht

pimkin schrieb:
Und wenns so wäre, ist das ihr gutes recht! Genauso wie Fußball dort eher Frauensport ist und keiner Skat kennt. Genauso wenig wie die wenigsten Deutschen Ahnung vom Baseball haben und sich einige erst für Profibasketball in USA seit Nowitzkis interessieren.
joi stimmt!
 
Re: Die Tour de France – Wie man sie in Amerika sieht

Klasse Bericht Eddycorsa aber auch nichts neues. Ohne LA werden die wohl gar nichts mehr dort übertragen.
 
Hi
Fußball ist in Germanien eindeutig ein Frauensport.
Deren Nationalelf ist erheblich erfolgreicher als die der Männer.
Hat nur noch keiner gemerkt, da das TV immer wegschaut.
 
Jupp schrieb:
Hi
Fußball ist in Germanien eindeutig ein Frauensport.
Deren Nationalelf ist erheblich erfolgreicher als die der Männer.
Hat nur noch keiner gemerkt, da das TV immer wegschaut.

Ey wast du was? Birgit Prinz hat mal in meinem Jugendteam gespielt. Ich weiss noch wie ich ihr eine Kopfballvorlage gab, war eigentlich ein missglueckter Torschuss und sie sich wegduckte, worauf der Trainer sagte: Tja Birgit, da musst du hinn!
 
Re: Die Tour de France – Wie man sie in Amerika sieht

Was erwartet Ihr von einem Land, welches sowas im Fernsehen bringt!?
 
Naja, jeder hat von irgendeinem Land irgendwelche Erfahrungen gemacht. Ich selbst von den Amis auch die nicht die allerbesten. Beispiele gefällig?

"Australien? Das liegt doch in Europa?"
"Was, bei Euch gibt es auch Mac Donald's?"
"Eure Hauptstadt München ist wirklich sehr schön."
(Original-Übersetzung während meines Aufenthaltes im Rahmen meiner Studenten-Ausbildung vor einigen Jahren)

Das Problem ist meiner Meinung nach, daß sich die Amis vor allem für Ihr Land, und eigentlich nur für ihr Land, interessieren. Sie halten sich für die Größten. Und sind dabei oft oberflächlich und irgendwie naiv. Und wenn man das so im Kopf hat, dann versteht man auch den Rummel um Armstrong, der, weil er Amerikaner ist, natürlich alle anderen hinter sich läßt...
 
taunussi schrieb:
Naja, jeder hat von irgendeinem Land irgendwelche Erfahrungen gemacht. Ich selbst von den Amis auch die nicht die allerbesten. Beispiele gefällig?

"Australien? Das liegt doch in Europa?"
"Was, bei Euch gibt es auch Mac Donald's?"
"Eure Hauptstadt München ist wirklich sehr schön."
(Original-Übersetzung während meines Aufenthaltes im Rahmen meiner Studenten-Ausbildung vor einigen Jahren)

Das Problem ist meiner Meinung nach, daß sich die Amis vor allem für Ihr Land, und eigentlich nur für ihr Land, interessieren. Sie halten sich für die Größten. Und sind dabei oft oberflächlich und irgendwie naiv. Und wenn man das so im Kopf hat, dann versteht man auch den Rummel um Armstrong, der, weil er Amerikaner ist, natürlich alle anderen hinter sich läßt...

Sehr negativ alles Eure Erfahrungen und Einstellungen... Ich habe viele Amerikaner kennegelernt die sehr nett sind und ganz normale Menschen. Ich habe Freunde dort die tolle Menschen sind. Die Einstellung mag im Großen und Ganzen hinkommen. Ist aber auch nicht bei allen so. Wir Deutsche sind ja auch nicht alles extrem Rechte oder Braune. Und wer weiß schon wie und wo die Staaten der USA liegen geschweige denn deren Haupstadt. Will nicht wissen wieviele denken das New York die Hauptstadt ist von Amerika ist....
Aber es ist schon richtig das sie sehr konzentriert auf ihr Land sind aber alles zu Verallgemeinern ist nicht korrekt! Sie sind nicht Alle oberflächlich und/oder Naiv. Es ist eine Nation wie jede andere auch. So wie jede andere auch ihre Eigenheiten, Sitten, Gebräuche etc. hat.
Achtung ! Nur meine Meinung! Kein Vorwurf oder Unterstellung etc.:
Ich finde es nicht fair, egal welche Nation, Gruppe, Menschen so über einen Kamm zu scheren. Aber das muß halt jeder selber wissen. Ich würde auch nicht wollen das andere von mir denken, nur weil ich Deutscher bin, bin ich ein Ausländerhassender Skinhead bin....
 
Wie es auch immer sei. Ich habe 6 Monate in den USA verbracht, und die Amis sind so. Ich schere sie gern über einen Kamm. Aber ihr Land ist auch sehr groß, es ist nachvollziehbar. Aber das ist ja auch nicht das Thema hier. Ich finde die Darstellung einfach mal sehr interessant, was man dort von der Tour mitbekommt. Immerhin zählt Armstrong zurzeit zu den bekanntesten Amerikanern in Amerika.
 
Ich glaube, Eddy Corsa wollte uns nicht fragen, was Leader auf deutsch heißt. Er wollte sagen, dass Armstrong zu diesem Zeitpunkt noch nicht im gelben Trikot war. In allen Zeitungen schien aber nur zu stehen, wie viele Sekunden Armstrong auf den "Leader" an Rückstand hat, ohne zu sagen, wer denn das gelbe Trikot überhaupt hat. Man könnte ja auch schreiben: "35 Sek. Rückstand auf Jens Voigt, Leader.". So scheint man in Amerika gar nicht zu erfahren, wer im gelben Trikot fährt, wenn es nicht gerade Lance Armstrong ist.
 
pimkin schrieb:
Ich finde es nicht fair, egal welche Nation, Gruppe, Menschen so über einen Kamm zu scheren. Aber das muß halt jeder selber wissen. Ich würde auch nicht wollen das andere von mir denken, nur weil ich Deutscher bin, bin ich ein Ausländerhassender Skinhead bin....

Sorry, wenn das so hinüberkam, denn pauschalisieren möchte ich auch nicht gerne. Dies sind eben meine persönlichen Erfahrungen der letzten Jahre gewesen. Klar, daß von Euch Resonanz kommen mußte ;) . Abgesehen davon: ich habe auch amerikanische Freunde, die ich hin und wieder mal sehe. Aber die kennen meine Meinung und akzeptieren das, denn ich bin gerne direkt. Und übrigens halte ich mich nicht nur für einen Deutschen, sonderen eher für einen weltoffenen Europäer. Wollte ja nur meine Meinung herüberbringen, warum Armstrong in den USA so gesehen wird.
 
@ b-r-m: Danke, danke, Leo kenne ich... und die Übersetzung von "Leader" auch... ;)
@ funkgiro: Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen!


Ich will hier auch nicht die Amerikaner kritisieren, eher einfach meine Beobachtung beschreiben. Die gleichen komischen Entdeckungen hat ein Amerikaner bestimmt auch, wenn er sich bei uns in der TV-Landschaft umguckt.
 
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